David Polster

Wissenschaft mal anders

Also ich bin jetzt erst seit etwas mehr als einem halben Jahr Student. Das heißt ich bin gerade mal im zweiten Semester und dennoch kann ich kaum glauben, was ich bis jetzt alles im Studium gelernt habe. Haben sie jemals Hunde in Schubkästen gesteckt? Nein, nun gut, wir tun so etwas mindestens bildlich im Studium. Und warum glauben sie gehen Mädchen zu zweit auf Toilette? Diese und noch einige andere Probleme haben wir innerhalb von nur 7 Monaten gelöst!

Ich studiere Physik an einer TU. Jetzt werden sofort viele sich denken, ‘O Gott, wie kann man nur Physik studieren. Das hab ich damals in der Schule abgewählt.’ oder vielleicht ‘Physik? Das hab ich nie verstanden. Das war auch so langweilig.’ Ich kann dazu eigentlich nur sagen, dass Physik mir schon immer Spaß gemacht hat. Ich find es interessant zu sehen, was bei bestimmten Situationen passiert und wie man diese Ergebnisse verändern kann, indem man das Problem an sich verändert. Die Fähigkeit zu haben, so etwas zu vollbringen find ich interessant.

Wenn man nun also Physik studiert, wird man natürlich nicht nur in Physik unterrichtet, sondern auch andere Zweige der Naturwissenschaften werden gelehrt. Da wäre zum Beispiel die Chemie, in deren Genuß ich bis jetzt noch nicht gekommen bin, da ich ja erst zweites Semester bin. Dann gibt es auch noch die Informatik, die so ist, wie man es sich vorstellt. Man versucht ein Computerprogramm zu schreiben, was einem ein bestimmtes Problem löst. Wenn ich so etwas Informatikern sage, sehen die mich an und würden mir am liebsten die Gurgel umdrehen. Aber ganz ehrlich ist, es ist so einfach. Oder eben auch nicht, da man dieses Programm ja erst schreiben muß.
Doch eigentlich will ich auf ein anderes Fach hinaus, ich will auf die (bitte nicht erschrecken und trotzdem weiterlesen, es wird nicht so schlimm) Mathematik hinaus. Ich könnte jetzt etwas über den Stoff dieser Vorlesungen sagen, aber das will ich ja nicht. Das worauf ich hinaus will sind all die merkwürdigen Arten, wie man Studenten versucht eine Tatsache näher zu bringen.

Die eigenartigsten Methoden benutzt unser Mathematikprofessor. Wir haben tatsächlich einmal Hunde in Schubkästen gesteckt. Moment, das haben wir natürlich nur bildlich getan. Aber es ist schon erstaunlich, wie man erklären kann, dass ein bestimmter mathematischer Begriff für vieles steht, aber im einzelnen ganz verschieden ist. (Falls jemand etwas damit anfangen kann, es geht um Vektoren)
Wir haben das mit Hunden gelernt. ‘Hund’ ist ein Überbegriff für eine ganze Familie. Aber als einzelne Lebewesen ist jeder Hund anders. Wir haben also 3 Schubkästen. Jetzt nehmen wir uns einen Hund irgendwo her. Was ist das? Hm, sieht aus wie ein Zwergpinscher, also kommt dieser Hund in Schubkasten 1. Jetzt nehmen wir uns den nächsten Hund, wie sieht der aus. Ah, ein Dackel. Also Schubkasten 2. Der dritte ist ein Pudel. Paßt der zu erstens? Nein! Zu zweitens? Nein! Also dritte Schublade. Der vierte ist wieder ein Zwergpinscher. Somit kommt der wieder in die erste Schublade. Und so geht das immer weiter.
Da ist natürlich verständlich, dass wir alle dasaßen und nicht recht wußten, was das zu bedeuten hatte, aber da war ja noch mehr, dass man uns beibrachte.

Ich finde es immer interessant, wenn die Mathematiker sagen, dass sie für alles eine Lösung haben. Doch bedenkt man sich einmal, wie klein der Bereich der berechenbaren Mathematik ist, sieht man das ganz anders. Betrachtet man dazu einmal eine ganz normale Schultafel. Diese ist sauber, es steht nichts auf ihr. Und irgendwo mach ich jetzt einen ganz kleinen Punkt auf die Tafel. Dann ist die ganze Tafel zusammen die Mathematik und dieser winzige Punkt ist der Bereich, indem gerechnet werden kann. Doch es geht ja noch weiter. Sind die Mathematik an eine Stelle gestoßen, an der sie nicht mehr weiterrechnen können, tun sie was? Sie hören auf und definieren das übriggebliebene einfach. Das ist ungefähr so, als ob eine neue Straße gebaut wird, und wenn man an einen Berg stößt, wir die Straße nicht durch oder drum rum gebaut, sondern die Straße gilt als fertig und wird ‘Straße zu Berg’ genannt.
Jetzt nehmen wir doch gleich mal diese Straße. Wenn wir jetzt an den Berg stoßen und wir wollen doch weitermachen, was könnten wir machen. Richtig, durch den Berg durch, um ihn herum oder vielleicht drüber. Klingt logisch, doch bei den Mathematikern wurde ja jetzt schon dieses Problem definiert, somit können wir nicht weitermachen. Wollen wir dennoch ein Ergebnis, fangen die Mathematiker an der anderen Seite des Problems an und erhalten dann meistens (leider nicht immer) eine Lösung. Doch die ganze Mühe, die man vorher hatte war sinnlos. Betrachten wir jetzt wieder die Straße. Zum Beispiel Hannover nach München, so hatten wir, als wir von Hannover gestartet sind diesen Berg im weg, starten wir aber jetzt bei München schlagen wir einen ganz anderen Weg ein und kommen so nicht an den Berg, aber die vorher gebaute Straße können wir auch nicht nutzen. Somit war der erste Teil der Arbeit völlig sinnlos.

Leider sind die Physiker bei Rechnungen nicht unbedingt besser. Wir hatten einmal eine Aufgabe gerechnet, die keine richtige Lösung lieferte. Also was machte unser Übungsleiter, er setzte einfach einen weiteren Faktor dazu und schon war ein Ergebnis möglich. Wieder bei unserer Straße wäre das so, als stünden wir wieder vor dem Berg und weil wir ja nicht weiterkommen, beschließen wir einfach, dass wir die ganze Zeit die Brücke in einer Höhe von einigen hundert Metern gebaut haben. Das haben wir zwar nie, aber wir sagen das und schon ist alles wieder in Ordnung.

Bestimmt das absurdeste, was ich bis jetzt in meinem Studium gesehen habe, war ein Satz an der Tafel. Es stand dort, dass 1 nicht gleich 0 ist und dass 0 nicht gleich 1 ist. Soweit ist es ja klar. Aber als Fazit stand nun unter dieser Zeile, deshalb existiert Gott nicht. Wie? Was? Warum? Also ich hab nicht verstanden, wie man zu diesem Schluß gelangen soll. Das ist Studium, jeden Tag etwas völlig abstruses.

Aber auch für die wichtigen Fragen des Lebens haben wir Antworten erhalten.
Natürlich will jeder Junge wissen, warum er denn bei diesem einem Mädchen irgendwie nicht punkten kann. Wieso schafft er es bei ihr nicht? Und dann fällt es ihm auf, ständig ist ihre beste Freundin bei ihr. Ja, jetzt kommt die Frage, was hat das denn damit zu tun. Ja ganz einfach: ‘Wenn Mädchen im Produkt auftreten hat man keine Chance mehr.’ Ja diese einleuchtende Feststellung wurde uns in der Mathematik beigebracht, als wir ein Problem nicht lösen konnten, da es aus zwei Teilproblemen bestand, die zusammen nicht mehr lösbar sind. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie man Dinge auf das wahre Leben reflektieren kann.
Es kennt auch jeder diese Unsitte der Frauen, immer zu zweit auf Toilette zu gehen. Fragt man dann, warum sie das tun, bekommt man als Antwort, dass sie ja jemand zum Reden brauchen. Völlig unverständlich. Es gibt ja auch Gerüchte, dass Frauen Außerirdische sind und auf der Toilette nach Hause telefonieren. (Sie nehmen ja auch immer ihre Taschen mit. Wozu brauch ich auf der Toilette eine Tasche?) Oder dass sich die eine Frau den Hinweg merkt und die andere den Rückweg. Aber lassen wir diese Vermutungen. In der Uni haben wir endlich den Grund gefunden. Denn so gut wie alle Wasserhähne in der Uni funktionieren, indem man auf die Hähne drückt, doch das Wasser läuft fast nie länger als 2 Sekunden. Somit ist ja jetzt klar, dass ein Mädchen immer auf den Wasserhahn drückt und das andere sich die Hände wäscht. So wieder ein Problem geklärt. Jetzt zum nächsten.
In der Mathematik gibt es ein Hauptproblem: ‘Will man etwas Bestimmtes haben, was muss man genau machen um es zu bekommen.’ Und sofort wurde uns dieses Problem auf die Normalität zurückgeführt. ‘Was muss man machen, um die Frau rumzukriegen?’ Einleuchtend oder?

Also wenn ich mir so überlege, was wir alles merkwürdiges im Studium lernen und wie man zwischen Wissenschaft und normalem Leben Beziehungen zieht, da wird mir ganz mulmig. Nie im Leben würde ich solche Verbindungen finden und ich glaube ich werde niemals die Methoden der Mathematiker und Physik verstehen, obwohl ich ja Physik studiere.
Aber es zeigt sich somit auch, dass studieren Spaß macht. Und das nicht nur in der Freizeit, sondern auch in der kurzen Zeit, in der man in der Uni sitzt und sich eine Vorlesung anhört. Und vielleicht werd ich auch irgendwann wissen was eine böse und eine gute Funktion ist. Ich meine, ich weiß ja inzwischen auch, dass zwei Strecken, die gleich lang sind, nicht gleich lang sind.

Erschreckend, oder?

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (David Polster).
Der Beitrag wurde von David Polster auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.04.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  David Polster als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Nur eine Lungenentzündung - Begegnung mit dem Tod von Heike M. Major



Eine Lungenentzündung hätte sie fast das Leben gekostet. Aus nächster Nähe schildert Heike Major den Verlauf dieses einschneidenden Erlebnisses: die Einlieferung ins Krankenhaus, den Überlebenskampf auf der Intensivstation und den Weg zurück ins Leben. Der Leser lebt und leidet mit der Patientin und begreift, dass zur Gesundung nicht nur ein funktionierender Körper gehört. Denn Erfahrungen dieser Art hinterlassen innere Wunden…

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Humor" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von David Polster

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Emotionen von David Polster (Zwischenmenschliches)
Einbrecher von Ingrid Drewing (Humor)
Abschied von Stefan Glaser (Wahre Geschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen