Alexander Kankel

Mein Feind Phillip B. (Vollversion)

Kapitel I


Es begann im Sommer des Jahres 1998. Es war Montag Früh und sehr kalt für diese Jahreszeit. Ich wachte sehr früh auf. Es war 05:22 Uhr und draußen brach der Morgen herein. Ich dachte nach, weil ich nicht mehr einschlafen konnte, warum mich keiner leiden konnte. “Vielleicht liegt es ja an meiner großen Größe?”, dachte ich. “Nein... Das wohl eher nicht! Weil ich vielleicht schon einmal sitzen geblieben bin? Aber es könnte ja daran liegen, dass ich es am Anfang versäumt hatte, mich bei denen zu beweisen...”. Das war es wohl. Aber jetzt, nachdem ich bereits 12 Jahre in die Schule ging(11.Klasse), konnte ich sowieso nichts mehr daran ändern. “Ich muss es eben noch etwas aushalten. Solange, bis ich raus bin... Und dann werd’ ich’s denen zeigen!”, murmelte ich rachsüchtig vor mich hin.
Inzwischen war es 06:15 Uhr und der Wecker klingelte. Früher wurde ich von meiner Schwester geweckt, aber die hat bereits ihr Abitur und studiert jetzt in Berlin. Da ich also schon wach war, konnte ich ohne Müdigkeit aufstehen.
“Erst mal Kaffee machen. Und dann schau´ ich mal, wer heute wieder gestorben ist...”.
Ich nahm die Zeitung, öffnete sie und fing an, zu lesen. “Die Zeitungen schreiben aber ungenau und klein. Das kann man gar nicht mehr richtig erkennen.” Nach kurzer Zeit wurde es mir zu viel und ich beschloss die Zeitung wieder weg zu legen.
“Den muss ich einfach mal einen Beschwerdebrief schicken.”, meinte ich so, gerade als ich die Wohnung verließ. Ich schloss die Tür hinter mir und wurde stutzig. Das Namensschild an der Tür hatte auch plötzlich diese kleinen, ungenau lesbaren Buchstaben gehabt. Ich überlegte kurz und kam zu einem Schluss. Ich brauchte eine Brille. Nach dieser Erkenntnis, die mich mehr als nur schockte, weil ich bisher immer dachte, dass meine Augen in Ordnung seien, stellte ich fest, dass ich nun mit dem Bus zur Schule fahre müsste, da ich mit dem Auto nur Schaden anrichten würde.
Da kam der Bus. Ich stieg ein, bezahlte und setzte mich auf einen freien Platz ans Fenster, damit ich etwas “Aussicht” hatte. Neben mir war noch ein Platz frei. Aber egal wie voll der Bus noch werden würde, es setzte sich niemand neben mich. Es ist nicht gerade rosig, wenn man so unbeliebt ist. Das deprimierte mich immer, wenn niemand etwas von einem wissen wollte. Dadurch, dass ich so unbeliebt war, hatte ich sehr viele Feinde. Die meisten lauerten mir immer nach der Schule auf, um mich zu verprügeln. Vier auf einen ist ziemlich unfair. Aber diese Typen wollten nichts von Fairnis hören.
Als der Bus an der Schule ankam, war der Platz neben mir noch immer leer.
Der Busgang war vollgefüllt mit Schülern. Deshalb wartete ich bis sie ausgestiegen waren, um ungehindert aussteigen zu können. Während des Wartens starrte ich mit leerem Blick aus dem Fenster und bemerkte, dass meine größten Feinde direkt an der Haltestelle saßen. Ein sehr großer stark gebauter Macho mit blonden aufgestylten Haaren namens Fischer, ein dunkelhaariger etwas kleinerer Kerl mit gutem Körperbau und einem Verhalten als wäre er drogenabhängig. Sein Name war Phillip Brünner. Noch zwei Typen standen bei ihnen. Es waren zu Fischers Linken Simon und zu Phillips Rechten Marcus. Simon sah noch mehr nach Drogenkonsum aus, als es Phillip tat. Außerdem war er nicht besonders groß und hatte ebenfalls helles Haar. Marcus’ Statur schien nicht sehr vielversprechend, sondern sah ehr nach Fresssack mit dunklen Haaren aus.
Als Vorletzter verließ ich unbemerkt den Bus, denn ansonsten müsste ich mir wieder Beleidigungen anhören, die mich äußerst wütend machen würden und zudem sehr stark an meinem Selbstbewusstsein kratzten.
Die Türen des jetzt leeren Busses schlossen sich in dem Moment, in dem mich meine Feinde bemerkten. Langsam kamen sie auf mich zu. Ich versuchte weg zu gehen und so zu tun, als ob ich sie nicht bemerkt hätte. Ich drehte mich also um und lief langsam weg. Es mag gelassen ausgesehen haben, war aber für meine Nerven eine extreme Belastungsprobe. Ich konnte nicht sehen, wie weit sie noch von mir entfernt waren, aber ich hoffte, dass sie inzwischen umgekehrt waren und mich in Ruhe lassen würden. Ich drehte meinen Kopf, während ich weiter lief, um es heraus zu finden. Leider liefen diese Idioten immer noch hinter mir her. Ein Ausweg schien nur das Schulgebäude zu sein.
Dort waren Lehrer. Die Kerle würden es sich nicht leisten können, mich vor den Lehrern unserer Schule zu verprügeln. Ein Wenig später konnte ich den Hintereingang des Schulgebäudes schon sehen und lief nun etwas schneller. Ich drehte mich noch einmal um und sah, dass sie schneller rannten als ich es tat. Sie waren nur noch wenige Meter von mir weg und die Hintertür lag direkt vor mir.
Ich streckte meine Hand nach der Türklinke aus, doch ich hatte keine Gelegenheit mehr sie zu drücken, denn sie hatten mich bereits geschnappt. Wenn man vier Gegner hat und man ist alleine, hat man keine Chance. Ich dachte schon an das Schlimmste. Blaue Augen, gebrochene Nase und Blut, dass aus allen möglichen Körperöffnungen strömen könnte. “Die sehen heute ja noch schlechter gelaunt aus, als sonst.”, dachte ich während sie sich darüber den Kopf zerbrachen, was sie mit mir anrichten sollen. “Halt ihn fest, Phillip! Wir überlegen uns was.”, sagte Fischer, der Boss der Truppe.
“Und du kannst dich schon mal aufs Krankenhaus einstellen!”, meine er und blickte mich böse an.
“Drei denken...einer hält mich fest... wenn ich mich losreißen könnte, hätte ich eine Chance zu entkommen.”, überlegte ich. Fischer sah aus, als hätte er schon eine gemeine Foltermethode gefunden. Darum musste ich mich jetzt schnell entscheiden. “Viel zu verlieren habe ich nicht. Also kann ich es versuchen.”. Zu dem Zeitpunkt dachte ich noch, Phillip sei ziemlich blöde und dass ich ihn leicht verwirren könnte. “Hey, Phillip.”, sprach ich leise zu ihm. “Ich habe mein Portemonnaie dort hinten verloren. Ich kann es nicht holen, wenn du mich hier festhältst. Holst du es für mich?” “Das kannst du vergessen!”, antwortete er mir leicht verärgert. “Ich bin nicht so doof, wie du denkst. Ich behalte es natürlich!” Daraufhin lief er los, um es sich zu holen.
Ich rannte so schnell ich konnte in der Richtung Tür. “Was machst du Idiot da?! Du solltest ihn fest halten!”, brüllte Fischer Phillip an. “Los! Den kriegen wir schon noch.”
Fischer und seine Truppe hatten mich schon fast eingeholt, als ich die Tür erreichte, die Klinke drückte und in Sicherheit war. “Das war knapp...”, atmete ich erleichtert auf.







Kapitel II



Die Klingel läutete und der Unterricht fing an. Aber dadurch, dass ich aufgehalten wurden war, war ich noch nicht im Unterrichtsraum. “Das gibt Ärger.”, dachte ich, geriet in Panik und lief noch etwas schneller. Da stand ich nun vor der Tür, die mich von noch mehr Ärger trennte. Ich überlegte kurz, ob ich vielleicht doch nicht hineingehen sollte, doch letzten Endes kam ich zum Ergebnis, dass ich wohl lieber eintreten sollte. Auch wenn ich es nicht wollte, ich musste doch.
Ich klopfte zweimal hintereinander an die Schallende Tür. Keine Antwort. Sollte man mich nicht gehört haben? Oder machte die Lehrerin das aus Absicht? Ich klopfte noch einmal. Wieder zweimal hintereinander.
Und auch dieses Mal kam keine Antwort. Langsam aber sicher wurde ich stutzig. Ich legte mein Ohr an die Tür und lauschte. “Nichts zu hören. Wissen die, dass ich es bin und antworten darum nicht?” Nach reichlicher Überlegung nahm ich den Türgriff in die Hand und drückte ihn herunter. Ich drückte die Tür nach innen und vergewisserte mich, wer im Raum war. Ich sah mich um und es war nichts außer ein paar alte Tische und Stühle zu sehen. Durch ein offenes Fenster wehte eine leichte Briese herein.
Jetzt erst fiel es mir ein:
“Die Klassenfahrt nach England! Und ich habe es versäumt. So ein Misst!!!”, murmelte wütend auf mich selbst und verließ den Raum wieder. Wie konnte ich so was Wichtiges nur vergessen? Wenigstens hatte ich jetzt fünf Tage frei. “Mein Geld hole ich mir wieder, wenn die wiederkommen.”, munterte ich mich auf. Immerhin waren das 700 DM, die ich wieder kriegen würde. Damit kann man viel machen.

Der Schulbus mit dem ich ankam, stand noch mit offenen Türen draußen. Dann käme ich wenigstens früh wieder nach Hause, wenn ich ihn noch erwischen könnte. Ich sah aus der Eingangstür der Schule und bemerkte, dass Fischer und seine Freunde noch an der Haltestelle saßen. Die mussten wohl eine Freistunde haben. Oder sie schwänzten mal wieder den Unterricht. “Mm... Der Bus hat am anderen Platz geparkt. Wenn ich jetzt über die Hintertür zum Bus gelangen könnte, wäre das wunderbar.” Ich rannte also zur Hintertür und dann zum Bus. Ich wurde von niemandem bemerkt, sodass ich ungehindert einsteigen konnte. Kurze Zeit später fuhr der Bus los. Über ein paar kleine Kaffs und dann durch meine Heimatstadt, wo ich ausstieg. Dann schnappte ich mir mein Auto und fuhr vorsichtig zu einem Augenarzt, um meine Augen untersuchen zu lassen.
“Sie brauchen tatsächlich eine Brille.”, meinte der Arzt und gab mir einen Zettel. “Hier! Gehen Sie damit zu einem Optiker und lassen Sie sich eine solche Brille verschreiben.” “Mach´ ich! Auf Wiedersehen!”. Mein nächster Weg war klar - der Optiker. Dort holte ich mir eine Brille, die er rein zufällig gerade da hatte und die mir mein Rezept vorschrieb. “Ziemliches Glück würde ich das nennen...”, überlegte ich.

Später, als ich zu Hause ankam, stellte ich fest, dass meine Wohnungstür nur angelehnt war. Mit schnellen Schritte ging ich auf sie zu. “Ich hatte sie wohl nicht abgeschlossen. Aber aufgelassen habe ich sie nicht. Was zum Teufel...” Geschockt öffnete ich sie und sah, dass alles verwüstet war. Jemand muss etwas gesucht haben. Denn alle Schränke und Schubladen waren aufgerissen und durchsucht worden. Blätter lagen auf dem Boden verstreut und überdeckten fast den gesamten Teppich. Gläser waren zertrümmert und Möbelstücke umgeworfen. Einige Minuten stand ich fassungslos vor dem Chaos, dass sich in meiner Wohnung breit gemacht hatte und starrte in die Leere.

Ich begann alles aufzuräumen, um zu sehen, was gestohlen wurden war. Zuerst den Flur, dann die Stube, das Schlafzimmer und zum Schluss mein Arbeitszimmer. Es schien so, als ob nichts fehlte. “Irgendwas muss doch fehlen. Nicht einmal mein Geld wurde gestohlen.” Ich überlegte noch einige Stunden, bis ich auf die Idee kam mir meine wertvollsten Sachen zusammen zu suchen.
Ich fand meine Sammlungen von Briefmarken und Münzen, die ein halbes Vermögen wert waren. Warum hatte man die nicht mitgenommen? Es schien, als wäre hier jemand eingebrochen, nur, um seine Aggressionen oder seine Wut gegen mich hier da zu lassen.
Plötzlich war es klar. “Mein Tagebuch! Ich kann es nicht finden.” brüllte ich. “Wenn das raus kommt, was da drin steht, bin ich geliefert!” Schon alleine der Gedanke daran, dass es jemand lesen würde, war die Hölle. Wer konnte nur so großen Hass gegen mich hegen? Die meisten Leute, die mich so sehr hassten, dass sie mir so etwas antäten, waren auf Klassenfahrt in England. Ja...womöglich waren es Fischer und seine dreckigen Freunde. Das könnte wahrscheinlich die Rache sein. Die Rache dafür, dass ich ihnen an diesem Morgen entwischt war. Das war anscheinend zu viel für Fischer, dem ich das sogar zutraute. Fischer war so sehr von Rache zerfressen, dass er sogar seine Mutter töten würde, wenn er es müsste. Und was war mit seinen Freunden? Phillip, der genauso geisteskrank war, wie Fischer, hatte doch noch eine Rechnung mit mir offen, weil ich ihn vor seinen Kumpels für blöd erklärt hatte. In Wirklichkeit konnte er auch gar nicht so doof sein, wie man dachte. Er hatte immer noch genügend Hirn, um sich einen Racheplan auszudenken und diesen dann auszuführen. Einer von Beiden war es. Die anderen hatten nicht genug Mut, um so ein Ding durchzuziehen. Aber wer hat mein wertvolles Buch geklaut? Jenes Buch, in dem all meine Geheimnisse und Dinge stehen, die ich einmal getan hatte.
Ich führte mir immer wieder vor Augen was passieren könnte, wenn es an die Öffentlichkeit geraten würde. Man würde mit dem Finger auf mich zeigen und mich demütigend auslachen, sodass ich mich am liebsten in eine Ecke setzte und den Rest meines Lebens dort verbringen würde. Aber noch hatte ich genug Zeit, um es zurück zu holen. “Wenn ich nur wüsste, wo Fischer wohnt? Oder sollte ich zuerst bei Phillip vorbeischauen?”
Auf meine Überlegungen hin beschloss ich, erst bei Phillip vorbei zu schauen, denn Fischers Adresse kannte ich nicht.
Wie ich so war, konnte ich einfach nicht alleine zu ihm gehen, weil sonst keiner da wäre, wenn Phillip mich versuchen würde zu verprügeln. Also beschloss ich kurzfristig bei einem alten Freund aus meiner Parallelklasse vorbei zufahren. Jack war sein Name.
Und Jack war ein Kumpel - einer mit dunkel-blonden Haaren und guter Statur - , wie er im Buche steht. Er verriet nie Geheimnisse oder machte sich über mich lustig, weil ich nicht der Adonis war. Seine Größe ist relativ normal für sein Alter, wenn man bedenkt, dass auch er einmal sitzen blieb. Oft alberten wir über die normalsten Sachen. Bis zu dem Tag, an dem Phillip unser Leben ruinierte...
Sein Wohnort war ganz in der Nähe von meinem. Darum konnte ich ihn oft besuchen kommen. Nach fünf kurzen Minuten war ich da und klingelte an der Klingel, die einen echt verrückten Klingelton hat, der eine halbe Ewigkeit andauerte. Er schien nicht da zu sein, weil sich nichts regte nachdem ich das dritte Mal läutete. “Dann gehe ich eben wieder.”, murmelte ich enttäuscht. Ich lief zu meinem Auto, öffnete die Tür und setzte mich hinein. Ich startete den Motor und gab Gas, als ich eine Stimme nach mir rufen hörte. Vielleicht war es ja Jack? Ich schaute in den Rückspiegel.
Jack stand am Hauseingang und rief, ich solle warten.
Ich schaltete den Motor aus und stieg wieder aus. Dann fragte ich, warum er erst so spät heraus gekommen war. “Ich war im Garten und...”, Jack begann zu weinen. “Was ist denn passiert?”, fragte ich verwundert. “Ich kann es einfach nicht beschreiben. Es ist so grausam.” “Was ist grausam?” Jack weinte weiter, wurde dabei immer emotionaler und meinte, dass ich mit in den Garten kommen sollte. Ich hatte mit allem gerechnet. Dass etwas zerstört oder beschädigt worden war, jemand etwas geklaut hätte oder er sich irgendwo beim Arbeiten im Garten verletzt hätte. Aber was ich dann sah, versetzte selbst mich in einen Schockzustand. Jemand hatte seinen über alles geliebten Hund erstochen und dann aufgeschlitzt. Der Boden um ihn war mit Gedärmen übersät. Das Blut des Hundes floss noch langsam aus ihm heraus und verteilte sich weit über den Garten. Der Gestank war kaum auszuhalten und ich drehte mich um und übergab mich in eine Hecke. Ich drehte mich wieder um und versuchte dieses Mal stark zu bleiben.
“Wer glaubst du war es?”, versuchte ich heraus zu finden, während es mir schon wieder fast hoch kam. “Wer es war?!! Das fragst du noch?!! Es war Phillip! Ich habe ihn gesehen, als er das Grundstück verließ. Danach bin ich gleich raus gerannt, um nachzusehen, was er machte. Den Rest kennst du ja schon.”, während er das erklärte, hörte er plötzlich auf zu weinen und wurde zornig.
“Was werden deine Eltern dazu sagen?” Sein Zornpegel stieg ununterbrochen. Er brüllte etwas davon, dass es denen scheiß egal wäre und dass er ihnen doch sowieso arm Arsch vorbei ginge. Ich kannte ihn gut genug, um sagen zu können, dass er recht hatte. Man konnte sagen, dass er im stich gelassen wurde - in jeder Hinsicht. Da sie sowieso selten zu Hause erschienen, war Jack es gewohnt sich selbst zu versorgen. Sein einziger Freund nach mir und Steve, war sein Hund. Er verbrachte die meiste Zeit mit ihm und konnte sich nie vorstellen, was einmal sein würde, wenn er nicht mehr wäre. Doch nun war der unvermeidliche Augenblick gekommen, an dem er Widerwillens Abschied nehmen musste. Jack hatte immer gedacht, sein Hund sterbe bei einem Autounfall oder an Altersschwäche und nicht an einem dermaßen grausamen Verbrechen, dass Jack sehr zu belasten schien.
Er wollte sich rächen und das war der beste Zeitpunkt, um zu fragen, ob er mir hielfe, wenn ich zu Phillip gehen würde. “Klar! Dem werd´ ich´s zeigen! Wenn´s sein muss, zerschneide ich ihm seine beschissene Fresse, reiße dem Schwein seine verseuchten Eingeweide raus!!!”, jetzt war er noch wütender als zuvor und bereit, um in den Kampf zu ziehen.
Wir stiegen in mein Auto und fuhren los. Nach einiger Fahrzeit bemerkte Jack etwas.
“Du siehst seltsam aus mit dieser Brille . So ungewohnt. Irgendwie wie ein Streber. Wenn ich nicht dein Freund wäre, würde ich dich verprügeln wollen.” “Na du machst einem ja wirklich Mut. Nachdem, was heute schon passiert ist, kann es nicht mehr schlimmer kommen. Außer Phillip und Fischer wollen uns töten. Haha! Aber das werden die nicht wagen.”, lachte ich.
Der Satz war zu Ende gesprochen und wir waren da. Phillip musste echt Kohle haben, weil sein Haus sehr groß war. Wir gingen zum Eingangstor und klingelten. Bis zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, wie er mit Nachnahmen hieß - Brünner. Seltsamer Name. “Warum willst du Phillip eigentlich eine auswischen?”, fragte Jack ein wenig verwirrt.
“...”, ich wollte gerade antworten, da öffnete sich auch schon die Tür. Niemand war zu sehen. Keiner da. Wir warteten noch einige Minuten, schritten dann aber durch das Tor ins Innere des riesigen Grundstückes, dass von einem Heruntergekommenen Garten bis hin zur Sauna alles zu haben schien. Warum ging Phillip noch zur Schule, wenn er ein solches Leben lebte? Jemand erzählte mir einmal, dass er im Geld schwimme.
Noch immer war niemand zu sehen und wir fragten uns, ob jemand da war? Für mich wäre es besser gewesen, aber Jack wollte sich rächen. Nachdem wir das Grundstück nach Phillip durchsuchten, betraten wir das Haus, in der stillen Hoffnung niemand vorzufinden, denn Anzeigen wegen Hausfriedensbruch oder ähnlichen Dingen konnte sich keiner von uns beiden erlauben.
Am Eingang waren einige Türen angeordnet, die vorbei an einer Treppe weiter nach hinten, womöglich in den Keller, verliefen. Jack und ich stiegen die große Treppe hinauf und kamen nun in das Wohnzimmer, das wie alle anderen Zimmer sehr teuer gewesen sein musste. Ich wies Jack an, das Haus mit zu durchsuchen. “Warum? Was suchen wir denn?”, entgegnete er. “Weil ich seit heute Mittag mein Tagebuch vermisse. Ich glaube Phillip und Fischer haben es. Jetzt ist nur noch herauszufinden, wer es aufbewahrt.”, erklärte ich ihm. Daraufhin begann er zu suchen. Ich durchsuchte die rechte und Jack die linke Seite des Zimmers. Zunächst waren wir in dem Irrglauben, er hätte es hinter den zahlreichen Büchern des gigantischen Bücherregals aufbewahrt. Doch wie es , nachdem wir das ganze Regal aus- und wieder eingeräumt hatten, schien, hatte Jack es gefunden.
Jack zu mir gelaufen und hielt dabei etwas in seiner Hand. Etwas, das aussah wie mein Tagebuch. “Ist es das?”, fragte er mich. “Sieht so aus...Moment... Nein, das ist nicht meins. Meines ist etwas kleiner und nicht so dunkel wie dieses. Und es steht nicht ‘P.B.’ drauf.” Vielleicht war es Phillips Tagebuch? Dann hätte ich auch etwas gegen ihn in der Hand. Damit wäre ich in der Lage, ihn erpressen zu können. Meins gegen seins. Aber dazu müssten schon einige böse oder perverse Dinge drin stehen. Ich nahm es und steckte es in meine Hosentasche, denn dazu war sie gerade groß genug. Ein Tagebuch in seiner Hosentasche zu tragen ist ein seltsames Gefühl, weil es ein so großer und flacher Gegenstand ist. Etwa so, als würde man eine CD oder ein Bild samt Rahmen mit sich herumschleppen. Jetzt hatte ich sein Tagebuch. Meines hatte ich trotzdem nicht wieder. Also mussten Jack und ich im nächsten Zimmer weitersuchen. Jack ging voraus und öffnete die Tür zum nächsten Raum. Verwundert sahen wir uns um. Seltsam - das Zimmer war mit Müll übersät. Um diesen Dreck zu durchsuchen bräuchten wir einige Zeit. Die hatten wir aber nicht. Darum mussten wir uns ranhalten, damit Phillip uns nicht erwischen konnte. Nach zehn Minuten waren alle Schubladen durchsucht. Jedenfalls alle die, die offen waren. Eine Schublade war verschlossen und wir hatten keinen Schlüssel. Würden wir sie aufbrechen, könnte Phillip etwas bemerken. Aber das Risiko mussten wir wohl eingehen. Ich wies Jack an, das Hoftor im Auge zu behalten und mich zu waren falls Phillip auftauchen sollte. “Ist gut.”, sagte er und setzte sich ans Fenster, von dem aus man die Straße vor dem Haus wunderbar beobachten konnte. Ich suchte verzweifelt nach einem Werkzeug mit dem man die verschlossene Schublade öffnen konnte. Ein wenig später fand ich einen Metallstab, der mir sehr nützlich schien. Ich nahm ihn, steckte ihn zwischen den kleinen Schlitz zwischen Schublade und Schrank und drückte sie nach oben. Wenige Sekunden später war sie offen und bereit durchsucht zu werden. “Da ist er!”, meldete Jack vom Fenster aus. Ich schloss die Schublade wieder und rannte zum Fenster, um hinaus zu schauen. “Das ist doch nicht Phillip. Der dort sieht ihm zwar ähnlich, ist es aber nicht. Du kannst einem ja einen Schock einjagen.”, sprach ich erleichtert.
Ich durchsuchte weiter. Eigentlich fing ich gerade erst an, weil ich von Jacks Fehlinformation abgelenkt wurden war. Ein Schlüssel seines Autos, ein Zettel mit Namen und eine Diskette. Ich nahm mir die Diskette und steckte sie in meine Hosentasche.
Gerade war ich dabei die Schublade zu schließen, als ich ein kleines Buch entdeckte. Es sah aus wie ein Notizbuch. Ich nahm es mir und öffnete es. Zum lesen kam ich leider nicht mehr...
“Phillip kommt!!!”, rief Jack schnell und von Panik gepackt. Schnell lief ich zu ihm, um mich zu vergewissern, ob er es wirklich war. “Ich sehe niemanden. Du siehst doch schon wieder Gespenster.” “Du kannst ihn nicht sehen, weil er schon durch die Hoftür war, als du nachgesehen hast!”, erklärte er in Hektik verfallen. Jetzt mussten wir sehr zügig handeln, oder Phillip täte uns etwas wirklich Schlimmes an. Seine Hektik und Panik steckten mich an und ohne zu zögern rannten wir aus dem Zimmer ins nächste. Beim Vorbeigehen nahm ich das Notizbuch mit und steckte es in eine meiner Taschen. Auf dem Flur hörten Jack und ich schon Schritte. Langsame, vorsichtige Schritte. Sein Gang verschnellerte sich rapide. Vielleicht hatte Phillip etwas bemerkt? Hatten wir etwa nicht alles wieder an den richtigen Platz getan? Egal was war - Phillip öffnete die Tür und trat ein. In dem Moment schloss ich die Tür und wir verschwanden im nächsten Raum, der die Größe einer etwas größeren Kammer hatte.
Leider geschah dies nicht lautlos, sodass er es bemerkte und uns folgen konnte. “Was macht ihr da?!”, schrie er. Geschockt von seiner unglaublich großen Wut und seinem Zorn, blieben Jack und ich still und warteten ab. Er würde uns sowieso nicht laufen lassen, wenn wir ihm die Wahrheit erzählten. “Habt ihr mich nicht verstanden!?! Ich fragte, was ihr hier macht?!”. Phillip holte ein Messer hervor und drohte, uns damit zu erstechen. Eine schöne Chance hat jemand, der einem gegenübersteht, der eine Waffe hat, wenn man unterlegen ist. Und wir waren in dieser Situation. Ich hatte nicht einmal ein simples Taschenmesser dabei!
Mit langsamen Schritten näherte er sich uns - immer mit dem Messer auf uns zeigend. Bewegten wir uns auch nur um einen Zentimeter unseres Platzes, wäre es nicht auszudenken, was er dann mit seinem Messer- fast schon Säbel - machen könnte. Er hätte Gelegenheit uns die Kehle durchzuschneiden oder uns auf brutalste Weise zu massakrieren. Ich sah schon unsere Innereien auf dem Boden verstreut, als er plötzlich etwas völlig Unerwartetes tat. “Was macht er?”, flüsterte ich Jack zu, der genauso verwundert war wie ich. Auch er hatte keine Ahnung. Dann verließ Phillip das Zimmer und schloss es hinter sich ab. Was war nun zu tun? Das war die Frage, die ich mir stellte. Aber Jack stellte sie sich wohl auch. Was hatte dieser wahnsinnige Irre nur vor? Wenn wir das gewusst hätten, wären wir aus dem Fenster ins Freie gesprungen und somit mit leichteren Verletzungen entkommen.
Einige Zeit später entriegelte sich die Tür und Phillip stand dahinter. Er hatte irgend etwas in seiner Hand. Aber das konnte es nicht sein. Es konnte einfach nicht das sein, wofür ich es hielt. “Ein Schritt! Nur ein Schritt oder die kleinste Bewegung und ihr werdet beide auf eine qualvolle Art sterben. Wenn ihr still haltet, findet ihr ein kurzes und weniger schmerzvolles Ende.”, er zielte mit einer Automatik auf uns und war anscheinend vollkommen verrückt geworden. “Meine Nerven... meine Nerven! Die machen das nicht mit... Ich glaube, ich breche gleich zusammen...”, flüsterte Jack, der völlig runter mit seinen Nerven war, mir so leise zu, dass ich einige Sekunden nachdenken musste, um zu verstehen, was er sagte. Phillip schrie uns wieder an: “Haltet eure beschissenen Schnauzten!” Er entsicherte seine Waffe und hielt sie auf Jack. Nach wenigen Minuten wollte er Phillip beruhigen.
“Das bringt doch Nichts. Lass uns bitte laufen. Wenn du uns jetzt tötest, wirst du im Gefängnis landen.” Damit hatte er schon Recht aber es klang wie aus einer billigen Fernsehsendung im Nachmittagsprogramm. Nicht einmal mich konnte das überzeugen.
Phillip zeigte mit der Pistole auf Jacks Beine und drückte ab. Jack schrie laut auf und rannte wie krank auf Phillip zu schnappte sich unterwegs eine Holzstange und schlug zu. Leider war das Holz nicht sehr stabil, ansonsten hätte es Jack geschafft. Aber Phillip hatte sicher nicht mal was gespürt. Vor Wut schoss er ein zweites Mal auf Jacks Bein. Jack fiel zu Boden und wurde vor Schmerzen bewusstlos. “Jack! Jack! Sag´ doch was!” Aber Jack sagte nichts. Meine Wut gegen Phillip stieg immer weiter an. Hätte ich jetzt eine Waffe, hätte ich sie garantiert eingesetzt! Aber Unglücklicher Weise war ich nicht einmal in einer Kampfsportart ausgebildet, was mir in dieser Situation zum Nachteil wurde. “Du hast es gesehen! Also mach keine Mucken!”, meinte er boshaft.

Ich nickte und blieb still und unbewegt im Raum stehen. Er setzte zum Schuss an. Die Waffe zielte auf meinen Kopf. Direkt zwischen die Augen. Er drückte langsam und somit quälerisch den Abzug der Pistole nach hinten. Fast war der Abzug soweit eingedrückt, dass die Automatik schießen würde, als plötzlich die Klingel ertönte. “So ein Mist!”, murmelte Phillip. “Ich komme gleich wieder! Und mach ja keine Mätzchen, verstanden?!” Wieder nickte ich nur, während er aus dem Zimmer trat und die Tür verschloss.
Schweiß rann mir in Strömen über die Haut. Einmal heiß, dann wieder heiß.
Ich versuchte Jack wach zu kriegen, hatte aber keinen Erfolg. Als ich merkte, dass das nicht klappte, suchte ich mir eine geeignete Waffe. Mir blieb nur wenig Zeit zum suchen, bis er zurück käme. Ein Brecheisen stand in einer Ecke neben einem Wandschrank. Wofür er das nur brauchte?...
Ohne Zeit zu verlieren schnappte ich es und stellte mich hinter die Tür. Plötzlich waren Schritte zu hören. “Phillip kommt. Das ist womöglich meine letzte Chance hier lebendig wieder raus zu kommen...”, dachte ich und hielt mich bereit.
Die Tür ging auf und ich schlug zu. Volltreffer! Phillip bekam einen gewaltigen Schlag mit dem Brecheisen über seine Birne gezogen und war außer Gefecht. Ich nahm und fesselte ihn an einen Stuhl. Schnell eignete ich mir seine Waffe an und war somit für ihn gefährlich. Er würde es jetzt nicht mehr wagen mich anzugreifen. Jack lag immer noch auf dem Boden und war nicht wach zu kriegen. Phillip hingegen konnte ich wecken.
“Warum wolltest du uns umbringen?!” “Weil ich euch nicht leiden kann und ihr hier eingebrochen seid! Warum wohl sonst?!”, antwortete er wutentbrannt. “Und wo zum Teufel ist dann mein Tagebuch?!”, schrie ich noch wütender zurück. “Das sage ich dir bestimmt nicht!” Daraufhin drohte ich, ihn mit der Pistole zu erschießen, falls er es nicht verraten sollte. “Ich weiß es nicht. Fischer hat es bei sich. Oder er hat es an interessierte Leute verkauft.” “Wer sollte sich schon für meine Geschichte interessieren?!” “Wir! Du Arschloch hast es doch gesehen!” “Wenn er das getan hat, werde ich euch beide aufschlitzen, so wie du es mit seinem Hund gemacht hast! Hast du das verstanden?!”, brüllte ich und schoss ihm an seinem Bein entlang, dass es keine ernsthafte Wunde gab. Ich ging zu Jack, nahm ihn und machte mich aus dem Staub. “Was ist mit mir?!”, fragte Phillip. “Soll ich hier vergammeln?!” “Das ist gar keine so schlechte Idee. Ich komme wieder wenn du überreif bist.”, scherzte sarkastisch ich über ihn.





Kapitel III



Jack öffnete seine Augen und sah sich verwundert um. Er wunderte sich, dass er nicht in einem Krankenhaus war. Er hasste Krankenhäuser genauso, wie ich es tat. Und da die Ärzte einen Bericht zu schreiben hätten und dazu unsere Geschichte zu seiner Schusswunde am Bein bräuchten, behandelten wir die Wunde bei mir zu Hause. Das würde uns sowieso kein Arzt so glauben, wie es passiert war. Erst recht nicht, wenn Phillips Mutter dort arbeitete.
Die Kugel hatte sein Bein zum Glück nicht sehr ernst verletzt, sodass ein Freund von mir, Steve, das Geschoss entfernen konnte. Steve ist ein All-around-Genie und weiß so ziemlich alles, was man wissen sollte. Er war schon sehr lange mit mir befreundet. Seit ca. sieben Jahren und ein paar Monaten. Er war etwas kleiner als ich und hatte blonde Haare, die er sehr kurz hielt. Er war nicht zu dick oder zu dünn. Nur sah sein Gesicht sah eben aus, wie das eines Strebers. Man kann sagen, dass wir wie Pech und Schwefel waren. Nur waren wir eben Außenseiter. Jack war wenigstens etwas beliebt, was uns aber nicht sehr störte oder half.
Jack stand geschwächt auf und schwankte durchs Zimmer, durch den Flur und schließlich in die Küche. Fragend sah er uns an und hoffte eine Antwort auf seine nicht gestellte Frage zu bekommen. “Du wunderst dich sicher, warum wir hier sitzen, nicht war...”, versuchte ich zu erklären, als Steve mich plötzlich unterbrach. “Was Alf sagen will, ist: Wir haben dich hier behalten, weil man uns für verrückt erklärt hätte, wenn wir dich in ein Krankenhaus gebracht hätten. Das nächste ist ja nicht weit entfernt.” “Genau! Ich hätte hier verbluten können.”, regte sich Jack auf. Wir wiesen ihn an, sich erst mal zu setzten, weil er noch sehr kraftlos war. “Phillips Mutter arbeitet in dem Krankenhaus. Die hätte ihre Beziehungen spielen gelassen, wenn wir aufgetaucht wären und behauptet hätten, ihr Sohn hätte versucht uns umzubringen. Die hätten uns doch in die Klapsmühle gesteckt!”, erzählte Steve. Jack beruhigte sich und versuchte es zu verstehen. Nach reichlichem Nachdenken stimmte er dem zu. “Ihr habt Recht. Und die Hauptsache ist ja, dass ich noch lebe.” “Und das hast du, wie auch Alf, mir zu verdanken!”, wollte Steve uns weiß machen und stand auf. Er ging zum Fenster, dass ihm Blick nach draußen gewährleistete und sprach weiter. “Ich hatte gesehen, wie du am Fenster gestanden hast und von Phillip bedroht wurdest. Ich klingelte, um euch Zeit zu verschaffen. Ein Glück, dass es funktioniert hat.” Nachdenklich saßen wir nun am Tisch und starrten ins Leere. Was sollten wir wegen diesem Geisteskranken unternehmen? Er würde es sicherlich wieder versuchen. Spätestens in einigen Tagen, wenn wir wieder in die Schule gehen würden, könnte er es uns heimzahlen. Insbesondere mir, weil er noch eine Rechnung offen hatte, weil ich ihn für dumm verkaufte.
Ich stand auf und zog die bisher heruntergezogenen Rollos des Küchenfensters hoch. Das Licht der Sonne strahlte uns blendend ins Gesicht. Ich schloss die Augen. Sehr hell und warm...
Die nächsten paar Minuten dachten wir darüber nach, was wir an diesem angebrochenen wolkenlosen und warmen Dienstag anfangen könnten. “Wie wär´s mit Schwimmbad?”, schlug ich vor. Eine noch bessere Idee konnte nicht einmal von Steve kommen. Aber Jack war irgendwie benachteiligt. Aber er konnte sich ja sonnen, während wir im Wasser seien würden.
Da keiner eine bessere Idee hatte, wurde der Vorschlag mit eindeutiger Mehrheit angenommen und wir begannen die Schwimmsachen zu packen.
Alle hatten gepackt und waren abfahrbereit, als es nun schon nach Zwölf Uhr Mittag war. Die Sonne brannte auf der Haut, wie auf einem Grill, oder als hätte man seine Hände aus eiskaltem in heißes Wasser getaucht. Auf jeden Fall durfte die Sonnencreme nicht vergessen werden.
Im Schwimmbad angekommen zogen wir unsere Sachen - bis auf die Badehose - aus und sprangen sofort ins kühle Nass. Jack nahm ein Sonnenbad, während Steve vom Fünfmeter-Turm seine Techniken verbesserte (sofern er überhaupt eine hatte). Ich tauchte nur ein wenige unter dem Wasser, um mich etwas schwereloser zu fühlen. Ein Gefühl, als würde man der Wirklichkeit in allen Punkten entfliehen. Es war nicht so, als wäre ich der dickste Mensch auf der Welt gewesen. Ich hatte halt nur etwas zu viel Speck auf den Rippen. Wegen ein paar Kilos zu viel machten mich schon sehr viele fertig. Dann bin ich einige Tage wutzerfressen und deprimiert zur Schule gegangen. Doch mittlerweile konnte ich darüber hinwegsehen. Als würde ich der Wirklichkeit entfliehen können...
Nur das man zum Luft Holen an die Wasseroberfläche schwimmen muss. Ein perfekter Tag. Es war einfach nur ein perfekter Tag. Alle waren glücklich. Vielleicht musste Jack ein Wenig wegen seiner Wunde, die erst frisch genäht war, aufpassen, dass sie nicht wieder aufriss.
Wie es so üblich war, sollte mein Glück nicht lange anhalten....
Ich tauchte gerade auf den Grund des Schwimmbeckens, schwamm eine weile in den Tiefen, als mir wieder einfiel, dass man in der Wirklichkeit Sauerstoff und nicht Wasser atmete. Ich war beim Auftauchen, als ich sie bemerkte. Fischer und Phillip.
Sie hatten mich wohl schon etwas länger bemerkt, weil sie sich in meine Richtung bewegten. Ich geriet in Panik und tauchte wieder unter - in der Hoffnung, sie könnten mich nicht bemerken, wenn ich tauchen würde. Leider kann ein Mensch nur bedingt unter Wasser bleiben. Darum war ich gezwungen an die Oberfläche zu schwimmen. Das gewährte ihnen einen kurzen Blick auf mich. Ich verschwand wieder unter der Wasseroberfläche und hoffte, dass man mich nicht gesehen hatte.
Bevor ich bemerkte, dass Fischer und Phillip schon hinter mir waren, als ich auftauchte, um Luft zu schnappen, griffen sie mich an den Beinen und hielten sie nach oben., soweit sie nur konnten. Jack döste und Steve war zu sehr beschäftigt, als dass er mich sehen würde und mir zu Hilfe eilten. Als Nächstes nahm Phillip mich in den Schwitzkasten und hielt meinen Kopf so unter Wasser, während Fischer mich weiterhin an den Beinen festhielt. Ich versuchte mich zu wehren!. Ich trat mit meinen Füßen um mich, so gut ich nur konnte! Ich schlug mit meinen Fäusten in alle möglichen Körperregionen von Phillip! Jedoch ohne Erfolg. Die Beiden mussten Roboter sein! Wie konnten die Schläge direkt in die Genitalien aushalten? Vielleicht war auch nur die Verbindung des Körperteils mit dem Gehirn unterbrochen?...
Wieso halfen mir die Bademeister nicht? Die hatten wohl noch mehr Angst vor Phillip und Fischer, als ich. Aber das brauchten sie eigentlich nicht. Oder doch? Immerhin waren Phillip und Fischer zu allem fähig.
Wenn mir nicht bald jemand helfen würde, wäre ich längste Zeit am Leben gewesen.
Ich spürte, wie ich allmählich das Bewusstsein verlor.

Ich öffnete langsam und forschend meine Augen und sah mich fragend um. Wo war ich nun schon wieder gelandet? Es sah aus wie ein Zimmer eines Krankenhauses. Neben mir lag jemand. Ich konnte es Anfangs nicht ganz erkennen, aber dann beugte ich mich etwas weiter hinüber. Ich war sehr überrascht, als ich sah, dass der Bettnachbar einer meiner Klassenkameraden war. Sie hieß Julia und sah nicht schlecht aus. Ihre Rundungen stachen jedem ins Auge. Selbst, wenn derjenige behaupten würde, er hätte zuerst ihr Gesicht betrachtet, würde ich ihm keinen Glauben schenken. Ihr blondes langes Haar glitzerte im Schein der Halogenlampen an der Decke. Aber das war im Moment egal. Sie war wach. “Ob sie nur so tut, als ob sie schläft?”, fragte ich mich in Gedanken. Ich sprach sie an.
“Warum bist du hier?” “...” Nervenzerfetzendes Schweigen erfüllte den Raum. “Ich hatte auf unserer Klassenfahrt ‘nen Unfall gehabt. Beinbruch!”, antwortete sie dann doch noch. Jetzt durfte ja nichts schief gehen, weil mich noch nie jemand angesprochen hat, ohne gleich etwas Böses zu wollen. Ich suchte meine Worte gezielt aus. “Wie ist es denn passiert?” “...”
Wieder Stille. Vielleicht machte ich etwas falsch? Ich wusste es nicht. Ich sagte nichts Beleidigendes, Schlechtes oder Humorloses. “Der Bus fuhr auf einen LKW. Mit Dreißig Kilometer pro Stunde ist er aufgefahren und ich saß nicht auf meinem Platz. Ich war gerade vorn´, um zu fragen, wann wir da wären. Und dann bin ich durch den Bus geflogen.” Ich machte doch alles richtig. “Und warum bist du hier?”, hängte sie noch an. “Ich...”, ich dachte nach. Sollte ich sagen, dass ich von Felix Fischer und Phillip Brünner mich ertränken wollten. “Ich weiß es nicht genau. Ich weiß nur noch, dass ich mein Bewusstsein verlor. Und dann war ich plötzlich hier. Es war auch noch niemand hier, den ich hätte fragen können.”, gab ich ihr als Antwort zurück. Wenn ich nicht wusste, was ich zusammenlügen sollte, sagte ich eben die Wahrheit. Es stimmte ja sogar! Ich hatte keine Ahnung von dem, was passierte, nachdem ich bewusstlos wurde.
Jetzt konnte ich es wagen. Vielleicht würde sie es mir sagen. Endlich würde ich eine Antwort auf die Frage bekommen, die ich mir schon seit der fünften Klasse stellte.
“Ich hätte da eine Frage.”, sprach ich zu ihr. “Frag ruhig.” “Es beschäftigt mich schon seit der fünften Klasse. Warum seid ihr alle gegen mich? Ich habe niemandem etwas getan. Hatte ich was falsch gemacht?!” Das war sicherlich zu heftig. Ich hätte sie nicht so direkt fragen sollen. “Ich darf es dir nicht sagen, weil er uns sonst wieder terrorisiert.”, flüsterte sie leise. “Wer ist ‘er’?”, wollte ich wissen. “Das kann ich nicht sagen.” “Eventuell kann ich dir helfen! Also sag schon, wer ist es?!” “’Er’ ist Phillip.”, flüsterte Julia noch leiser.
Nun wusste ich jetzt ganz genau, warum ich so unbeliebt gewesen war. Es lag nicht an mir, sondern an Phillip und sicherlich auch an Fischer. Phillip war an Jahren psychischer und körperlicher Schmerzen schuld, die ich hatte ertragen müssen, weil er mich nicht leiden konnte.
Ein Klopfen ertönte von der Tür aus. Kurz darauf wurde die Klinke gedrückt und die sie öffnete sich. “Phillip! Was machst du hier?!”, brüllte ich genervt. “Ich wollt’ mal schauen, ob es dir auch ‘gut’ geht. Aber so wie es aussieht, geht es dir tatsächlich gut. Aber jetzt bin ich ja da, um das zu ändern.” Er klang ziemlich ernst und böse. Langsam schien es mir, als würde er den Teufel selbst verkörpern. Man musste ihm Einhalt gebieten. Es gab nur keinen, der es mit ihm aufnehmen hätte können. Er griff in seine Jackentasche und zog ein Messer heraus. “Es ist ganz schnell vorbei.”, lachte er uns an. Julia bekam panische Angst, als Phillip auf sie zu rannte und ihr das Messer in die Schläfen rammte und es bis zum Hals runterzog.
Nicht einmal mehr schreien konnte sie! Was hatte sie ihm getan?! Sie hatte sich doch nur mit mir unterhalten! Dieser Bastard! Mein Hass brodelte und drohte herauszuplatzen. Ich hasste dieses Misstschwein wirklich! Nichts könnte das wieder gut machen - einfach unschuldige Leute töten und sie aus Spaß auszuweiden! Wahrscheinlich machte es ihn noch geil!
Julia lag auf ihrem Bett; ihr Körper regte sich nicht mehr. Der Bettbezug war rot vom Blut und Stücke von ihrem Gehirn lagen auf dem Boden herum. Was hatte sie ihm getan? Mich wollte er doch. “Hast du gesehen, was mit ihr passiert ist? Genau das wird auch in wenigen Sekunden mit dir passieren. Nur dass ich dich viel mehr quälen werde.”, lachte er mir ins Gesicht und rannte mit dem Messer auf mich zu.
Während ich mit Phillip beschäftigt war, wollten Jack und Steve mich besuchen kommen.

“Er ist im Zimmer 105. Einfach den Gang runter und dann links.”, gab die Frau von der Rezeption ihnen Auskunft. “Danke schön!”, bedankte sich Jack. Sie gingen den Gang hinter und dann links. “Da wird er sich freuen, meinst du nicht?”, äußerste sich Stephan. “Das denke ich auch. Außer er schläft gerade - wie sonst auch so oft - und wir stören ihn dabei.”, wägte Michael ab.
Da war es - das Zimmer 105. Der Raum, in dem ich drohte von Phillip zerstückelt zu werden. Beide öffneten die Tür und freuten sich, mich wieder zu sehen und mich zu fragen, wie es mir geht.

Die Tür ging auf und ich war etwas erleichtert, als ich sah, dass Jack und Steve da waren. Sie könnten mir helfen und Phillip eine Lektion erteilen. Phillip war verwirrt. “Ihr auch noch?!” Jack und Steve checkten erst jetzt was los war. “Lass ihn in Ruhe!”, schrien beide. Phillip schüttelte den Kopf und hob eine Vase vom Boden auf, die in der wilden Verfolgung vorher runterfiel und nicht zerstört wurde. Ohne Vorwarnung warf er sie zur Tür, bei der Jack und Steve noch immer standen. Steve duckte sich, sodass die Vase direkt vor Jacks Kopf flog. Er sackte zusammen und begann furchtbar zu bluten und zu schreien als ginge sein Leben dem Ende zu. Bald erreichte die rote Pfütze Michaels Schuhe und tränkten diese mit der ekelerregenden Flüssigkeit. Dann wurde Jack ohnmächtig. Bevor Steve überhaupt merkte, was passiert war, warf Phillip das Messer auf Steve. Steve konnte nicht mehr schnell genug reagieren! Und ehe er sich versah, steckte es in seinem Hals und begann leidend nach Luft zu ringen! Daraufhin ging er zu Boden und verblutete - genau wie Jack. “H..h..hi...Hilfe...”, keuchte er mit allerletzter Kraft. Dann hörte er auf zu atmen.
“Du Drecksau! Ich bringe dich um!”, schrie ich mit größter Wut und rannte mit geballter Faust und aller Kraft, die ich in meinem Zustand aufbringen konnte, auf Phillip zu. Er hatte ja kein Messer mehr und war somit ungefährlicher als zuvor. Doch das war ein Fehler, ihn so einzuschätzen. Ich wusste nicht, dass er noch ein kleineres Taschenmesser bei sich hatte. Schnell zog er dieses aus seinem Ärmel und stach zu! Ich war noch nicht tot. Immerhin war es nur ein kleines Taschenmesser. Und er rammte es mir ‘nur’ in den Bauch. Ich sah meinen Körper entlang zum Boden hin. Ich bemerkte das Blut, dass meine Beine entlangfloss. Die Schmerzen brachten mich um den Verstand. Ich spürte, wie es meine Därme zerschnitt. Ich übergab mich mit qualvollen Schmerzen! Doch das Einzige, was ich aus meinem Mund fließen sah, tropfte als Blut auf den Boden und vermischte sich mit einigen Säften aus meinem Inneren.
Das Messer steckte noch in meinem Unterkörper und Phillips Hand zog es noch weiter runter. Er schlitzte mir den Bauch auf und riss mit bloßen Händen meine Gedärme heraus und ließ sie auf den Boden platschen.

Ich wachte Schweiß gebadet auf und überprüfte, ob ich noch am leben war. Mein Herz raste, wie nie zuvor, so dass ich dachte, ich bekäme jeden Augenblick einen Infarkt!
Meine Sachen, sogar der Bettbezug, waren durchnässt und rochen nach Schweiß, der mittlerweile verkaltet war.
Dieser Traum war so echt und real. Ich konnte noch immer das Messer in mir stecken spüren. Gleich dachte ich daran, dass Phillip soetwas wirklich durchziehen würde, wenn er nur krank genug war. Und jeder wusste, dass er es war.
Aufgrund dieses realistischen Traumes, hatte ich die zeitliche Orientierung verloren. Wie weit hatte der Traum gestimmt? Ich sah entlang meines Bauches, um zu überprüfen, ob ich nicht doch von Phillip aufgeschlitzt worden war und die Ärzte mich retten konnten. Glück gehabt! Ich sah keine Narbe, die von einer Operation sein könnte. Aber warum war ich dann im Bett eines Krankenhauses?
Noch einmal vergewisserte ich mich, ob ich auch wirklich allein im Zimmer war. Ich schaute mich im Zimmer um. Neben mir lag jemand. Bei näherer Betrachtung, stellte ich fest, dass es Julia war, die da neben mir lag. Ich war überrascht. Sie wachte auf. “Hallo. Habe ich dich geweckt?”, sagte ich ruhig. “Nein, du hast mich nicht geweckt.”, antwortete sie. Stille erfüllte für einige Sekunden den Raum.
Sie wollte gerade etwas sagen, als ich Schritte hörte. Die Türklinke wurde runter gedrückt und die Tür geöffnet. Ich nahm die Gabel, die noch vom Essen, dass ich verschlafen hatte, übrig war und versteckte sie unauffällig hinter meinem Rücken.
Es war dunkel, weil die Rolläden runtergezogen waren. Daher konnte ich noch nicht erkennen, wer es war, der gerade ins Zimmer kam. Ich wies Julia schnell an, so zu tun, als würde sie schlafen. Ich legte mich wieder hin und wartete ab.
Fischer betrat den Raum. Aber er kam nicht alleine, denn er hatte Phillip dabei. Phillip humpelte noch von meinem Streifschuss. Das würde er sicher nie vergessen. Das war mein Nachteil: Er wurde dadurch nur noch mehr auf Rache angestachelt. Und das auch noch von mir!
Die Chancen standen zwei zu eins gegen mich. Was war das für ein glitzerndes Ding, das da aus Fischers Tasche heraushing. Ich konnte es nicht fassen, dass die Beiden wirklich versuchten mich umzubringen. Während ich so tat, als würde ich schlafen, unterhielten sich Phillip und Fischer miteinander. “Der Kunde da wollte sein Tagebuch wieder haben und ist bei mir eingebrochen. Dem hatte ich es gezeigt. Und wenn es dieser Penner noch einmal versuchen sollte, reiße ich ihm eigenhändig den Darm raus. Und zwar ohne Narkose. Langsam und schmerzvoll.”, flüsterte Phillip. “Hast du es ihm gesagt?”, fragte Fischer. “Was soll ich gesagt haben?” “Na wo ich es versteckt habe.” “Nein. Ich weiß es doch nicht. Wo hast du’s denn versteckt?” Das war der Moment, an dem ich erfahren würde, wo sie es hatten. Ich verhielt mich weiterhin still und hörte zu. “Ich habe es... “, Die Tür ging auf und Fischer wurde unterbrochen. Sie versteckten sich hinter der Tür, um unerkannt zu bleiben. Das Licht ging kurz an und dann wieder aus. Danach wurde die Tür geschlossen. Ich konnte es nicht genau erkennen, wer es war, da das Licht aus war und die Helligkeit vom Flur des Krankenhauses blendete. Womöglich eine Krankenschwester. Ich konnte nur hoffen, dass Fischer noch einmal ansetzen würde, um Phillip zu sagen, wo er mein Tagebuch versteckte. Doch statt dessen kamen beide auf mich zu und durchsuchten meine Jackentasche. Was auch immer sie hier suchten, sie fanden es nicht. Fischer zog ein stumpfes Messer aus der Innentasche seiner Jacke, während Phillip mich versuchte wachzurütteln. “Ich bin hier, um dir einen Denkzettel zu verpassen.”, flüsterte Phillip mir leise ins Ohr. Er genoss es richtig, dass er jemanden hatte, den er herumschupsen und verprügeln konnte. Fischer tauchte die Klinge in den Schlamm, den er unter seinen Schuhen hatte. Er setzte sie an meinen Fuß an und drückte damit fest auf. “Wenn du schreist, ist deine Freundin dort drüben mit dran und du wirst auf die grausamste Weise, die wir kennen sterben.”, drohte Fischer und drückte noch mehr auf und kicherte wie verrückt. Er wartete nur darauf, dass ich schreien würde, damit er Julia und mich töten könnte.
Die Schmerzen waren höllisch und unaushaltbar. Doch Julia und mir zu Liebe hielt ich ihn aus. Aber jeder hat seine Schmerzgrenze und meine war nun erreicht. Mittlerweile hatte er den linken Fuß aufgeschlitzt und wechselte nun zum nächsten. Diesmal drückte er nicht sehr dolle auf. Als er auch diesen Fuß von unten oben langsam aufgeschlitzt hatte, setzte er noch einmal unten an und drückte wieder nicht sehr stark auf. Da er durch den selben Ritz fuhr, schmerzte es so sehr, dass ich vor brennendem, stechendem Schmerz schrie und lieferte uns somit dem Satan und seinem Gehilfen aus.
Phillip stand neben Julia. Bereit zu morden. Ich hielt die Schmerzen nicht mehr aus und zog unauffällig die Gabel, auf der ich lag. “Du dreckiger Wichser!”, schrie ich und rammte sie Fischer ins linke Auge. Er brüllte betäubend laut und zog sie wieder heraus. Der Anblick seines Auges war grauenvoll. Sein Blut floss entlang der Wange zum Kinn und tropfte ziemlich schnell zu Boden. Die Hälfte hing noch an der Gabel und fiel mit ihr zu Boden. Von seiner Wut zerfressen griff er mich mit dem Messer an und stach es mir in den Bauch. “Los Phillip! ... Wir verschwinden, bevor die Krankenschwestern kommen.” Phillip machte das Fenster auf und kletterte die Feuerleiter hinab. “Wir sehn uns noch!...”, sprach Fischer, bevor er mir brutal den Bauch aufschnitt, sodass meine Innereien herausquollen. “Wenn du jetzt nicht stirbst, stirbst du eben später...”, damit folgte er Phillip über die Leiter aus den Krankenhaus.
Die Tür sprang auf und eine Krankenschwester stand darin. “Was ist los?”, fragte sie entsetzt, als sie das viele Blut auf dem Bett und dem Boden bemerkte. Noch ehe ich antworten konnte, verlor ich wieder mein Bewusstsein.






















Kapitel IV



Es waren fünf Wochen vergangen, bis ich endlich aus dem Koma erwachte. Zwei Tage danach bin ich aus dem Krankenhaus entlassen wurden. Meine Wunden waren verschwunden. Doch riesige Narben sollten mich immer daran erinnern, was für ein Arschloch Phillip und was für ein Misstkerl Fischer doch war.

Ich kam zu Hause an und setzte mich auf die Couch. Das Erste woran ich dachte, war das Tagebuch von Phillip. Ich klappte es auf und sah es mir an. Den erste Eintrag schrieb er, als er vierzehn Jahre alt war.

“Heute habe ich einen neuen Freund gefunden. Er heißt Felix Fischer. Nach so vielen Jahren des Alleinseins. Ich hoffe, dass wir noch viel miteinander erleben werden.
Am Mittwoch habe ich eine richtig geile Tussie gesehen, an die mich mal ranmachen werde. Mal sehen was draus wird.
Wenn es in einigen Wochen Zeugnisse gibt, werde ich mal wieder ordentlich Kohle absahnen. Jede Eins sind zehn Mark für mich. Für Zweien kriege ich nur fünf Mark. Dann habe ich ca. 115 Mark. Dann habe ich endlich die dreitausend Mark für einen neuen Computer zusammen.
Meine Mutter hat nun einen neuen Job in einem Krankenhaus bekommen. Ich kann nicht glauben, dass das so viel Geld einbringt, wie sie immer sagt.

Tschau!”

Diesem Eintrag nach, war er nicht immer so rachsüchtig, böse oder fieß. Er hatte ein ganz normales Leben geführt, bis er Fischer kennenlernte. Er war noch nicht einmal so blöd, wie ich immer dachte. Aber warum war Phillip dann so geworden? Konnte es nur an Fischer liegen? Ich las weiter und stellte schnell fest, dass es tatsächlich am Umgang gelegen hatte. Ich fand einen Tagebucheintrag, der ziemlich mich schockierte. Ich konnte nicht glauben, was ich da gefunden hatte - es war einfach anwidernd!

“In dieser Woche war so richtig was los. Am Montag bin ich sechzehn geworden. Zur Feier des Tages wollten Fischer und ich am darauffolgenden Tag was unternehmen. Er holte mich ab und wir fuhren mit seinem Motorrad zu einem kleinem landwirtschaftlichen Betrieb ganz in der Nähe der alten Kunststofffabrik. Wir brachen in einen der Ställe ein und jeder von uns schnappte sich eine Mistgabel. Ich sollte die rechte und er die linke Seite übernehmen. Er begann damit einer der Kühe die Augen auszustechen. Das war so brutal! Aber ich fand es seltsamer Weise gut. Es stieg eine Wut in mir hoch, die nach mehr verlangte. Ich hob meine Gabel und stach zunächst in den Bauch der Kuh und dann erst in die Augen. Das Blut spritzte an meine Jacke und tropfe von dort an meine Schuhe. Ich habe noch jetzt die Aggressionen im Blut, die ich dort gespürt hatte.
Es machte mir dermaßen Spaß, dass ich nicht mehr aufhören konnte. Ich brach also in den nächsten Stall ein und klappte mein Schweizer Taschenmesser auf. Zuerst ritzte ich den Kühen einen ´B´ ein. Dann schnitt ich langsam und genüsslich die Euter auf. Das Blut vermischte sich mit der Milch, die im Eimer darunter war. Dann pulte ich mit der Klinge in den Augen einiger Kühe herum. Einfach geil!
Gestern wurden wir wegen dieser Sache befragt. Ich habe alle Schuld auf irgend so einen Kunden geschoben, der jetzt im Knast sitzt. Das muss unbedingt wiederholt werden. Ich gebe dem Drecksack Alf am Montag eine Diskette, auf der ich einige Viren gelagert habe. Damit ist das Beweisstück, das er als Datei gespeichert hat, beseitigt.
Tschau!”

Das hatte ich schon wieder vergessen! Doch nun hatte ich wieder etwas gegen ihn in der Hand. Wenn er mir mein Tagebuch nicht geben würde, müsste er in die Zelle. Aber das Beweisstück müsste ich zuvor noch kopieren, damit ich ihm trotzdem alles zurück geben kann, was ich ihm schuldete!
Ich schaltete meinen Computer an, setzte mich auf meinen Stuhl und nahm die Diskette aus meiner Tasche. Sein Tagebuch schob ich in eine kleine Rille neben dem Computer.
Die Diskette schob ich ins Diskettenlaufwerk. Plötzlich klingelte das Telefon.
“Hallo. Mit wem spreche ich?” “...”, keiner antwortete. Schnell legte ich wieder auf. “Wann wird endlich das Bildtelefon erfunden, dass sich jeder leisten kann? Dann sehen wenigstens auch die armen Leute solche Säcke!”, murmelte ich wütend.
Es war nun mittlerweile 22:30 Uhr geworden und die Müdigkeit machte sich bei mir breit. Ich machte den Computer aus, Schloss die Tür ab und legte mich schlafen.
Ich hatte seit ca. zwei Stunden versucht einzuschlafen, konnte es aber nicht, weil ich noch immer an die letzten Wochen denken musste. Zudem war es auch noch schwül und meine Bettdecke schwamm bereits im Schweiß. Mücken, die durch das offene Fenster kamen, saugten mein Blut und verursachten durch ihr nerviges Gesumme ebenfalls Schlaflosigkeit.
Ich war in Gedanken versunken. Mit Insektenspray herumzusprühen, wäre sicher nicht die richtige Lösung. Und den Ventilator bräuchte ich erst gar nicht anzuschalten, weil er ein ohrenbetäubendes Geräusch hervorbrachte.
Dösend traf mein Blick die Decke. Ihre leicht grau gefärbte Farbe war nicht mehr schön anzusehen. Vielleicht sollte ich sie mal wieder neu streichen? Und die Lampe - sie brauchte dringend einen neuen Schirm. Der alte war schon fast völlig zerfallen. Ich drückte den Lichtschalter, um zu herauszufinden, ob die Lampe wenigsten noch intakt war. Na toll! Nicht einmal die sprang an. Die Lampe hatte für kurze Zeit meine Aufmerksamkeit gewonnen. Wie schön sie sich im Schein des Mondes, der durch mein offenes Fenster fiel, spiegelte.
Da war doch etwas... Etwas, dass nicht zur Lampe gehörte und trotzdem das Licht des Mondes reflektierte. Die Decke konnte es nicht sein - die war ja zu matt zum reflektieren. Aber was konnte es nur sein? Ein geheimer Schalter vielleicht, der mir einen unglaublich wertvollen Schatz offenbaren würde? Ich sollte lieber bei der Realität bleiben. Aber mir fiel keine geeignete Lösung ein. Womöglich war noch eine Kamera, die Jemand angebracht hat, um mich zu überwachen! Was für Schnapsideen ich doch da wieder hatte.
Ich stieg aus meinem Bett, ging in den Flur, holte eine funktionierende Taschenlampe und eilte zurück ins Schlafzimmer und legte mich wieder ins Bett und blieb gelassen dort liegen. “Mal sehen, was es ist.” Das Licht der Lampe leuchtete hell - fast zu hell - und leuchtete fast den gesamten Raum aus. Ich richtete sie auf den Fleck, den ich nun schon als Bombe vermutete. Paranoider konnte wirklich niemand sein. Wer würde schon unbemerkt eine Bombe in einem Haus anbringen können! Nur Profis. Und ich kannte keine Profis.
Ich konnte nicht glauben, was ich da erblickte! Eine Minikamera filmte mich! Sie hing an der Decke und filmte mich! Schnell schwenkte ich die Lampe weiter, um so den Anschein zu erwecken, ich hätte nichts entdeckt. Denn die Kamera filmte ja noch immer alles, was ich hier tat. Ich knipste die Taschenlampe aus und schloss die Augen und wartete ab, was passierte. Ich verbrachte einige Stunden in diesem Zustand. Ich wartete nicht darauf, dass etwas passierte, aber es sollte wenigstens so aussehen, als ob ich sie nicht bemerkt hätte und einfach so weiter schliefe wie sonst auch.
Bis es schließlich Tag wurde und ich nicht mehr schlafen konnte, weil ich zur Schule gehen musste. Meine Brille hatte ich gegen Kontaktlinsen getauscht. Das war bequemer. Und sie würden meine Augen nicht so ruinieren, falls es jemand in Erwägung zog, mir meine Brille zu zerschlagen, während sie noch in meinem Gesicht säße. Ob mit Absicht oder nicht! Sie stellte eine Gefahrenquellen dar - für mich und meine Sehkraft.
“Man ist schon zweimal hier eingebrochen... Jetzt würden sie bestimmt kommen, um mir das Beweismaterial zu stehlen. Aber das werde ich zu verhindern wissen...”, dachte ich, als ich die Tür zum Arbeitszimmer öffnete und mir Equipment zusammensuchte. Ich hatte eine Webcam, die ich noch nicht benutzt hatte. Sie schien das Ideale Werkzeug für mein Vorhaben zu sein. Ich packte sie aus und schloss sie dann am Computer an. Ich hatte erst vor einigen Monaten eine neue Festplatte gekauft, weil ich mehr Speicherplatz brauchte. Sie wurde aber noch nie eingesetzt. Ich baute sie ein und schaltete den Computer an. Die Kamera war schnell installiert und einsatzbereit. Den Monitor schaltete ich aus, überklebte die Lampen am Tower, damit man nicht bemerkte, dass er noch an war, um alles, was in der Zeit, in der ich nicht da sein würde, passierte. Die Kamera brachte ich hinter einem Vorhang an, der im Computerraum an der Wand hing.
In der Schule angekommen, stellte ich mein Wagen an einer unauffälligen Stelle hinter der Garage der Schule ab, sodass niemand mein Eigentum beschädigen konnte. Denn falls Phillip und Fischer hier irgendwo sein sollten, ließen sie nichts unversucht, um sich an mir zu rächen. Es hatte schon vor fünfzehn Minuten geklingelt. Deshalb musste ich mich beeilen, damit ich nicht noch später kommen würde. Aber auf ein paar Minuten käme es nun auch nicht mehr an. Denen war es so oder so egal, was mit mir war. Nur dreckig musste es mit gehen, dann waren sie zufrieden. Jedenfalls die Meisten von denen. Einige enthielten sich ihrer Meinung. Das waren dann die, die entweder gute Noten hatten, oder nicht nach ihrer Meinung gefragt wurden.
Ich klopfte an die Tür des Klassenraumes und hoffte, dass jemand antworten würde. Andererseits wollte ich nicht, dass jemand sagte, ich solle rein kommen, da ich ein wenig Angst vor dem hatte, was mich dort drinnen erwartete. ‘Boo!’ würde sicherlich wieder ertönen, wie ich es schon gewohnt war, seit ich vierzehn war. Böse durchbohrende Blicke, die - wenn sie töten könnten - mich mit hundertprozentiger Sicherheit das Leben gekostet hätten. Lachen! Sie würden sich bestimmt wieder lustig machen. Sie würden sich bestimmt wieder über nichtige Dinge lustig machen! Dinge, die für jeden normalen Menschen alltäglich waren! Aber ich musste da rein! Täte ich es nicht, so erwarteten mich mit Sicherheit noch größere Pein als sowieso schon.
Also beschloss ich noch einmal zu klopfen, was ich ohne weiter nachzudenken in die Tat umsetzte. Vielleicht hatte man mich überhört? Oder war schon wieder irgendeine Veranstaltung von der ich nichts wusste? Wie auch immer - gleich würde ich es herausfinden.
Wieder war nichts zu hören. Ich konnte nicht glauben, dass keiner da gewesen war und hielt mein Ohr an die Tür, um zu lauschen. Es waren Stimmen zu vernehmen. Also waren sie doch da drinnen. Ich klopfte noch ein letztes Mal. Diesmal aber viel lauter und kräftiger als zuvor.
“Ja?”, rief mir jemand zu. “Herein!”, rief ein anderer. Ich machte die Tür auf und sah mich langsam durch den Türspalt, der bis jetzt geöffnet war, um. “Wo kommst du denn jetzt her?”, wollte die Lehrerin gleich wissen. Darauf war ich natürlich vorbereitet. Eine gute Ausrede musste man schon haben, wenn man zu spät zur Schule kommt. “Ich musste noch zum Arzt. Eine Nachuntersuchung.”, gab ich ihr als Antwort und zog einen Arztschein aus meiner Innentasche hervor. Ich war ja nicht blöd. Denn zu einer guten Ausrede gehörte auch ein gutes Beweisstück. In meinem Fall war es die Entschuldigung des Arztes gewesen, die ich mir schon einige Zeit vorher abholte. “Dann setz’ dich auf deinen Platz.”, befahl sie ein wenig verärgert darüber, dass sie mir nichts anhängen konnte.
Mein Platz war ganz hinten. Ich saß allein. Direkt vor, hinter oder neben mir saß niemand. Ich ging also zu meinem alten Sitzplatz und setzte mich. Einige meiner Klassenkameraden sahen mich seltsam an. So, als hätte ich etwas gestohlen, was ihnen sehr am Herzen gelegen hatte. Ein prüfender Blick. Ich haste es, wenn mich jemand so anblickte. Sie dachten wahrscheinlich über alle meine schlechten Eigenschaften nach. Nicht aber über meine guten. Vielleicht hatte ich nicht viele gute Eigenschaften, aber die, die ich besaß, waren höchst zufriedenstellend. Zum Beispiel tat ich immer, was mir gesagt wurde. Meist tat ich es dermaßen präzise, dass es die anderen manchmal ankotzte.
“Was wohl Julia jetzt über mich denkt?”, überlegte ich. Ich konnte mich einfach nicht auf den Unterricht konzentrieren. “Ob sie es weitererzählt hat? Wenn ja, wie denken dann die Anderen über mich?”, mein Kopf war voller ungeklärter Fragen. Normalerweise machte ich mir überhaupt nichts aus den Gedanken anderer, weil sie nur verletzend waren. Doch dieses Mal konnte ich einfach nicht anders. Mir wurde plötzlich wieder heiß und kalt abwechselnd, als mich meine ‘Mitschüler’ wieder mit musterndem Blick anschauten. Zu meinem Bedauern haben sie mich fast die ganze Zeit über so seltsam angesehen. Nicht als wollten sie mich fertig machen. Es war ein nachdenklicher und durchdringender Blick. Ich versuchte mich für den Rest der Stunde davon abzulenken und malte einige kleine Bildchen von blutenden Phillips auf mein Matheheft und versuchte mir qualvolle Tode für ihn auszudenken.
“Alf!” Ich schreckte auf und sah vor mir eine wütend ‘drein blickende Lehrerin, die mich mit verärgertem Gesichtsausdruck zu ermorden versuchte. “Hörst du mir etwa nicht zu?! Ich fragte, ob du diese Gleichung lösen kannst?!”, fragte sie und beruhigte sich. Sie glaubte, ich wäre nicht in der Lage, eine solche Gleichung, wie sie an der Tafel stand, zu lösen. Verängstigt und noch immer geschockt antwortete ich ihr, ich könnte diese Gleichung nicht lösen. “Wieso nicht?!”, fuhr sie mich drängend an. “Weil ich...”, hatte ich vor zu antworten, wie sie es verlangte, aber sie fuhr mir ins Wort und beendet meine Antwort. “Weil du nicht aufpasst! Habe ich Recht?!” Es gab nur eine Antwort, die ich jetzt bringen durfte, sonst hätte ich für die nächsten fünf Wochen zu Hause bleiben müssen, um einer ständigen Schikanierung aus dem Weg zu gehen. “Sie haben Recht...Ich hätte besser aufpassen müssen.”, bestätigte ich eingeschüchtert und wütend zugleich. wie konnte sie behaupte, ich habe nicht aufgepasst! es stimmte! Ich hatte in diesem Augenblick nicht aufgepasst. Aber das war nicht der Grund dafür, dass ich diese Aufgabe nicht lösen konnte. Ich war nicht da gewesen, als wir dieses Gebiet behandelten! Also konnte sie nicht von mir erwarten, dass ich es mir aus den Fingern saugen sollte! Wie ich diese Lehrerin hasste. Wäre es nicht ein Verbrechen, hätte ich sie schon längst ermordet! Vielleicht ganz langsam ersticken lassen. Und jedes Mal - kurz bevor sie zu erstickten drohte - hätte ich ihr wieder Luft gelassen, damit sie noch eine Weile leiden könnte! Nur, wenn es kein Verbrechen wäre, wäre ich schon längst nicht mehr am Leben.
Die Stunde war fast zu Ende, als ich feststellte, dass jemand einen Zettel auf meinen Tisch getan hatte. Konnte ja nur so ein Brief mit Beleidigungen sein. Mir wurden schon öfter solche Papiere zugesteckt. Meist waren irgendwelche Spinnereien über meine Familie und mich zu lesen. Aber das machte mir mittlerweile auch nichts mehr aus. Ich steckte den Brief erst mal ein, dann klingelte es endlich und ich verschwand auf den Pausenhof.
“Hi!”, begrüßte mich Jack. “Wie geht’s dir?” “Mir geht’s gut soweit.” Ich hielt Ausschau nach Fischer oder einem seiner Bandenmitglieder. Keiner in Sicht. Wo die wohl waren? Eigentlich egal - Hauptsache weit weg von mir.
Ich holte den Zettel aus meiner Tasche. “Was hast du da? Wieder einer dieser Zettel, die du zugesteckt bekommst?” “Ja. Wird wohl so ein Zettel sein.”, antwortete ich ihm deprimiert. “Warum hast du ihn dann noch?” “Weil ich anhand dieser Zettel feststellen kann, wie unbeliebt ich bin.”, während ich ihm Auskunft gab, faltete ich da Stück Papier auf und begann zu lesen. “Was steht drin?”, fragte Jack. “Ich lese es dir vor. :

Hallo Alf! Ich bin froh, dass es dir gut geht. Dank dir wissen jetzt alle, wie gemein, fieß und bösartig Felix und sein Freund Phillip wirklich sind. Außerdem möchte ich dir danken, dass du mich gerettet hattest. Wenn du seinen Qualen nicht so lange Stand gehalten hättest, wäre ich jetzt tot. Diese kranken Schweine wurden gleich von der Schule geschmissen. Ich glaube, dass du gerne wissen willst, warum wir dich in den letzten Jahren - und überhaupt - so mies behandelt haben, oder? Diese Zeit ist jetzt vorbei, denn der Grund dafür waren Phillip und Felix. Die haben uns bedroht. Wir sollten dich behandeln, wie den letzten Dreck und die würden uns dafür in Ruhe lassen. Alle aus unserer Klasse wissen jetzt, dass du mir das Leben gerettet hast und werden dich nun auch in Ruhe lassen und dich behandeln, wie einen von denen. Julia.”

Das erklärte so manches. Aber damit war es längst nicht vorbei. Jetzt stünde für Fischer und Phillip nichts mehr auf dem Spiel. Sie könnten mich einfach so quälen und töten, wie und wann sie wollten. Einen Fuß würden und bräuchten sie nie mehr auf den Boden des Arbeitsmarktes setzen. Die waren reich genug. Die konnten es sich leisten, nicht zu arbeiten.
Das Einzige, was ich zur Verteidigung hatte, war die Pistole von Phillip. Eine gefährliche Waffe, aber leider konnte ich einfach keinen damit erschießen. Das wäre gegen jede Moral, die ich pflegte. Ich war so gut wie machtlos gegen die Machenschaften der beiden. Aber ich hatte ja noch sein Tagebuch als Beweisstück.
Es klingelte zum Pausenende. Ich begab mich in den Klassenraum und setzte mich wieder auf meinen Platz. Wieder saß ich alleine da. Dann kamen die anderen rein. Die Lehrerin erlaubte einigen, dass sie sich umsetzten konnten. Auf einmal saß ich nicht mehr so alleine da, wie zuvor. Ich glaubte, dass dies der Anfang eines besseren Daseins wäre. Julia setzte sich vor mich und einige andere neben und hinter mich. “Kannst du uns mal deine Schnittwunden am Bein zeigen?”, bat mich einer von ihnen. Ich bestätigte dies und zog meine Hose am Fußende etwas nach oben. Die Wunde war in den fünf Wochen Koma schon sehr gut verheilt. Sie hatte sich aber an einigen Stellen entzündet. Daher floss der Eiter heraus, wenn ich nicht aufpasste, wie stark ich meine Beine strapazierte.
Wenn ich doch nur gleich am Anfang jemanden das Leben gerettet hättet... Dann hätte ich mir die ganzen Strapazen sparen können. “Aber wie heißt es doch so schön: ‘Was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker!’”, überlegte ich in der zweiten Stunde Mathe.
Die Schule war aus und ich kam zu Hause an und öffnete die Tür. Sie war noch verschlossen. Sie waren anscheinend nicht hier gewesen. Ich zog meine Schuhe aus, schloss die Tür hinter mir und ging ins Arbeitszimmer. Der Computer war noch an. Wenn jemand hier gewesen wäre, würde er auf dem Video zu sehen sein. Ich spielte es ab. Ich konnte niemanden identifizieren. Jetzt kam die Stelle, bei der ich vor der Tür stand und sie öffnete - also das Ende des Videos. Ich machte es aus und überlegte. Keiner war da gewesen. Ich startete eine neue Aufnahme und stellte mich vor die Kamera.
“Seltsam...”, flüsterte ich verblüfft und verärgert. “Die Schweine haben die Kamera kurzgeschlossen.” Das Bild blieb das gleiche, egal wie ich die Webcam stellte. Sie hatten sie manipuliert. “Solche Drecksäcke! Sie waren also doch hier.” Sie waren schlauer als ich dachte. Es dauerte nicht lange, da merkte ich, wie sie hier reingekommen waren, ohne, dass die Kamera sie aufgenommen hatte - Durch ein von mir offen gelassenes Fenster. Ich überprüfte, ob etwas fehlte. Nichts. Oder? Ich nahm eine Diskette, um die von Phillip zu kopieren. “Scheiße!!!”, brüllte ich laut. Sie hatten die Diskette mitgenommen. Es musste also etwas Wichtiges drauf sein. Ansonsten hätte ich sie noch gehabt. Und mein Tagebuch? Das hatte ich immer noch nicht zurück. Wenn ich mich nicht beeilen würde, würden sie es veröffentlichen und meine Beliebtheit, die ich jetzt hatte, würde sich genauso schnell auflösen, wie sie gekommen war.
Ich stand vor Phillips Haus und vergewisserte mich, ob er auch nicht da war. Glück für mich: er war nicht zu Hause. Ich stieg durchs Fenster in den Flur, schaute mich kurz um und ging weiter in sein Zimmer. “Hier fing alles an und hier wird auch der Rachezug von Phillip und Fischer enden!” Ich suchte die Diskette, konnte sie aber nicht finden. Jedenfalls nicht in diesem Zimmer. Ich machte mich auf, um das nächste Zimmer zu durchsuchen. “Wo könnte er es nur h...”, Ein Geräusch unterbrach meine Gedankengänge. Es war wahrscheinlich Phillip. Wie konnte er so unbemerkt von mir hier rein kommen? Ich hätte es doch mitkriegen müssen. Eine zweite Person unterhielt sich mit ihm. “Die müssen mich bemerkt haben.”, stellte ich fest, da beide flüsterten. Ich sprang voller Furcht vor dem, was passieren könnte, wenn sie mich hier finden würden, in den Schrank und bewaffnete mich mit einem Kleiderbügel. Ich konnte nichts durch dir Ritze des Schrankes sehen. Aber ich spürte, dass einer von beiden auf mich zukam, um die Schranktür zu öffnen. Bereit zum Zuschlagen wartete ich ab. Die Tür ging auf und ohne zu registrieren, ob nun Phillip oder Fischer vor mir stand, schlug zu.
“So ein Misst!!”, murmelte ich. “Geht’s dir gut? Was ist passiert?”, fragte Jack.
“Sorry. Aber ich dachte es war Phillip...oder Fischer.”, entschuldigte ich mich. Zum Glück hatte Steve nicht viel abgekriegt, denn ein Kleiderbügel ist keine sehr gefährliche Waffe.
Warum waren sie hier? “Wir wollten dir helfen. Wir dachten uns, dass wir bestimmt noch etwas finden könnten, was dir hilfreich sein könnte. Außerdem hat er meinen Hund auf dem Gewissen. Dieser Scheißkerl.”, meinte Jack. Zusammen dauerte die Arbeit hier nicht so lange. Also beschloss ich, dass die Beiden hier bleiben sollten, um mir behilflich zu sein.
Jack, Steve und ich begaben uns ins Arbeitszimmer von Phillip. Als wir eintraten, bemerkte ich einen stechenden uns widerlichen Gestank, der wohl aus der Küche kommen musste, die gleich nebenan war und keine Tür hatte. Es roch, als hätte jemand gekotzt und seine Kotze nicht weggewischt. “Ihr durchsucht dieses Zimmer, ich nehme mir die Küche vor. Ich will wissen, was da so stinkt.”, befahl ich. Der Gestank wurde immer stärker, je nähr ich an die Küchentür kam. Es war kaum auszuhalten! Was war da?
Eine Katze lag dort auf dem Tisch. Irgend jemand hatte sie brutal ermordet und ihr den Kopf abgeschnitten! Er war allerdings nicht zu finden. Danach wurde ihr wohl mit einem scharfen Gegenstand, wie eine Brotschneidemaschine oder einem normalen Messer, der Schwanz am Ende zerstückelt. Ich lag richtig mit meiner Vermutung: die Brotschneidemaschine war mit geronnener roter Flüssigkeit beschmiert - Blut! Danach ist der Schwanz herausgerissen worden. Das Blut der Katze war auf dem Küchenboden gelaufen und hatte sich dort verbreitet. Eine Blutspur führte zum Kühlschrank. Ich öffnete ihn vorsichtig und bereitete mich auf das Schlimmste vor. Aber noch viel schlimmer konnte es kaum noch kommen. Immerhin ist eine zerhackte Katze, die wohl qualvoll abgeschlachtet wurden war, das Schlimmste, was es nach einer Menschenleiche im Gefrierfach geben kann. Es war ekelhaft! Der kleine Katzenkopf ist im obersten Fach des Kühlschranks verstaut wurden. Blut tropfte auf den Käse und den Erdbeerkuchen, die sich ebenfalls in einem Fach unter dem Körperteil im Kühlschrank befanden. Ich rannte zurück in Phillips Zimmer und suchte nach der Kamera, die ich das letzte Mal gesehen hatte. Na also! Sie war noch da. Ich schnappte sie mir und rannte wieder in die Küche zurück, machte ein paar Photos von der zerhackten Katze und steckte den Fotoapparat in meine Jackentasche.
“Es ist zu ekelerregend, um, es euch zu erklären, was da so stinkt. Wenn ihr es wissen wollt, dann müsst ihr schon selbst nachsehen.”, erklärte ich Jack und Steve. Darauf hin liefen sie in die Küche und ich durchsuchte weiter die Zimmer.
Gerade war ich im Arbeitszimmer, als eine kaum sichtbare Diskette aus dem Diskettenlaufwerk seines Computers zu sehen war. Das musste sie sein. Zur Sicherheit machte ich den Computer an, um zu testen, ob es die Diskette war, die ich suchte. Und um natürlich einen Virentest durchzuführen. Denn noch mal wollte ich nicht auf seinen Trick mit der virenverseuchten Diskette reinfallen. Ich startete das Virenprogramm und wartete ab. Plötzlich stürzte der Computer ab. Was war los? War die Diskette nun mit Viren übersät? War es überhaupt die Diskette, die ich brauchte, um ihn zu überführen? Was war auf der Diskette?
“Dieses Mal lasse ich dich nicht so einfach davonkommen. Hast du mich verstanden?”, lachte mir Phillip ins Gesicht. Fischer stieß kurz darauf mit Steve und Jack in seiner Gewalt zu Phillip. “Wen du nicht tust, was wir dir sagen, werde ich deine Freunde langsam und elendig verrecken lassen.”, meinte Fischer, während er mit einem Schraubenzieher auf Steve und Jack zielte. Phillip forderte mich auf, ihm die Diskette zu geben. Leider konnte ich mich nicht wehren. Also musste ich sie ihm wohl oder übel überlassen.
Phillips Mutter unerwartet und erschrocken betrat den Raum. “Was ist hier los?!”, brüllte sie ihn entsetzt an. “Ich glaube, ich sehe nicht richtig!...”, schrie sie weiter. Sie konnte ihren Wutausbruch nicht zu Ende bringen, denn Phillip hatte bereits mit der Marmorvase ihren Kopf zertrümmert. Sie lag nur noch auf dem Boden und regte sich nicht mehr. Geschockt über seine tat kniete Phillip vor ihr nieder und begann zu trauern. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Ob er sich bewusst war, was er tat, bevor er sie Vase nach ihr schmiss?”
Ich musste diesen Moment der Schwäche ausnutzen, denn ansonsten könnte ich mir meinen Urlaub für dieses Jahr aus dem Kopf schlagen. Noch bevor Phillip oder Fischer etwas mitkriegten, waren Jack, Steve und ich mit der Diskette aus dem Haus und auf dem Weg zu Steve nach Hause, um uns die Diskette anzuschauen.













































Kapitel V



Wir rannten aus dem Haus und konnten der Explosion gerade noch entkommen. Woher hatte er die Granate? Woher er sie auch immer, es waren bestimmt noch mehr davon an dieser Stelle und er war verdammt sauer. Er war vollständig verrückt geworden. Wahrscheinlich durch den Tod seiner Mutter. Eine zweite Granate kam aus dem Haus geflogen und detonierte fünf Meter von uns entfernt. Durch die Druckwelle wurden Jack und ich gegen das Tor geschleudert. Steve landete im Gras und wurde ebenfalls ohnmächtig.
“Hey...”, sagte eine Stimme leise. “Hallo...geht es dir gut?”
Ich sah alles ein verschwommen und brauchte eine Weile, bis ich mitkriegte, was geschah. Ich konnte nicht erkennen, wer da mit mir sprach. “Wer spricht da?” “Ich bin es, Michael.” Welch ein Glück. Michael hatte uns gefunden. Er war schon seit der Grundschule mit mir befreundet gewesen. Seine Größe entsprach so ungefähr der meinen. Und er hatte auch die ungefähren großen Körperproportionen wie ich. Seine Erscheinung umfasste nicht nur einen sehr kurzen Haarschnitt. Sie ging weiter über eine lange Jeans bis hin zu weißen T-Shirts, die er meistens trug.
Wo Michael auftauchte, war Stephan, sein Kumpel, auch nicht weit. Stephan und Michael gingen durch dick und dünn. Sie waren die besten Freunde. Besonders, weil Stephan das genaue Gegenteil von Michael verkörperte. Und ich war der Dritte im Bunde. Wir waren unzertrennlich.
Die Sicht besserte sich allmählich und ich konnte alles wieder klar erkennen. Ich sah auch, dass Steves Haus teilweise sehr in Mittleidenschaft gezogen wurde. Jetzt hatte selbst Steve einen Grund, Phillip umzubringen, denn das Haus war mehr als nur fünf Mark wert.
Zusammen fuhren wir zu Michael nach Hause und grübelten über einem Racheplan. Ich hatte alles, um ihn hinter Gitter zu bringen. Aber erst musste er noch seine Lektion lernen. Und Fischer durfte dabei nicht vergessen werden. Was also sollten wir tun? Ein gewaltsamer Gegenangriff wäre schon in Frage gekommen, wenn wir nicht das Problem hätten, dass Phillip die besseren Kampfgeräte hätte. Einen Selbstverteidigungskurs könnten wir uns nicht leisten. Etwas musste es doch geben. Das Einzige, was ihm wirklich etwas ausmachen könnte, wäre eine Schädigung seiner Psyche. Wie etwa beim Tod seiner Mutter. Damit wäre er sein ganzes Leben gestraft und außer Gefecht gesetzt.
“Warum hat er uns nicht gleich weggesprengt?”, fragte ich mich schon die letzten Stunden, seit ich aufgewacht war. “Wie?”, irritierte ich Jack während seiner Überlegungen. “Ich meine, er hätte uns einfach beseitigen können. Für die stellen wir doch die einzige Gefahr dar. Also wieso lies er uns am Leben?”
Da war was dran! Jack, Steve, ich und nun waren auch noch Michael und Stephan in dieses sadistische Spiel der beiden Psychopaten geraten. Stephan und Michael lächelten nur locker, beim Gedanken daran. Aber ihnen würde sicher noch ihr Lächeln vergehen, wenn sie Phillip erst in Aktion erleben würden.
“Das Erste, was wir tun sollten, wäre...”, wollte ich vorschlagen, aber Jack fiel mir ins Wort. “...einen Schlachtplan gegen Fischer und Phillip ausdenken.” “Nein! Erst brauchen wir alle eine neue Bleibe. Denn unsere Wohnungen kennt er. Bei mir ist er schon mehrere Male eingebrochen und hat Kameras installiert.” Ich fühlte mich bei mir einfach nicht mehr sicher. Nur Michael und Stephan brauchten keine neue Unterkunft - noch nicht! Die kannte Phillip noch nicht. Aber ich wusste, dass er sie bald kennen würde, wenn sie weiterhin mit uns rumhängten.
Nach ein paar Wochen hatten wir auch schon eine neue Wohnung gefunden. Steve bekam einen Teil des Geldes für das Haus von der Versicherung und zog mit Jack Michael, Stephan und mir ins neue Heim ein. Ein kleines Gebäude in Mitten der Stadt.
Es war nicht besonders auffällig oder schön. Zudem hatte stellte es ein gutes Versteck dar, denn das Gebäude lag in einer kleinen Gasse, die von Müll und Slums nur so auf die Hauptstraße hervorquoll. Um hier zu wissen, wo die Gasse aufhörte und die richtige Straße anfing, müsste man schon mindestens vier Monate hier gelebt haben.

Durch das Geld von Steve konnten wir uns einen Selbstverteidigungskurs leisten. Dazu hatten wir noch Training an der Waffe. Alle diese Dinge schafften wir in weniger als einem Jahr. Die zwölfte Klasse schaffte ich mit einem Notendurchschnitt von ‘2.0’!
Die Feier danach konnte ich Monate danach nicht mehr vergessen!

Innerhalb dieses Jahres sind wir nie von Phillip oder Fischer angegriffen wurden. Ob die zwei psychisch Kranken einen neuen Plan ausarbeiteten? Wenn ja, dann musste es ein sehr brillantes und für uns lebensgefährliches Vorhaben sein. Wir hatten nur ein Vorhaben in der langen Zeit geplant. Eins, das denen zeigen würde, wie falsch es doch war, sich mit uns anzulegen.
Erst wollten wir sie seelisch zerstören und danach in die Gummizelle schicken. Und Fischer mussten wir erst mal mein Tagebuch abjagen. Ich betete dafür, dass er es noch nicht veröffentlicht hatte.
Ich setzte mich ins Auto und fuhr zur Schule. So wie immer. Nichts ahnend betrat ich den Klassenraum. Meine Mitschüler sahen mich mit fraglichen mit gemeinen Blicken an. “Was ist?”, fragte ich etwas verstört. Sie blickten mich weiter an und ließen meine Frage im Raum stehen. Allmählich wurde ich nervös. Was war auf einmal in sie gefahren? Sie verhielten sich mir gegenüber doch sonst nicht so. Schweigen durchdrang den Raum und stellte meine Nerven auf eine große Probe.
Weiterhin verwundert nahm ich Platz und beschäftigte mich mit der Frage, was nun los war. Hatte ich etwas verpasst? Hatte ich etwas zwischen meinen Zähnen? Ich konnte es mir nicht erklären. Hatten Phillip und Fischer Fotomontagen, die mich bei perversen Dingen zeigten? Etwa beim ausweiden einer Kuh - den Tagebucheintrag von Phillip dazu als Vorbild genommen - oder bei ekelhaften Sexspielen mit irgendwelchen kleinen Jungen? Beim Gedanken daran wurde mir ganz mulmig und teilweise sogar schlecht in der Magengegend. Schnell versuchte ich an etwas anderes zu denken.
In der Pause stellte ich mich wieder an meinen gewohnten Platz und erzählte mit Steve und Jack. Selbst die sahen mich entsetzt an. “Was ist denn nur heute mit allen los?! Egal wo ich hin gehe, alle glotzen mich so voll bescheuert an! Und eine Antwort kriege ich auch nicht! Also, was ist hier los?!”, äußerte ich mich äußerst wütend. “Es ist nichts.”, erwiderte Jack. Was war das? Jack hielt ein Buch in der Hand. Und Steve hielt genau das selbe in seinen Händen. Jetzt war mir Einiges klar geworden.
“Was sind das für Bücher in euren Händen?!”, fragte ich zornig und riss es Steve aus der Hand. Ich schloss es und betrachtete den Buchtitel. “Das Leben des Alf K.”, flüsterte ich entsetzt. Bleich stand ich nun da und starrte ungläubig auf das Deckblatt.
Wie konnte er es wagen mein Tagebuch zu veröffentlichen. “Ich hacke ihm eigenhändig den Kopf ab und reiße ihm die Eingeweide raus!!!”, schrie ich, so laut ich es konnte.
Alle, die auf dem Pausenhof standen, drehten sich zu mir um. Das war’s mit meiner Beliebtheit. In meinem Tagebuch standen die intimsten Gedanken und Ereignisse, die nur ich allein kannte. Jetzt wussten alle, was so in meinem Leben passiert war. Und vor allem wussten alle darüber Bescheid, wie ich über sie dachte. Fast jeder kannte meine Gedanken.
Ich begann in Selbstmitleid zu versinken. “Du machst dir viel zu viele Gedanken.”, munterte mich Steve auf. “Keiner weiß, ob das dort der Wahrheit entspricht.” Das baute mich tatsächlich wieder auf. Beruhigt ging ich zurück in den Klassenraum. “Stimmt das, was da drin steht?”, erkundigte sich Julia. “Nein. Das entspricht nicht der Wahrheit.”, gab ich zurück. Wie tief hatte mich die Sache schon gezogen! Er hatte mich schon so weit, dass ich Leute belog, für die ich mehr empfand. Aber im Moment fiel mir nichts Besseres ein. Schuldig fühlte ich mich. Das würde sie hoffentlich nicht merken, dass ich ihr nicht die Wahrheit sagte.
Selbst wenn das mit der Veröffentlichung meiner Gedanken fehlschlug - ich wollte mein Tagebuch wieder haben - um jeden Preis!
“Hey! Du da! Ja du!”, quatschte mich ein Typ an, den ich noch nie gesehen hatte. “Du bist doch der absolute Loser! An deiner Stelle hätte ich das nicht veröffentlicht. Du Loser!” Mein Gesicht schien vor Hitze zu dampfen und rot zu werden. Was nahm der Typ sich da einfach raus, mich so dermaßen zu beleidigen?! Wie gerne hätte ich ihn zu Brei geprügelt. Aber so etwas machte ich ja nicht.
Also allen war es dann doch nicht egal. Was für eine Blamage. Beleidigt und getroffen von den Blicken der anderen kam ich zu Hause an.
Die Tür war offen. Steve war wohl schon da. “Steve! Steve!”, rief ich. “Wir müssen Ph...”, das konnte doch nicht war sein! “Du Drecksack! Ich hasse dich, Brünner!!!!”, schallte es durch das gesamte Haus. Hass brodelte in meinem Körper und schreite nach Rache! “Ich hasse dich!!”, wiederholte ich noch lauter. Die Flamme der Wut loderte tief in mir und wurde von Vorfall zu Vorfall größer. Genährt von dem Bösen von Phillip und Fischer, dass mich infiziert hatte.
Steve war tot. Phillip lies einen Zettel da:
“Sieh dir das Messer genau an. Zieh es heraus und du wirst erkennen, warum ich es getan habe.” Ich zog das Messer heraus und betrachtete es genau. Es war etwas eingraviert:
“Haha! Du bist ein solcher Loser!” Warum hatte er das eingraviert?
Er brauchte wirklich einen Psychiater. Aber den würde er sicher auch töten. Genau so wie er Steve getötet hatte. Er hatte doch eigentlich gar nichts mit der Ganzen Sache zu tun! Mich wollte er doch und nicht ihn!
Von Schuldgefühlen zerfressen klügelte ich mir einen neuen Plan aus. Sie sollten beide sterben! So elendig wie möglich! Ein für allemal wäre es dann vorbei! Einfach vorbei! Während ich über den Sinn des Textes nachdachte, fiel mir ein weiterer Zettel auf, der an die Brusttasche gesteckt war: “Einer weg, bleiben noch zwei...P.B.” Was hatte das wieder zu bedeuten? Wollte er uns damit zum Narren halten? Wer war es, der noch außer mir auf der Liste stand? Jack? Ja! Jack war der Nächste auf seinem sadistischen Rachefeldzug gegen mich. “Und der Letzte...bin ich”
Er wollte uns wirklich nacheinander umbringen. Auf einmal erklangen Polizeisirenen von allen Seiten. Anscheinend hatte er schon die Polizei verständigt. Aber warum? Die Polizisten stürmten in den Raum und untersuchten die Leiche. Dann nahmen sie sie mit. Dann wurden das Blut und die stinkenden Eingeweide entfernt. Es sah aus, als wäre nie etwas passiert. Leider war dem nicht so. Nichts sollte mehr sein wie zuvor...

Jack kam gut gelaunt herein. Als ich ihm erzählte, was hier geschehen war, änderte sich seine Laune ruckartig. Aus Freude wurde Hass. Aus seiner guten Laune entstand Trauer. Jetzt mussten wir ihn einfach abschlachten! Genauso, wie er es die ganze Zeit schon tat. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem wir das Spielchen umdrehen mussten. Ich nahm die Pistole von Phillip, die ich noch hatte und fuhr mit Jack zu ihm.

Die Uhrzeit: 23:27 Uhr. Das Licht im Haus war aus. Phillip schlief. Wir mussten es wagen. Um diese Zeit rechnete er am wenigsten mit uns. Diesmal hatte er keinen Grund, uns zu unterschätzen. Jack konnte Karate und ich hatte meinen Ballermann dabei. Geladen versteht sich.
Auf Zehenspitzen näherten wir uns langsam und lautlos der Tür, die im Mondschein dunkelbraun schimmerte. Sie war verschlossen. Aber darauf hatten wir uns vorbereitet. Ich holte den Schlüssel, den Jack vor einigen Jahren von ihm geklaut hatte, als er noch mit ihm befreundet war, aus der Tasche und schloss die Tür leise auf. Auf geräuschlos traten Jack und ich ein. Bis zur Küche kamen wir. Dann rochen wir diesen widerlichen Gestank - schlimmer als beim letzten Mal! Etwas, was wir nicht identifizieren konnten, weil es zu sehr verwest war, lag auf dem Küchentisch. Ein Skelett von einem kleinen Tier war noch übrig. Weiter ging es durch das Wohnzimmer in das Arbeitszimmer. Was da lag, lag fern von jeder Vorstellung vom blanken Ekel. Es überstieg den Gestank des verwesten Tieres in der Küche. Wir erkannten, dass es einmal ein Mensch gewesen war, was da auf dem Boden lag. Im Teppich, um die Leiche herum, war Blut eingetrocknet. Die Person musste nach dem Verwesungsgrad her schon seit länger als sieben Monaten dort liegen.
Phillips Mutter zersetzte es hier noch immer!! Seit fast einem Jahr. Der Befall an Maden und kleinen Würmern überstieg unsere kühnsten Phantasien und löste in uns einen Ekel und Brechreiz aus.
“Der Kerl ist wirklich krank!”, flüsterte Jack mir ins Ohr. Schnell ging es weiter in sein Zimmer. Es war verschlossen. Bedauerlicher Weise besaßen wir keinen Schlüssel. Also mussten wir sie auf eine andere Art und Weise öffnen. “Lass mich mal rann!”, schlug Jack vor und drängte mich gleichzeitig zur Seite. Er nahm sein Taschenmesser und fummelte an der Tür herum. Er versuchte den Lärmpegel so gering wie möglich zu halten, sodass er sehr lange brauchte.
“Bist du bald mal fertig?!”, drängte ich ihn nach zwanzig Minuten. “Ich mache ja schon so schnell ich unter diesen Bedingungen kann.”, erwiderte er. “Ich hab’s!”, sagte er erleichtert. Jack stand auf und packte sein Messer zurück in seine Tasche. In diesem Moment tauchte Phillip hinter ihm auf und schlug ihn mit einer Wiskyflasche nieder. “Ich habe euch schon erwartet.”, meinte er mit seinem anwidernden Gesicht zu mir gewandt. Ich ging ein paar Schritte zurück, um mich von Phillip fern zu halten. Aber Phillip kniete nieder und schlitzte mit der zerbrochenen Flasche an Jacks bewusstlosem Körper herum. Plötzlich fiel mir die Pistole ein, die ich hatte. Er hatte sein Gesicht zerschlizt. Das waren unerträgliche Schmerzen für Jack, der dabei wieder zu sich kam. Er war vom Schmerz gelähmt und schrie wie wild!
“Lass die Flasche fallen!”, forderte ich Phillip auf. “Mit dieser Waffe, kannst du mich nicht beeinflussen.”, entgegnete er locker und schnitt weiter an Jacks Unterleib herum. “Du hast es ja nicht anders gewollt!”, rief ich ihm sauer zu und schoss auf seinen Kopf. Kurz schrie er auf. Das Blut spritzte in Jacks Gesicht und an die Wände. Phillip ging zu Boden. “Fischer wird sich rächen.”, keuchte Phillip mit letzter Kraft. Ich packte Jack und trug ihn aus dem Haus. Danach nahm ich sein Handy an mich und rief den Notarzt.
Das Warten auf den Arzt kam mir vor wie Stunden. Da kam er endlich in seinem Krankenwagen die Straße hochgefahren, blieb neben uns stehen, öffnete die Tür und stieg aus.
“Was?! Du?!”, rief ich verwundert, zog meine Knarre und hielt sie auf Fischers Kopf gerichtet. “Fahr zur Hölle!!”, brüllte ich aufgeflammt. Leider war er schneller als ich und konnte sie mir aus der Hand schlagen. Anschließend nahm er Jack und rammte ihm ein Messer in sein Gesicht. Direkt zwischen seine Augen. Sein Schrei war so laut, dass auch ich schreien musste. Fischer lief auf mich zu und hielt mir die Pistole in den Mund.
Noch ehe er abdrücken konnte wachte ich auf.

Der Wecker hatte mich vor einem weiteren Tod in meinen Träumen bewahrt. Zum Glück war ich mit meiner Klasse der Klassenstufe zwölf auf Klassenfahrt in England. Warum die wieder dahin fuhren, konnte ich mir nicht erklären. Es gab nicht viel zu sehen und das Essen war schlecht. Aber denen schien es zu gefallen. Hier war ich trotzdem lieber, als bei Phillip und Fischer, um zu sehen, wie die zwei Jack und mich töteten.
“Seid ihr wach?”, erkundigte sich unsere Lehrerin. “Wir haben heute eine ganze Menge vor. Also beeilt euch und kommt frühstücken!”, befahl sie. Ich hasste es, so zeitig aufstehen zu müssen. Aber wenn ich das musste, konnte ich auch nicht weiterschlafen. Und wo ich einmal aufgewacht war, konnte ich auf meinen lustlosen Körper aus dem Bett schmeißen, den Traum der letzten Nacht so schnell wie möglich wieder zu vergessen. Beim Frühstück setzte ich mich, wie sonst auch, zu Julia an den Tisch.
“Was machst du, wenn das Kulturprogramm von heute abgeschlossen ist?”, interessierte es Julia am Frühstückstisch. “Mal sehen.”, antwortete ich. “Ich werde womöglich in meinem Zimmer vergammeln. Und was machst du so?” Sie blickte mich an und sagte eine Weile nichts. Was hätte ich in dem Moment dafür gegeben, um ihre Gedanken lesen zu können.
“Ich gehe mit den anderen mit. Mal sehen, was die machen.”
Und wieder begann ein Tag, der von Kultur nur so vollgestopft war. Erste Station:
Big Ben - Die große Uhr der Engländer. Müssten die die nicht schon im vergangenen Jahr gesehen habe? Wir ihn nicht ohnehin betreten, was ich in dem Moment ‘echtes Glück’ nannte. So mussten wir also den ersten Kulturort dort vergessen. “Was für ein toler Tag für mich.”, dachte ich. Ich hatte nichts gegen Sehenswürdigkeiten, aber nicht gerade an solchen Tagen, an denen man lieber ausgeschlafen hätte.
Die zweite Besichtigungstour begann vorm ‘Tower von London’ und war auch dort vorm Eingangstor gleich zu Ende, denn Diebe hatten die Kronjuwelen gestohlen. Also war auch der zweite Platz unzugänglich. Noch eine Sehenswürdigkeit und der Tag war freigegeben...
“Ich schlage vor, dass wir das hier auf morgen verschieben.”, schlug die Lehrerin vor. “Ihr habt für den Rest des Tages frei. Aber seid pünktlich um Zehn Uhr wieder in der Herberge.”, wies sie an und schaute uns dabei tief in die Augen, um uns ihr Misstrauen zu zeigen.
In unserer Unterkunft lies ich mir den Schlüssel für unser Zimmer geben. Jetzt war es nur noch mein Zimmer, da mein Zimmergenosse in ein anderes Zimmer umgezogen war, weil er dort bei besseren Freunden zu sein schien. Wenigstens hatte ich nun meine Ruhe und war ungestört.
Ich lag auf meinem Bett und dachte mal wieder nach. Was war der Sinn des Lebens? Es musste doch eine Erklärung dafür geben, dass ich so gequält wurden war. Es war sicherlich noch nicht vorbei, denn Phillip lebte noch. Zum Glück ist er nicht in London gewesen, denn das hätte die Klassenfahrt für mich vollständig zerstört. Aber andererseits könnte ich mal Held spielen. Aber warum wurde ich nun so gequält?! In seinem Tagebuch stand nichts über die Gründe. Es standen nur die Pläne mit Fischer und ihm drinnen. Ich hatte ihm niemals etwas getan. Vielleicht sieht er seine bösen Vorhaben in mir gefährdet, weil ich das eine Mal - und jetzt auch - Beweismaterial für seine Schandtaten hatte?
Es war eine so wunderbare Ruhe, dass ich beinahe eingeschlafen wäre. Meine Augen schlossen sich langsam. Ein Klopfen an der Tür!
Zuerst versuchte ich es zu überhören, aber beim zweiten Klopfen, schloss ich sie auf. “Hallo.”, grinste mich Julia an, kurz bevor sie hereinkam. “Ich dachte, du gehst mit den anderen mit?”, meinte ich leicht verwundert und ein wenig eifersüchtig, weil sie nicht bei mir bleiben wollte.
Sie erklärte, dass die anderen nur Müll vorhatten. “Die wollten einfach so ein bisschen rumlaufen.”, erzählte sie und setzte sich dabei auf das gegenüberliegende Bett. “Gehen wir ins Kino?”, bot ich ihr an. “Ich kenne eins hier in der Nähe.” “Klar, warum nicht? Was kommt denn so Schönes?”, wollte sie wissen. “Mal sehen...”, lächelte ich ihr ins Gesicht. Da keiner von uns etwas vorhatte, begaben wir uns nun also ins Kino. Seit der Sache mit dem Krankenhaus waren wir richtig gute Freunde geworden. Ob sie sich nur mit mir abgab, weil ich ihr das Leben gerettet hatte? Andererseits wäre sie nie von Phillip bedroht worden, wenn ich nicht rein zufällig im gleichen Zimmer gewesen wäre. Also war es eigentlich meine Schuld, dass er sie beinahe umgebracht hätte. Aber das schien ihr egal zu sein. Irgendwie war ich froh, dass dieser Vorfall im Krankenhaus stattfand. Immerhin hat ja alles im Leben seinen Sinn... außer das Leben selbst...

“Toller Film.”, schwärmte Julia. Aber es schien mir, dass sie nicht nur vom Film schwärmte, denn dazu, war zu viel Gefühl in ihrer Aussage. Einiges wurde mir nun klarer. Sie hatte sich nicht von den anderen Mitschülern abgesetzt, weil die so langweilig waren, sondern, weil sie bei mir sein wollte. Allein. Die Art wie sie mich schon in meinem Zimmer ansah, war schon etwas verdächtig. Mein Herz schlug für ein par Sekunden höher. Aber ich könnte mich auch irren. Sie könnte auch vom Film geschwärmt haben. Oder? Wenn sie etwas von mir wollte, würde sie mich sicherlich einmal darauf ansprechen. Und wenn nicht? “Ich werde mal abwarten und später weitersehen.”, murmelte ich in Gedanken versunken. “Hast du was gesagt?”, fragte Julia.
“Nein, Nein.”, log ich etwas unsicher. Sie wusste ganz genau, was ich sagte und wie ich es meinte.
Am Abend kam sie zu mir. Sie hatte ziemlich wenig an. Wie sie es geschafft hatte den Flur entlang zu gehen, ohne dass sie gesehen wurde? Im Grunde genommen war es mir egal. Ich wusste genau, was auf mich zukäme. Hinter sich schloss sie die Tür und drehte den Schlüssel ein wenig, damit niemand von außen aufschließen könnte. Mein Verdacht bestätigte sich in dem Moment, als sie sich sehr nah neben mich aufs Bett setzte. Ich war mir im Klaren darüber, dass ich ihr nicht widerstehen könnte, wenn sie noch näher an mich heran käme. “Ich bin zu dir gekommen, um dich etwas zu fragen.”, deutete sie an. Und dafür, um mich was zu fragen, kam sie mit so wenig Bekleidung zu mir? Das glaubte ich nicht. Sie war auf mehr aus. “Frag ruhig.”, meinte ich, während ich mich kaum noch beherrschen konnte. Am Liebsten hätte ich ihr die Kleider vom Leib gerissen, sie aufs Bett gedrückt und wild mit ihr rumgeknutscht. Dann wäre es automatisch zu mehr gekommen.
“Findest du, dass ich mit den Sachen hier übertrieben habe?”, Julia schaute mich an, als wollte sie sagen: ‘Nimm mich! Jetzt gleich!’ “Wie?... Nein, nein.”, erwiderte ich. Ich näherte mich ihr. “Also kann ich damit zu Simon gehen?”, wollte sie weiter wissen. Das konnte doch nicht war sein?! Sie kam zu mir, um mich zu fragen, ob sie so zu Simon, dem vierten Mitglied der fiesesten Gang an unserer Schule, gehen könnte?! Was sollte ich da nur tun? Einerseits konnte ich sie doch nicht in die Arme dieses Fießlings treiben lassen. Aber andererseits vertraute sie mir und wollte jetzt den Rat eines Freundes. Es gab nur eins, das ich im Moment tun müsste. “Was macht der hier? Der ist doch in der Parallelklasse?”, fragte ich gelassen zurück. Sie erklärte, dass Simon heimlich hinterher gefahren kam, um bei ihr zu sein. Doch Simon war sicher nicht hier, um nur bei ihr zu sein. Er wollte sie, so wie ich sie am liebsten gewollt hätte- Nur dass bei mir Liebe im Spiel gewesen wäre.
Und Julia fiel auf ihn rein. “Dann pass’ aber auf dich auf.” Warum sagte ich das? Ich war doch nicht ihr Vater. Julia wurde wütend. “Wie ist das wieder gemeint?! Du gönnst es mir nicht, dass ich mit ihm zusammen bin! Nur weil du was von mir willst, kannst du ihn nicht dafür verantwortlich machen, dass er dir zuvor gekommen ist!”, äußerte Julia sich, wobei sie immer wütender wurde. Hätte ich es doch bloß nie gesagt. Julia schloss die Tür auf und knallte sie hinter sich zu, bevor sie in das Zimmer von Simon verschwand. Ich wusste genau, dass er ihr das Herz brechen wollte und sie dann einfach benutzt wegschmeißen würde. Es sollte doch bloß eine Warnung vor ihm sein! Ich lieferte sie nicht nur an dieses beschissene Schwein aus, ich verlor sie als Freundin.
Ich lag auf dem Bett und machte mir Vorwürfe. Ich spielte die Szene immer und immer wieder in meinem Kopf ab und versuchte sie zu verändern. Leider fand ich keine perfekte Lösung für mein Problem mit ihr.
Ich zog mich um und ging schlafen. Denn am nächsten Tag hieß es wieder früh aufstehen.
Ich hatte in dieser Nacht einen seltsamen Traum. Ich träumte, dass ich wieder in diesem Zimmer saß - mit Julia auf meinem Bett. Und ich versuchte eine perfekte Lösung zu finden, dass das Ende der Begegnung nicht in einem Streit endet. Wenn meine Lösung nicht klappte, wurde ich wieder an den Anfang der Szene versetzt und probierte es von Neuem. Endlich! Ich hatte einen Weg gefunden, der sicher klappen würde. Aber dann wurde ich wach. Ein leises, aber trotzdem hörbares Klopfen hatte mich geweckt. Es war sicherlich Julia, die mir gleich um den Hals fallen würde, weil sie bei mir Trost suchte, weil Simon sie nur benutzt hatte, wie ich es ihr bereits andeutete. Ich begab mich zur Tür und öffnete sie leise. “Komm rein.”, flüsterte ich beruhigend noch bevor ich wusste, ob es überhaupt Julia war, die da vor mir stand.
Bevor ich mich versah, schnellte eine Flamme von der Tür in meine Richtung. Es war nicht Julia, sondern Simon, der mit einer Spraydose und einem Feuerzeug in der Tür stand. “Das hast du jetzt nicht erwartet?!”, sprach er, kam ins Zimmer, verschloss die Tür und steckte den Schlüssel ein. Er drohte mir, Teile von mir mit dem gebastelten Flammenwerfer zu verbrennen, wenn ich nicht still sein würde. Wahrscheinlich wollte er dies sowieso tun. “Wieso bist du wirklich hier?!”, interessierte es mich. “Ich bin hier, um dir einen Denkzettel zu verpassen.” “Wer sind deine Auftraggeber?!”, fragte ich ihn weiter aus. “Wieso sollte ich dir das sagen?! Du kleiner Wichser!”, beleidigte er mich. ‘Warum sollte er es mir sagen?’ Schlechte Typen hauten diesen Spruch wirklich immer raus. Hätte er es aber auch gesagt, wenn ich ihn nicht gefragt hätte? Wahrscheinlich hätte er einen Weg gefunden, dass er diesen Spruch anwenden könnte. Ich wusste ganz genau, wer ihn hier eingeschleust hatte.
Er befahl die Rolläden runter zu ziehen, sodass niemand sehen könnte, was passieren würde. “Wird’s bald!”, brüllte er hektisch, als ich ihm Widerstand leistete. Wie sollte ich dort wieder herauskommen ohne gleich die ganze Ausstattung des Raumes zu versauen? Dafür gab es nur eine Antwort. Er hatte eine Waffe, ich nicht. Ich musste es irgendwie anstellen, dass ich seinen ‘Flammenwerfer’ kriegte. Dann könnte ich ihn aus meinem Zimmer vertreiben und ihm zeigen, dass ich der Stärkere sein würde. Viel Zeit blieb nicht. Er kam nähr und nähr. Er stand direkt vor mir, zündete das Feuerzeug und hielt es vor die Dose. “Das war’s, Würstchen!”, meinte er siegessicher und drückte auf die Spraydose, aus der eine riesige Flamme hervorstach. Wäre es ein Traum, wäre die Flamme, die meinen Oberarm verbrannte, nicht so schmerzhaft und heiß gewesen.
“Du hast keine Chance ohne Verbrennungen zu entkommen.”, lachte er mir ins Gesicht.
Das Schlimmste an seiner Aussage war, dass er Recht hatte.



































Kapitel VI



Julia wachte in Simons Zimmer auf. “Wo ist er?”, wunderte sie sich, stand auf und zog sich an. Viel zum Anziehen war da ja nicht, deshalb ging dies relativ schnell. Sie wurde stutzig. Hatte er sie wirklich nur benutzt? Sie kam sich schmutzig vor und sah nun ein, dass sie auf meine Warnung lieber gehört hätte. Starke Schuldgefühle plagten Julia, weil sie mir so patzig entgegengekommen war. “Dass hätte ich nicht tun sollen. Ich hätte Alf nicht so undankbar entgegenkommen sollen. Es war doch auch nur ein gut gemeinter Rat - Er hat Recht, ich habe Unrecht. Ich sollte mich bei ihn um Verzeihung bitten.”
Sie erinnerte sich noch wage an jedes schmutzige Detail, dass er mit ihr trieb. Dieser Kater brachte sie noch um. Sie hätte halt nicht übermäßig viel trinken dürfen. “Was war hier nur passiert?” Die Gedanken kamen nur fotoartig und zudem stark verschwommen. Trotzdem kam Klarheit in die Sache...

Sie stampfte verärgert den Gang entlang zu dem Zimmer, dass er sich extra genommen hatte. Sie war verletzt - von mir. Ich hatte keine Ahnung, wie schwer sie das traf und hatte nicht damit gerechnet, dass sie das weiter in seine ‘Arme’ trieb, als zunächst angenommen. Sie musste es mir zeigen. Sie war wie besessen davon, mir zu beweisen, dass ich nur leere Theorien verstreute und ihn versuchte schlecht zu machen, damit sie nicht zu ihm ginge.
Sie glaubte an das Gute in jedem Lebewesen. Jedem normalen Menschen mit gesundem Verstand fiel auf, dass Simon nicht mehr in das soziale System zu integrieren war. Er war einfach ein Assi. Ein riesengroßes Arschloch mit - leider - viel zu viel Glück. Seine Visage erinnerte mich wieder und wieder an die Unfallbilder bei der Sanitäter-grund-ausbildung. Genauso sah er für mich aus - wie eine schleimige vertrocknete Leiche mit Organrückständen am Kopf . Diese bildeten sein Gehirn, dass es ihm gerade noch ermöglichte zu pinkeln. Wenn er auch nicht das Becken traf. Anders stellte ich ihm mir nie vor, denn auch wenn sein Äußeres gepflegt und nach Zuhälter aussah, verschimmelte sein Inneres von Tag zu Tag ein Stückchen mehr.
“Komm rein! Es ist offen!”, rief er ihr zu, nachdem sie zwei mal geklopft hatte. Sie betrat das Zimmer. Es hatte genau die gleiche schäbige verblasste weiße Farbe, wie alle anderen Räume im Haus auch. Seine Tür schloss nicht richtig, darum lehnte er einen Stuhl von innen gegen die Klinke. Seine Erscheinung war abstoßend! Das Einzige, was er noch trug, war der Lendenschutz, damit sie nicht gleich vor Ekel zu fliehen versuchte. Seine widerliche dunkle Brustbehaarung schreckte sie ein etwas zurück. Das hatte sie nicht erwartet: Ein ekelhafter Typ, der auf seinem Bett nur darauf gewartet hatte, um sie endlich besteigen zu können. Sie konnte spüren, wie ihm beinahe der Sabber aus seinem Maul lief. Sie hatte keine Chance an seiner Geilheit vorbei zu schauen, denn seine Hose schien überhaupt nicht dafür gemacht zu sein. Seine Haare hatte er kurzfristig schwarz gefärbt.
“Ich glaube nicht, dass ich das tun kann.” Sie bat ihn damit indirekt, gehen zu dürfen. Nur war ihr Problem nicht, dass er mit ihr ins Bett wollte. Er ließ sie nur einfach nicht so leicht entkommen und bot ihr ein Gläschen Rotwein an. “Nein, lieber nicht.” Ein mulmiges Gefühl durchströhmte ihren Körper. “Vielleicht hat Alf Recht.”, dachte sie und trat einen Schritt zurück. “Ich habe extra das ganze Zeugs hier besorgt. Du kannst doch dann wenigsten eins, zwei Gläschen mittrinken.” Wieso musste sie so schnell Schuldgefühle bekommen. Das müsste sie doch gemerkt haben, dass er sie nur betrunken machen wollte!
“O.K. Aber nur zwei kleine Gläschen.” Das war ihr Ende! War sie nur blind? Wieso fiel sie nur auf seine miesen Vorschläge ein? Wusste sie nicht wohin das führte? Sie provozierte damit unbewusst einen Herzschmerz, der ihr für viele Wochen das Leben zur Hölle machen könnte.
Zögernd setzte sie sich auf sein Bett - neben ihn. Er rückte noch ein Stück auf, bis er sie berührte. Hastig goss er ihr auch ein Glas ein und, meinte, er habe etwas für sie, dass sie in der Dusche finde. “Was ist es denn?” “Lass dich doch überraschen.” Julia stand auf und lief unverzögert ins Badezimmer. Diese Gelegenheit musste Simon einfach ausnutzen! Er holte blitzschnell ein kleines Päckchen mit roten Extasy-Pillen aus seinem Privatvorrat, nahm eine und brach ein Stückchen ab, dass in ihrem Glas verschwand. So schnell er es hervorgeholt hatte, war es wieder versteckt. Diese Drecksau!! Er konnte sie nicht einfach unter Drogen setzen! So ein Misstkerl. Wenn sie nun abhängig werden würde? Ihm konnte es egal sein. Er wollte sie sowieso nur für diese Nacht.
“Das ist ja super!” Julia betrat das Bad gespannt und verließ es begeistert darüber, dass er ihr ein Tausend-Mark-Gutschein für einen Einkauf in einem Geschäft ihrer Wahl. Leider würde sie nie erfahren, dass sie ihn nicht mehr einlösen könnte. Überfreudig, wie Frauen so sind, wenn sie etwas Derartiges geschenkt bekommen, warf sie sich auf das Bett und umarmte ihn dankbar. Übereifrig. Darauf musste sie mit ihm nur aus reiner Dankbarkeit Rotwein trinken...

Sie rannte aus dem Zimmer auf den Gang. In jedem Zimmer war das Licht aus. Außer in meinem. Das Licht schien unter der Tür hindurch und flackerte ein wenig. Julia wartete noch etwas vor der Tür, um zu lauschen. Ein leises Knacken.
Dann setzte sie zum Klopfen an.
“Schrei’ ja nicht! Sonst verbrenne ich dir dein Gesicht.”, drohte Simon. Er quälte mich zu sehr. Ich hatte keine Kontrolle mehr über mich, da die Schmerzen, die beim Verbrennen meines Oberarmes entstanden, zu groß waren, um sie noch länger auszuhalten. “Du Schwuchtel!!!”, schrie ich ihm in sein widerwärtiges Gesicht, bevor ich mit meinen Fäusten auf ihn los ging. Ich schlug mit größter Kraft auf ihn ein und riss ihm seine Waffe aus der Hand. Von da an konnte er mir nichts mehr anhaben, denn ich war nun der mit der Waffe.
Es klopfte an der Tür. “Wer ist da?”, fragte ich unsicher. “Ich bin es, Julia. Mach auf!”, forderte sie. Endlich war der Kampf vorbei. Wenn Julia sehen würde, wie gemein ihr Freund in Wirklichkeit war, würde sie ihn sicher wieder verlassen. Aber dadurch bräche er ihr das Herz. Simon schloss auf und lies Julia rein. “Was ist hier passiert?!”, fragte sie leicht gereizt. Ich versuchte ihr zu erklären, dass Simon mich versuchte umzubringen und ich ihn gerade noch überwältigen konnte. Das Problem war nur: Sie wollte von all dem nichts wissen. Julia glaubte mir kein Bisschen. Statt dessen warf sie mir vor, dass ich ihn angefallen hätte, weil ich eifersüchtig auf ihn gewesen sein sollte. Es sprach leider alles gegen mich - Simons blutig geschlagene Fresse und die Spraydose mit dem Feuerzeug in meinem Besitz. Wenn ich Julia gewesen wäre, hätte ich mir auch nicht geglaubt. Damit schien ich sie für immer zu verlieren. Wutentbrannt rannte sie in ihr Zimmer. “Wir sehen uns noch, Flachwichser!”, lachte er mich so leise aus, dass nur ich es hörte.
Er hatte wieder Recht: Ich vermasselte alles. Auch wenn Phillip oder Fischer nicht da waren - Simon war es. Und er konnte mir genauso den Spaß verderben, wie Fischer oder Phillip. Wenn sie das, was dort vorfiel, weitererzählen würde und Fischer meine Geheimnisse veröffentlichen würde, könnte ich mich genauso gut erhängen. Ich fühlte mich, als wäre ich ausgeschlachtet worden. Zudem konnte ich noch nicht mal den Schaden an meinem Zimmer bezahlen. Ich räumte das Beschädigte weg und ging schlafen.

“Was ist denn hier passiert?!!!”, brüllte unsere Lehrerin wütender denn je. Das erste Mal, dass sie jemanden aus unserer Klasse anschrie. Ich wollte es ihr erklären, konnte es aber nicht, weil sie mir ins Wort fiel. “Dafür hast du die nächsten zwei Tage in deinem Zimmer zu bleiben!”, forderte sie etwas beruhigter als zuvor. Ich musste ihr meinen Schlüssel für das Zimmer geben. Dann schloss sie mich ein. Was war nun mit meinem Frühstück? “Das kann ich mir wohl aus dem Kopf schlagen.”, überlegte ich.
Ich fühlte mich deprimiert. Ich hatte nicht Siebenhundert Mark bezahl, um hier eingesperrt zu sein. Darauf konnte ich gut und gerne verzichten. “Die hat mich nicht mal gefragt, wie das passiert ist!” Ich hasste diese Frau. Ich hasste sie wirklich!
Ich war am verhungern, als mir plötzlich einfiele, dass ich noch zwei Schnitten im Rucksack hatte, die noch von der Anreise stammten. Für Zwei Tage reichte es zwar bestimmt nicht, aber es war besser als nichts.

“Seit sieben Stunden sitze ich nun in diesem blöden Zimmer und gammele vor mich hin.”, murmelte ich erzürnt. Ich hatte nur den Laptop, den ich mitgenommen hatte. Leider war der Akku leer und eine Steckdose war nicht zu sehen. Ich hasste diese Jugendherbergen! Nie war eine Steckdose zur Hand, wenn man eine brauchte. Also beschäftigte ich mich anderweilig. Lesen - eine analoge Variante zur digitalen Welt.
Ich laß mal wieder Faust. Denn es faszinierte mich, wie er seine Seele für ein gutes Leben hingab. Mir war es das nicht wert, nur für einen Wunsch meine Seele zu verpfänden und die Ewigkeit in der Hölle als eine verlorene Seele Qualen leiden zu müssen. Aber es war Geschichtlich nachgewiesen, dass Faust wirklich existierte und er einen Pakt mit dem Satan einging. In einem Buch über schwarze Magie, welches in meinem Rucksack versteckt war, war alles dokumentiert. Es erstaunte mich, dass sogar sein Vertrag, den er mit Blut schrieb, ebenfalls in diesem Buch abgebildet war. Ein wenig machte es mir Angst. Was, wenn es das alles wirklich gäbe? Und was, wenn Phillip wirklich einen Pakt mit dem Satan abgeschlossen hatte?
Ich vertraute nicht auf Satan. Deshalb besaß ich in meiner Büchersammlung ebenfalls ein geheimes Einzelstück des Buches ‘Weiße Magie für Fortgeschrittene’. Ich hatte es noch niemals ausprobiert, aber es war nun der Zeitpunkt gekommen. Ich nahm mir die Zutaten, und vermengte sie gründlich in meiner Brotbüchse. Die Selters, die übrig geblieben war, ersetzte das Wasser. Sehr glaubte ich nicht daran, dass es funktionieren würde, aber versuchen konnte man es trotzdem mal. Ich mixte mir einen Tran, der nur noch eine Komponente vermisste: Ein Haar von Julia, der der Zauber gelten sollte. Ich hoffte, sie damit für mich zu gewinnen. Er verursachte, dass sie sich in mich verliebte: Aus Zuneigung, auch wenn sie nur tief im Inneren steckte, würde zu Interesse und dann zu Liebe.
Ich suchte eines ihrer blonden Haare, die sie ab und zu verlor. Und tatsächlich fand ich eins, dass noch auf dem Bett lag. Es musste von dem vorherigen Abend stammen, als dort gesessen hatte, kurz bevor sie sich Simon hingab. Beim Gedanken daran, lief es mir eiskalt den Rücken runter! Sofort gab ich es hinzu. Das sollte eine ekelhafte Angelegenheit werden. Schon alleine Wegen dem Haar. Ich vollzog das Ritual hob die Brotbüchse und setzte zum trinken an. Ich sollte das lieber nicht tun. Nach dem Vorfall, den Faust erlebte, musste es klappen. “Ich sollte das nicht tun. Es ist dann keine echte Liebe. Ich sollte es nicht tun.”, ein Kampf begann und hörte gleich wieder auf. Einfach nicht darüber nachdenken! Ich dachte eindeutig zu viel nach. Das war der Fehler. Gleich ergriff ich die Initiative und würgte das Zeug runter. “Wläh!” Es war eklig! Mir wurde übel. Es brauchte viel Konzentration, dass ich nicht noch das Zimmer vollkotzte. Dann klang die Übelkeit ab und ich fühlte mich wieder ganz normal.
Innerlich wünschte ich, dass sie mich liebte aber es ging eine Gefahr von diesem Trank aus, wenn er funktionieren sollte: “Eine der Personen, die von dem Zauber betroffen sind, muss früh sterben, wenn er schief gehen sollte!”, las ich geschockt und voller Bange auf der Seite, auf der das Ritual beschrieben war. Ich hatte mich übernommen! Nicht nur, dass ich nicht bis zum Schluss gelesen hatte, ich hatte das wichtigste übersehen: “Nur Personen mit reinem Herzen, die Unschuldigen, die niemals unrecht taten, sollen die positive Wirkung erleben...Scheiße! Ich hasse diese Bücher!”
Ich hatte nicht gerade die reinste Weste von allen. Wer sollte nun sterben? Ich, oder Julia?! Ich wusste, dass er nicht wirken konnte, hatte aber trotzdem gleichzeitig Angst, dass er es doch täte. Ich erinnerte mich an einen Satz, den mein Physiklehrer damals meinte, als wir von UV-Strahlung sprachen: “Nur weil wir es nicht sehen, heißt das noch lange nicht, dass es nicht existiert.”

Nach einer Weile wurde es dunkler und ich war gezwungen, die Nachttischlampe anzuschalten. Meine Augen hatten sich durch den langsamen Helligkeitswechsel unbemerkt an die Dunkelheit gewöhnt. Das Licht blendete mich, als ich den Schalter drückte.
Moment... eine Lampe auf dem Nachttisch? Woran war die angeschlossen, wenn es keine Steckdosen gab? Schnell folgte ich der Stromleitung hinters Bett und fand sie - eine Steckdose, die ich übersehen hatte, weil das Bett davor stand. Ohne Zeit zu verlieren schloss ich meinen Laptop an, schaltete ihn ein und schob die Diskette von Phillip ein. Das Format der Datei, die sich auf ihr war, war völlig neu. Darum kaufte ich mir am Tag der Ankunft in London die dazugehörige Software. Ich installierte das Programm und öffnete die Datei. “Was soll das heißen?”, regte ich mich auf, als der Computer eine Fehlermeldung ausgab. ‘Error! Not able to read!’ Das war doch aber die Erweiterung für das Format, für das die Software bestimmt war!
Nach einiger Zeit startete ich den Editor für MS-DOS und lud die Datei. Vielleicht könnte ich etwas über den Inhalt der Datei erfahren. Wenn es eine Textdatei wäre, würde ich sie auch ohne Programm lesen können. Zu meiner Überraschung war es kein Dokument. Sie hatte den Anfang ‘MZ’. Das war die Kennung für eine ausführbare Datei. Ohne zu zögern, benannte ich sie um und führte sie erneut aus. Was war das? Sie war mit einem Passwort geschützt. Es war also wirklich etwas sehr Wichtiges auf dieser Diskette. Ich versuchte es mit allen möglichen Kombinationen, dann ließ ich es lieber bleiben, denn bis ich alle Möglichkeiten durchprobiert gehabt hätte, würde ich das Zeitliche gesegnet haben.
Endlich kämen meine Erfahrungen als Programmierer mal zum Einsatz. Da ich genug Zeit und Wissen hatte, konnte ich mich an die Arbeit machen und ein Programm entwickeln, dass Passwörter knacken würde. “Scheiße!”, sagte ich vor mich her. “Wie kann ich nur den Code im Programm anwenden?” Diese Frage beschäftigte mich sehr lange! Darauf fand ich nach stundenlanger Überlegung keine Antwort. Also musste ich mir etwas neues einfallen lassen. “Wenn ich ein Programm programmieren würde, dass das Programm durchforstet und mir Codes anbieten würde. Das Programm gäbe mir den Text, der den Code enthält und ich klicke dann ja oder nein an, wenn es mich fragt, ob der Code entfernt werden soll oder nicht.”, das war die Lösung! Ich schrieb vier Stunden an diesem Programm, bis ich endlich den Maschinencode einprogrammiert hatte. Weitere fünf Stunden brauchte ich, um den gesamten Code so zu entfernen, dass keine Rückstände zurückbleiben könnten. Wenn ich nicht alles entfernen würde, wäre die Datei unbrauchbar.
“Endlich fertig.”, atmete ich erleichtert nach dieser schweren Arbeit auf. Jetzt könnte ich jedes Programm knacken. Aber ich brauchte es nur für die Datei auf der Diskette, die ich bereits auf die Festplatte kopierte. “Und gecrackt!”, jubelte ich glücklich.
Die Tür ging auf. “Die hat es wohl eingesehen und lässt mich jetzt raus.”, dachte ich. Es war nur Julia. Was wollte sie hier? Sie weinte. “Du hattest Recht.”, schien sie zu sagen, als sie sich neben mich auf Bett setzte und ihren Kopf an meine Schulter legte. Er benutzte sie nur. Aber jetzt war sie um eine Erfahrung reicher. Nämlich um die Erkenntnis, dass man sich nicht mit jedem einlassen sollte, den man für gut hält. Wenigstens war ich nicht mehr der Böse. Ab da an war ihr klar, dass ich nicht gelogen hatte, sondern Simon war der Heuchler.
Ich schreckte kurz zurück. “Was ist?”, fragte sie verwirrt. “Nichts.”, beruhigte ich Julia. Es hatte doch nicht etwa geklappt?! Das wäre ja schrecklich! Einer von uns müsste sterben - wegen mir...

“Woher hast du den Schlüssel?”, interessierte es mich brennend. “Von der Rezeption. Wie geht es dir denn?” Wieso fragte sie mich das? “Wieso fragst du mich sowas? Gut natürlich.”, antwortete ich. Sie erklärte mir, dass unsere Lehrerin ihnen bei der Tour, die an diesem Tag stattfand, erzählte, dass ich eine schwere ansteckende Krankheit habe. Es war klar, dass dies nicht stimmte. Ich wollte sie nicht unnötig belasten und schwieg.
Sie legte sich ins gegenüberliegende Bett und ich schloss die Tür. Ich machte den Laptop aus. Morgen konnte ich auch noch nachsehen, was Phillips Geheimnis war. Zwischen Julia und mir ist in dieser Nacht nichts weiter passiert, denn ich schlief vor Erschöpfung sehr zügig ein. Eigentlich wollte ich sie im Moment auch nicht so, wie vorher. Sie wurde verletzt und ich hatte nicht den Skrupel, soetwas auszunutzen.

Der letzte Tag meiner ‘Gefangenschaft’ war erreicht. Julia schlief noch, als ich aufwachte. Es war sehr früh. Es war 05:22 Uhr und ich konnte nicht mehr einschlafen. Darum dachte ich mal wieder ein wenig nach. Ich ging mein ganzes lausiges Leben durch. Wie weit ich gekommen war. Und wie oft ich schon mit Selbstmordgedanken spielte, weil ich das erbärmliche Leben satt hatte und nicht mehr aus hielt. Wie die Dinge sich entwickelt hätten, wenn ich nicht gewesen wäre. Unter anderem stellte ich mir die Frage, was meine Bestimmung für mein Leben war. Vielleicht war es ja Phillip zu bekämpfen. Aber war ich wirklich nur deshalb am Leben? Ich hatte ja noch nicht mal eine Freundin! Egal, was ich als Sinn des Lebens einsetzte, es kam nichts dabei raus. Denn egal, ob man nun wegen der Liebe, der Fortpflanzung oder wegen einer Aufgabe lebte, die bei jedem anders ausfiel, man könnte immer sagen: “Wenn man nicht leben würde, bräuchte man das nicht zu tun.” Und das war ziemlich einleuchtend. DAS LEBEN HATTE ALSO KEINEN SINN! Mit dieser Erkenntnis ging ich nun ruhiger durchs Leben. Ich hatte ja nichts zu verlieren. Würde ich sterben, interessierte es mich sowieso nicht mehr. Nach diesem Leitsatz ließe sich alles machen, was man wollte, ohne das man Angst zu haben bräuchte.
Mittlerweile war es 06:15 Uhr und der Wecker klingelte. Davon ist Julia wach geworden.
“Morgen.”, begrüßte sie mich. verschlafen. “Morgen. Geht’s wieder?”, sorgte ich mich um sie. Sie versicherte mir, dass es ihr wieder gut gehe und ich mir keine Sorgen machen bräuchte.
Morgen war Abreisetermin und Julia und ich überlegten, was man noch machen könnte.
“Wie wär‘s, wenn wir hier bei dir im Zimmer eine kleine Party veranstalten?”, schlug Julia vor. “Ich weiß nicht...”, zögerte ich. “Komm schon. Wir machen dir auch keinen Ärger. Ich verspreche es dir.”, schwor sie. Ich willigte ein und räumte noch ein Bisschen auf. “Ich bringe den Alkohol mit.”, lächelte sie, bevor Julia den Raum verließ, um auf ihr Zimmer zurück zu gehen, damit die Lehrerin nichts merkte. Vielleicht würde es sogar ganz lustig werden. Mein Leben war ein Auf und Ab. Da es bis zu dem Augenblick bergab ging, musste es wieder bergauf weitergehen.
Meine Lehrerin betrat den Raum. “Julia meint, dass du nicht an dem Schaden hier Schuld seist. Sie hat mir erzählt, dass Simon hier gewütet habe. Stimmt das?”, fragte sie bedacht.
“Ja. Er hat versucht mich anzugreifen.”, gab ich ihr als Antwort. “Wenn das so ist, ist dein Arrest hiermit aufgehoben.”, entschuldigte sie sich offiziell bei mir. Na also! Es ging schon aufwärts. “Julia hat mich also doch gern...”, sagte ich leise zu mir selbst.
Es war Nacht, Julia und ich hatten genug Alkohol, um ein Football-Team zu ertränken und ich war bereit für die Party. Eine von Julia ausgewählte Horde Jugendlicher kam durch die Tür und besetzte mein Zimmer. Jeder hatte ca. 3 Flaschen für sich allein. Das würde abgehen!
Die erste Flasche war schnell getrunken. Als Nächstes war der Wodka dran. Ich war schon stark angetrunken, wusste aber noch teilweise, was ich sagte. “Hey, Alf!”, rief Andy leise. “Darf ich mal den Laptop hier benutzen?” “Klar.”, sagte ich. Wäre ich nüchtern gewesen, hätte ich es ihm verboten. Aber ich war locker drauf. Wir saßen in einem Kreis und erzählten uns Geschichten. “Ich habe einmal geträumt, dass ich eine Katze aufschneide. Das war echt hart.”, erzählte einer. “Das ist doch nichts.”, prahlte ich. “Ich habe einmal geträumt, dass Phillip mir den Bauch aufgeschlitzt und er mir die Eingeweide raus reißt. Ein Andermal träumte ich, dass ich mit Jack bei Phillip einbreche, um nach einer Diskette zu suchen, die mich zu meinem von Phillip und Fischer gestohlenen Tagebuch führen sollte. Leider überraschte uns Phillip und schlug Jack mit einer Flache nieder und zerkratzte ihm damit das Gesicht. Dann schoss ich Phillip nieder, schnappte Jack und lief aus dem Haus. Danach rief ich mit Jacks Handy den Notarzt. Doch es war nicht der Notarzt. Es war Fischer. Und er stach Jack ein Messer direkt zwischen seine Augen. Zum Glück wachte ich gerade auf, als er mich erschießen wollte.” Alle, die mit mir im Kreis saßen, hatten noch nie so etwas widerliches geträumt. Das war auch der Grund, weshalb sie mich so gespannt ansahen. Sie wollten mehr über das Tagebuch wissen. Ich wollte ihnen nichts über meine Privatsphäre sagen. “Aber ich habe hier das Tagebuch von Phillip.”, ich zeigte es ihnen und öffnete es. “Ich lese euch etwas vor:

Ich habe dir wieder etwas wirklich Großes zu erzählen. Fischer und ich waren am Donnerstag in der Grundschule und haben ein paar kleine Kinder beobachtet. Da war einer, den alle nur geärgert haben. Wir fingen ihm am Heimweg ab und schleppten ihn in den Wald. Dann befahlen wir, dass er sich ausziehen soll. Ich nahm mein originales extra breites Taschenmesser und steckte es den kleinen Jungen in den Arsch. Sein Blut rann über meine Finger auf den Boden. Ich schob es rein und wieder raus. Immer wieder. Der Junge schrie, wie am Spieß und er wollte gar nicht wieder aufhören. Darum nahm Fischer eine Nadel, die er zufällig dabei hatte und stach ihn durch den Bauchnabel in den Darm. Jetzt schrie dieses Balg noch stärker als vorher. Fischer zog die Nadel wieder heraus und drohte dem Jungen, ihm in seine Augen zu stechen, wenn er nicht aufhört zu schreien. Doch das Kind schrie weiter. Und so durchbohrte Fischer die Augen des Kindes mit einer Nadel. Ganz langsam und genüsslich. Danach ist diese Plage ohnmächtig geworden und wir haben ihn vergraben. Hätte er nur nicht geschrien. Ich liebe diese blutigen Verbrechen. Beim Alf-Assi haben wir eine Minikamera angebracht. Mal sehen, was wir so alles sehen. Tschau.”
Entsetzen ging im Kreis umher. Dass ein Killer an ihrer Schule war, hatte keiner von ihnen je gedacht. Ich packte Phillips Tagebuch dann doch lieber wieder zur Seite. “Hey, Alf!”, rief Andy mir wieder leise zu. “Was ist das hier denn?”, wollte er wissen und zeigte auf den Bildschirm des Laptops. “Was ist was?”, fragte ich ihm entgegen und rückte zu Andy rüber. “Lass das lieber!”, machte ich ihm klar. “Das ist was, wovon du nichts verstehen würdest, weil du die Hintergrundgeschichte nicht kennst.” Ich schubste ihn leicht zur Seite und löschte die Datei. Zum Glück hatte ich mein Tagebuch nicht auf der Festplatte. Sonst könnte es sich jeder kopieren und weitergeben ohne große Kosten .
“Ich glaube, ich gehe morgen, wenn ich wieder zu Hause bin, mal zum Postamt und lasse mir Fischers Adresse geben.” Das war die Idee! Wäre sie mir doch schon viel eher gekommen. Aber auf solche simplen Dinge musste man erst mal kommen.
“Alf! Dein Handy klingelt!”, informierte mich Andy. “Ich gehe schon rann... Ja? Hier Alf, wer da?”, fragte ich. “Hier ist Jack! Du musst so schnell, wie möglich hier her kommen! Hier ist die Hölle los!..:”, dann brach die Verbindung ab. Was war geschehen?! Was machte Phillip nun schon wieder?! Große Sorgen plagten mich. “Was ist los. Du siehst aus, als wäre die Welt gerade untergegangen.”, sprach Julia. Ich entgegnete ihr mit getrübter Stimmung, dass alles in Ordnung wäre. Was hatte Phillip nun wieder angestellt? War Jack noch am Leben? Steve hatte er ja schon auf seinem Gewissen, dass er wohl nie benutzte.
Im Bus beschäftigte mich die Frage, was passierte, noch immer. Ich saß allein, weil ich meine Ruhe brauchte. Nach einer Weile setzte sich Julia neben mich. Alle anderen im Bus - ausgenommen der Busfahrer - schliefen, weil alle die Nacht durchgemacht hatten. “Was war denn mit dem Anruf? Ich weiß, dass irgendwas los ist.”, redete sie auf mich ein. “Es ist wirklich nichts.”, wollte ich ihr weismachen. “Du bist ein wirklich schlechter Lügner. Also los. Mir kannst du’s doch erzählen.”, redete sie weiter mit beruhigender Stimme. “Na gut. Aber sag’ es keinem weiter.”, sollte Julia schwören. “O.K.!”, versicherte sie mir. “Es war Jack. Er ist in wirklich großen Schwierigkeiten. Das Blöde war dann, dass die Verbindung abgebrochen ist und er mir nicht mehr sagen konnte, was da passierte.” Sie konnte Geheimnisse zum Glück gut für sich behalten.
Wir saßen noch eine weile zusammen und starrten ins Leere. Die anderen schleifen und Julia war noch ein wenig von Simon angeschlagen.
“Meine Heimreise wird 17 Stunden dauern. Wer weiß, was Phillip bis dahin alles gemacht hat?...” Ich malte mir die widerlichsten Dinge aus und ließ damit fast keine Möglichkeit mehr offen. Ich hasste mein Leben.






Kapitel VII




Während ich im Bus saß, musste sich Jack mit anderen Problemen plagen.
“Ist euch was passiert?”, fragte Jack Michael und Stephan. “Uns geht’s gut.”, versicherte Michael und krauchte erschöpft unter dem Schutt hervor. Er putzte kurz seine zerrissenen und verdreckten Sachen ab, wischte sich den Staub aus dem Gesicht und hievte Stephan und dann Jack aus meinem Gefängnis aus zerbrochenen Steinen. Sie konnten von Glück reden, dass sich die Balken des Hauses über ihnen quer gestellt hatten. Ansonsten hätte man sie nur noch als ein riesiges Rührei bergen können.
Wie konnte man nur einen Meteoriten mit einem Kilometer Durchmesser nicht bemerken? Hatte die Raumfahrtbehörde was besseres zu tun, als unser Sonnensystem zu überwachen. Erstmal brauchten Jack, Stephan und Michael eine neue Bleibe. Die Wohnung wurde vollkommen zerstört. “Können wir nicht einfach ein Auto schnappen und uns von dem Katastrophengebiet entfernen? Vielleicht finden wir ja was in Norddeutschland?”, schlug Stephan vor. Nicht nur ‘vielleicht’, sonder auf jeden Fall. Immerhin gab es Wohnungen genug. Nur die Zeit, bis man einziehen könnte, war zu lang.
“Mhm...”, überlegte Jack. “Bei diesem Chaos stört es sicher keinen, wenn ein Auto weniger da steht. Also gut. Aber dann muss ich Alf noch Bescheid sagen, damit er den Weg auch findet.”, stimmte Jack zu. So fuhren sie nun aus dem Gebiet, in dem der Meteorit Schaden anrichtete und suchten sich eine neue Unterkunft.
Nachdem die drei gezwungen waren, einen Tag im Auto zu verbringen, fanden sie letzten Endes eine geeignete Wohnung und zogen dort ein. Zum Glück hatte Steve ihnen sein gesamtes Vermögen vermacht. Sonst säßen sie auf der Straße und müssten sich von Ratten und anderem Kleintieren ernähren, mit einer Flasche Alkohol in der Hand. Ratten gab es genug. Sie hätten gut davon leben können.
“Der Meteorit, der vor einigen Tagen in Mitteldeutschland einschlug, hatte zahlreiche Opfer gefordert. Nun haben wir eine geschätzte Zahl des Schadens, der sich auf Milliardenhöhe beläuft. Es sind ca. Zweihundert Leute unter ihren Häusern verschüttet. Viele wurden in Krankenhäusern gut versorgt. Einige starben anhand ihrer Verletzungen noch im Katastrophengebiet. Es werden weiter Einschläge erwartet.”, teilte die Pressesprecherin auf einer Pressekonferenz der Bevölkerung mit. Jack und die anderen konnten wirklich von Glück reden, dass sie beim Aufschlag des Meteoriten gerade im Keller waren, um ihn zu entrümpeln.
“Ich hoffe nur, dass Phillip beim Aufprall abartig ums Leben gekommen ist!”, malte Jack sich aus. Jack hatte die Sache mit seinem Hund immer noch nicht vergessen. Ich hätte das an seiner Stelle auch nicht so schnell getan. Das erste, das Jack nachdem sie die Wohnung fanden, tun musste, war, mir Bescheid zu geben. Ich hatte auch das Recht, informiert zu werden, wenn etwas extrem Grauenvolles geschah. “Hier ist Jack! Du musst so schnell, wie möglich hier her kommen! Hier ist die Hölle los!..:”, dann brach die Verbindung ab. “Scheiße!”, fluchte Jack verärgert. “Scheiß Handy! Warum funktioniert das verdammte Ding schon wieder nicht?!”, fluchte er weiter. Dann musste er es eben über das normale Telefon versuchen.
“...”, die Leitung war tot. Gab es einen Zusammenhang zwischen der toten Leitung und dem Handy, dass plötzlich den Geist aufgab? Wenn ja, konnte dies nur bedeuten, dass Phillip oder Fischer überlebt hatten. Aber darauf kam niemand in diesem Moment der Wut. Außerdem hätten die Telefonleitungen auch durch den Meteoriten beschädigt worden sein. Jack bat, Stephans Handy benutzen zu dürfen. “Klar.” Stephan gab Jack sein Handy. Wieder nichts. Alle Handys waren tot. Vielleicht stecke Phillip doch nicht dahinter. Da die Handys nicht funktionierten, konnte das nur bedeuten, dass der Meteorit viele Satelliten der Handyfirmen getroffen haben musste. Das hatte zur Folge, dass die Netzte zusammenbrachen. Scheiße!
Nun hatte ich ein Problem. “Ich werde zur Schule zurückfahren und auf Alf warten, wenn er morgen ankommt.”, schlug Jack vor. Michael und Stephan stimmten seinem Vorschlag zu. Aber Stephan konnte Jack nicht gehen lassen, bevor er eine Antwort auf eine Frage, die er sich schon eine Weile stellte, bekam. “Was ist eigentlich damals in Steves Haus passiert?” Warum stellte er diese Frage erst jetzt? Hatte er es immer wieder vergessen - ein Jahr lang? “Hä???”, stieß Jack hervor. “Wieso stellst du die Frage erst ein Jahr nachdem es passiert war?” “Ich hatte nur immer wieder vergessen, euch zu fragen. Und bevor du gehst und vielleicht nicht wieder kommst, habe ich mir gedacht, dass ich es dich noch schnell frage. Ansonsten würden wir uns ewig mit dieser Frage beschäftigen müssen.”, antwortete Stephan. Das machte Jack viel Mut, wenn Stephan davon sprach, dass Jack vielleicht nicht wiederkehrte.
“Also... Es fing alles damit an, dass Alf, Steve und ich von Phillip geflüchtet sind. Wir rannten zu Steves Haus, damit wir uns die Diskette, die wir von Phillip geklaut hatten, ansehen konnten. Leider hatten wir keine Gelegenheit mehr dazu...
Steve steckte sie gerade ins Diskettenlaufwerk, als ich ein seltsames knackendes Geräusch vernahm. ‘Was war das?’, erschreckte ich mich. Alf und Steve wunderten sich bloß über meine Angst, dass jemand einbrechen könnte. Da war es schon wieder - ein lauteres Geräusch, als vorher. ‘Habt ihr das nicht auch gehört?’, ängstigte ich mich schon wieder. ‘Du hast doch Halluzinationen!’, machte sich Alf über mich lustig.
‘Die Diskette hat einen Lesefehler.’, stellten wir fest. Zum Glück hatte jeder Computer ein Programm zum beheben von Fehlern, das auch gleich gestartet wurde. 10%...20%...50%...70%...80%...
Die Tür sprang unerwartet auf und Phillip stand mit einer Granate in der einen Hand und einer Knarre in der anderen darin. Er drohte uns zu erschießen, falls Steve den Computer nicht sofort ausschaltete. ‘Wird’s bald! Ich hab’ heute noch viel mehr zu tun!’, lachte Phillip ihm sarkastisch ins Gesicht und schnappte sich Alf als Geisel. Keiner von uns sonst so mutigen Jungs konnte etwas gegen diesen Tyrannen ausrichten ohne einen anderen oder sich selbst zu gefährden. Wahrscheinlich dachte sich Alf, dass es sowieso egal wäre, ob einer angeschossen, getötet oder unbeschadet entkommt, weil es Phillip sowieso auf uns abgesehen hat. Deshalb riss er sich los und rammte Phillip seinen Ellenbogen in den Magen. Zunächst war Brünner geschwächt. Doch der Zustand hielt nicht lange an. Er raffte sich nach vier Sekunden wieder auf, zielte auf uns und schoss. Jedoch traf er nicht mehr, da wir schnell die Treppe runter zum Ausgang eilten. ‘Schließ die Tür auf!!!”, schrie Alf panisch. Ich versuchte sie aufzuschließen, doch ich war zu nervös. Denn Phillip kam die Treppe runter und zielte mit der Pistole auf Steve. ‘Wir sehen uns in der Hölle wieder!’, grinste Phillip, machte die Granate scharf und warf sie in unsere Richtung.
Im letzten Moment hatte ich es geschafft und öffnete die Tür. Noch panischer als zuvor schnellte einer nach dem anderen aus dem Haus. Boom! Eine starke Wucht brachte die Hälfte des Hauses zum Einsturz. Aber damit noch nicht genug... Eine zweite Granate landete ein paar Meter von unseren Füßen entfernt. ‘Weg hier!’, befahl Steve während er zur Seite weg hechtete.
Alf und ich wurden durch die Druckwelle ans Eingangstor geschleudert. Trotz Steve wegsprang, konnte er sich nicht vor der Druckwelle schützen und wurde ins relativ weiche Gras geschleudert. Als wir das Bewusstsein wiedererlangten, sahen wir euch.”

Da nun alles geklärt war und niemand weiter eine Frage zu stellen hatte machte sich Jack auf den Weg. “Wollt ihr nicht doch lieber mitkommen?”, bat Jack etwas verzweifelt. “Ist gut.”, gab Michael nach, obwohl er keine Lust hatte, noch einmal in diese Hölle zu gehen!
Sie gingen die alte Treppe ihrer baufälligen Wohnung hinab, schlossen die Türen des geklauten Wagens auf und fuhren los, um auf mich an unserer Schule zu warten.

Unterdessen wusste ich immer noch nicht, was geschehen war und machte mir große Sorgen um Jack. Andauernd stellte ich mir die Frage, warum Jack nicht erneut versuchte mich anzurufen. Wahrscheinlich vergaß er nur wieder seinen Akku aufzuladen und konnte deshalb keine ordentliche Verbindung zu mir herstellen.
Julia versuchte mich zu trösten und meinte, dass ich nicht so viel daran denken solle. Aber an was hätte ich sonst denken sollen? Das einzig Interessante, das es außer meinen Fragen gegeben hatte, war Julia. Sie saß so dicht neben mir, dass ich mich kaum noch beherrschen konnte. “Was ist mit dir?”, fragte sie. “Ist dir zu heiß?” “Wenn sie wüsste... Mir ist nicht so warm, weil hier so viele Menschen sind, sonder weil sie neben mir sitzt.”, überlegte ich im Stillen. Sie legte ihren Arm um meine Schulter, sodass mir gleich noch viel heißer wurde. Mein Arm wanderte langsam um ihre Schultern. Nun war ich mir sicher, dass sie mehr wollte, als nur mit mir befreundet zu sein. Dann legten wir unsere Köpfe aneinander und ich vergaß für diesen Moment was für Probleme ich hatte.
Nachdem ich für einige Stunden mit Julia dasaß und verträumt in ihre Augen sah und mir vorstellte, was sie in diesem Augenblick denken könnte, hielt der Bus an. “Was ist los? Warum halten wir?”, fragte ich leise , wobei ich weiter in Julias Richtung blickte und es so schien, als würde ich ihr die Frage gestellt haben. “Ich ...”, Julia verstummte. Sie sah aus, als stünde Fischer oder Phillip hinter mir. Doch dem war nicht so. Ich wollte wissen, was los war. “Was ist los?” “Dreh dich einfach nur um.”, meinte sie erstaunt. Ich wendete meinen Blick von ihr ab und schaute aus dem Fenster. Jetzt sah ich es auch. Alles weg... Nur Trümmer waren übrig geblieben. Der Dritte Weltkrieg? Oder wie konnte alles so stark zerstört werden. Ich sah es schon vor mir: Phillip und Fischer hatten mehrere Bomben hoch gejagt, beim Versuch Jack und die anderen umzubringen.
Nicht einmal Julia hätte mich da noch aufheitern können. Wo sollte ich jetzt hin? Waren Jack, Michael und Stephan noch am Leben? So wie es aussah hatte ich nicht nur meine besten Freunde verloren, sondern auch die Wohnung, in der all meine Sachen waren. Meine wertvollen Münzen, mein Computer und damit auch die ganzen Dokumente, die ich über Phillip und Fischer angelegt hatte. Das Einzige, was mir geblieben war, waren die dreckigen Sachen in meiner Reisetasche, ganz zu schweigen von denen, die ich trug. Glücklicher Weise hatte ich Phillips Tagebuch noch bei mir, so konnte es wenigstens als Beweisstück gerettet werden. Und die Diskette hatte ich auch noch. Ich hatte sie doch noch, oder? “Scheiße.”, murmelte ich ein kleines Bisschen zu laut. “Wir sind alle sehr geschockt.”, wollte Julia mich beruhigen. Wenigsten wusste sie nicht, was mich sonst noch so bedrückte. Ich wollte es ihr auch nicht sagen, da sie schon mehr als genug Probleme zu bewältigen hatte. “Meine Eltern...”, weinte sie und lehnte ihren Kopf wieder an meine Schulter, um Trost bei mir zu finden. Ich streichelte ihr beruhigend über den Kopf und strahlte Geborgenheit auf sie ab. Das brauchte sie jetzt auch.
Die anderen im Bus schliefen noch und bekamen deshalb nichts mit. Selbst unsere sonst so wache Lehrerin schlummerte tief und fest. Ich saß ziemlich weit hinter im Bus und hatte daher eine beschränkte Sichtweite. Aber trotzdem konnte ich erkennen, dass der Fahrer des Busses unsere Lehrerin antippte und sich dann mit ihr unterhielt. Danach machte sie eine Durchsage, die zudem alle anderen wecken sollte. “Aufwachen dahinten!”, meldete sie sich an. “Wir mussten leider einen kleinen Stopp einlegen, werden aber sicher gleich weiterfahren. Also geht noch mal raus, falls ihr frische Luft braucht. Hier neben uns ist eine Tankstelle.” damit knipste sie das Mikro aus und setzte sich zurück auf ihren Platz. Wie konnte sie es verantworten, all die Schüler in diesem Bus nach draußen zu schicken! Wir wussten ja nicht mal, ob das Gebiet radioaktiv verstrahlt war! “Ich glaube, ich gehe mal raus und vertrete mir die Beine. Ich halte das Ganze nicht mehr aus.” informierte ich Julia, die ebenfalls frische Luft brauchte, hektisch. “Ich komm’ mit.”
Wir stiegen beide aus dem Bus. Während sich unsere Lehrerin und der Busfahrer berieten, liefen Julia und ich nachdenklich umher. Wie sollte es nur weitergehen? Wir wussten noch nicht einmal, wohin wir weiterfahren sollten. Ratlosigkeit ging umher. Die anderen aus dem Bus hielten das alles für einen schlechten Scherz, doch damit lagen sie weit daneben. Daher waren sie auch nicht so besorgt wie wir. Einerseits war alles zerstört, aber auf der anderen Seite stand dort immer noch eine verlassene Tankstelle. Die Tür war offen. Während wir uns die Tankstelle ansahen, um wenigsten etwas zu Essen kostenlos zu bekommen, schliefen unsere Klassenkameraden nichtsahnend weiter. Zum Glück glaubten die das nicht, was da draußen um sie herum war - nur Schutt und Bruchstücke von Häusern.
Julia sah sich um und entdeckte dabei etwas zu Essen und Trinken. Ich nahm das nötigste zum Leben und füllte damit meine großen Jackentaschen. Was ich nicht mehr rein bekam, klemmte ich mir unter die Arme. Dabei viel mir etwas ein. Ich stürmte zur Kasse und brach sie auf und schaute ab und zu raus, um sicher zu gehen, dass mich keiner sah. Bingo! Über Zweitausend Mark, die ich mir sofort krallte, waren drin gelagert. Geld und Essen hatten wir. Doch das, was wir verloren, konnte kein Geld der Welt ersetzten. Ich musste wieder an Michael und Stephan denken. Die tolle Zeit, die wir miteinander verbrachten. Und Jack, der mir immer ein guter Freund war. Selbst wenn ich ihn das nicht immer merken lies. Fort. Einfach fort. Von einer Sekunde auf die andere waren sie plötzlich fort. Was war mein Leben jetzt noch wert?! Nichts! Da das Leben sowieso keinen Sinn machte, dachte ich daran, mich umzubringen. Gleich dort! Sofort! Aber aus irgendeinem Grund brachte ich es nicht übers Herz Julia allein zu lassen. dann hätte sie doch alles verloren, was ihr lieb war - ihre Familie, Freunde, mich.
Vollgepackt liefen wir aus der Tankstelle zum Bus zurück, da er jeder Zeit abfahren hätte können. “Hörst du das?” “Was ist das?”, fragte Julia verängstigt. Ich folgte dem Geräusch. Es kam vom Himmel. Lauter! Immer lauter! Ein ohrenbetäubendes lautes Pfeifen! Plötzlich stürze ein riesiger Gesteinsbrocken vom Himmel. Verwundert sahen wir ihn eine Weile an, bis ich zur Besinnung kam. “Schnell!”, drängte ich Julia. “Wir müssen irgendwo Schutz suchen!” Ich zerrte sie hinter mir her in Richtung Tankstelle. In dem Laden der Tankstelle. Panisch suchten wir nach einem Versteck, das uns schützen bieten könnte. Er kam immer näher! Panisch rannte wir umher, um ein Unterschlupf zu finden! Julia entdeckte eine Treppe, die nach unten führte. Ich wollte noch nicht sterben! Und ich war mit meiner Angst nicht alleine.
Ich schloss die Luke in letzter Sekunde und drückte Julia fest an mich, als das ca. zehn Meter breite und zwanzig Meter hohe Meteoritstückchen in Zweihundert Meter Entfernung vom Bus einschlug.














































Kapitel VIII




“Wisst ihr, was mir gerade durch den Kopf geht? Wenn alles zerstört ist, wo müssen wir dann auf Alf warten?” Stephan stellte eine Frage, mit der keiner von ihnen gerechnet hatte. Natürlich - alles war zerstört, so auch die Straßen, der Weg, den sie fahren müssten. Michael stoppte den Wagen. “Was nun?” “Wir könnten doch bis zum Rand des Katastrophengebietes fahren und alle Straßen absuchen, die sie gefahren sein könnten.” Ein relativ kluger Einfall, den Jack da hatte. Da niemand eine bessere oder annähernd so gute Idee hatte, wurde der Vorschlag angenommen und Michael startete das Auto.
Stephan schaltete aus Langeweile das Radio ein: “Ein Meteoritenfetzen, der schon durch eine vorherige Kollision vom vorher eingeschlagenen Meteoriten abgebrochen war, ist am Rande Katastrophengebietes, das der erste Meteorit geschaffen hatte, eingeschlagen und hatte einen Reisebus, der vollbesetzt mit Schülern war, mit seiner Druckwelle erfasst und somit vollkommen zerstört. Die Anzahl der Opfer wird auf ca. zwanzig Schüler im Alter von Achtzehn Jahren geschätzt. Wir haben nun eine Live - Verbindung mit einem unserer Reporter im Absturzgebiet.” Entsetzen machte sich im Auto breit. “Was ist, wenn das der Bus von Alf war?”, malte sich Jack aus. “Bsst! Es geht weiter.”, machte uns Michael auf den Reporter, der live am Platz des Geschehens war, aufmerksam. “Ich befinde mich hier am Einschlagsort. Und es scheint so, als hätte keiner der Menschen überlebt. Lediglich die verstümmelten Leichen der Schüler, die in diesem ausgebrannten Bus saßen, sind noch zu sehen.”

Alle tot... Der Bus wurde von der Druckwelle regelrecht weggerissen. Ich konnte mich nicht bewegen, weil meine Beine von einem Schrank eingeklemmt wurden. Mein Blick fiel auf Julia und ich sah, dass sie sich nicht bewegte. “Julia. Julia!” Ich versuchte sie zu wecken, aber sie war ohnmächtig geworden. Wenn sie nicht bewusstlos gewesen wäre, hätte sie mich befreien könne, da sie nicht eingeklemmt war. Aber ich musste mir wohl selber helfen. Also tat ich das, was mir das einzig Richtige in dieser aussichtslosen Situation schien - ich rief nach Hilfe. “Hilfe!!!! Hiiillfee!”, rief ich mehrere Male. Es schien vergeblich. Ich sah es schon vor mir: ‘Leichen der Vermissten Schüler gefunden.’ Ich schrie weiter, weil ich glaubte, dass Nichtstun meiner Position nicht viel hielfe.

“Diese Tankstelle war die einzige hier in der Gegend, die vom Meteoriten teilweise verschont blieb. Und zwar von allen beiden! Und damit verabschiede ich mich und gebe zurück ins Studio.” Der Reporter wollte wieder einpacken, als er auf einmal ein Geräusch vernahm. Es war mein Hilferuf, dem er folgte, durch die Tankstelle, in den Keller, zu mir. “Ich brauche Hilfe!”, rief ich ihm zu. Schnell stieg er in den Keller runter und stemmte die fünfzig Kilogramm Eichenschrank hoch. Dann half er Julia und zog sie heraus. Gott sei dank! Wir waren wieder frei und lebten. “Ihr seid die Einzigen, die das Unglück überlebt haben. Darf ich euch interviewen?”, bat er mich freundlich. Wenn wir im Fernsehen als einzige Überlebende auftreten würden, wären wir berühmt. Julia kam wieder zu sich. “Wo bin ich?”, sprach sie verwirrt. “Es ist alles gut - fast.”, beruhigte ich sie. Alles war dann doch nicht in Ordnung. Immerhin sind unsere Klassenkameraden beim Aufprall drauf gegangen. Aber damit wollte ich sie in diesem schwierigen Moment nicht belasten.
Der Reporter schaltete die Kamera an um eine Sondersendung zu übertragen. Die Kamera lief. Plötzlich fiel er um! Phillip stand hinter ihm mit einem blutverschmierten Messer in der Hand. Vor laufender Kamera. Noch bessere Beweise konnte ich gar nicht gegen Phillip haben. Geschockt und verwirrt hielt sich Julia an meinem Arm fest. “Was willst du noch?!”, interessierte es mich. “Ich will dich nur töten. Und dann den Rest deiner Freunde.”, gab er mir als Antwort zurück. “Die anderen sind tot!”, schrie ich ihn wütend an. So, als wäre Phillip an all dem Schuld. Gib mir mein Tagebuch!”, forderte Phillip mich auf. “Das kannst du vergessen. Meins hab’ ich auch noch nicht wieder!” “Das ist nicht meine Schuld. Fischer hat noch große Pläne mit dem Ding.”, lachte er wieder über mich, als hätte er es gelesen. Ich grinste ihm ins Gesicht und machte ihm klar, dass er es sich schon holen müsste, wenn er es wieder zurück haben wollte. Das lies Phillip sich nicht zweimal sagen und kam auf mich zu. “Wenn du mich jetzt tötest, kriegst du dein Buch nie wieder!”, machte ich ihm weiß. “Das stimmt allerdings.”, grübelte Phillip als Reaktion auf meine Aussage. Warum nur wollte er es haben? Tötete er mich, würde ich es nicht mehr als Beweisstück gebrauchen können und er hätte sein Ziel erreicht. Nur dachte Phillip nicht darüber nach.
“Ich schlage dir einen Tausch vor! Du gibst mir mein Tagebuch und ich lasse euch dafür am Leben.” War besser als gar nichts. Aber ich konnte ihm doch nicht einfach so blind vertrauen. Das wäre Selbstmord. “Woher weiß ich, dass du mich nicht doch töten wirst?”, warf ich ihm vor. “Du bist keine große Gefahr für mich. Ich habe dich bis jetzt jedes Mal besiegt und könnte dich jederzeit töten.” Das stimmte allerdings. Phillip war mir weit überlegen. “O.K.!” Ich willigte ein und bat ihn noch um etwas: “Weißt du, du würdest nicht so von Grund auf böse und unbeliebt sein, wenn du Fischer nie getroffen hättest.” “Was willst du damit sagen?” “Ich will dich damit vor Fischer warnen. Du hattest ein ruhiges und normales Leben - ohne Fischer. Ich mache dir einen Vorschlag.”, sagte ich zu ihm. “Und was sollte das bitte für ein Vorschlag sein, dass ich darauf eingehen könnte?”, fragte er. “Ich werde dich nicht bei der Polizei verpfeifen, wenn du Fischer tötest.” Dieser Vorschlag war absurd. Aber weil Fischer zu stark für mich war, brauchte ich einen ebenwürdigen Gegner für ihn. Und wer war besser dafür geeignet, als Phillip, der eine gute Verbindung zu Fischer hatte. “Ich werd’s mir überlegen! Aber wo ist mein Tagebuch!?”, Phillip wurde wieder etwas wütend. Ich erzählte ihm, dass ich es ihm gegen meins tauschen würde, wenn er am nächsten Tag zur selben Stelle kommen würde - allein! “Na gut. Aber wie soll ich es bitteschön von Fischer zurück kriegen?”, fragte Phillip. “Du bringst ihn um.” Eine einfache Antwort. Aber die Vorgehensweise, die ich bräuchte, um ihn zu töten, war sicher sehr viel schwerer. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verschwand Phillip in der Staubwolke, die der Meteorit verursachte. Blöd war ich nicht! Ich würde nicht mehr hier sein, wenn er am nächsten Tag her käme, um mit mir zu ‘tauschen’. Diesen Tausch würde ich nicht überleben.
Julia ging zum Reporter, um nach einer Komunikationsmöglichkeit zu suchen. Na also! Sie fand sein Mikro und schaltete es ein, wobei ich immer noch über Phillips Charakter nachdachte. Hatte ich mich in ihm geirrt? Ich traute dem Ganzen nicht so richtig. Woher der plötzliche Sinneswandel? Phillip wirkte sehr rätselhaft...
Wir setzten uns jeder auf einen Stein, um abzuwarten bis jemand kommen würde, um uns zu holen. die erste Stunde war vorüber und keiner war gekommen. Langsam machten wir uns Sorgen, ob jemand überhaupt sah, was passierte. Nach der zweiten Stunde gab Julia jede Hoffnung auf Rettung auf. Ich war immer noch überzeugt, dass jemand käme. Die Sonne verschwand hinter den zerstörten Häusern. Es wurde Nacht. Ihr Notruf war umsonst, wir waren verzweifelt.
Je später es war, desto kälter wurde es. Ich trug nur eine kurze Hose und ein T-Shirt, wogegen Julia wenigstens eine Jacke um sich hatte. Nach einer Weile wärmten wir uns gegenseitig, während wir auf dem Boden unter ihrer Jacke, die wir als Decke umfunktionierten, einschliefen.
“Hey! Hey, du!” Ich wachte langsam auf. Es war schon wieder hell und ich bemerkte, dass mich jemand mit einem Stock antippte, um mich wach zu kriegen. “Was ist?”, murmelte ich noch etwas müde. “Steh‘ auf!” Ich sah mich um, stand auf, sah mich noch einmal um und wunderte mich. “Was habt ihr mit ihr gemacht?”, fragte ich den Typ, der vor mir stand, mit ruhiger Stimme. Wenn ich ihn angeschrien hätte, wäre ich gleich ein Arm ärmer. Also versuchte ich es zunächst mit Vernunft. “Woher soll ich das wissen!? Wir haben nur dich hier gefunden!”, entgegnete er mir leicht genervt. Vier Jugendliche standen um mich herum, als wollten sie mich mit ihren Schlagstöcken zusammenschlagen. Schnell war ich mir meiner Situation bewusst: Springerstiefel, Armeehosen, Schlagstöcke und Glatze. Das waren keine normalen und hilfsbereiten Jugendlichen, sondern brutale und gnadenlose Nazis. Meine Situation verschlimmerte sich immer mehr. Ein falsches Wort und das wäre es gewesen. Meine Pistole hatte ich nicht mehr, darum versuchte ich sie abzulenken. So, wie ich es Phillip einmal geschafft hatte. “Ich habe kein Geld. Das Einzige, was ich besitze, ist die Kreditkarte in dem Portemonnaie dort hinten.” “Hältst du uns für total bescheuert!? Davor wurden wir schon gewarnt!”, wurde ich wieder angeschrien. Daraufhin hoben alle ihre Stöcke und waren bereit zuzuschlagen. In dieser Situation gab es nur noch den einen Ausweg um heil davon zukommen. Ich nahm meine Beine in die Hand und rannte, wie ich nie vorher gerannt bin! Sofort nachdem ich den Mittelpunkt des Kreises, den sie bildeten, verließ, schlugen sie zu. In der Hoffnung mich noch erwischen zu können. Doch sie streiften nur meinen linken Fuß. Ich musste einfach entkommen! Ich wollte noch nicht sterben! Nicht, ohne zu wissen, ob es Julia gut ginge!
Ich sah eine Tür, die einen Spalt offen stand und so aussah, als könnte sie mich vor meinem Schicksal bewahren. Die Gruppe schlagstockbewaffneter Jugendlicher war mir ziemlich nah. Das lag unter Anderem daran, dass ich noch vom Vortag sehr erschöpft war. Mein rechtes Knie und der linke Fuß begannen zu schmerzen und verschafften mir damit einen großen Nachteil. Ich hinkte nun weiter. In der Erwartung, noch heil anzukommen, versuchte ich das Letzte aus mir heraus zu holen, dabei verstauchte ich mir nun auch noch mein rechtes Bein und stürzte zu Boden. “Jetzt haben wir ihn!”, hörte ich jemanden rufen.
Meine Beine schmerzten, ich hatte Kopfschmerzen und diese Typen kamen immer noch auf mich zu. Dieses Mal würde niemand helfen. Als mir diese Gedanken durch den Kopf fuhren, wurde mir klar, dass ich nicht da läge, wenn mir nicht immer und immer wieder jemand aus der Patsche geholfen hätte. Ich war unfähig auch nur irgendetwas richtig zu machen. Und alle wussten das. Die Klassenfahrt ein Jahr zuvor vergaß ich. Steve war tot. Und die anderen höchstwahrscheinlich auch und Julia war auch verschwunden. Es gab also doch keinen ersichtlichen Grund mehr, weiter am Leben zu bleiben. Ich hatte es nicht verdient zu leben. Nicht so ein Versager, wie ich einer war. Ich hatte alles verloren, was liebte, was ich mir hart erarbeitete und mochte.
Die Jugendlichen näherten sich, jeder hielt seinen Stock fest in der Hand, bis sie schließlich von oben auf mich herabblickten und wie besessen auf mich einprügelten.
Meine Armgelenke entkugelten sich durch die gezielten Schläge. Meine Beine fühlte ich nicht mehr, weil die Nerven wie betäubt waren, weil die Nazis zu oft zugeschlagen hatten. Einige Rippen brachen und bohrten sich tief in mein Inneres und verursachten einen gewaltigen Schmerz, der schmerzhafter war, als alles, was ich je erlebte.

Jack, Michael und Stephan saßen noch immer im Auto und suchten alles nach mir ab.
“Seht mal! Da!” Stephan deutete auf den ausgebrannten Bus, der umgekippt auf der Straße lag und aus dem einige extrem stark verbrannten Leichen hingen. Jack trat das Bremspedal so fest er nur konnte und brachte den Wagen so schnell zum Stillstand. Jack stieg aus und rannte zum Bus, um ihn sich genauer anzuschauen. Fehlanzeige...! Er fand nicht das, was er vermutete. Michael und Stephan eilten ihm nach und sahen, wie erleichtert und angewidert Jack aussah. “Was war denn? Ist er drin?”, drängte Michael. Jack schüttelte den Kopf. “Aber, wenn er nicht hier drin ist, wo ist er dann?”, stellte Stephan fest.

Einige Meter entfernt von meinen besten Freunden hatte man mich inzwischen zu Boden geprügelt und mir sämtliche Knochen gebrochen. Sie standen noch um mich herum, wahrscheinlich, um sich von meinem Tod zu vergewissern. Nicht nur diese Typen wussten, dass ich mit derartig großen Verletzungen nicht lange überleben könnte. Auch ich war mir im Klaren darüber, dass ich nicht mehr lange lebte, wenn ich noch mehr Blut verlieren würde.
Bis dahin glaubte ich immer, Phillip würde irgendwann einmal mein Tod sein. Doch das zu glauben, war anscheinend ein riesengroßer Fehler.
Ich hatte die Hoffnung auf Hilfe schon aufgegeben, als ich vom hohen Blutverlust langsam bewusstlos wurde und mein Herz aufhörte zu schlagen.




























Mein Feind Phillip B. II 25.08.01
Jacks Rache
Teil 1

Kapitel I


Es war im Sommer des Jahres 2000. Michael, Stephan und ich hockten mal wieder in unserer Wohnung und dösten gelangweilt in den Fernsehr. Man kann sagen, es war wieder einer dieser Tage, an denen man besser ins Schwimmbad gegangen wäre. Heiß genug dazu war es ja. “Hey, Jack.”, sagte Stephan zu mir. “Gehen wir doch ins Bad!” Stephan war der ‘Allwissende‘ in unserer Runde seit Steve tot war. Noch heute erinnere ich mich daran, wie Alf mir mitteilte, er sei von Phillip getötet wurden. Aber die Polizei konnte es nie beweisen.
Stephan war seit dem Tod von Alf neben Michael der beste Freund, den ich noch hatte. Allerdings waren beide meine einzigen Freunde. “Jack!”, meldete sich Michael bei mir.
“Hörst du nicht?” “Was? Nein ich war gerade in Gedanken.” Ich wollte nicht gerne ins Bad. Es waren zu viele Erinnerungen damit verbunden. Zu viele Erinnerungen, die etwas mit Alf zu tun hatten. Aber Stephan war - wie fast immer - im Recht. Wir mussten einfach ins Freibad. Und da Michael und Stephan zusammen mehr Stimmen hatten, als ich alleine, wurde sein Vorschlag angenommen. Nach einer Weile im Auto sah ich ein, dass ich nicht ewig daran denken konnte. Ich musste einfach die Vergangenheit hinter mir lassen. Nur wegen der Vergangenheit wäre ich sonst nicht an diesem wunderschönen und warmen Tag ins Bad gegangen, wie es jeder normale Mensch tat. Beim Gedanken an das kühle Wasser verschwand mein Frust fast ganz.
Das Wasser war klar und kühl; wie es sein sollte. Keine Wolke befand sich am Himmel. Dieser Tag war ein perfekter Sommertag. Stephan und ich gingen ins Schwimmbecken, um ein wenig zu tauchen und vom Sprungturm zu springen. Michael war rutschen. Rutschen war seine Lieblingsbeschäftigung, wenn er im Bad war. Und bei seiner Größe war er der Schnellste von allen. Ich stand auf dem Fünfmeter - Sprungturm und wartete, bis ich endlich an der Reihe war. Da fünf Meter eine relativ große Höhe ist, konnte ich mir solange die Leute unten anschauen. Vom Sprungturm konnte man alles überblicken. Sogar die Parkplätze waren zu sehen. Ich sah einzelne Personen, die sich sonnten oder im Wasser waren. Stephan wartete unten im Wasser auf mich. Ab und zu tauchte er unter, um sich solange zu beschäftigen. Manchmal tauchte er erst nach zwei Minuten wieder auf. Jedes Mal, wenn er das machte, bekam ich panische Angst um ihn, dass er nicht wieder auftauchen könnte. Aber das war damals so. Heute weiß ich, dass er nur gerne am Grund des Beckens entlang schwamm.
Ich holte zum Sprung aus und sah mich noch ein letztes Mal nach unten um, ob auch alles klar war. Denn eins war mir klar: Würde ich einen anderen treffen, wenn ich runterspränge, wäre sowohl derjenige als auch ich verletzt. Deshalb ist es immer besser, auf Nummer sicher zu gehen. Ich war nun am Ende des Brettes angekommen und setzte zum Sprung an, der mir Schwung geben sollte und sprang nach oben.
Jetzt hatte ich genügend Schwung, um einen eleganten und weiten Sprung zu wagen. Meine Füße setzten auf das Sprungbrett auf und katapultierten mich nach vorne. Was war das? Jemand schwamm plötzlich in meiner Sprungbahn. Ich konnte den Sprung leider nicht mehr rückgängig machen. Also drehte und wendete ich mich so sehr, dass ich ein wenig abgebremmst wurde und mit meinem Rücken vorher auf dem vergleichsweise harten Wasser aufschlug, jedoch denjenigen verfhelte. Ein heftig brennendes Gefühl übersähte große Teile meines Rückens. Zum Glück war er nicht aufgeplatzt. Das hätte ekelhaft enden können.
Schmerzerfüllt stieg ich aus dem Wasser und setzte mich erst einmal auf die Bank, weil ich Kräfte sammeln musste. Ich überlegte noch einmal kurz. Ja! Es musste so sein! “Ich habe sie also doch gesehen.”, murmelte ich, als ich sie noch einmal sah. Ohne Zeit zu verlieren sprang ich ins Wasser und folgte ihr bis ich kurz hinter ihr stand, untertauchte und vor ihr wieder aus dem Wasser hoch kam. “Hallo!”, begrüßte sie mich, als sie mich endlich bemerkte. “Dir auch. Was machst du hier?” “Ich dachte mir, dass es dämlich wäre, bei einem so schönen und warmen Tag nicht draußen zu sein. Also bin ich her gekommen. Und du?” “Ich dachte so ziemlich das Gleiche.”, bestätigte ich und fragte sie, ob sie mit aus dem schon sehr angewärmten Wasser käme. “Geht leider nicht.”, enttäuschte Julia mich, “Ich bin mit Freunden hier, die mich bereits dort hinten erwarten.”, meinte sie und zeigte auf eine Ecke des Schwimmerbeckens. “Aber du kannst ja heute Abend bei mir vorbeikommen, oder?” “Also... ich habe noch nichts vor.” Damit verabschiedeten wir uns und sie schwamm weiter. Ich drehte mich zu ihr um und schaute sie an, wie sie ihre Arme während des Schwimmens bewegte. So eigenartig, wie ich es noch nie bei ihr bemerkte. Und ihr Haar, dass in der Sonne glänzte. Es war wunderschön. “Ach du Scheiße!”, dachte ich, “Ich habe mich doch nicht etwa in Julia verliebt...” Das fehlte mir noch! Alf’s Exfreundin!
Doch ich hatte lange keine Freundin mehr und war mir sicher, sie über seinen Tod hin - weg helfen zu können. Es war zwar schon eine Weile her, aber sie brauchte sicherlich immer noch jemanden, der sie versteht und mit dem sie sich mal aussprechen könnte. Dann käme alles ganz von alleine...
Aber konnte ich ihre Situation einfach so ausnutzen? Vielleicht. Immerhin war ich nicht Alf. Der hätte das nicht getan. “Aber ich bin eben nicht Alf und werden tu’ ich das sicher auch nie. Das zeichnet einen Einzelnen doch aus. Dass er anders ist, als die Anderen. Und ich bin anders als Alf. “Ich sollte es einfach mal versuchen. Solange es mich nicht zu viel kostet.”, überlgte ich, während ich mich abtrocknete. Aber wo wohnte sie eigentlich? Seit dem Meteoriteneinschlag, der alles in Mitteldeutschland zerstörte, hatte ich sie bis zu diesem Zeitpunkt im Bad nicht wieder gesehen. Julia befand sich im Wasser. Und ich war abgetrocknet. Das bedeutete, dass ich mir den Spaß nochmal machen musste und ins Wasser sprang. “Julia!”, rief ich ihr zu, “Julia! Warte kurz!” “Was ist?” “Ich brauche doch noch deine Adresse. Die habe ich doch noch nicht.” “O.K.! Kannst du dir das merken?”, fragte sie misstrauisch. “Warscheinlich, ja!”, versicherte ich ihr überzeugend. “Nein, dass glaube ich nicht so richtig. Ich schreibe es dir lieber auf.” “Nein, nein! Das brauchst du nicht.” “Wenn du meinst. Aber hoffentlich kommst du auch und suchst nicht so lange.”






Kapitel II



Die Uhrzeit: 22:30 Uhr. Das Wetter: warm und schwül. Es war wieder einer dieser Nächte, an denen man am liebsten in die Disko gegangen wäre. Aber ich hatte keine Begleitung mehr. Denn Michael und Stephan wollten alleine gehen, um ein paar Mädchen aufzureißen. Und ich wollte ihnen den Spaß lassen. Sie waren ja auch schon lange nicht mehr ohne mich weggegangen. Hätte ich etwa böse auf die Beiden sein sollen? Ich wusste nicht wieso. Wenn sie es akzeptierten, dass ich auch mal allein sein wollte, musste ich ihnen ihr Vergnügen auch lassen. Das macht eine Freundschaft nun mal aus - Verständnis und Toleranz.
Ich war also allein, saß auf dem Sofa und zog mir einen langweiligen Film rein, der mich eigentlich wenig interessierte. Es ging um einen Mann, der von der Regierung gejagt und getötet wurde. Eben ein langweiliger Film. “Da ist ja das Sitzen auf dieser Couch interessanter.”, sagte ich in Richtung des Fernsehers. Gab es denn nichts, was ich hätte machen können? “So ein scheiß Abend! Nichts ist los, in diesem Kaff!” Natürlich hatte ich Uunrecht: Es war was los, in diesem Kaff. Ich hatte nur niemanden, der mit mir dort hingehen würde, weil alle schon weg waren.
Noch gelangweilter als zuvor schaltete ich um, in der Hoffnung etwas besseres zu finden. Aber ich wusste schon, dass es nichts Gutes gab, was an diesem Abend lief. Meine Finger fuhren an der Fernbedienung hoch und runter. Kanal eins, Kanal zwei, Kanal drei, Kanal vier, Kanal fünf, Kanal sechs, Kanal sieben... Ich hatte es satt. Wieso konnten die Fernsehsender nicht wenigstens ein normales Programm ausstrahlen? Die konnten es sich warscheinlich leisten, solchen Schrott auszusenden. Auf Kanal sieben, den ich noch angeschlatet hatte, begannen gerade die Nachrichten, als ich umschalten wollte. “Hoffentlich ist wenigstens jemand gestorben.”, dachte ich wütend über das Programm.
“Gestern Nacht wurden 32 Millionen Mark gestohlen. Die Überwachungskamera hat seltsamer Weise nichts von dem Überfall aufgezeichnet. Auf dem Videoband scheint es, als wäre nichts geschehen. Die Täter brachen über das Dach ein...”
Das war ja noch langweiliger. Und nicht mal ein Toter. Ich war verzweifelt. Dieser Abend war für mich gestorben. Ich machte den Fernseher dann doch lieber aus. Ich wollte nicht noch deswegen depressiv werden. Dann ging ich ins Bad, um zu duschen. Gerade hatte ich mich ausgezogen und war bereit unter die Dusche zu steigen, als ich die Klingel hörte.
“Das wird ja immer besser! Wer auch immer das ist, ich hasse ihn!” Meine Stimmung verschlechterte sich von Minute zu Minute und mit schnellen Schritten und umgehängtem Handtuch stürmte ich mit stampfenden Schritten zur Tür und öffnete sie. “Ja!?”, fragte wütend ich im Vorraus. “Ach du! Ich hatte dich nicht mehr erwartet. Deshalb habe ich auch dieses Handtuch um - ich wollte gerade duschen.”, erklärte ich ein wenig verlegen, als ich Julia in der Tür stehen sah. “Darf ich vielleicht rein kommen?”, bat sie mich. “Sicher. Setzt dich doch dort in die Stube. Ich gehe und ziehe mir schnell etwas anderes an.” “O.K.!”, sagte Julia und setzte sich auf’s Sofa. Sie sah sich interessiert um. Ihr Blick fiel zunächst auf die kostbaren Vasen im Wandschrank und dann auf den großen Fernseher. “Woher habt ihr das ganze Geld für diese Sachen?”, fragte sie mich, als ich in die Stube trat. “Von Steve’s Erbe, dass er uns hinterlies.”, meinte ich kurz und bündig.
Warum war sie hier? Ich sollte doch zu ihr kommen. Ich sah ihr in die Augen. Sie glänzten, als hätte sie soeben eine Million Mark gewonnen - oder 32? Sie drehte ihren Kopf zu mir. Schnell schweifte mein Blick von ihrem überwältigenden Körper zum Fernseher. Ob sie es bemerkt hatte? Sicher. Vielleicht war das ja ganz gut so. Jetzt wusste sie, dass ich sie wollte. Oder vielleicht machte ichmir auch nur zu viele Gedanken. Ihre Reaktion war jedoch eindeutig. Sie schlug ihre Beine übereinander und fragte mich, was ich noch vorhätte. “Nichts. Heute ist einfach nicht viel los. Und du?” Sie nickte. “Ich wollte heute ins Kino.” Wenn sie ins Kino wollte, warum war sie dann bei mir? Wollte sie mich fragen ob ich mit ihr mitkämme? Ich hoffte dies insgeheim und wartete auf die Fortsetzung ihrer Erklärung. “Aber leider habe ich niemanden, der mit mir hingehen will. Meine Freunde sind nicht da. Obwohl wir uns den heutigen Tag ausgemacht haben.”, setzte sie fort. “Ich komme gern mit.”, sagte ich in der Hoffnung, dass sie mit mir hingehen würde. “Willst du denn auch? Ich gehe nicht, wenn du nicht auch willst.”, meinte Julia.
Also machte ich mich fertig, um ins Kino zu gehen. Ich nahm noch etwas mehr Geld mit. Denn vielleicht würden wir ja danach noch in die Disko gehen. Und da könnte ich sie ein klitzekleines Bisschen mit Alkohol abfüllen und dann mit zu mir nach Hause nehmen. Ich malte mir aus, was alles passieren könnte.

Der Film fing an und alles wurde still. Es war ein Liebesfilm. Ich wählte ihn deshalb aus, weil sie denken sollte, ich wäre ein mitfühlender Typ. Eben genau der Richtige für sie. Nicht, dass ich nicht mitfühlend war, aber solche Filme sehe ich mir lieber nicht im Kino an. Das würfe mein Image als harten Typen auf den Müll.
Die Hälfte des Films war nun vorrüber. Julia lehnte ihren Kopf an meine Schulter. Hatte das etwas zu bedeuten? Höchstwarscheinlich. Denn sie wollte von meiner Schulter aus bestimmt keinen besseren Ausblick haben. Mein linker Arm umschloss langsam ihren Oberkörper. Ich hatte es geschaft. Ich wusste, dass sie mich liebte. Was mich irritierte, war, dass wir uns erst vor so kurzer Zeit wiedergefunden hatten und sie nun schon ihren Kopf auf meinen Hals legte.
Besser hätte es kaum werden können. Doch ich hatte ein anderes Ziel. Ich wollte unbedingt mit ihr ins Bett. Doch so leicht schien sie sich nicht abschleppen zu lassen. Eigentlich wollte ich nichts Festes mit ihr anfangen. Ich hatte nur vor, mal zu testen, ob ich sie kriegen könnte. Und nun hatte ich sie und konnte mit ihr spielen. Aber so fieß war ich nun auch wieder nicht. Das konnte ich ihr einfach nicht antun. “Mal sehen, wie ich aus diesem Schlamassel wieder rauskomme, ohne dass sie mir gleich die Schuld an der Trennung gäbe.
Die Vorstellung war nun fast aus. Ich blickte zu Julia und sah ihre Hoffnungsvollen Augen. Sie glitzerten und vermittelten mir die Hoffnung, die sie in mich setzte. Bei diesem Anblick wurde mein Herz weich. Ich war halt doch nicht ein so harter Bursche, wie alle dachten. Ich konnte es nicht übers Herz bringen, sie so zu enttäuschen, wie Alf es tat. Es war lange her, dass ich eine feste Beziehung hatte. Nein! Ich hatte noch nie wirklich eine feste Beziehung. Das war die Herausforderung für mich. Doch grundsätzlich tat ich es für Julia, die mit ihrem langen glänzenden Haar immer so verführerisch aussah.
Der Film war zu ende und wir verließen das Kino,um noch zu mir zu gehen. “Hat’s dir auch so gut gefallen, wie mir?”, schwärmte Julia. Es war klar, dass sie jetzt hören wollte, dass mir der Film auch super gefiel. Aber ich fand ihn viel zu unrealistisch, dafür, dass es ein Liebesfilm sein sollte. “Ja, ich fand ihn super.” Was hätte ich anderes sagen sollen? Ich wollte nicht unbedingt wegen eines Filmes mit ihr anfangen zu streiten.
Dieser Abend war der beste Abend seit vielen Jahren. Nicht nur, dass ich eine Freundin fand. Ich hatte endlich jemanden gefunden, der die andere Seite in mir angesprochen hatte. Bisher verbrachte ich meist nur eine Nacht mit Mädchen, die ich irgendwo ‘kennenlernte’. Aber bei ihr war das anders. Ich weiß nicht wieso sie mich aufeinmal so begeisterte, aber an ihr war etwas merkwürdiges. Etwas Geheimnisvolles...
“Wo habe ich nur meinen Schlüssel?”, fragte ich mich und kramte in meinen taschen. Wo waren sie nur wieder geblieben? “Ich hatte schwören können, dass ich sie mitgenommen habe.”, versuchte ich Julia zu erklären. Da standen wir also vor meiner Wohnung und ich konnte nicht rein, weil ich den Schlüssel nicht hatte. “Jetzt fällt es mir wieder ein!” “Was? Hast du ihn gefunden?” “Nein... naja...ja. Mehr oder weniger.”, stammelte ich. “Also hast du sie nun, oder nicht?”, Julia wurde langsam etwas ungeduldig. Ich erzählte ihr, dass Stephan und Michael die Schlüssel hätten und in irgend einer Disko wären. Und da die Beiden erst irgendwann am Morgen wiedergekommen wären, musste ich mir eine andere Schlafstelle suchen. “Du könntest doch mit zu mir kommen!” Das war ein exzellenter Vorschlag, den Julia da machte. Wir wären zusammen und ich hätte obendrein noch eine Übernachtungsmöglichkeit. Auf ihre Idee hin begaben wir uns also auf den Weg zu ihr. Ich folgte ihr in diese dunkle und äußerst gefärliche Gegend. Alte Häuser und eine ganze Menge Drogenabhängige, die sich nicht mehr ganz unter Kontrolle haben, weil sie sich einen Schuss zu viel gegeben haben. “Hey, du!”, sprach mich einer an. “Ja, du bist gemeint!”, redete er weiter. “Du bist ein elendiger Kinderficker!” Ich versuchte seine Worte zu ignorieren, weil ich nicht in einen Konflikt mit ihm kommen wollte. Er war sicher zu allem fähig. Und genau das sollte später beinahe mein Verhängnis sein.
“Hey, Süße! Wieso hängst du mit einem solchen Versager rum? Willst du nicht lieber mich?”, bequatschte er Julia. Julia versuchte ebenfalls ihn zu ignorieren. “Bist dir wohl zu fein für mich, wie?!”, brüllte er sie an, als wollte er jeden Moment aufspringen und sie vergewaltigen. Und das tat er dann auch. Er stand auf und kam in unsere Richtung. “Lass uns doch in Ruhe!” Ich wollte ihm klar machen, dass wir keinen Ärger mit ihm haben wollen, doch da war es schon zu spät. Er holte einmal kräftig aus und schlug so fest er nur konnte in Julias Gesicht. Nach einem heftigen Aufschrei wurde Julia sofort ohnmächtig. Eine große Wut stieg in mir hoch. Ich holte aus, um ihn den Schlag seines Lebens zu verpassen und schlug zu. Meine Faust landete inmitten seines hässlichen Gesichtes, aus dem auch gleich Blut herausspritzte. Ich konnte nur hoffen, dass er kein AIDS hatte, sonst könnte ich den Abend mit Julia vergessen. Sonst könnte ich mir gleich jeden Abend aus dem Kopf schlagen. Der heutige Abend war soweit sowieso schon gelaufen. Julia war ja bewusstlos. Einem Mädchen so etwas anzutun! Nur Phillip hätte das getan. Aber der war ja anscheinend tot. Oder warum versuchte er uns so lange nicht mehr zu töten. Vielleicht dachte er ja, wir wären tot. Egal was war, ich musste uns jetzt erstmal dort rausbringen. Ich nahm Julia auf meine Schultern und rannte vorsichtig aus dem Viertel. Es war unser Glück, dass uns keiner weiter angesprochen oder belästigt hat.
Das Ende dieser gefährlichen Straße war erreicht und ich legte Julia auf eine Matratze, die wohl jemand auf den Sperrmüll geworfen hatte, um Julia wieder aufzuwecken. Ich legte sie nieder und schaute sie eine Weile an. Die Vorstellung, dass sie starke Schäden abbekommen haben könnte, lies mich einfach nicht mehr los. Ich machte mir Sorgen, wie ich sie mir schon lange nicht mehr gemacht hatte. Erst jetzt war ich mir vollkommen sicher, dass ich sie liebte. “Ich muss sie wach kriegen. Ich muss sie erstmal irgendwie wecken.”, murmelte ich verzweifelt in ihre Richtung. Dabei konnte ich es sehen. Blut lief unter ihren Haaren über die Stirn und dann zu Boden und bildete eine Blutlache. Gewissermaßen war ich froh darüber, dass das Blut aus ihrem Kopf lief. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, wäre ihr Gehirn an dem großen Druck, der sich aufgebaut hätte zerdrückt worden. Doch froh darüber sein, dass ihr Kopf so viel Blut auf einmal verlor, konnte ich nicht. So positiv es auch in dieser Situation war, es wäre noch besser gewesen, wenn sie gar nicht erst blutete.
Ich nahm sie wieder auf meine Schultern und lief vorsichtig im Eilschritt weiter. Ich versuchte noch rechtzeitig im nächsten Krankenhaus anzukomen. “Ich kann es nicht verkraften, wenn du stirbst. Hörst du?!” Der Schmerz in mir stieg mit der schwinden Zeit, die mir noch blieb. Ich war verzweifelt. Und meine Kraft war erschöpft. Ich würde es nicht mehr schaffen. Dazu war die Zeit zu knapp. Wenigstens ein bisschen mehr Zeit hätte ich gebraucht. “Nur ein bisschen mehr Zeit!”, schrie ich mit letzter Kraft, bevor ich über eine Flasche, die auf dem Fußweg lag, stolperte und mit Julia im Arm hinfiel. Meine Kräfte waren aufgebraucht und die Zeit wurde immer knapper. Meine Sachen und mein Gesicht waren mit Julias verkaltetem Blut verschmiert. Autos fuhren an uns vorbei. Fußgänger, die noch unterwegs waren, übersahen uns einfach. Sie dachten warscheinlich, dass wir Penner wären. Einige warfen uns sogar Münzen zu. Dann schlossen sich meine Augen mehr und mehr. Mein Wille war zu schwach und meine Kräfte verbraucht. Ich hatte einfach so aufgegeben. Ich hatte Julia einfach so aufgegeben.

Ich stand ich einem extrem hellen Raum, der unendlich schien. Und am Ende war Julia zu sehen. Sie winkte mir zu. Ich rief ihr zu, dass ich zu ihr kämme. Und dann, am Schall meiner Stimme wurde es mir klar...
Schweißgebadet wachte ich auf und stellte fest, dass ich nur träumte. Doch was bedeutete dieser Traum? Sollte Julia etwa nicht mehr leben? Warum hatte ich eigentlich überlebt? Wo waren denn die Ärzte? Oder war das hier kein Krankenhaus?! Jedenfalls schien es so, als wäre es eins.
Ich machte mich von den Geräten los und lief hinaus auf den Gang, um die Toilette zu suchen. “Was machst du denn hier draußen! Du bist noch lange nicht gesund!”, wies mich ein Arzt an und schob mich wieder in Richtung meines Krankenzimmers. “Ich wollte doch nur mal auf’s Klo!”, wehrte ich mich. “Was glaubst du denn, warum du diese seltsam geformte Schüssel neben deinem Bett stehen hast? Wohl kaum zum Tee schlürfen!” Ich hatte ja keine Ahnung, wie böse eigentlich Ärzte sein können. Dann schloss er die Tür zu, sodass ich nicht wieder raus konnte. “Dieser Wichser! Hat der kein Herz für notbedürftige Leute, wie mich?!” Ich war eingesperrt. Wenigstens gab mir das Zeit, über einige Dinge nachzudenken. Unteranderem darüber, wie das mit diesen Schalen funktioniert. Ich nahm eine und hielt sie vor mich. So, dass ich das Ziel nicht verfehlen konnte. Dann stellte ich sie vorsichtig zu Boden. Ich wollte nicht unbedingt den Boden einsauen und dann noch mehr Ärger bekäme. Ich hatte nun also viel Zeit zum Überlegen und Nachdenken. Die erste Stunde verbrachte ich mit den Gedanken bei Julia. “Wie es ihr wohl gehen mag...” Wenn sie überhaupt noch lebte. Bei ihrem Blutverlust war das sehr unwarscheinlich. Aber ich gab die Hoffnung nicht ganz auf.
Die nächsten zwei Stunden befasste ich mich mit meiner Rettung. Wie und wer hatte mich hier her gebracht? Ich konnte mir nicht eine der Fragen beantworten.
Die Tür wurde aufgeschlossen. Ich blickte aus Protest schon nicht zur Person, die gerade in den Raum kam. Egal, wer es war. Es interessierte mich nicht die Bohne. Ich war sauer. Ich war sauer auf das Krankenhauspersonal und die Ärzte, weil die einen hier behandeln, wie den letzten Dreck! Und vor allem war ich sauer auf mich selbst. Weil ich es nicht bis ins Krankenhaus geschaft hatte. Die Person sah mich mit dem Rücken zu ihr gedreht auf dem Bett sitzten und Klopfte deshalb. “Ich will allein sein! Wenn ich schon nicht auf’s Klo darf!”, forderte ich enttäuscht. Ich hörte keine Schritte. Die Person war also noch da und hatte sich nicht bewegt. “Es ist jemand, den ich kenne.”, dachte ich und drehte mich um. “Na. Überrascht?”, fragte Michael und lächelte mich an. “Mir geht’s gut. Danke der Nachfrage.” Ich war genervt. Einerseits wollte ich meine Ruhe haben. Andererseits wollte ich mit jemandem reden. Aber beides gleichzeitig?...Das geht nicht. Ich war mir sicher, dass Michael und Stephan mich hier hin brachten. Also würde Michael auch wissen, was mit Julia los war. “Wie geht es Julia?”, fragte ich und wartete gespannt auf eine Antwort. “Woher weißt du, dass wir euch hierher gebracht haben?” “Ich hab’ geraten. Und was ist nun mit ihr?” Langsam wurde ich ungeduldig. Er zögerte kurz. Das konnte ja nichts Gutes bedeuten. Warscheinlich war sie tot. Sie hat bestimmt nicht mal den Transport bis ins Krankenhaus geschaft! Eine Träne rann mir über das Gesicht. “Wieso weinst du?”, sortge sich er sich. “Du willst mir jetzt bestimmt sagen, dass sie es nicht geschafft hat, oder?” Zwei weitere Tränen flossen meine Backe bis zum Boden entlang. “Ja, du hast Recht. Ich bedauere es, dass du ständig Recht hast, aber sie ist tot. Als wir euch gefunden haben, war es um drei Uhr Früh. Ihr Körper war schon ganz kalt, steif und verblasst. Du hattest dagegen noch etwas Körpertemperatur. Ich konnte nur einen von euch tragen. Stephan ist ja zu klein, als dass er Leute tragen könnte.”, erklärte mir Michael verzweifelt, wobei seine Stimmung immer weiter sank. “Und? Darf ich nun wieder nach Hause?” “Woher soll ich das wissen?” “Ich meine, ob ich gesund bin? Der Arzt meinte, ich wäre noch lange nicht wieder gesund. Was hat er damit gemeint?” Ich blickte ihn entmutigt an. Und er schaute niedergeschlagen zurück und setzte zur Antwort an. Es dauerte einige Sekunden, bis er endlich mit der Sprache rausrückte. “Es ist nur...”, die Tür sprang auf und ein Schatten war zu sehen. Ich sah den Schatten entlang und sah ihn. Er war nicht tot. Und er hatte uns gefunden! “Ich habe euch schon überall gesucht. Und jetzt wird bezahlt!”, grinste Phillip mit seinem verschlagenen Blick und trat einen Schritt näher. Was wollte er nun noch von uns. Ich war doch schon ein psychisches Frag. Das war doch schon die größte Strafe, die ich bekommen konnte. “Ich will dich! Hörst du Jack, nur dich! Und dann bin ich für immer aus deinem Leben verschwunden! Hahaha!”, lachte er mich aus und kam wieder einen Schritt näher an uns heran. Seine Hand fuhr in seine Innentasche seiner Jacke. Dann zog er sie blitzatig wieder heraus und hielt etwas in der Hand. “Ihr habt wohl gedacht, ich hätte eine Waffe, hä?”, grinste er weiter und kam nochmals einen Schritt in unsere Richtung. Es war nur eine Kamera, die er da in der Hand hielt und auf uns richtete. Sollte ich etwa stutzig werden? Immerhin hielt er eine verdächtig aussehende Kamera auf uns. Es hätte ja auch eine getarnte Pistole sein können.
Phillip hielt mit dem Daumen auf den Auslösen und war bereit in herunter zu drücken. Ich rannte los. In der Hoffnung, ihn davon abhalten zu lönnen. Doch er war schneller und drückte den Auslöser runter. Für einen Bruchteil einer Sekunde war der Raum hell erleuchtet und Phillip fing wieder an zu lachen. Ich hatte es langsam satt, mich von ihm verarschen zu lassen und riss ihm seine Kamera aus den Fingern. Ich nahm sie und prügelte mit ihr solange auf Phillip ein, bis er sich nicht mehr rührte. Seine Hülle lag regungslos auf dem Boden des Zimmers. Zum Glück blutete er nicht! Blutflecken lassen sich so schwer entfernen.
“Was machen wir nun?”, wollte ich von Michael wissen. Verwundert sah er mich an. “Am besten, wir verschwinden hier und nehmen ihn mit. Wenn die ihn hier sehen, wird man uns zuerst verdächtigen.” Eine gute Idee, aber leider war sie zu schwer realisierbar. Ich hatte da eine bessere Idee: “Wir nehmen ihn und verstauen ihn unter den sauberen Klamotten dort im Schrank.” Nicht gerade sehr einfallsreich, aber für die nächste Zeit würde es sicher reichen. Und in der Zwischenzeit würden bestimmt auch neue Patienten in dieses Zimmer kommen. So kann uns keiner was anhängen.
Phillip war sicher verstaut und so bleib nur noch das Problem, wie wir aus diesem überwachten Krankenhaus wieder heraus kämen. “Wieso seilen wir uns nicht nach klassischer Art aus dem Fenster?” “Hast du eigentlich mal daran gedacht, dass vorm Krankenhaus viel zu viele Menschen stehen? Und so leicht kommt man hier nicht raus oder rein ohne gesehen zu werden.” In dieser Welt konnte man nicht zwei Schritte machen, ohne gleich von einer Kamera gefilmt zu werden. In den letzten zwei Jahren hat sich viel zu viel verändert. Sogar hier im Krankehaus war an jeder Ecke eine Videokamer installiert. Gab es denn überhaupt noch öffentliche Orte, an denen man ungestört sein konnte? Es mag schon noch ein paar Plätze gegen haben, an denen ich ungestört sein konnte. Aber wenn sogar die Parks Kameras an den Bäumen hatten, konnten diese Plätze wirklich nur Insidern bekannt sein.
In unserer Situation gab es nur wenige Möglichkeiten, die wir zur Auswahl hatten. Entweder würden wir versuchen zu ‘fliehen’ oder Michael ginge einfach wieder nach Hause und ich würde den Rest meiner Zeit, die ich noch hier bleiben müsste, hier verbringen und ganz normal entlassen werden. Als ein offiziell gesunder Mensch. Da das Erstere wohl unwarscheinlich schien, musste ich mich für die zweite Variante entscheiden. “Mach’s gut. Und pass auf, dass keiner Phillip im Wäscheschrank entdeckt!”, vergewisserte sich Michael und verschwand. Ich legte mich schnell ins Bett, bevor noch jemand unerwartet ins Zimmer käme.






















Kapitel III



Drei weitere Tage war ich nun in diesem Gott verdammten Krankenhaus und wartete gelangweilt auf meine hoffentlich baldige Entlassung. Ich dachte immer wieder an den Schrank und desse Inhalt nach. Was wäre, wenn Phillip gar nicht tot war und ich von ihm in der Nacht überrascht würde? Eine Vorstellung, von der ich jedes mal Gänsehaut bekam. Mein Blick fiel erneut auf die Tür des Schrankes. Ich stellte es mir vor...
Die Tür öffnet sich und Phillip steigt aus dem Schrank. Und dann steht er vor mir und meint, er bringe mich gleich um. Darauf hin zieht er ein Messer, dass mit getrocknetem Blut verdreckt ist und rammt es mir in den Leib, ohne, dass ich noch groß etwas unternehmen könne....
Doch zum Glück war das nur eine Vorstellung, die mich trotzdem immer wieder in Angst versetzte. Aber wenn ich dann wiederum an die Zeit dachte, die ich mit Julia verbrachte, verschindet diese Angst und ich wünschte, er würde mich ebenfalls töten, damit ich wieder bei ihr sein könnte und meine Qualen endlich vorrüber wären. Julia bedeutete mir alles, obwohl ich sie nicht lange kannte, wie am letzten Tag, an dem ich sie noch gesehen hatte. Aber hat anscheinend nicht sein sollen. Sie war wohl nicht für mich bestimmt. Aber vielleicht wollte man mich bestrafen. Dieser abgefuckte Drecksack, da oben im Himmel....
Ich schlief mittlerweile wieder tief und fest in meinem Krankenbett, bis mich das Geräusch einer Tür, die sich gerade geöffnet hatte, weckte. Der Schatten eines Mannes wurde durch das Flurlicht in das Zimmer geworfen. Und er bewegte sich auf mein Bett zu. Ich öffnete kurz meine Augen, um mich zu vergewissern, dass es wirklich nur ein Arzt war. “Aufwachen!” Er rüttelte mich und wartete, ob ich wach werden würde. Verschlafen öffnete ich die Augen. “Sind Sie fertig für ihre Entlassung?” Ich hatte Glück. Der Arzt sah nicht böse aus. “Ich gehe zum Schrank, und hole Ihnen Ihre Sachen.” “Nein, nein! Das brauchen Sie nicht.”, versuchte ich ihn zu überzeugen, dass er nicht an den Schrank ginge. Doch ich war leider zu unüberzeugend. Ich hätte mir nicht einmal selber geglaubt. Der Doktor nahm den Griff in seine Hand und wollte ziehen, als mir noch eine letzte Idee zu Hilfe kam. “Warten Sie doch. Ich mache das schon selbst. Sie können doch schon mal die Berichte fertig machen.”, schlug ich ihm vor. Er willigte mir nach diesem Versuch immer noch nicht ein. Das war’s! Im Augenblick, als er die Tür auf machte, betete ich, dafür, dass er die Leiche nicht fände.

Warum war alles gegen mich? Er meinte noch, dass er gleich alle Sachen ausräumen wird. Und ich war im Arsch! “Was ist das denn?!”, flüsterte er ein wenig zu laut. Es streckte sich ihm eine Hand entgegen. Schnell holte er alle Sachen heraus, um sich von Phillips Zustand zu vergewissern. Er lebte noch - leider. “RÜHREN SIE SICH NICHT VON DER STELLE!!!!”, befahl der Arzt verärgert und holte ihn raus. Immer mit einem Auge auf mich gerichtet. Er packte Phillip auf ein Krankenbett und rollte es hinaus. Unglücklicher Weise schloss er die Tür hinter sich ab. Jetzt hatte ich den Salat. Nun war ich geliefert und es schien so, als würden viele Jahre Gefängnis auf mich warten. Es blieb mir nun doch nichts anderes mehr übrig, als aus dem Fenster über die Feuerleiter zu fliehen. Meine Sachen waren ja schon fast gepackt. Aber ob ich die wirklich gebraucht hätte, war nicht so ganz klar.

Die nächsten vier Tage irrte ich umher, um einen neuen Platz zu suchen, an dem ich für eine Weile bleiben könnte. Zu Hause suchte man mich bestimmt schon. Dorthin konnte ich auf keinen Fall wieder zurück gehen. Es war ein seltsamer Zufall, der mich zu einem ziemlich guten Wohnplatz brachte...
“So ein scheiß Leben!” Meine Nerven hielten fast nichts mehr aus. Wenn jetzt noch etwas passieren würde, fiele ich bestimmt tot um. Doch so ein Glücksfall sollte mir nicht pasieren. Es schien hoffnungslos zu sein, einen Schlafplatz zu finden. Deshalb setzte ich mich zum Ausruhen auf eine Parkbank. Es war ca. 23:20 Uhr und meine Müdigkeit brachte mich um.
“Hast du keine eigene Bank!?” Das hatte mir auch noch gefehlt! Gerade um diese Uhrzeit von einem unbekannen Penner angequatscht zu werden. Aber er erschien mir nicht sehr bedrohlich, weshalb ich meine Agressionen gegen ihn wieder etwas herunter drehte. “Wie?”, fragte ich ihn. “Du sitzt auf meinem Bett.” Wenn mich etwas noch mehr berührte, als ein aufgeschlitzter Hund, wie ich einen hatte, dann ist es ein Obdachloser, der nichts weiter, als seine Sachen, die er an sich trägt. Diese Bevölkerungsgruppe tat mir am meisten von allen Leid. Aber ich stand auch ohne Zuhause da und sollte ich mich deshalb etwa bedauern? Ich hatte ja nicht einmal mehr die Kraft zum Weiterlaufen. Von “bedauern” konnte hier wohl wirklich nicht die Rede sein. Doch ein wenig Mittleid hatte ich immer übrig. Sei es ein kleiner Hund, der in einer Tierhandlung hinter einer Glasscheibe gefangen gehalten wird, oder ‘nur’ ein einfacher Obdachloser, der nur seine Ruhe haben will.
“Ich wollte nicht...” “Ja, ja.”, unterbrach er mich in meiner ‘Entschuldigungsrede’. “Alle sagen sie, ihnen täte es Leid. Das wolltest du doch gerade sagen, oder nicht?” Es musste mir schnell eine clevere Idee einfallen, damit ich nicht seinen Zorn auf mich ziehen würde. Doch was fällt einem schon ein, wenn er sich völlig erschöpft auf eine Parkbank nieder lässt, um sich für ein paar Minuten auszuruhen und dann von einem Penner nichtsahnend angesprochen wird? Ganz überraschend! Nicht viel. Aber ‘nicht viel’ ist für meine Situation schon genug gewesen. Immerhin war ich erschöpfter, als von einem Vierundzwanzig-Stunden-Rennen als Letzter hervor zu gehen. “Ich wollte mich nicht entschuldigen!”, widersprach ich seinem Vorurteil. “Was wolltest du dann sagen?” Der erste Schritt zur Ausrede war getan. Normalerweise heißt es, dass der erste Schritt immer der schwerste sei. Aber wieso fiel mir dann die Ausweitung meiner Lüge so schwer. Mich nicht entschuldigen zu wollen, das war das Einzige, was mir in diesem Augenblick auf die Schnelle einfiel. Wo war plötzlich meine Erfahrung im Lügen geblieben? Ging sie eventuell auf der Flucht vor der Polizei drauf? Ging das übergaupt? “Ich wollte mich doch nur ausruhen.”, redete ich raus. Wenn man es unter dem Blickpunkt betrachtete, dass ich sehr erschöpft war und mich wirklich nur ausruhen wollte, war es keine Lüge. Doch eigentlich hatte ich mich entschuldigen wollen. Aber da ich dies danach widerrufen hatte, war das hier die Widerrufung meiner Lüge, obwohl meine Notlüge nicht viel besser vom Inhalt her war, als etwa meine zu widerufene Aussage.
“Wenn das so ist... Ich wollte nicht patzig erscheinen.” Das war was ganz neues für mich: Ein Obdachloser entschuldigt sich bei mir. Da sieht man mal wieder, dass das Fernsehen nur die Hälfte der tatsächlichen Wahrheit ausstrahlt. Aber leider ist das ja nicht verboten. Aber wenn man schon die Wahrheit aufdecken will, dann sollte es aber schon richtig gemacht werden. “Wieso bist du hier?” “Ich habe im Moment kein Schlafplatz.”, erklärte ich. Meine Situation zu schildern, hätte sicherlich alleine einen Tag eingenommen. Also versuchte ich es so kurz wie nur möglich zu fassen. Und das ging anscheinend nur mit der momentanen Situation. Außerdem hätte es den alten Mann nur gelangweilt. So aufregent die Geschichte auch gewesen wäre, aber sie um diese späte Uhrzeit zu hören, würde selbst mich zum Einschlafen bringen.
“Also, falls du einen Platz brauchst, habe ich da etwas für dich. Es ist das Haus um die Ecke, dort.” Der müde alte Mann zeigte mit seinen verschrumpelten alten Fingern auf ein sehr altes un teilweise zerfallenes Haus. Es schien unbewohnt. Aber wie ich innerhalb meines bisgerigen Lebens erfahren musste, ist nichts, wie es scheint. Es gab da eine Sache, die mich ins Grübeln brachte. “Wenn das Haus dort eine trockene Unterkunft bietet, warum wohnt dann keiner darin?” Diese frage machte mir ein Bisschen Angst. Aber viel zu befürchten hatte ich nicht, weil ich sowieso so schnell wie möglich sterben wollte, da mich Phillip sicher bald aufsuchen und aus dem Weg räumen würde, so wie er es warscheinlich mit Michael schon getan hat. Aber mich selbst umbringen? Nein - das konnte ich nicht! Wenn ich die Kraft und den Mut dazu gehabt hätte, wäre ich schon längst tot. “Ich weiß es nicht so ganz genau. Die anderen hier haben mich davor gewarnt. Selbst betreten habe ich es nie.” Das machte mir noch mehr Angst. Ein alter Obdachloser, der mir eine Gruselgeschichte zu erzählen versuchte, wobei noch dunkle Wolken eines Gewitters aufzogen? Das ist angstein - flößend.
“Man sagt, jemand hat dor einmal eine Leiche eines Penners gefunden, der dort Schutz vor einem Gewitter suchte. Das seltsame ist nur, dass er stark zerfressen aufgefunden wurde. Der Gedanke daran treibt mir noch heute einen Schauer über den Rücken. Es war eine dunkle und kalte Nacht....
Es hatte gerade angefangen zu regnen und Bill, so hieß der Mann, irrte auf der Suche nach einem trockenen Platz, an dem er die Nacht verbringen konnte, umher. Dann sah er dieses Haus.”, erneut zeigte er auf das für mich mittlerweile gruselig wirkende alte Haus. Er hielt eine Weile Inne. Vielleicht dachte er in diesem Moment an Bill. Dann fuhr er mit der Geschichte fort...
“Wie ich bereits sagte, sah Bill das Haus und dachte sich, dass er dort wahrscheinlich vor dem Gewitter am sichersten wäre, ging darauf zu und öffnete die Tür. Er verge - wisserte sich, ob auch niemand dort drinnen war und betrat den dunklen Raum. Überall hingen große Fetzten von Spinnweben von der Decke und der Seite. Staub bedeckte den Boden und ein kleiner Lichtstrahl, der von den Laternen der Straße aus strahlte, erhellte einen kleinen Teil des Raumes, in dem er sich noch immer befand. Mit tastenden Schritten ging er langsam und unsicher über den Holzboden, der bei jedem Schritt noch mehr quietschte, als beim Schritt zuvor. Sein Atem war trocken und kalt. Sein Blick richtete sich ganz auf das Licht, dass das einzige in diesem verlassenen Raum war. Er blieb plötzlich stehen, weil er dachte, etwas gesehen zu haben und schaute noch genauer hin. Es war nichts, was ihm gefährlich werden konnte. Ein paar Ratten schnellten aus einer dunkeln Ecke an Bill vorbei und der alte Bill stürzte vor Schreck zu Boden und wurde bewusstlos.
Viele Stunden hatte er inzwischen dort verbracht und war schon halb erfroren, als er wieder zu sich kam. Seine Kräfte schwanden durch die Kälte, die mit jeder zunehmenden Stunde selbst zunahm. Seine Hände musste er mit seinem Atem wärmen, so kalt war sein Körper. Warum er überhaupt wieder aufstand ist bis heute nicht gewiss. Er hätte doch einfach liegenbleiben und wieder einschlafen können. Dann hätte er einen vergleichsweise gemütlichen Tod gefunden. Doch hätte er in diesem Moment schon gewusst, was ihn erwartete, wäre er wohl gerannt. Er wäre so schnell wie noch möglich aus diesem Horrorhaus raus gerannt, um sich in Sicherheit zu bringen.
Auf dem Boden fand er eine kleine fast verbrauchte Kerze. Daneben lag eine kleine Streichholzpackung, die nicht sehr alt schien. Er hob beides auf und zündete den Kerzenstummel mit einem der Streichhölzer an, sodass er sich Umsehen konnte. Es war nichts Interessantes mehr im Raum. Bis auf eine Tür, die noch weiter in das Innere des Gebäudes führte. Ohne zu warten, öffnete er diese und betrat den nächsten Raum. Erstaunlicher Weise war er aufgeräumt und sauber. Keine ekelhaften Spinnweben oder Staub, der einem die Luft zum Atmen stickig macht. Sogar eine Lampe war da. Bill tastete kurz die Wand neben der Tür ab und fand - wie er es vermutete - einen Schalter für die Lampe. Jetzt wünschte er, er hätte den Schalter nie umgelegt! Es lagen - so sagt man sich - dreißig Männer auf dem Boden und schliefen. Aber dieser Zustand sollte nicht lange anhalten, als einer der Männer seine Augen öffnete, weil er vom Licht der Lampe geblendet wurde. Dieser weckte seine Nachbarn, die wiederum deren Nachbarn weckten. Irgendwann waren alle wach und sahen entsetzt in Bills Richtung. Sie hatten diesen Blick, als wollten sie ihn gleich töten...”
“Bitte hören Sie auf!”, unterbrach ich. “Ich kann mir vorstellen, was weiter passierte.”, begründete ich meine Einwende. “Wenn du meinst. Ich wollte dir das Haus nicht vermiesen. Ich wollte dich nur warnen. “Vielleicht siehst du ja mal in das Gebäude und schaust mal, wie es Bill so geht.”
Was meinte er damit? Jetzt interessierte es mich schon, was weiter geschah, doch meine Überlegung, wie es weiter gegangen sein könnte, dauerten zu lange. Der Obdachlose war wieder eingeschlafen. Und aufwecken wollte ich ihn nicht, wegen einer Geschichte, die man sich hier in der Gegend erzählte. Sie musste ja nicht stimmen. Aber was, wenn doch?
Ich musste mich schnell entscheiden, da es schien, als würde ein Gewitter hereinbrechen. Die ersten Tropfen fielen bereits. Nach kurzer Zeit verwandelten sich die kleinen Regentropfen in riesige aus Wasser geformte Bomben. Es war zu vergleichen mit Hagelkörnern mit einem Durchmesser von drei Zentimeter. Ich stand vor dem Eingangstor und entschied mich, hinein zu gehen, weil mich der Regen allmählich zu erschlagen schien.
Es war genau, wie der alte Mann es beschrieben hatte: staubiger Boden, Spinnweben, die in Fetzten von der Decke hingen und ein kleiner Lichtstrahl, der von einem Loch in der Decke von den Lampen der Straße in den verdunkelten Raum leuchtete. Langsam wurde es mir unheimlich und ich überlegte, ob ich nicht doch wieder raus in den Regen gehen sollte. Das Einzige und Wichtigste, was dagegen sprach, war, dass ich draußen genauso wenig überlebt hätte, wie in diesem alten Gebäude - wenn die Geschichte stimmte! Ich konnte nichts sehen und fühlte den Boden mit meinen Beinen ab, um nicht auf irgendwelche seltsamen oder ekelhaften Dinge zu treten.
Meine Augen waren halb geschlossen, während ich mich durch die Gegend tastete. Ich fühlte mich, als könnte ich auf der Stelle zusammenbrechen und einschlafen. Nach einiger Überlegung entschloss ich mich, mich bei dem Lichtstrahl nieder zu lassen. Es war mir dann doch etwas zu gruselig, um weiter zu gehen. Kaum legte ich mich hin, schlossen sich meine Augen ungewollt und ich viel in tiefen Schlaf.
Die Nacht war kalt und nass, weil Tropfen vom Regen durch den Spalt in der Decke, unter dem ich lag, auf mich tropften. Trotz der Nässe machte es mir nicht sehr viel aus, weil ich zu erschöpft war, um mich darüber aufzuregen oder mir darüber Gedanken zu machen.
Morgens schienen mir einzelne Strahlen der Sonne ins Gesicht. Warme Strahlen, die mir halfen, dass ich meine Kraft wieder bekam. Erst jetzt wurde mir klar, wie wichtig die Sonne eigentlich ist. Sie strahlt Licht aus, spendet Wärme und ist für jedes Lebewesen unentbehrlich. Und trotzdem fiel mir das erst an diesem Morgen auf.
Nur, wo war sie? Es fiel nur noch ein Schatten auf mein Gesicht. Ein kalter und dunkler Schatten. Ich schaute auf und erblickte zwei fragliche, böse dreinblickende Gestalten, die mich fragend ansahen. Was sie wohl dachten? Was sie wohl mit mir vor hatten? “Was machst du hier?!”, forderte mich der eine auf. Überlegend, auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit, antwortete ich: “Ich hatte nur eine Unterkunft für die Nacht gesucht.” Das war das Peinlichste, was mir bisher passierte. Ich hatte kein Zuhause und musste in einem alten, fast zerfallenem Haus schlafen. Zum Glück bekamen das wenigstens nicht meine alten Klassenkameraden mit. Das war halt der Vorteil, wenn man aus der Schule raus war: Man braucht sich vor seinen Klassenkameraden nicht mehr zu rechtfertigen, weil man die nicht mehr sieht. Außerdem waren die sowieso bestimmt beim Meteoriteneinschlag gestorben.
“Komm mit!”, befahl mir der andere von ihnen. Zwangsbedingt unterworfen stand ich auf und lief hinter den beiden her. Duch einen anderen Raum und einen Keller, bis zu einem Raum, in dem viele Betten standen. “Was soll das?”, wunderte ich mich. “Du hast doch gesagt, dass du eine Unterkunft suchst. Hier hast du eine.” “Freundlichkeit in allen Ehren! Aber was hat die Sache für einen Harken?” Ich wurde misstrauisch. Es war verdächtig, dass ich von völlig Fremden ein Bett angeboten bekam. Es musste einfach einen Harken geben. “Du hast Recht.”, sagte der andere wieder und setzte sich neben mich auf das Bett, auf dass ich mich inzwischen gesetzt hatte. Er zog einen seiner schwarzen Stiefel und seine schwarze Lederjacke aus und legte beides auf ein anderes Bett. “Und was müsste ich dafür machen? Ich bin ein Fremder.” Der andere setzte sich nun auf die rechte Seite von mir, sodass ich zwischen beiden saß. Langsam bemerkte ich, was hier ablief. Ich sah vor mir, wie einer der beiden mich packen und der andere mir ein langes Messer in die Leber rammen würde.
“Du musst einfach nur mithelfen:” “Mithelfen, meinst du?” Mithelfen erschien mir ein wenig zu wenig. Es musste mehr hinter diesem Wort “mithelfen” stecken. Die Frage danach ließ ich offen, weil es eventuell einen Rausschmiss provoziert hätte. Ein Dach überm Kopf war nun mal das Wichtigste im Moment. “Bist du also einverstanden?” Ich nickte und haute mich bis es wieder Tag wurde ‘ne Runde auf’s Ohr.
















Kapitel IV



Die Sonne strahlte mir durch ein kleines Loch in der Decke ins Gesicht. Die Wärme weckte mich aus meinem Alptraum, den ich in letzter Zeit immer häufiger träumte:
Ich stehe im Keller unserer alten Wohnung. Wir räumen gerade den alten Plunder raus, als ein seltsames Fiepen zu vernehmen ist. “Was ist das?”, fragte Stephan leicht verängstigt. “Keine Ahnung. Ich schau mal nach.” Michael rannte raus. Im nächsten Moment schien der Himmel herunter zu stürzen. Ein riesiger Knall war zu hören und kurz darauf ein lauter und qualvoller Schrei, wie ich ihn nur aus dem Fernsehen kannte. Stephan wollte hinaus rennen, um nach Michael zu sehen. Ich hielt ihn aber fest, um ihn vor dem, was draußen auf uns wartete, zu schützen. “Lass mich doch los!!!!”, schrie er verwirrt und wütend. Er wusste schon, was geschehen war, wollte es aber nicht wahr haben.
Für einige Sekunden herrschte absolute Stille, die beängstigend ruhig war. Es war so still, dass ich mein Herz rasen hören konnte. Ich hatte große Angst und wollte am liebsten nicht dort sein. Ich hätte jetzt mit einer meiner Freundinnen rummachen können. Aber ich wollte ja unbedingt meine Hilfe anbieten. “Das nächste Mal mache ich das, was mein Instinkt mir sagt - Abhauen!”
Schweißgebadet wachte ich auf, völlig verwirrt. Ich hatte für einen kurzen Augenblick den Bezug zur Realität verloren. Ehe ich richtig wach war kamen auch schon die beiden Typen rein. Einer hatte eine Pistole in seiner rechten Hand und er kam in meine Richtung; mit der Pistole in meiner Richtung. “Bist du soweit?”, fragte er mit rauer Stimme. “Ja.”, antwortete ich ihm und dachte im Stillen, er wolle mich jeden Augenblick aus Spaß erschießen. Bevor ich meine Antwort fertig ausprechen konnte, unterbrach er mich und gab mir die Pistole. “Nimm die und zieh dir das hier an.” Während er mir Instrutionen gab, was meine Hilfe anbelangte, zog ich mir eine rabenschwarze Hose und eine sehr dunkle Mütze auf. Die Pistole steckte ich zwischen Gürtel und Hose. Es bedarf nicht viel Inteligenz, um zu merken, was für eine Aufgabe ich zu tun hatte. “Was soll das werden?”, fragte ich sicherhaltshalber nach. Es hätte ja sein können, dass ich die Situation total falsch verstand und ich mich in Missverständ - nisse wickelte. “Das erfährst du noch früh genug.”, bekam ich als Antwort. Mit einem Auto, das wie neu aussah, ging es los. Die Fahrt dauerte nicht lange, bis wir an einer Bank anhielten. Jetzt schien es klar: Ich sollte bei einem Banküberfall helfen. Für wen hielten diese Typen mich denn? Aber clever waren sie. Sie hatten in mir einen perfekten Mitläufer gefunden, denn keiner der beiden nannte mir auch nur eine Andeutung seines Namens, bevor wir maskiert und bewaffnet in das Bankgebäude stürmten. Ich kam zuvor auch nicht auf den Gedanken, einmal nachzufragen. Wieso? Ich habe andere Probleme gehabt. Oder es war der Reiz, den ich vermisste, seit Phillip verschwand und uns nicht mehr belästigte. Das hatte schon seinen Reitz. Ich freundete mich allmählich mit dem Gedanken an, ein Verbrecher zu werden. Die Polizei suchte mich sowieso schon. Also würde ein Verbrechen mehr oder weniger auch nichts mehr ausmachen.
“Das Geld her, aber ein bischen plötzlich!!!!”, schrie der Rechts-stehende. “Ich sagte: GELD HER!!!” Geschockt öffnete einer der vier Bankangestellten in der Bank den Tresor. Ich sah währendessen im Raum um. Ich sah die flehenden Gesichter der Leute, die Angst vorm Sterben hatten. Einer wollte gerade wegrennen. Meine Komplizen waren im Tresor beschäftigt, also musste ich etwas tun, oder er würde uns verraten. “Halt!”, befahl ich, “Oder ich schieße!” Ich legte zum Schuss an...”HALT!”, schrie ich erneut und hoffte er bliebe stehen. Er wollte nicht stehenbleiben. Aber ich musste ihn irgendwie aufhalten! Schweißtropfen fielen mir vom Gesicht als ich nochmals zum Schuss ansetzte und abdrückte. Der Mann flog durch die Wucht ein kleines Stück von mir weg und landete an der Glasscheibe des Fensters zur Straße.
Die Scheibe zerbrach, als er mit seinem Arm dagegenprallte. Aus seinem Bauch strömte sehr viel Blut. Es war kaum mit anzusehen, wie er sich quälte und um hilfe rief. Sein Arm war von den Splittern des Fensters völlig zerkratzt und rot vom Blut. Vor Schreck wegen der Wunden am Arm versuchte er ihn aus dem Fenster herauszuziehen. Sein Blick sah aus, als würde er sagen wollen, “Hilf mir doch!”! Aber würde ich ihm helfen, würde ich nicht viel weniger leiden müssen, als er. Durch ein großes Stück zerbrochenes Glas, dass an dem Fenster herausragte, schnitt er sich die Pulsadern auf - nur weil er sich befreien wollte - nur wegen mir...
“Was hab’ ich getan...”, flüsterte ich leise - entsetzt von mir selbst. Aber hätte ich eine Wahl gehabt? Vielleicht; ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, denn im nächsten Augenblick hatte ich schon Gefallen am Töten unschuldiger Leute gefunden. Dieses starke Wutgefühl, dieses Gefühl zu wissen, dass man etwas durch und durch Falsches macht; dieses Gefühl, ein Verbrecher zu sein. Einmal aus dem tristen Alltag heraus fliehen und seine Gedanken auszuleben. Das könnte mir bei diesen Typen eventuell sehr nützlich sein. Plötzlich überkam es mich! Ich nahm meine Waffe und richtete sie auf eine alte Frau, die mich um Gnade anwinselte. “Bitte! Erschieß’ mich nicht!”, flehte sie mit ihrer alten kratzigen Stimme. “Bitte! Ich flehe dich an! Du kannst alles haben, was ich ha...” Ohne weiter zu zögern, zog ich den Abzug. Sie war sofort tot. “Scheiße!!!”, schrie ich wutendbrannt! Meine Agressionen breiteten sich weiter aus, sodass ich in einem regelrechten ‘Tötungswahn’, einen Blutrausch, verfiel und alles, was auch nur ohne meinen Befehl atmete, abknallte.
“AAAAAHHAHAHA!!!!!” “Du bist dran!” Meine Waffe zeigte nun auf den letzen Überlebenden meines Massakers - ein kleines Mädchen, dass vielleicht gerade mal zehn Jahre alt war. Kurz dachte ich nach, ob ich sie nicht vielleicht doch am Leben lassen sollte. “NEIN!!!”, schrie ich in einem weiteren Wutausbruch, der mich dazu bewegte, abzudrücken.
In einem Rausch tötete ich alle, die auch nur versuchten sich zu bewegen. Das Winseln und Flehen der hilflosen Personen konnte mich nicht stoppen. Ich liebte dieses Böse; es war mir nur nie richtig bewusst gewesen. Es lag wohl auch mit daran, dass ich jetzt der war, der mit bestimmen konnte, wo es lang geht.
Sirenen füllten nun die Leere, die ich hinterlassen hatte, nachdem ich alle abgeschlach - tet hatte. “Die Bullen!”, meinte der eine Gangster, “Lass uns verschwinden!” Er schlug ein Fenster ein, durch das wir schlüpften, um uns unbemerkt aus dem Staub zu machen.

“Leicht verdientes Geld.”, lachte der eine. Ich lachte nun auch mit und ließ mich in ein Gefühl der Angst vor der Polizei und einem Gefühl der Zerstörung fallen. “Wie heißt ihr eigentlich?”, interessierte es mich, nun da ich in ihren Machenschaften mitmischte. “Ich bin Mitch und das hier ist George.”, erklärte er mir bereitwillig und deutete auf den etwas breiteren Mann, der an einem Tisch saß und die Beute Zählte. Mitch war ca. Einhundertachtzig Zentimeter groß und hatte dunkles glattes Haar, dass er sich nach hinten gekämmt hatte. Sein schmales Gesicht sagte einem, dass mit ihm nicht zu spaßen war. Und so wollte auch ich mich nicht mit ihm anlegen - jetzt wo wir uns gerade “näher gekommen waren”. “War ja ein ziemlicher Auftritt, den du dir da geleistet hast.”, rief George mir von seinem Platz aus zu. “Wenn dich die Bullen erwischen - und das tun die irgendwann - kannst du mit der Todesstrafe rechnen.”, sein Blick lockerte sich und formte sich zu einem leichtem Lächeln. “Aber trotzdem ein cooler Auftritt. Da haben die Leute hier ja wieder was, wovor sie Angst haben können - vor dir!”, fuhr er fort. Mitch drehte sich zu mir um und blickte mich musternd an. “Ich hoffe, du hast keine Spuren hinterlassen. Denn sonst säßen wir in ziemlicher Scheiße.” Hatte ich Spuren, die die Polizei auf unsere Fährte brächten, zurückgelassen? “Ich glaube nicht, dass die uns kriegen.”, sagte ich locker. “Höre ich da Unsicherheit in deiner Stimme?” Mitch blickte mich erneut sehr tiefsinnig an. Ist die Frage jetzt ernst gemeint, fragte ich mich. “Also meine Maske habe ich nicht abgenommen, wenn du sowas meinst.” “O.K.! Aber wenn sie dich kriegen, ist das dein Bier.” Er drehte sich wieder zu George, der wieder das auf dem Tisch gestapelte Geld zählte. “Da fällt mir ein... Du hast uns noch gar nicht deinen Namen verraten.” “Ich heiße Jack.”

Die Zeit verging wie im Flug und ich konnte mich bei Mitch und George schon richtig zu Hause fühlen. Es war eigentlich viel besser, als mein altes Leben; ich musste mich nicht herumschupsen lassen - höchstens von Mitch - und hatte Ruhe vor Phillip.
Es war ein schöner Samstag Morgen, an dem ich erwachte. Wir hatten uns aus Sicherheitsgründen eine neue Bleibe gesucht, die mehr in der Nähe des reicheren Teils der Stadt lag. Geld hatten wir immerhin im Überfluss, um uns diese Teuren Wohnungen leisten zu können. Es war das, wovon ich schon immer träumte - ein teures, luxoriöses Haus in einer guten Gegend und ein sorgenfreies Leben. Nagut, es war nur eine teure Wohnung und die Polizei suchte überall nach uns, aber ansonsten ging es mir so gut wie noch nie zuvor. “Und ob die Bullen bei den Reichen suchen?”, stellte ichmir vor. “Die sind doch zu faul dazu.”
Zunächst wollte ich weiterschlafen, da es noch zu früh für mich war, um aufzustehen. Doch die Sonne strahlte mir direkt ins Gesicht und die warme Luft ließ mich mit ihrem Duft nicht mehr los. Also war ich gezwungen mich Acht Uhr Morgens mit einem Kater, der der langen Nacht am Tag zuvor zuzuschreiben war, zu erheben, um das Frühstück zu machen. Ich zog mich an und schloss das Fenster, weil die Frau vom Wetterbericht Regen angesagt hatte. “Ich hatte das Fenster doch gar nicht auf gemacht?”, überlgte ich während ich noch immer gegen meinen schweren Kopf ankämpfte. Ich drehte mich blitzartig um und da holte mich die Erinnerung an die Nacht zuvor ein.
Ich hatte mit einer gutaussehenden Frau geschlafen. Sie war kleiner als ich - ca. Hundertdreiundsechtzig Zentimeter groß und hatte langes dunkles Haar und einen fantastisch geformten Körper, der alle Rundungen zeigte. Wer war sie? Ich erinnerte mich. Die Jungs und ich waren gestern in einem Disco-Schuppen und ich hatte etwas zu viel getrunken. Sie setzte sich zu mir an den Tresen und bestellte das Selbe Getränk, dass ich in der Hand hielt, um immer wieder daran zu nippen. “Hi!”, brüllte sie. “Ist ziemlich laut hier!”, fügte sie noch hinzu. “Da hast du wohl Recht!”, rief ich ihr ins Gesicht. Sie gefiehl mir. Ihr viel zu enger Minirock ließ es zu, dass mein Blick auf ihre wohlgeformten Beine fiel. Ihr Top, das ihr nur kurz bis über den Bauchnabel reichte, war ebenfalls etwas zu eng. Sie sah damit aus, als hätte sie so gut wie nichts an. Ihr heiterer Gesichtsausdruck machte mich darauf aufmerksam, dass die schon ein paar Gläser zu viel intus hatte, um klar denken zu können. “Wie heißt du?”, schrie ich ihr entgegen. “Was?”, brüllte sie zurück. Es war besser, an einen stilleren Ort zu verschwinden, sodass wir uns besser verstehen konnten. Nachdem ich sie fragte, ob wir nicht irgendwo hingehen wollten, wo es ruhiger zugeht, stimmte sie zu, nahm meine Hand und führte mich aus der Dico in eine schwach beleuchtete Seitenstraße. Ich blickte in ihr helb beleuchtetes, halb im Schatten liegendes Gesicht, dass hier draußen noch viel schöner aussah. Ihr Blick fuhr von meinen Füßen angefangen weiter aufwärts. Schließlich waren auch ihre Augen bei meinen angelangt und blickten nun tief in die Meinigen. In einem Anfall von Liebe - und sicher auch Lust - küsten wir uns engumschlungen. Wäre der Alkohol nicht gewesen, hätte ich sie wohl nie richtig kennengelernt und mich so “gehen lassen”. Sie war so von Lust geladen, dass sie schon dabei war, mir meine Kleider vom Leib zu reißen, als ich mich besann und sie fragte, ob sie nicht mit zu mir kommen wolle. “Nagut.”, brabbelte sie und ließ mich wieder aus der Umklammerung los.
Bei mir zu Hause angekommen, ist es dann wohl passiert, überlegte ich und beobachtete sie, wie sie sich hin und her rollte, als habe sie einen sehr aufregenden Traum. Ich hoffte insgeheim, dass kein muskelbepackter Affe auf sie wartete. Aber was war mit den Gangstergeschäften? Wie sollte ich es ihr beibringen, dass ich ein gesuchter Verbrecher war und schon viele Leute getötet hatte. Es war auf jeden Fall besser, es ihr nicht zu sagen - wenn sie es nicht schon wusste. “Sie allarmiert womög - lich noch die Polizei.”, grübelte ich in Gedanken versunken, schloss leise hinter mir die Tür und begab mich in die Küche, um zu frühstücken.


“Wach auf. Wach auf.”, hauchte ich ihr leise ins Ohr, um sie zu wecken. “Was ist los?”, brummte sie noch im Halbschlaf. “Du musst aufstehen. Es gibt Frühstück.” Ich hob das Tablett mit den Frühstücksleckereien hoch, stellte es wieder auf den Nachttisch und sah sie liebevoll an. Sie schien sich zu erinnern. “Oh. Ich erinnere mich wage an die letzte Nacht.”, stöhnte sie noch immer sehr verschlafen. “Und? Brauchst du was für den Kopf?” “Nein, ich glaube nicht.”, meinte sie, setzte sich nun aufrecht auf’s Bett und nahm das Frühstück entgegen. “War das jetzt eigentlich ‘ne einmalige Sache, oder ...” Das hatte sie genauso wenig erwartet wie ich, dass ich diese Frage jetzt und so direkt stellte. “Aber um den heißen Brei zu reden, bringt mich auch nicht viel weiter.”, dachte ich im Nachhinein.
“Kommt drauf an,”, setzte sie an, “ob du es so siehst.” Stille kehrte ein. Der Alkohol, der am Abend zuvor noch wundervoll wirkte, hatte mich so schnell wieder verlassen, wie er mich verändert hatte. Mein Blick fuhr an ihr auf und ab. Auch ihre Augen musterten mich. “Ich will nicht, dass es so endet.”, antwortete ich zu ihrer Erleichterung, was mir ihr leises Aufatmen verriet. Ich küsste sie so lange bis ich stockte und meine Lippen sich von ihren trennten. “Was hast du?”, fragte sie fürsorglich. “Mir fällt gerade ein, dass ich deinen Namen gar nicht kenne.” “Ich heiße Amanda.”, flüsterte sie mir ins Ohr. “Mein Name ist Jack.”, erwähnte ich nebenbei, als ich wieder Luft bekam, als sie meine Lippen für kurze Zeit wieder frei gab und die Lust der letzten Nacht wieder aufkam...

“Und lass diesmal ein paar von den armen Schweinen in dieser Bank leben. Mit den Psychischen folgen strafst du die noch viel mehr. Ich glaube, die werden danach nie wieder eine Bank betreten.”, lachte George und parkte den Wagen hinter dem Gebäude, dass wir vorhatten zu überfallen. “Ist gut.”, gab ich ihm zurück und schnappte meine Automatik, die blitztend auf dem Sitz neben mir lag und steckte sie in meinen Gurt. Mit übergestreiften Strumpfhosen stiegen wir aus und rannten auf das Bankgebäude zu. Es war 17:50 Uhr. Das hieß, dass die Bank bald schließen würde.
Ich versperrte den Ausgang, um sicher zu stellen, dass auch wirklich niemand entkommen konnte. “Ich mache keine Gefangenen!”, brüllte ich vollgepumpt mit Adrenalin. George und Mitch kümmerten sich um die Beute, die der Bankangestellte hinter dem Tresen in den Sack fallen ließ. “Schneller!”, forderte Mitch wutentbrannt auf, als er feststellte, dass der Angestellte vor einigen Minuten per Knopfdruck die Polizei alarmiert hatte.
Die Beute war verstaut und noch keiner hatte sich gerührt, damit ich ihn erschießen konnte. Die Leute sahen mich flehend an. “Bitte erschieß mich nicht!”, werden sie sich warscheinlich gedacht haben. Doch einen musste ich mindestens umlegen. Ich zielte willkürlich auf eine Person und drückte ab, ohne genau zu sehen, wer es war. Dann rannte ich mit George und Mitch zur Tür, um schnellst möglich zu entkommen. Schnell drehte ich mich noch einmal um und blieb stehen. Meine Kanone auf den Bankangestellten gerichtet und seinen flehenden und winselnden Blick ignorierend, drückte ich ab. An der Scheibe, hinter der er sich versteckte, rutschten Stücke seines Gehirns, die dagegen geprallt waren, hinunter. Sarkastisch dachte ich, dass ich froh sein konnte, nicht hier sauber machen zu müssen.

Während ich mit meinen neuen Frenden auf Raubzug ging, machten sich Stephan und Michael einen schönen Tag im Hallenschwimmbad, denn zum Freibaden war es mittlerweile zu kalt geworden.
“Ist heute nicht ein scheiß Tag?” Michael war mal wieder genervt vom Wetter. “Ich weiß nicht, warum wir hier überhaupt rumhängen!”, brummte er vor sich hin und drehte sich von einer Seiter seiner Liege, die am Beckenrand ausgebreitet war, auf die andere. Sie waren gerade aus dem Wasser gestiegen und hielten nach gutaussehenden Mädchen, bei denen sie hätten landen können, Ausschau, um die Langeweile zu überbrücken. Seit ich weg war, war ihr Leben nur noch halb so lebendig. Beim kleinsten bisschen Spaß, den sie versuchten zu haben, mussten sie plötzlich an mich denken und bekamen Schuldgefüle. Ihre Freude wandelte sich dann in Depression und Trauer. “Lebt er noch? Wo ist er? Geht es ihm gut?”, fragten sie sich in solchen Momenten.
“Schau mal.”, sagte Stephan und übergab Michael die Zeitschrift, die er aus seiner Tasche hervorgeholt hatte. Auf der Titelseite war ein Kamerabild von den Einbrechern und Massenmördern, die seit einiger Zeit in der Gegend ihr Unheil trieben. “Sie haben wieder zugeschlagen.”, murmelte Michael. “Und? Das ist doch uninteressant. Ist doch gut, wenn mal ein paar Menschen draufgehen. Mich beunruhigt nur, dass das in unserer unmittelbaren Nähe passiert.” Eine Pause trat ein, in der Michael verzweifelt nach - dachte. “Aber irgendetwas stimmt doch da nicht.” “Genau!”, meinte Stephan. “Irgendetwas kommt mir da bekannt vor. Aber was?” Sie hatten es erkannt - ich war es, der ihnen so ins Auge stieß. “Das glaube ich jetzt aber nicht!”, brabbelte Michael entäuscht. Stephan dachte anscheinend das Selbe, denn ihm fuhr ein Schauer über den Rücken, der ihn dazu veranlasste, aufzustehen. Dann stellte er sich vor den Rand des Schwimmbeckens und machte sich zum Sprung bereit. “Wie kannst du jetzt schwimmen gehen?!” Damit hatte er seinen Freund verärgert. Er konnte es nicht fassen, wie es an Stephan vorbeiging, dass ich jetzt ein von der Polizei gesuchter Massenmörder war. “Ich muss nachdenken. Und das kann ich am besten, wenn ich völlig schwerelos im Wasser treibe.”, rechtfertigte er sich. “Dann komme ich mit. Ich brauche auch einen Denkanstoß. Nur wofür?” Stephan erklärte ihm als beide im Wasser waren und weit entfernt von jeglichen Blicken, dass sie mit mir Kontakt aufnehmen müssten. “Vielleicht steht ja was in der Zeitung.” “O.K.! Dann brauchen wir uns erstmal keine weiteren Gedanken zu machen, denn das verändert ja jetzt auch nichts mehr.”, stellte Michael fest und erkannte nun, woher Stephan diese Leichtigkeit hatte mit solchen Situationen umzugehen.

Es war ein schöner Tag. Die Sonne strahlte hell und der blaue Himmel erstreckte sich an diesem Dienstag Morgen weit bis zum Horizont. Die Luft stand still und es war eine Wärme zu verspüren, wie es sonst nur im Sommer vorkommt.
Auf einmal klingelte das Telephon. “Ja?”, fragte ich. “Was?! Ja. Ich komme sofort!” Das Krankenhaus hatte angerufen und mir mitgeteilt, dass Amanda mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Sie war angeschossen worden.

“Wo sillst du hin?!”, fragte Mitch. Ich erklärte, was passiert war und dass ich keine Zeit verlieren wollte. “Ach, lass die Schlampe doch!”, fuhr George mich an. “Du hast doch keine Ahnung!”, brüllte ich sauer! “Wisst ihr was!!!? Ich steige aus! Ich will nichts mehr mit eurem Dreck zu tun haben!” Mitch packte mich am Kragen und schnürte mir die Luft ab. “Du kannst nicht aufhören. Wir stecken alle gemeinsam drin! Hast du mich verstanden?! Wenn du jetzt gehst, kann ich für nichts garantieren. Du weißt doch, was das für dich bedeuten würde...” “Damit will der mir nur Angst machen!”, dachte ich noch immer voller überschäumender Wut, die verstärkt wurde durch das, was Mitch gerade zu mir gesagt hatte. “Ich habe schon verstanden.”, sagte ich ihm, blickte stur in seine finster wirkenden Augen, wartete, bis er mich losließ, drehte mich dann um und marschierte zur Tür.
“Ich glaube nicht, dass er weiß, was er sich da eingebrockt hat.”, murmelte er leise mit bösen Nachdruck.

























Kapitel V



Stephan und Michael saßen zu Hause und sahen Fern. Es war 23:15 Uhr und der Horrorfilm, den sie sich seit zwei Stunden ansahen, war fast zu ende. In dem Film wurde gerade der Arm des Mörders abgefetzt und auf den Kopf einer Frau geschleudert, die daraufhin tot umfiel.
“Findest du nicht, dass wir langsam mal ins Bett sollten?”, fragte Stephan. “Wieso? Ist doch erst 23:15 Uhr.”, antwortete Michael locker. Trotzdem war etwas Müdigkeit in seiner Antwort zu entdecken. “Aber vielleicht hast du Recht. Es ist tatsächlich schon spät.” “Na, dann. Auf ins Bett.”, murmelte Stephan leise und stand vom Sofa auf. “Warte, ich gehe ran!”, meinte er und sprintete los. “Wer das wohl ist, um diese Zeit?” “Ich habe nichts gehört. War’s die Klingel oder was?” “Ja. Du bist wirklich extrem müde, wenn du nicht einmal mehr die Klingel hörst.”, sagte Stephan und öffnete die Tür der kleinen Drei-Zimmer-Wohnung.
Triefend vor Schweiß und nach Luft ringend stand ich vor der Tür und stürmte gleich in den Flur und verbarrikadierte die Tür von innen. “Was ist denn mit dir passiert?” Das erkläre ich dir, wenn ich mich kurz ausgeruht habe.”, gab ich ihm keuchend als Antwort.
Er führte mich in die Küche, wo ich mich auf einen Stuhl setzte und mich mit einer Decke abtrocknete. Während ich dies tat, erklärte ich Michael, der inzwischen durch das laute Rufen von Stephan dazugekommen war, und Stephan, was passiert war. “...Also ging ins Krankenhaus, um nach ihr zu sehen. Aber die Bullen haben das irgendwie mitgekriegt und haben mich vier Stunden durch die halbe Stadt verfolgt. Ich bin froh, dass die mich nicht erwischt haben.” “Und? Wie geht es ihr jetzt?”, interessierte es Michael. “Ich hatte doch keine Gelegenheit sie zu sehen!” Ich war verzweifelt und kurz davor Selbstmord zu begehen. Zu meinen eizigen Freunden zu gehen und mich damit dem Risiko auszusetzten, von der Polizei erwischt zu werden, war meine letzte Chance. “Es war ja klar, dass irgendeiner mich sehen würde, aber dass die Bullen mich gleich durch die Hölle schicken, war mir fern meiner Gedanken.”, dachte ich innig und schuldbekennend.
Die Nacht war lang. Ständig wachte ich auf, weil mich Alpträume plagten, in denen ich mich immer wieder sah, wie ich Amanda erschoss. Mein Bett war in Schweiß getränkt. Ich brauchte dringend frische Luft und machte mir eines der vier Fenster im Raum auf.
Als ich zufällig aus dem Fenster sah, dass die Straße am Eingang des Gebäudes zeigte, überkam mich ein riesiger Schock. Vier Polizeiwagen hatten sich davor platziert und warteten nur darauf, einen Einsatzbefehl zu erhalten und mich zu töten. Panik überkam mich! Ich war in eine Falle getappt! Ich hatte das Risiko wohl doch zu lasch eingeschätzt.
“Ihr müsst mir helfen!”, bat ich leicht hysterisch und stark aufgebracht. “Aber wie?” Es lag doch auf der Hand - und Michael hatte es richtig gesehen. Wie sollte ich mich jetzt noch retten können. Ich hatte es mir selbst zu zuschreiben, dass ich verhaftet werden und ich auf ewig im Gefängnis sitzen sollte. Ich hatte all die unschuldigen Leute umgebracht. “Was habe ich nur getan?”, flüsterte ich als ich meine Schuld erkannte. Wie konnte ich all die Leute nur töten? Zu dem Zeitpunkt dachte ich noch, ich hätte sowieso nichts zu verlieren. Aber auch das war falsch von mir einkalkutliert. Vor einigen Monaten wurde ich noch gesucht, weil ich Phillip fast getötet und ihn in einem Schrank verstaut hatte. Aber wie hoch wäre die Strafe im Vergleich zu meiner momentanen Situation schon gewesen?
Das hätte ich mir vorher überlegen sollen, dachte ich.
“Wie...wie...wie...”, grübelte Stephan unter hohem Druck eine Lösung zu finden. Nur war das Problem dieses mal nicht etwa ein unberechenbarer Irrer, der alles daran setzte, um uns aus dem Weg zu schaffen und uns für etwas zu bestrafen, was wir nicht taten. Mein Problem war, dass es keine Lösung gab. Ich musste mich ausliefern oder mich feige selbst töten. “Was für eine Sauerei.”, dachte ich. “Wenn ich mich jetzt hier töte, wird die Bude hier aussehen wie nach einer Orgie.” “Ich hab’s!”, meinte Michael etwas Stolz auf seine Idee, die mich vielleicht retten könnte.

“Komm’ raus!”, befahl eine raue Stimme durch ein Megaphon. “Ich leg auch ein gutes Wort für dich ein! Es hat doch keinen Sinn mehr. Du bist umzingelt. Wir kriegen dich so oder so. Wenn du dich jetzt verhaften lässt, sorge ich für mildernde Umstände!”
“Was für mildernde Umstände? Drei Jahre weniger von 120?” Ich blickte Michael, der mir zur Seite stand, etwas scherzend an. Jetzt oder nie! Ich öffnete die Tür und stürmte mit ihm aus dem Haus. “Nicht schießen!”, schrie die Stimme wieder. “Er hat eine Geisel!” Ich tat so, als drückte ich das lange Messer hinter Michaels Rücken noch näher heran. “Lasst mich gehen!”, forderte ich. “Oder er ist dran!” “Bist du sicher, dass das klappt?”, murmelte ich Michael zu. “Besser, als nichts.”
Langsam bewegten wir uns von der Polizei weg - immer mit dem Gesicht in Richtung der Polizisten. Als wir weit genug entfernt waren, rannten wir um mein Leben. Ich hatte mich noch nicht ganz von der letzten Flucht erholt, da musste ich schon wieder - diesmal erschöpft - davon laufen.
Völlig außer Atem fanden wir eine kleine vermoderte und verdreckte Halle, in der wir Schutz suchten. Uns - mir zumindest - blieb nichts anderes übrig, als hier einige Zeit zu verbringen. Es war zwar dreckig und kalt und voll von Ungezeifer, aber dort konnte ich mich etwas erholen. Und einiger Maßen sicher schien diese Unterkunft auch. Nur wegen Michael machte ich mir Sorgen. Als ich ihn fragte, ob er wirklich mit mir hier bleiben wolle, antwortete er mir mit einem schlichten “Klar!” und fügte noch schnell an, dass ich sein Freund wäre und er mich nicht im Stich lassen könnte.
Die Nacht war kalt, wir mussten uns gegenseitig wärmen und der Geruch nach Krankheit und Seuche ließ mich nicht mehr los und hielt mich so die ganze Nacht lang wach. Es roch stechend nach Erbrochenem.
Der Boden war sehr hart und kalt und Matratzen oder etwas ähnliches gab es in dieser Halle nicht. Das Dach hatte einige kaputte Stellen, die nicht nur noch mehr Kälte, sondern auch den Regen zu uns vordringen ließen.
Ich sehnte mich nach der Wärme meines Bettes und der Trockenheit meiner alten Wohnung. Ich wollte bei Amanda sein und ihr in ihren letzten Stunden Beistand leisten. Ich sehnte mich nach meinem alten Leben. Ich wollte nicht immer vor allem davon rennen. Ich hatte es satt, ständig Angst haben zu müssen! Ich wollte mein normales Leben eines Durchschnittsbürgers zurück. Ich konnte nicht mehr - ich wollte nicht mehr! Zuerst hatte es mir Spaß gemacht, dass mal etwas in meinem Leben passierte. “Ich wollte mich doch einfach nur an Phillip rächen, dass er meinen Hund auf dem Gewissen hat.” Und jetzt, wo alles gegen mich schien und ich mich in meiner letzten Not am liebsten umgebracht hätte, wollte ich, all das wäre nie geschehen. Dieses miese Arschloch Phillip. Ohne ihn hätte ich jetzt nicht in diesem Schlamassel gesteckt. Ich wusste, was ich wollte - es war Rache. Aber nicht für meinen Hund. Ich hatte das Bedürfnis ihm alle Qualen zuzufügen, die wir wegen ihm erleiden mussten. Der Tod von Alf und Steve war noch nicht gerecht. Aber das würde ich schon bald nachholen. Wo war die Gerechtigkeit geblieben?! War ich mächtig genug, um selbst Gerechtigkeit zu verhängen? Wenn ja, dann konnte ich dies nicht alleine tun. Ich musste auf alles gefasst sein. Was ich jetzt benötigte waren keine Bullen, die die Gerechtigkeit nicht erkannten, wenn sie zwei Meter enfernt stünde! Was mir wirklich hielfe war ein Plan.

Es donnerte laut, als ich aufwachte. Ein Blitz nach dem anderen erhellte die leere Halle. Michael schlief noch tief. Ab und zu drehte er sich und sprach ein paar Worte, die ich nicht verstand. Mein Empfinden für ihn entsprach einem riesigen Haufen Mitleid, den ich bisher auf mir lasten sah. Er hatte sich für mich und damit für ein grausames und dreckiges Leben entschieden.
Zwei oder drei mal versuchte ich wieder einzuschlafen. Wenn ich endlich in den Schlaf fiel, hatte ich entweder Alpträume oder wachte zwei oder drei Minuten später wieder auf. Das war auch der Grund, weshalb ich aufstand, um mich von Michael zu entfernen. Ich wollte ihn nicht noch tiefer mit in meine Probleme reinziehen. Ich wäre ein riesiges Arschloch, täte ich das. Ich blickte noch ein letztes mal zu ihm zurück, bis ich dann den endgültigen Entschluss fasste und verschwand.
Ich stand gerade vor der Tür, da hörte ich plötzlich ein leises Rumpeln. Michael war wohl wach geworden und hat ausversehen gegen irgendetwas getreten. Ich machte mich also schnell aus dem Staub.

Nur noch wenige waren wach und trieben sich draußen herum. Immer wenn ich an jemandem vorbeiging, durchbohrten mich ihre Blicke mit einem Hass, den ich bis dahin noch nicht kannte. Niemand tat mir etwas, - aus welchen Gründen auch immer - bis ich an das Straßenviertel kam, an dem ich schon einmal war.

Die Luft war feucht und der Boden schlammig. Der aufsteigende Gestank von Verfaultem war kaum zu ertragen. Der Regen hatte mich völlig durchgeweicht. Deshalb versuchte ich erst einen trockenen Unterschlupf für die Nacht zu finden, in dem ich einigermaßen sicher war. Die Erinnerung an dieses Viertel brachte mich in Rage und Schmerz. Ich sah es vor mir, als passierte es noch einmal:
Julia wurde gerade von einem Penner verletzt und begann stark zu bluten. Ich hatte mich gewehrt und den Kampf gewonnen. Doch für Julia war der Kampf schon jetzt verloren.
Ich nahm auf einem nassen Karton platz, weil nichts anderes in Aussicht schien, lehnte mich zurück und fiel in tiefen Schlaf. Den Regen spürte ich nicht mehr. Ich war mir bewusst, dass ich vielleicht bei dieser Kälte hier draußen nicht überleben könnte, aber das war mir völlig egal. Selbst, wenn ich versucht hätte mich gegen die Müdigkeit zu wehren, hätte ich nicht mehr genug Kraft um durchzuhalten. Der Regen verschwand völlig; auch ich hatte den Kampf verloren.

“Wach auf du blöder Wichser!”, hörte ich jemand schreien. Kurz darauf verpasste die gleiche Person mir einen Tritt in den Magen, dass ich keine andere Wahl hatte, als zu reagieren. Ich richtete mich schmerzempfindend auf, sah mich schnell um, um die Lage zu verstehen und betrachtete die Gesichter, die um mich herum standen und mich in einem geschlossenen Kreis eingeschlossen hatten. Skinheads blickten mir tief in die Augen. Unglücklicher Weise konnte ich deren Blick nicht Stand halten und so bewegte sich der erste von ihnen (warscheinlich der Anführer) einen Schritt auf mich zu. Er schaute mich mit bösen Absichten an; er holte weit aus und schlug mit seinem Schläger, den er in der Hand hielt, dermaßen auf meinen Kopf ein, dass ich sofort bewustlos wurde.

Mein Schädel brummte, das Bild wurde klarer, ich wachte auf. Nachdem ich mir fünf Minuten Zeit nahm um zu mir zu kommen, stellte ich fest, dass ich allein in einem dunklen Raum mit kleinem Fenster lag. Der Mond, der von draußen herein schien, war die einzige Lichtquelle, die ich weit und breit erkennen konnte. Der Boden fühlte sich kalt und nass an, als würde er mit einer bestialisch Stinkenden Flüssigkeit getränkt - das war es! Ich befand mich sicherlich in der Kanalisation. Warscheinlich am Rande, weil der Mond nur reinscheinen konnte, wenn ein Fenster nach außen - in die Welt - da war. Ich wurde verschleppt! Aber warum? Was hatte ich an einem solchen verdreckten Ort zu suchen?
Auf einmal durchbrachen lauterwerdende Schritte die Stille. Kurz darauf öffnente sich die Tür und ein blendend helles Licht erhellte nun ein wenig meine Zelle. Ein wenig später, als sich meine Augen an das Licht der Taschenlampe, die mir ins Gesicht gehalten wurde, gewöhnt hatten, konnte ich die Umrisse einer Frau sehen. Sie hatte beachtliche Kurven, die sofort ins Auge stachen. Sie schwenkte die Lampe ein wenig herunter und begann zu reden.
“Du bist also Jack, ja? Das wird interessant...”
Beachtlich drehte sie sich und schritt davon. Ich saß noch immer in meiner Zelle in der Ecke und war noch außer Gefecht gesetzt. Mein Kopf fühlte sich leer an; mein Körper schien eine Hülle ohne Inhalt zu sein. Was sollte das jetzt - “Das wird interessant” ?
Der Mond zog seine Bahn und allmählich kam ich wieder zu mir. Ich fing wieder an zu denken und sah mich erneut um. Der Mond war nicht mehr die einzige Lichtquelle. Von der Tür her trafen breite Lichtstreifen auf die Wand und den Boden. Konnte das sein? Schnell stand ich auf, fiel dann gleich vor Schwindelgefühlen wieder um und blieb noch einige Minuten liegen, bis ich erneut erwachte. Diesmal versuchte ich es etwas langsamer anzugehen. Vorsichtig legte ich meine Fingerspitzen auf den klebrigen Boden, der unendlich schleimig war. Damit stützte ich mich ab und richtete mich behutsam auf. Schwankend bewegte ich mich zur Tür. Ab und zu musste ich mich an der Wand abstützen, damt ich nicht wieder von vorn anfangen müsste. Jedoch besserte sich mein Zustand schnell, sodass ich nach einigen Minuten wieder festen Boden unter den Füßen verspürte. Ich berührte die Tür gerade mal mit meinen Fingerspitzen, als sie sich nach außen öffnete. “Dacht’ ich’s mir!”, flüsterte ich erfreut und verängstigt. “Wenn ich nur an die Oberfläche gelangen könnte, hätte ich eine Chance zu entkommen.” Also machte ich mich auf den Weg.
Tatsächlich!- Ich war irgendwo unter der Stadt in der Kloake gelandet. Das bestätigte sich, als ich in einem riesigen Haufen Scheiße, gemischt mit Wasser und Urin(so roch es jedenfalls), trat und ich beinahe am Geruch erstickt wäre. Ich musste vorsichtig sein, denn so viel Flüssigmist, wie hier unten langfloss, gab es wohl sonst nirgens, da hier der Dreck der ganzen Stadt zusammlief. “Darüber hatte ich vor langer Zeit etwas im Fernsehn gesehen. Wenn die Arschlöcher von der Kloakenreinigung wenigstens gesagt hätten, wo das ist... Scheiße!! Wenn hier jemand ein Streichholz anzündet, geht der ganze Laden hier hoch! Wann wurde dieser Kanal denn gebaut???” Und es stimmte, denn der Geruch nach Faulgasen bestätigte meine Theorie des großen Feuerwerks. Ich griff sofort in meine Tasche, um mich zu vergewissern, dass meine Streichholzschachtel noch zu war. Denn eins stand einwandfrei fest: Als Grillfleisch enden wollte ich nicht.

Mein Weg führte mich nun schon seit mehreren Stunden im Kreis. Die Luft wurde immer dicker und ich konnte kaum noch richtig atmen. “Wenn nicht bald ein Schild zu sehen ist: ‘Ausgang-> hier lang!’, verklage ich die Stadt, wegen mangelnder Ausschilderung der Kanalisationswege!”, heiterte ich ich mittlerweile schon selbst auf.


Teil 2



“... Ich stellte fest, dass Jack verschwunden war. Er hat nicht mal ‘ne Nachricht hinterlassen...Ich erzähl’s dir am besten von ganz vorne...

Es war gestern sehr kalt und regnerisch gewesen. Blitz und Donner unterstützten die geladene Atmosphäre noch mehr. Einige Tropfen drangen durch’s Dach und trafen auf mein Gesicht. Ich machte kurz die Augen auf, drehte mich um und schlief weiter. Ich brauchte bestimmt zwei Minuten, bis ich registriert hatte, was geschehen war. Denn als ich kurz die Augen öffnete, sah ich eine Person an der Eingangstür stehen - sie blickte mich an. Ich denke mal, dass es sich dabei um Jack handelte.
Ich riss sofort die Augen wieder auf! Doch da war es schon zu spät. Die Tür fiel bereits wieder ins Schloss. Ein weiteres >Klacken

Ich stelle gerade fest, dass doch ein paar Seiten fehlen in dieser Veröffentlichung. Tut mir leid.
Jedoch habe ich das vollständige Dokument zum Download gestellt. Der link lautet: http://www.kankman.de.vu/MFPB.doc

(Rechtschreibung nicht korrigiert, da kein Verlag gefunden)
Alexander Kankel, Anmerkung zur Geschichte

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