Joana Angelides

Schönheit auf Bestellung



Also, heute bin ich aufgewacht und habe festgestellt, daß ich eigentlich ein viel zu normales Leben führe. Ohne den geringsten Höhepunkt, ohne irgend ein Kribbeln in der Magengegend oder wo immer das sein sollte.

Ein Blick in den Spiegel sagt mir, daß es schließlich auch kein Wunder ist, so wie ich aussehe. Meine Haare haben nicht den eleganten Designer-Schnitt, unter meinen Augen sind Tränensäcke wie jeden Morgen und meine Haut leuchtet auch nicht von innen, wie es in diversen Reklamen versprochen wird.

Also, ich muß was tun, um mich für das Abenteuer, das laut diversen Medien auf jede Frau täglich warten soll, gerüstet zu sein. Diese Weisheit ist auch der harte Kern des neuesten Buches über Selbstfindung, das ich derzeit lese.

Daher liege ich nun im Kosmetikinstitut auf einem Bett, mit einer grünen Gesichtsmaske und einem heißen Wickel um den Körper.

Vorher schon hatte ich eine weiße Gesichtsmaske und danach hat die Kosmetikerin mein Gesicht bearbeitet.
„Also, wegen ihres Doppelkinns sollten sie was machen!“ Ihre Stimme hörte sich Besorgnis erregend an.

„Ja?“ Ratlos würde ich sie anblicken, wenn ich nicht die Augen geschlossen hätte.

„Ja und diese Falten von der Nase zum Kinn könnte man aufspritzen, natürlich auch die Lippen, damit sie voller wirken. Es gibt schon sehr gute Institute die das machen“.

Diese gutgemeinten Ratschläge treffen mich mitten ins Herz. Ich werde vielleicht gar nicht so alt, als ich aussehe!

„Ja und sagen sie, die Augenlider stören sie gar nicht? Die drücken doch auf das Gesicht und machen auch die Augen kleiner“

Also, so genau hatte ich mich noch gar nicht betrachtet. Scheinbar brauche ich eine Generalsanierung.

„Naja, ich habe das noch gar nicht so richtig überlegt. Aber ich werde mich informieren. Was raten sie mir denn, soll ich zuerst in Angriff nehmen?“

„Also, das Gesicht lassen sie vorerst einmal warten. Viel wichtiger ist doch ihr Busen. Er ist viel zu klein und nicht sehr voll. Eine plastische Operation mit Silikon-Einlage wäre da einmal wichtig. Dann lassen sie sich das Fett von Hüfte und Bauch absaugen und den Po straffen.“
„Aber Lilly, was sie da vorschlagen ist ja ungeheuerlich. Das wäre ja eine totale Rundum-Erneuerung. So schlimm kann es doch nicht sein!?“

„Noch schlimmer!“ Sie zupft und tupft an mir herum, als wäre ich eine Bluse im Ausverkauf.

Ich verspreche, mich sofort um diese Probleme zu kümmern und verlasse das Kosmetikinstitut geschlagen und an der Wand entlang streifend, nur um von niemand gesehen zu werden.

Zu Hause angekommen, ist meine erste Tätigkeit das Verhängen sämtlicher Spiegel in der Wohnung.

Nach eingehender Information und Einholen sämtlicher Unterlagen und Broschüren über dieses Thema bin ich zu dem Resultat gekommen, daß ich entweder eine große Erbschaft machen müßte, oder einen Lotto-Gewinn oder mich über Jahre hinaus verschulden müßte.

Ich würde dann zwar aussehen wie die Wunschfrau Pygmalions, hätte einen knackigen Po und einen flachen Bauch, einen straffen Busen und ein glattes Gesicht, aber ich würde am Bettelstab gehen. Als einziger Ausweg aus diesem Dilemma erschien mir der Freitod!

Ich habe mich jedoch entschlossen, so weiter zu leben.

Ich werde eben mein Umfeld ändern!

Abendessen gibt es nur mehr bei Kerzenlicht und meine Kleider werde ich in Zukunft etwas weiter tragen. Ich werde den Friseur und auch das Kosmetikinstitut wechseln.

Das endgültige AUS für dieses Thema setzte heute abend ahnungslos mein Mann.

„Also, wenn ich dich so bei Kerzenlicht ansehe, muß ich dir sagen, mir gefällt jedes Fältchen in deinem Gesicht und ich möchte kein einziges missen!“




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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.10.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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