Karl Albert Turk

Sonnenschrammer - Tagebuch der Ewigkeit

Samstag, 5.August,
Ich war heute mittag im Observatorium mit Ulla. Rein interessenhalber. Sonnenfinsternis und Merkur kucken. Hat sich bald nicht gelohnt.
Während der Sonnenfinsternis war plötzlich ein riesen Aufruhr am großen Hauptteleskop. Die waren wirklich in Panik. Weis aber nicht, warum. Bin dann mit Ulla noch zum Chinesen, haben danach noch etwas Fernsehn gekuckt und sind am Abend ins Rockoko gegangen. Gut abgetanzt. Ulla hat mir etwas zuviel mit Berni geflirtet. Muß ich mal im Auge behalten.

Sonntag, 6.August
Heute bis mittag im Bett gelegen. Ulla ist wirklich ne süße Maus. Hat uns Frühstück gemacht mit allem Zipp und Zapp. Glaube, heut ist Extremcouching angesagt.

Montag, 7. August
Heut stand in der Zeitung, das wieder einmal ein Asteroid auf die Erde zurasen würde. Ich glaube, die wissen bald nicht mehr, was se schreiben sollen. Ulla hat in der Mittagspause ein paar Kopien von Ihrem nackten Arsch gemacht - aber nur für mich, sagte sie.

Dienstag, 8.August
Wieder ein Scheißtag im Büro. Klemmeier, das Arschloch aus dem Einkauf, hat mal wieder alles in den falschen Hals gekriegt und mich beim Chef wegen Mobbing angeschwärzt. Dich krieg ich noch, Sie Arschloch Klemmeier.
Riesen Aufmacher auf der Titelseite. "Killerplanetoid auf Crashkurs - Impaktwahrscheinlichkeit hoch". Auch das Fernsehen berichtet, das dieser 500 x 300 km große Planetoid sich im Direktanflug auf die Erde befinden würde. Ist nicht das erste Mal - so´n Blödsinn.
Ulla und ich haben uns abends bei Macaroni und einem trockenen Rotwein gemütlich gemacht.

Mittwoch, 9. August
So langsam kriegen wir Schiß. Der dicke Ömmes scheint wirklich ernst zu machen. Im Fernsehen zeigen se nur noch Schreckensszenarien und so wat, wo man sehen kann, was einem blüht wenn der Trumm hier oder da aufschlägt - Ende Gelände wär dann - echt Scheiße, wo nun Ullas Schwangerschaftstest positiv ausgefallen ist. "Solaris morte" haben die Experten den Trumm getauft - als ob das was nützt.. Abschießen wäre bei dieser Größe absolut nicht drin, auch hätten die das Teil nicht eher entdecken können, da dessen Umlaufbahn zufälligerweise in der Ebene aller Planeten liegen würde und quasi von hinter der Sonne weg gekommen wäre. Die Sonne hätte den dicken Ömmes dann Richtung Erde abgelenkt. Es handele sich um einen Sonnenschrammer. Es blieben nur noch ein paar Tage bis zum großen Nimmerleinstag. Ich selber kann im Himmel garnix entdecken.

Donnerstag, 10. August
Uff - Entwarnung. Im Fernsehen haben die Experten gesagt, das Ding kracht nicht auf die Erde sondern würde übermorgen in nur 150.000 km Entfernung an der Erde vorbei rasen. Das Teil wäre ab heute auch tagsüber mit bloßem Auge zu sehen.
Das öffentliche Leben ist heute zusammen gebrochen. Kein Mensch geht mehr seiner Arbeit nach. Alle hängen nur noch vor der Glotze oder saufen sich die Hucke voll. Ich bin mit Ulla auch nach Hause gegangen. Wir haben mit dem Feldstecher den Himmel abgesucht. Es sind sehr viele Sternschnuppen zu sehen - wir wünschen uns das Beste..

Freitag, 11. August
Haben nachts kein Auge zugemacht. Heute morgen haben wir dann "Solaris Morte" das erste Mal gesehen. Doppelt so groß wie der Mond scheint er direkt auf einem los zu fliegen. Seine eckige, warzige Gestalt erinnert an den "Fliegenden Mount Everest", wie Ulla sich ausdrückte.
Wir wollen nun unseren Rotweinvoräten den Garaus machen..

Samstag, 12. August
"Solaris Morte" zieht gerade an der Erde vorbei. Ein Riesentrumm. Er torkelt quasi in Zeitlupe über den Himmel, eine Seite stets von der Sonne bestrahlt, lassen sich sogar einzelne Krater erkennen.
....wunderschön die Sternschnuppen, welche heute auch am Tage zu sehen sind... Ulla ist bei mir...am Horizont ein heller Lichtblitz...Der Mann im Fernsehn sagt, das vermutlich ein größerer Brocken in Südamerika runter gekommen ist...gerade war im Osten noch ein Lichtblitz...und da noch einer, auch da...und da....die Luft dröhnt....es pfeift.....Sturm.....Feuer....

© 2003 Karl Albert Turk

So Leute - wer glaubt, die Story gehört in die Kategorie "Science-Fiction" irrt gewaltig. Wir können täglich in die gleiche Situation geraten. Das Scenario hat sich in der Erdgeschichte schon des öfteren abgespielt und es kann jede Sekunde wieder losgehen. Um den Rahmen einer Kurzgeschichte nicht zu sprengen habe ich die Form des Tagebuchs gewählt. Die Idee zu dieser Geschichte gab mir das Sachbuch des österreichischen Professorenehepaars Alexander und Edith Tollmann, beides Geologen, mit dem Titel: "Und die Sintflut gab es doch" (Verlag Droemer-Knauer/München)Karl Albert Turk, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.12.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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