Nicolai Rosemann

Anklageschrift oder Das letzte Ultimatum

Aus gesammelte Geschichten von Alpha Centauri

INSCHRIFT EINER GEFÄNGSNISZELLE IN DER KOLONIE YANGS MINE
Die Ketten rasseln Tag für Tag,
wie Sklaven treibt man uns hinab.
In die Mine die keiner mag,
hinab in ein eisig Grab.

Graben, schürfen und bohren,
nur wenige Leute sind auserkoren,
nicht zu sterben,
nicht auszuharren in diesem Grab.

Die Peitschen knallen über den Köpfen,
Psychoterror vernichtet jeden Gedanken,
keine Zeit haben unsere Körper
Energie zu tanken.

Jetzt ist aber doch dieser Tag angebrochen,
der Plackerei ein Ende setzt,
nicht in die Baracke hab ich mich verkrochen,
denn abgeholt hat mich die Polizei:
Meine Gedanken haben mich verraten,
gegen unserer „unfehlbaren“ Führer sie gestanden sind,
der Psychoterror wird noch schlimmer
denn danach sind selbst wir Verräter nichts mehr als Handzahme Kinder,
leere Hüllen, gemacht zum Zerknüllen.
Jim Jones, Arbeiter 34X12

„Das ist dann wohl die Ende der Beweißaufnahme.“ flüsterte Bruder Phi seinem Anführer Lal zu. Lal nickte und erhob sich. Er straffte seine Robe und schritt auf den Vorsitzenden der Sitzung zu. Vor dem Pult des Vorsitzenden blieb er stehen und drehte sich dann zur Menge.
„Reicht dieser Beweiß nicht schon aus um den Angeklagten zu verurteilen? Oder muss ich noch mehr Beweise erbringen, dass der Angeklagte vorsätzlich gegen die Regeln der UN-Charta verstoßen hat?“ fragte Lal die Menge. Getuschel machte sich breit.
„Haben Sie denn noch mehr Anklagepunkte?“ fragte der Vorsitzende.
„Natürlich! Hier ist zum Beispiel ein Bericht eines Politoffiziers aus der Basis Fabrikationsla-byrinth: “Die Aufständischen Studenten wurden heute schließlich doch mit Waffengewalt zur Aufgabe gezwungen und die Rädelsführer mussten öffentlich exekutiert werden. Es war befriedigend endlich diesen Befehl zu erhalten.“ Die Bilanz dieses Massakers betrug sechshundertzwölf Tote, darunter Frauen und Kinder. ALLE wurden einfach erschossen, nicht nur die Rädelsführer.“ antwortete Lal und übergab ein Klemmbrett an den Vorsitzenden.
„Das ist mein gutes Recht gewesen! Sie waren Leibeigene!“ schrie der Angeklagte.
„Vorsitzender Yang. Wenn Sie die Charta gelesen hätten, wüssten Sie, dass es KEINE Leibeigenen gibt. Alles Menschen sind frei und die Demokratie ist seit jeher das effektivste Mittel gewesen, Ruhe zu bewahren.“ sagte Lal ruhig.
„Sie leben doch in einer Traumwelt, Bruder. Wenn man die Bürger nicht mit polizeilicher Gewalt in die Knie zwingt, fallen sie Ihnen doch bei jeder Gelegenheit in den Rücken! Das beste Beispiel dazu ist ja der Aufstand in ihrer Hauptstadt.“ konterte Yang. „Haben Sie selber nicht auch Truppen zusammengezogen, als die Rebellierenden sich ihrem Hauptquartier genähert haben?“
„Doch, natürlich. Aber meine Truppen haben keine Schuss abgegeben. Außerdem, der Aufstand der Bürger war gerechtfertigt. Sie haben sich aber nachdem sie erhalten hatten, was sie wollten, wieder friedlich aufgelöst. Während Sie einfach das Feuer eröffnet haben!“ antwortete Lal.
„Jetzt reicht es aber! Beruhigen Sie sich beide!“ befahl der Vorsitzende. „Ich habe genug gehört. Ich werde nun das Urteil verkünden, dem sich alle Anwesenden beugen müssen.“
Alle im Raum erhoben sich. Der Vorsitzende nahm ein Klemmbrett und verlas das Urteil: „Ich, Dekan Zakharov, gewählter Gouverneur des Planeten, verhänge folgendes Urteil über den Vorsitzenden Yang und dessen Anhänger. Aufgrund der erdrückenden Beweislage und des Geständnisses zur Mutwilligen Tötung des Bürgers Jim Jones, verurteile ich Yang zu 10 Jahren Wirtschaftssanktionen. Niemand ist berechtigt Waren oder Dienstleistungshandel mit seiner Gruppierung zu führen. Des Weiteren wird der Vorsitzende Yang zu einer Strafzahlung von 10.000 Krediten verurteilt, der sofort Folge zu leisten ist. Außerdem muss sein militärisches Potenzial innerhalb der nächsten fünfzig Jahre um die Hälfe reduziert werden. Sollte der Vorsitzende rückfällig werden, wird gegen seine Tyrannei vorgegangen. Sie haben immer noch das Recht auf Berufung. Wollen Sie von diesem Recht Nutzen beziehen?“ fragte Zakharov. Yang schüttelte den Kopf. Äußerlich war er ganz ruhig, aber innerlich tobte er. Er würde blutige Rache an diesem Bruder Lal und Dekan Zakharov nehmen. Aber nicht sofort. Als erstes musste er sich wieder das Vertrauen der anderen Vertreter erringen. Colonel Satiago und Schwester Miriam würden leicht zu beeinflussen sein und Direktor Morgan war ein Witz. Aber Lady Deidre...da würde er sein ganzes Potenzial nutzen müssen.
„Somit ist die Sitzung geschlossen. Wir sehen uns in drei Monaten zur Wahl des Planeten-gouverneurs wieder.“ schloss Zakharov die Sitzung und klopfte mit dem Holzhammer auf das Pult. Der Versammlungssaal leerte sich schnell. Nur Zakharov und Lal blieben zurück.
„Wir müssen uns ich Acht nehmen. Yang plant etwas.“ sagte Lal.
„Keine Angst, Bruder. Er kann es nicht mit uns beiden aufnehmen. Aber auf jeden Fall sollten wir unsere Truppen in Alarmbereitschaft versetzen und die Spionagenetze verdichten.“ sagte Zakharov.
„Meinen Sie wir haben viel Zeit?“ fragte Lal.
„Wir werden es sehen.“ antwortete Zakharov.

Ein Blitz zuckte über den Himmel. Dann ein weiterer, Donner tobte.
„Was ist das?“ fragte Lal verängstigt. Im selben Moment stürmte ein Team von Sicherheitskräften die Halle. Weitere Blitze zuckten über den Himmel, noch mehr Donner ertönte.
„Sir. Yang hat mit dem Angriff begonnen. Sie müssen weg.“ meldete einer der Soldaten.
„Geben Sie Befehl zum Gegenschlag, Sergeant! Sofort!“ befahl Zakharov und verließ mit den Sicherheitskräften den Raum. Fünf Minuten später wurde die Versammlungshalle dem Erdboden gleichgemacht.

„Wer Wind säht wird Sturm ernten!“ knurrte Zakharov. Ansonsten war er ja ein sehr friedliebender Mensch, aber die Massaker an unschuldigen Bürgern gingen zu weit. Von seiner Residenz am Hang des Mount Planet sah er die Kämpfe keine fünfzig Kilometer entfernt. Der giftige Hauch von Giftgas lag wie Nebel des Todes über dem Schlachtfeld.
Zakharov musste heimlich lächeln, als er sah, wie die Truppen Yangs dem eigenen Gas zum Opfer fielen als der Wind drehte und schließlich von den Panzern weiter zurückgedrängt wurden.
„No Surrender, Mister Yang. Dieses Mal kenne ich kein Erbarmen.“ sagte Zakharov und winkte einen Offizier herbei. „Bereiten Sie den Erstschlag vor.“
„Was haben Sie vor, Dekan?“ fragte Lal, der wie ein Häufchen Elend hinter dem Dekan saß. Seit dem Verlust der Hauptstadt war Lal nur noch ein Wrack, kaum mehr ein Mensch.
„Ich werde etwas tun, was ich schon seit Beginn dieser Mission hätte tun sollen. Ich will aber das Sie so lange die Charta aussetzen.“
„Wie Sie wünschen Dekan. Ich hoffe aber keine Bürger kommen bei dem, was Sie planen, zu Schaden.“ sagte Lal.
„Dafür kann ich nicht garantieren.“ flüsterte Zakharov kaum hörbar.

Ein weiterer Zyklus aus der Reihe "Gesammelte Geschichten von Alpha Centauri". Zu diesem Text kam ich als ich mir einmal den Aufbau von Ynags Gruppierung genauer ansah und dann aus Alpha Centauri Alien Crossfire auch noch die freien Drohnen kamen, die mehr oder weniger dem Kollektiv aus dem alten Spiel entsprechen. Nur der Volksheld der freien Drohnen ist Jim Jones, gefallen in der Tyrannei.Nicolai Rosemann, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.01.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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