Gerda Schmidt

Parkhilfensignale überhört man schnell

Es fing damit an, dass ich mein Auto ins Halteverbot stellte. Aber ich hielt ja nicht, ich parkte.

Dann musste ich Hugo`s Benzchen aus der Tiefgarage holen. Er hat zwar den breitesten Parkplatz in der Garage, aber der reduziert sich auf eng, wenn man zwei Quasselstrippen im Auto sitzen hat. Hugo sass hinten und schaute nach vorne. Ich sass vorne und schaute nach hinten. Camille sass neben mir und redete davon, dass er den schlechtesten Platz zugewiesen bekam. In Frankreich nennt man das den Totensitz. Zwei redeten durcheinander und ich war mit den Gedanken bereits beim Synphoniekonzert, in das uns Camille eingeladen hatte. Wahrscheinlich spielte die Musik in meinem Kopf schon so laut, dass ich die Parkhilfesignale nicht mehr wahrnahm. Als das Auto kurz einen Widerstand vernehmen liess, dachte ich, ich sei über eine kleine Metallplatte gefahren - solche, die um Pfosten befestigt sind. Erst der schwarze Streifen am Pfosten liess die Annahme zu, dass ein eindeutiger Körperkontakt mit dem Wagen stattfand und wurde vertieft, als die vermeintliche Metallplatte nicht zum Vorschein kam.

Dann sollte ich mein Auto auf seinen Parkplatz stellen - ich hatte ja keinen Parkplatz. Am Garagentor schien die Fahrt dann auch schon zu Ende zu sein. Das Tor ging nämlich nicht auf. Erst nach mehrfach technischer Zerlegung des Öffners und dem Einsatz zweier neuer Batterien, ergab eine Untersuchung meinerseits, dass das Öffnen des Tors nur bei angemessener Distanz von statten geht. Nun fuhr ich in die Höhle des Löwen und kam nicht mehr heraus. Das Tor zur Ausfahrt öffnet sich nur, wenn ein Gewicht grösser 250 kg über den Kontaktstreifen fährt. Wie ich die zusammenbringen sollte, war mir ein Rätsel. Auch der Notschalter ist nur über Zusatzbedingungen zu aktivieren. So muss ein Objekt mindestens 2.00 m lang sein, da dies der Abstand zweier Sensoren ist. Selbst mit ausgestreckten Füssen bringe ich es nur auf 1.84 m. Die Arme und Hände brauchte ich ja zum Abstützen. Eine Flucht durch das Treppenhaus war ebenfalls unmöglich, da ich keinen Schlüssel für das Gebäude besitze. Ca. 30 min. dauerte mein Freiheitsentzug an, bis endlich einer von den Dusseln unten erschien und mich aus meiner misslichen Lage befreite mit der Bemerkung, was ich den so lange in der Garage triebe.

Nun war es jedoch zu spät, um die zurückgelegten Karten an der Kasse abzuholen, weshalb wir beschlossen nach Inzlingen Essen zu gehen. Das war ein Fehler, denn dort wartete bereits das nächste Objekt der Tücke auf mich.

Etwas sensibilisiert wegen der vorangegangenen Ereignisse fuhr ich seeehr langsam in die Einfahrt des Waidhofs hinein.. Zu langsam, wie Hugo meinte und das Wort “verdammtnochmal“ benutzte. Das vertrage ich nicht! Also legte ich den Parkgang in dem etwas abschüssigen Gelände ein - wollte den Parkgang einlegen und landete auf der Stellung “R“ wie Rückwärtsgang. Dann drehte ich mich um, um Hugo lautstark die Meinung zu sagen. Dabei bemerkte ich, dass die Strasse immer näher auf uns zukam. Mir wurde ganz heiss. Das veranlasste Camille zu folgender Äusserung: “Ich weiss zwar, dass Du es nicht magst, wenn man Dir zwischen die Beine greift, aber ich glaube, das könnte uns das Leben retten.“ Mit kräftiger Hand erreichte er das Bremspedal und drückte es so kräftig herunter, dass alle bereits nicht mehr angeschnallten Personen - Hugo, Camille - die Flucht nach vorne ergriffen. Da beide fast im 7. Monat schwanger sind, bremste das Kind den Aufprall ab. Seltsamerweise gab es keine Reaktion oder Kommentare. Man muss sich ja nicht durch Kleinigkeiten den Appetit verderben lassen.

Da Samstag, schliesslich Freitag , der 13. war und wir das Restaurant erst betraten, lag noch eine Überraschung im Argen. Zuerst wurde das Essen bestellt, wobei mir Wasser und trocken Brot zugeteilt wurde. Schliesslich müsse ich ja meinen Schaden wiedergutmachen. Da der Restaurantbesitzer mit mir Geburtstag hat und seine Frau mich sehr gerne mag, servierte er mir ein Pfeffersteak “auf Kosten des Hauses“.

Nachdem Hugo die Ereignisse im Detail erörtert hatte, verschwand die Frau des Restaurantbesitzers für einige Zeit, um dann in gemischter Laune zurückzukommen. Sie erzählte mir, dass sie versucht habe den weissen Streifen an der Stosstange mit einem Topfkratzer zu entfernen. Erst als das Metall zum Vorschein kam, fiel ihr auf, dass die Stosstange mit weissem Gummi ummantelt war, das einen schwarzen Überzug trug. Wir heissen beide Gerda und wir haben beide gelacht.

Nach einem sonst recht geselligen Abend kam dann die Rechnung. Das Wirtepaar lud die ganze Runde ein und wollte den Schaden mit uns teilen. Beim Verabschieden erklärte mir Uli, der Chef, verstohlen, dass Gerda den Schaden von 300.-CHF auf 500.- CHF erhöht habe.

Die Rückfahrt verlief ereignislos - bis wir die Garage erreichten. Das Tor ging wieder nicht auf. Camille, der Feigling verliess das Fahrzeug unter dem Vorwand er habe Probleme mit den Ohren und Hugo bekam den gefürchteten Tobsuchtsanfall. Einfach abhauen konnte ich aber nicht, da mein Auto in seienr Garage stand. Und dieser Platz musste auch erst freigemacht werden. Also fuhr ich den Clio zurück aus der Lücke um den Benz vorwärts in die Lücke zu fahren. Das war aber fast unmöglich, weil so ein Idiot seinen blauen Clio einfach mitten in die Garage gestellt hatte, was ich auch lautstark bekundete. Dabei hätte ich fast das Parkhilfesignal überhört und wäre beinahe in meinen eigenen Clio gefahren.

Ich verabschiedete mich von Hugo mit den Worten “ Wer hier verkehrt, verkehrt verkehrt. Hugo verrollte nur die Augen und Camille begann zu lachen, was anhielt bis ich ihn vor seiner Haustür, 2 Strassen von mir entfernt absetzte.

Das war mal wieder ein besser als Fernsehen.

http://www.eulenschreibkleckse.de/

Wenn jeder mit den Gedanken woanders ist.

s. http://www.autoren-im-netz.de/
Gerda Schmidt, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.11.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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