Klaus-D. Heid

Radieschen

„Bitte geben Sie mir hundert Gramm von der leckeren Wurst, die gleich neben der anderen Wurst liegt, die nicht ganz so lecker aussieht. Da ist doch wohl keine Petersilien drin, oder? Mein Mann hasst Petersilie, müssen Sie wissen!“

„Ich kann Sie beruhigen. Wir verarbeiten grundsätzlich keine Petersilie. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich wirklich weiß, was Sie möchten. Hatten Sie ‚Wurst’ gesagt? Sollten Sie tatsächlich ‚Wurst’ gesagt haben, liegt hier vielleicht ein Irrtum vor. Sie befinden sich hier in einer Buchhandlung, gnädige Frau! Gleichwohl kann ich ihren Mann beruhigen. Sie werden in keinem unserer Artikel Petersilie finden!“

„Nicht? Oh! Ein bisschen schade ist das schon, da ich selbst Petersilie liebe!“

„Sie lieben Petersilie? Darf ich mir die Frage erlauben, gnädige Frau, wie Ihr Mann dazu steht? Ist er kein bisschen eifersüchtig?“

„Natürlich dürfen Sie sich diese Frage erlauben. Kein Problem.“

„Ja...? Und...? Ist er eifersüchtig?“

„Eifer nicht. Allerdings Drogen.“

„Er ist drogensüchtig?“

„Unsinn! Er ist bei der Drogenfahndung. Deswegen wohl auch seine Abneigung gegen Schnittlauch!“

„Petersilie...!“

„Petersilie? Sie führen Petersilie? Ob Sie mir vielleicht ein Bündchen verkaufen könnten?“

„Ich möchte wirklich keine Schwierigkeiten mit Ihrem Mann...“

„Keine Sorge! Mein Mann liest nicht. Er ist viel zu beschäftigt!“

„Wenn das so ist, darf ich Ihnen vielleicht unser neuestes Modell zeigen? Wir haben es erst seit einer Woche im Angebot. Sie glauben gar nicht, wie groß die Nachfrage ist. Besonders in Hessen! Aber auch in Bayern und der Provence. Möchten Sie es unter Umständen Probe fahren?“

„Das ist ein überaus verlockendes Angebot. Schade, dass mein Mann das nicht mehr erleben kann! Hatte ich schon gesagt, dass er im letzten Jahr verstorben ist? Es war ein bedauerlicher Unfall. Natürlich haben wir gefeiert, als wir erfuhren, dass er keine Schuld hatte.“

„Verstehe! Waren wohl Drogen im Spiel, wie? So etwas liest man ja immer wieder im Radio! Erst gestern habe ich einen Bericht in der Zeitung gehört, in dem es um erhöhte Petersilienkonzentrationen im Straßenverkehr ging. Ich verstehe diese jungen Leute einfach nicht, die unüberlegt ein Buch kaufen, um sich dann hemmungslos zu belesen! Hat Ihr Mann sehr gelitten?“

„Wie man’s nimmt. Acht Jahre. Aber wahrscheinlich kommt er auf Bewährung raus. Er hat meistens Glück in solchen Situationen. Nur manchmal nicht. Dann hat er eben Pech. Was ist nun mit der Wurst? Darf ich sie Probe fahren – oder können Sie mir eventuelle ein Taxi rufen?“

„Was immer Sie möchten, gnädige Frau! Ich werde die Wurst höchstpersönlich überbringen. Oder ist es Ihnen lieber, wenn ich besser erst Ihren Mann kontaktiere?“

„Nicht nötig! Ich kann selbst meinen Mann stehen! Ich bin schließlich eine ausgebildete Fachkraft. Im letzten Winter habe ich sogar meinen Flugschein gemacht. Im Moment trainiere ich für Schachweltmeisterschaft im Halbschwergewicht! Insofern können Sie meinen Mann ruhig über alles informieren, was ich tue! Wir haben keinerlei Geheimnisse voreinander. Ich weiß zum Beispiel alles über das Verhältnis, das mein Mann mit seinem Diktiergerät unterhält. Erst gestern habe ich gesehen, wie er diesem kleinen Luder etwas ins Ohr geflüstert hat...!“

„Das tut mir leid, gnädige Frau! Also möchten Sie lieber nichts aus meinem Angebot? Ich will Sie nämlich keinesfalls unter Druck setzen.“

„Na gut! Dann nehme ich doch dieses hübsche Buch mit Schlagsahne. Ob sie eventuell so lieb wären und es mir in Scheiben schneiden könnten?“

„Natürlich. Gerne. Und grüßen Sie bitte Ihren Gatten von mir!“

„Sagte ich nicht, dass er tot ist?“

„Dann wünschen Sie ihm bitte gute Besserung! Darf Ich Ihnen dann noch ein paar Radieschen für Ihren Mann einpacken? Radieschen lassen sich zu dieser Jahreszeit besonders gut von unten ansehen...!“

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