Ich wurde erst durch ihr lautes, verzweifeltes Summen und Surren auf sie
aufmerksam, und durch das klackende Geräusch, das sie erzeugte, wenn ihr
Kopf mit der frisch polierten Glasscheibe zusammenprallte.
Sie war zuerst in meinem Traum aufgetaucht, wie sie lautstark Anlauf nahm
und wie ein kleiner Propeller, im besten Kamikaze-Stil auf das Fenster
zujagte. „Klack". Ich konnte hören, wie sie erschöpft auf der
verstaubten , braunen Holzleiste, die das Fenster in vier quadratische
Zellen teilte, liegenblieb. Dann sah ich vor meinem inneren Auge, wie sie
sich mühsam aufrappelte und erneut ihr sinnloses Unterfangen von vorn
begann.
In meinem Traum war sie eine schillernde Libelle, mit langen, grazilen
Flügeln, und großen, bunten Augen.
Als mein Kopf sich gequält entschloss, so könne er nicht weiterschlafen, und
mich unsanft in die Wirklichkeit zurückkatapultierte, war sie nur noch eine
unscheinbare, schwarze Stubenfliege, mit winzigen Stummelflügeln und einem
abenteuerlich behaarten Körper.
„Klack", machte es wieder, und noch einmal, als sie zu Boden fiel.
Ich stand auf und gähnte, Mittagsschläfchen waren mir einfach nicht
vergönnt. Mühsam unterdrückte ich den Impuls, ihr mit einem geschickt
plazierten Schritt ein Ende zu machen und noch einmal in mein warmes Bett
zurückzukehren. Nach diesem gemeinsam verbrachten Traum standen wir uns
einfach zu nah.
„Surr", machte es wieder, und „klack". Ich holte ein Glas aus
der aus der Küche, und ein Blatt, und kam mir sehr barmherzig vor, als ich
das Glas über sie stülpte und sie damit fing, indem ich ihr das Blatt unter
den Hintern schob, so daß sie zwischen Glas und Papier festsaß. Sie taumelte
ein bißchen, doch sie schien noch ganz intakt. Ich betrachtete sie noch
kurz, doch da sie keine Libelle war, wurde es mir bald langweilig und ich
entließ sie durch die Eingangstüre in die Freiheit.
Ich sah ihr kurz nach, als sie davonflog und widmete mich noch einen kurzen
Moment meinen Blumen im Vorgartenbeet.
Als ich zurück ins Haus kam, sah ich sie, wie auch sie zurückflog, über
meinen Kopf hinwegbrummte, und unsanft gegen das Küchenfenster knallte.
„Klack", machte es, und mir wurde bewußt, daß sie die Wärme im Haus
der Freiheit vorgezogen hatte.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.11.2001.
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