Frederik Skorzinski

Die Grapscherecke

Dienstag. Der soundsovielte am soundsovielten. Oder ganz einfach: Ein Tag wie jeder andere.
Jim, Tom und Pierre saßen am Eingang des French Rose Cafés und schauten, was so an Frischfleisch, sprich Chicks, an ihnen vorbeilief. Heute hatte Pierre den Platz an der Tür bekommen. Direkt daneben. So ein Glückspilz. Nirgends sonst hatte man einen so guten Griff ins Glück, wie sie immer zu sagen pflegten.
Dieser Griff erfreute sich aber nicht allzugroßer Beliebtheit. Sie waren schon oft zum Verlassen des Cafes angehalten worden. Aber ihnen war das egal. In Berlin gab es genug Cafés um bis ans Lebensende aus irgendwelchen von ihnen herauszufliegen.
Da kamen auch schon die ersten Opfer bzw. Glücklichen. Das kam ganz auf den Standpunkt des Betrachters an.
Mit lüsternem Blick beäugten sie die Schönheiten, welche sich heute wohl einen schönen Mittag machen wollten. Nur einer nicht. Pierre war damit beschäftigt abzuschätzen bei welcher es sich wohl am meisten lohnen würde, die Hand auszufahren. Die Bestnoten bekam Nummer Drei. Nicht nur, weil sie von ihm als die Bestaussehendste befunden wurde. Nein Nummer Eins war einfach zu schnell gewesen, als dass er sie noch rechtzeitig als die Glückliche hätte festmachen können.
Beiläufig und doch zielsicher streckte er den Arm aus und fasste ihr an den Hintern. An einen ausgezeichnet gebauten Hintern, erzählte er seinen Freunden später. Leider reichte die Zeit nicht für weitere Nachforschungen an den Vier Buchstaben der schönen Dame. Man konnte ja dort nicht ewig verweilen, irgendwann musste die Hand ja auch wieder zurückgezogen werden, um größeren Ärger zu vermeiden.
So blieb es einfach nur bei Mitleid anstelle von Verärgerung bei der Auserwählten. Nur leider waren unsere drei Jungs davon überzeugt, dass die Girlies es als Kompliment auffassten, betatscht zu werden. So hatte jeder was von der Situation: Die einen eine Schöne Erinnerung und die anderen ein gestärktes Selbstbewusstsein. Das Rumgezicke war ihrer Meinung nach, sowieso nur Show um die Wahrheit zu verbergen.
So auch diesmal, die Frau mit dem nun aufgebesserten Selbstbewusstsein ging einfach weiter ohne sich groß auf einen Streit einzulassen. Natürlich hatte sie ein paar Sekunden unglaubliche Lust verspürt, diesen Machos gehörig den Marsch zu blasen. Aber was solls? Es war ja nicht das erste Mal diesen Monat und gebracht hat es auch noch nie was, Stress zu machen, weil sich ein Notgeiler Bock an ihrem Arsch vergriffen hatte.
Sie ließen sich an ihrem Tisch nieder und tuschelten, ohne weiter Aufsehen zu erregen, über irgendwelche tollen Typen.
Begeistert von seiner Tat erzählte Pierre auch gleich von seinem sexuell in höchstem Maße erregendem Erlebnis. Nun, er gab mehr an, als dass er erzählte. "Und dann hab ich ihr korrekt das Gestell zurechtgelegt. Ey. Des Chick fands voll geil habter gsehn? Krass oda?"
Sichtlich stolz bestellte er sich auch gleich eine große Coca Cola. Was ihn aber nun doch ein wenig den Atem nahm war die Tatsache, dass die Nummer Eins von vorhin ihn die ganze Zeit genauestens musterte und ihm sexy Blicke zuwarf.
Mit seinem gesteigerten Selbstbewusstsein versuchte er möglichst lässig weiter von seinem Erlebnis zu erzählen und ab und zu zu checken ob sie immer noch geil auf ihn war. Das Gespräch war zwar weniger cool, aber die Nummer eins war immer noch geil auf ihn. Richtig Geil. Dessen war er sich sicher.
Natürlich klärte er Jim und Tom sofort auf, was diese mit anerkennendem Blick für die baldige Braut würdigten. Wenig taktlos schauten sie sofort wie zwei Touristen zu ihr rüber, um zu checken, ob sie überhaupt ihren Ansprüchen genügen würde. Nach kurzer Inspizierung stellten sie fest, dass es wohl doch eine bessere Idee gewesen wäre den Dienstag als Grapschtag zu wählen. Nunja, Mittwoch und Freitag waren auch nicht schlecht, aber einen so durchschlagenden Erfolg hatte noch keiner der beiden verbuchen können.
Plötzlich standen die Vier Girlies auf, legten einen Zwanzig Euro Schein auf den Tisch und gingen. Beim Vorbeigehen machten alle, bis auf Nummer Eins, einen großen Bogen um das Trio. Sie gab Pierre einen Zettel, strich ihm durch die Haare und verließ auch das Café.
Auf dem kleinen Zettelchen stand geschrieben:
Hey Süßer
Willst du meinen kleinen schmutzigen Hintern auch näher kennenlernen?
Wir sehen uns. In einer halben Stunde. Das kleine Hotel am Stadtpark.
Naomi.

P.S Lass deine Freunde lieber alleine. Wir wollen doch nicht unnötig abgelenkt werden oder?

Von dieser Inschrift sichtlich mitgenommen, ging er erstmal aufs Klo um sich einen Runterzuholen. Schließlich musste das gebührend gefeiert werden!
Sie zahlten und machten sich auf den Weg. Pierre war klar, heute würde er eine flachlegen. Endlich. Er verabschiedete sich hastig von den anderen und trottete so gelassen wie möglich zum Treffpunkt.
Als er dort ankam, wartete sie schon auf ihn und nahm ihn in Empfang. Sie nahm seine Hand und führte ihn in ein Zimmer. Im selbigen angekommen, schloss sie ab und ließ den Schlüssel in ihren Ausschnitt, der für seinen Geschmack viel zu weit nördlich angesiedelt war, fallen.
Total angespannt bemerkte er, wie es sich bei ihm im unteren Bereich zu regen begann. Langsam näherte sie sich ihm und...
schlug ihm mit voller Wucht ihn die so erwartungsfreudigen Weichteile. Am Boden liegend krümmte er sich vor Schmerz und Enttäuschung. Eine unglaubliche Wut stieg in ihm empor. Im Augenwinkel sah er, wie sie etwas langes rundes hinter dem Bett hervorholte. Ein Baseballschläger dachte er noch, kurz bevor alles schwarz wurde.
Als er wieder aufwachte, war er an einen Stuhl gefesselt und weinte vor Schmerzen. Er, Pierre Boffau hatte noch nie geweint. Er hatte weder geweint, noch war er jemals in seinem Leben von einer Frau verprügelt worden.
Sie stand breitbeinig, mit verschränkten Armen vor ihm und wartete bis er wieder einen halbwegs klaren Blick bekam. Als es endlich soweit war, fragte sie:"Hey Macho, verstehst du mich?" Ein Kopfnicken signalisierte ihm, dass er sie verstand.
"Okay, Arschloch. Wenn du hier lebend rauswillst, versprich mir: Nie wieder und ich sage NIE WIEDER wirst du eine Frau begrapschen. NIE."
"Versprochen."
"Nur, dass du es weißt, es gefällt uns nicht, wenn Leute wie du uns an den Hintern fassen. Es ist widerwärtig."
"Es tut mir Leid. Ich konnte ja nicht..."
"Was konntest du nicht?"
"...ahnen, dass ihr es so verabscheut, von uns berührt zu werden."
"Hau ab. HAU AB. Ich kanns nicht mehr hören. So ein Geschwätz. Aber ich warne dich, sollte jemals eine von uns, dich oder einen deiner Freunde nochmal dabei erwischen, wie du eine Frau mit deinen dreckigen Fingern amfasst, wird es das letze Mal sein."
Sie band ihn los und beförderte den immer noch etwas benommenen Pierre nach draußen.
Als er nach Hause taumelte, fielen ihm drei grundlegende Dinge ein:
1.Er war von einer Frau verprügelt worden.
2.Er hatte geweint
3.Er hätte doch Freitag wählen sollen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.11.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Aus dem Wald in die Pfanne ... Tief unterm Büschel Gras versteckt, mit einem Blatt noch abgedeckt, beobachtet ein Pilz im Wald so manch befremdliche Gestalt. Sie schlurfen, ein paar trampeln auch, in Stiefeln und 'nem Korb vorm Bauch, das scharfe Messer in der Hand, den Blick zum Boden stets gewandt. Ein Freudenschrei, ein scharfer Schnitt, so nehmen sie Verwandte mit; und der versteckte Pilz, der weiß, im Tiegel ist es höllisch heiß. So brutzeln aber will er nicht! Da bläst ein Sturm ihm ins Gesicht, es rauscht und wirbelt ringsherum, schon bebt der Wald - ein Baum fiel um. Genau auf seinen Nachbarn drauf. Das ändert seinen Denkverlauf: "Welch übles Ende: Einfach platt! Da mach' ich lieber Menschen satt." Drum reckt er sich aus dem Versteck, er will jetzt plötzlich dringend weg: "Vergesst mich nicht! Ich bin gleich hier und sehr bekömmlich, glaubt es mir."

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