Edith Kratz

Eine Episode... ?

Ein Tag aus dem Leben eines Kindes.............

Man schrieb 1941, ein D-Zug Wien-Köln, ein Kind 12 Jahre, mit einem Pappkarton, Angst in den Augen. Eine Begleitperson, altjüngferlich und geschwätzig. Das Coupé war voll mit Menschen, es war Juni, heiß und stickig, einige dösten vor sich hin, andere lauschten begierig, den Erzählungen des geschwätzigen Jüngferchen’s: „ nach Köln müsste sie dieses bedauernswerte Kind bringen, zur Mutter,“ „ nein das Kind hat diese Mutter noch nie gesehen“ „nein nach der Geburt nicht direkt, aber mit ein paar Monaten, einfach weggegeben“ „ na ja man kennt das ja, junges Mädel, keinen Mann, ist halt ein Wechselbalg“ !

Das Kind schaute gedemütigt vor sich hin, schämte sich schrecklich vor den Menschen, die es alle mitleidig anschauten.

„Ja und was das Schlimme ist,“ das Jüngferchen war nicht zu bremsen, beugte sich jetzt geheimnisvoll tuend vor und die Menschen lauschten gespannt was jetzt noch kommen könnte, „ das Kind ist jüdischer Abstammung“! entsetzte Blicke rundum, „ es war bis jetzt in einem Kloster der Vinzentinerinnen, dort wollte man es auch nicht mehr haben und ausliefern,“ ( ja es wurde von Ausliefern gesprochen ) „an die Gestapo, einen jüdischen Wechselbalg will man nicht großziehen,“ die Menschen im Eisenbahncoupé sahen das Kind jetzt mit abfälligen Blicken an, „aber einige Tage vor der Herausgabe, kam plötzlich eine Anordnung aus Köln, das Kind an die Mutter zu überstellen“ „Wieso und warum? Das weiß niemand“. Irgendwie wissend schaute man sich an.

Das Kind drückte den Pappkarton der neben ihm auf der Bank stand, an sich, es suchte einen Halt und vielleicht nahm der feste Karton auch etwas auf, von seiner grenzenlosen Panik.

Die Fahrt von Wien nach Köln dauerte damals viel länger als heute, es war Krieg, Reisen war nicht bequem, aber all diese Demütigungen die dieses Kind, durch dieses geschwätzige Wesen, die von der Stadt Wien war und eigentlich zum Schweigen verpflichtet gewesen wäre, machten für das Kind die Stunden zu einer Ewigkeit und zu einem Martyrium sondergleichen.
Es musste ja auch an die vergangenen Tage denken, im Kinderheim des Klosters wurde es von einem Tag zum Andern wie eine Aussätzige behandelt, und dieses Kind wusste nicht warum es plötzlich gehasst wurde?

Das Kind wurde pflichtgemäß bei der Mutter, die einen Mann und ein Kind hatte abgeliefert, taute langsam auf, und war überglücklich glücklich endlich auch Eltern zu haben.

Das Glück dieses Kindes dauerte genau 1O Tage.!!!!!!!!

Die Mutter wurde nur 31 Jahre .....................anno 1941
Der Vater wurde 34 Jahre..............................anno 1942
Das Kind und die Schwester wurden gerettet..................

Wir schreiben das Jahr 2003 und das Kind, das keines mehr ist, hat schon wieder des Öfteren Angst

ich war das Kind, vor 64 Jahren,und diese Geschichte soll auch all den ungeliebten Kindern gewidmet sein, die es leider auch heute noch gibt, wenn mancher wüßte, daß sich eine zerstörte Kinderseele, die kein Urvertrauen kennt, nie mehr erholt, es würde ihm den Schlaf rauben.Edith Kratz, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.10.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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