Werner Kistler

Der klägliche Versuch einmal Platte zu machen!

Wir hatten zwei Wochen wandern auf Teneriffa gebucht.Dieses führte uns auch in Krater und Nebenkrater des Teide. Ein Vulkan, dem die Insel ihre Entstehung verdankt.Bei jedem Schritt durch
die Vulkanasche wirbelten wir Wolken von Staub auf, der sich mit Schweiß vermischte,und sich wie eine graue Kruste auf Kopf, Körper und Kleidung legte. Es war amüsant zu sehen, wenn wir am Nachmittag heimkehrten und die frisch gestylten Strandläufer an die Promenade der Inselhauptstadt schlenderten.Wir wurden dann mit gerümpften Nasen wie Menschen vom anderen Stern betrachtet.Dieser Zustand ließ eine Idee in uns reifen.
Wir wollten in Deutschland mal ein Wochenende Platte machen und erleben, wie es ist, auf alles Gewohnte zu verzichten und nur den Gesetzen der Straße ausgeliefert zu sein. Drei Wochen später in Deutschland, verwirklichten wir diese verrückte Idee. Es war Freitagnachmittag, wir hatten unsere ältesten Sachen an und fuhren mit der U-Bahn Richtung Stadt. Zum ersten Mal erlebten wir die ablehnende Haltung unserer Mitmenschen und sahen den Spiegel mal von der anderen Seite. Die Sitzplatzreihe in der Bahn gegenüber blieb leer, obwohl die Bahn recht voll war. In der Stadt angekommen,umrundete man uns im großen Bogen.
Es war inzwischen Abend geworden und es wurde Zeit zur Nachtquartiersuche. Unter einer Rheinbrücke schlugen wir unser Domizil auf und breiteten unsere Decken auf dem nackten Boden aus. Wir legten uns zur Ruhe. Aber schlafen konnten wir auf dem harten ungewohnten Boden nicht.Alle fünf Minuten tuckerte ein Schiff vorbei. Trotz Hochsommer wurde es merklich kühler und ein Windzug ließ uns frösteln.
Man soll nicht glauben, wie viele Menschen nachts, laut oder auch leise unterwegs sind. Einen Momment war ich wohl doch eingeschlafen, als ich durch ein stupsen an den Füßen wach wurde und instinktiv die Beine anzog. Wohl im richtigen Augenblick. Wollte doch ein streunender Hund gerade sein Bein heben. Nun war die Nachtruhe entgültig vorbei. Die staubige Decken wurden zusammen gerollt und wir machten uns auf. Durch die U-Bahnunterführungen gelangten wir zur ersten Haltestelle. Hier lagen mehrere Personen ganz vermummt in ihren alten Schlafsäcken. Drei Personen unterhielten sich noch.
Das Richtige immer noch nicht erlebt, gesellten wir uns zu dieser Gruppe. Wir wurden sofort bestürmt und als wir die Frage nach Alkohol verneinten, sofort als uninteressante Personen eingestuft. Man schenkte uns daher auch keine Beachtung mehr.
Daheim haben wir dann erst mal richtig geduscht. Über die armen Menschen auf der Straße wollten wir uns auf keinen Fall lustig machen. Aber wir haben auch dazu gelernt. Waren es auch nur ein paar Stunden, aber die Reaktion der Mitmenschen hat uns doch sehr geschockt.

Werner Kistler

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