Horst Dreizler

Der Wunsch

Es war in einem der letzten Jahrhunderte, als man noch inbrünstig an Feen, Zauberer und Hexen glaubte
und diese deshalb auch noch manchmal ins Leben der Menschen eingriffen, als ein Bauer an einem
heissen Sommertag eine kleinen Elfe aus einer misslichen Lage befreien konnte.
Beim nächtlichen Spiel mit jungen Werwölfen hatte sie sich in einer Hecke versteckt, war von den
Dornen ergriffen worden, die ihrem Zauber widerstanden und sie nicht mehr losliessen.

Der Bauer, auf dem Weg in die Stadt um seine Steuer zu entrichten, hörte während einer Rast das
klägliche Gejammer des Elfenkindes und da er ein gutes Herz hatte, befreite er es.
Es folgte das übliche Dank sagen und der Bauer bestand auf die Belohnung, ...nein, keine 3 Wünsche,
denn die Elfe war noch jung und könnte so dem Bauern nur einen Wunsch gewähren, so sagte sie.
"So wähle ich das ewige Leben", sagte der Bauer, dem die Unsterblichkeit als das Begehrenswerteste
erschien.

"Willst du wirklich alle deine Lieben, deine Verwandten und Freunde überleben, sie alle begraben, immer
wieder, bis ans Ende der Zeit?"
Du würdest es nicht ertragen, keine 2 Menschenleben würdest du dies durchhalten ,um dann alles zu geben
für einen gnädigen Tod. Weisst du nicht, dass der Tod nie die Toten sondern immer die trauernden
Überlebenden bestraft?".

Die Worte der Elfe machten den Bauern nachdenklich.

"Dann möchte ich der reichste Mann der Welt sein", sagte er.
"Was glaubst du, wie lange du an deinem Reichtum Spass hättest?", antwortete da die Elfe, "es würde dir
nach ein paar Wochen langweilig werden, alle würden dein Geld lieben und nicht dich, sie würden dich
umschwärmen wie Geier und Krähen und versuchen Stücke aus deinem Geld zu hacken, du hättest keine
Ruhe mehr."

Der Bauer, der seine Ruhe über alles liebte, sah dies ein und da er sonst über nicht viel Fantasie verfügte,
fragte er die Elfe, was er sich sonst denn wünschen solle.

"Du wünscht dir das ewige Leben und hinter der nächsten Wegbiegung könnten Räuber auf dich warten,
dich fesseln und in die Sklaverei verkaufen, in eine ewige Sklaverei. Du wünscht dir unermesslichen
Reichtum und morgen rafft dich die Pest dahin, die schon ein Dorf weiter tobt.
Du wünscht dir Ziele, die du nicht leben kannst, deren Gleichförmigkeit dich unendlich unglücklich
machen würde. Du musst dir den Weg wünschen, den Weg zur Unsterblichkeit, zum unendlichen
Reichtum, das treibt dich voran und so wirst du glücklich, nicht jeden Tag, aber du weisst, wenn es
schlecht geht, wird es wieder besser werden.", so sprach das Elfenkind und bekam dabei glitzernde Augen
und einen roten Kopf, denn sie konnte in Wirklichkeit gar nicht zaubern, kein Gedanke daran.

Aber der Bauer war zufrieden und machte sich wieder auf den Weg Richtung Stadt um seine Steuern zu
entrichten, die verdammten Steuern...

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