David Polster

Telefon

P.S.: Ok, das soll Horror sein, also nicht nach tieferem Sinn suchen! Einfach vorstellen, man würde das gerade erleben! (am besten Licht aus und völlige Stille)

Dring.... Dring.... Dring....
Immer und immer wieder zerreißt das gleiche schrillende Geräusch die alles verschlingende Dunkelheit. Kein anderer Laut ist in der Finsternis zu hören, der demonstrieren würde, dass Leben in dem hier und jetzt vorzufinden wäre.
Dring.... Dring.... Dring....
Jasson, ein lebhafter neugieriger Reisender, hat diese Nacht in einem kleinen Dorf mit dem Namen „Dark Moon“ halt gemacht, um in dem dortigen Hotel zu übernachten.
Dring.... Dring.... Dring....
Seit über 30 Minuten, ohne eine Sekunde Unterbrechung, dringt immer wieder das selbe monotone Geräusch an seine schmerzenden Ohren. Als würde das Klingeln immer lauter werden, brennt sich der Ton immer tiefer in seinen Kopf.
DRING.... DRING.... DRING....
„Schon 45 Minuten“, denkt Jasson vollkommen entnervt. Keine Sekunde der Ruhe wird ihm geschenkt und letztendlich hält er es einfach nicht mehr aus und durchquert die allmächtige Dunkelheit seines Zimmers um zu der Tür zu gelangen.
DRRRING.... DRRRING.... DRRRING....
Langsam öffnet er die ächzende Tür und riskiert einen Blick in den Korridor. Doch was er dort sieht, gefällt ihm ganz und gar nicht:
Vor ihm tut sich ein schier ewig enger Gang auf, der weder Fenster noch irgendwelche Verzierungen besitzt und am Ende steht ein kleiner Tisch, auf dem ein altmodisches Telefon steht. Ganz eindeutig kommt das Klingeln von diesem Telefon. Nirgends kann Jasson irgendein Leben entdecken und ihm fällt auf, das außer seiner Tür keine weitere in dem Korridor ist.
Ein ohrenbetäubendes Klopfen läßt ihn nervös aufschrecken und kann sich höchstens ein paar Zentimeter von seinem Kopf entfernt befinden. Schnell dreht er seinen Kopf zur Seite, um zu sehen wer an seine Tür geschlagen hat. Doch er kann niemand sehen, da direkt hinter seiner Tür ein riesiger Spiegel steht, der verzehrte Bilder reflektiert.
In diesem immensen Gebilde kann er das Telefon sehen und er registriert auch, dass ein kleines Mädchen direkt daneben steht und ihn mit durchdringenden Blick ansieht. Erst jetzt bemerkt er, dass die Lichter des Korridors nur ab und zu aufflackern und so nur spärlich Licht spenden.
Völlig ängstlich sieht Jasson in den Spiegel und mustert das kleine Mädchen von oben nach unten: Sie ist kreidebleich, hat altmodische Kleider an und betrachtet Jasson, als wäre sie der Tod und wolle ihn holen. Keine andere Bewegung vollführt das stumme Kind.
Rasch dreht er seinen Kopf herum, um das Mädchen direkt sehen zu können, doch das Mädchen ist verschwunden und Jasson bemerkt wieder das Klingeln.
„War es gerade verschwunden oder war ich nur zu sehr abgelenkt?“, schießt es ihm sofort durch den überreizten Kopf.
DRRRRING.... DRRRRING.... DRRRRING....
Langsam und völlig verängstigt geht er auf den kleinen Tisch zu, um den Hörer von der Gabel zu nehmen und endlich beruhigende Ruhe zu bekommen.
Wieder ertönt dieses lärmende Klopfen, das ihn wiederum aufschrecken läßt. Er reißt seinen Kopf herum um zu sehen wer das war, aber er kann nur einen langen Gang sehen, der in einer Kurve endet. Der Spiegel und seine Tür waren verschwunden und lassen ihm somit keinen Rückweg frei.
Am Telefon angekommen, zögert er zuerst kurz, bevor er den Hörer hochreißt...

DRING... DRING...DRING...
...Doch das Klingeln ist nicht verstummt. Ein durchdringender Ton als zuvor drängt sich von links an sein Ohr. Dort sieht er eine alte, morsche Tür, die einen kleinen Spalt offen steht und aus der nur Dunkelheit dringt.
Durch einen Blick in den Korridor, bemerkt er, dass der Gang zu verschwinden scheint und die Wand sich direkt auf ihn zu bewegt.
Schnell springt er in den Raum hinein, um der drohenden Gefahr zu entkommen.
In die Finsternis eingedrungen versucht er dort etwas zu erkennen. Zwischen der Dunkelheit sieht er einen Tisch auf dem ein Telefon steht und einen kleinen Sessel, auf dem ein korpulenter Mann sitzt, der genau auf des Telefon starrt. Das Klingeln bricht nicht ab.
DRING...DRING... DRING...
Langsam, ganz langsam dreht dieser Mann seinen Kopf zu Jasson herum und starrt ihm direkt in die Augen. Diesem zieht sich ein kalter Schauer über den Rücken, doch weder der Mann noch das Telefon ändern ihren Zustand. Ohne einmal zu blinzeln starrt der Mann Jasson an und bewegt seine Lippen, wobei aber nur Dampf in der kalten Luft entsteht. Immer stärker wird das unaufhörliche Klingeln des Telefons.
DRRRRRIIIING... DRRRRRIIIING... DRRRRRIIIING...
Nur spärlich kann er den ganzen Raum überblicken und ihm kommt es so vor, als würde sich dieser gerade ausdehnen. In einer abgelegenen Ecke kann er das kleine Mädchen wieder sehen, das ihn mit leeren Augenhöhlen und blutverschmierten Gesicht ansieht und ein Messer in der Hand hält, das es sich immer wieder in den Leib rammt, worauf sofort Flüsse von Blut aus den Wunden dringen. Immer weiter klingelt das Telefon.
Und auf einmal geschieht alles ganz schnell. Rote Flüssigkeiten fließen auf den Wänden von unten nach oben. Das Klingeln des Telefons intensiviert sich auf ein vielfaches. Der Mann bewegt völlig unkontrolliert seinen Kopf hin und her und ein völlig schrill klingender, unaufhörlicher Schrei dringt von dem Mädchen zu ihm. Dieses schneidet mit dem Messer sich das Herz und die Eingeweide aus dem Körper und starrt ihn unentwegt an, wobei es mit aufgerissenen Mund schreit.
Alles versinkt in völlige Dunkelheit, als die Tür den Raum verschließt und somit das menschenleere Hotel in Schweigen versetzt...

...Jasson weckt absolut verängstigt in alles überdeckender Dunkelheit und Stille auf und reibt sich mit der einen Hand das Gesicht und mit der anderen schaltet er das Licht an. Als er aufblickt sieht er das Mädchen, was seine blutigen Organe und ein Messer in den Händen hält. Riesige Wunden überziehen ihren Körper und tränken ihre Kleider mit Blut. Mit einem lauten Klirren zerspringt die Glühbirne und hüllt den Raum in Dunkelheit. Das letzte was er spürt ist ein stechender Schmerz in seinem Bauch...

...Erschrocken fährt Jasson hoch und schaltet sofort das Licht an und schaut sich in dem Raum um und kann Gott sei Dank niemanden sehen. Entspannt lehnt er sich zurück.
Gerade als er die Augen schließen will, bemerkt er die Person, die neben ihm liegt und die ihn mit weit aufgerissenen Augen durchdringend anstarrt. Die Dunkelheit seiner Bettdecke läßt diese Bild verschwinden. Ein stechender Schmerz entsteht in seiner Brust...

...Ängstlich erweckt Jasson und schaltet das Licht an. Er überprüft den ganzen Raum und kann niemanden sehen. Allmählich legt sich seine Anspannung und er legt sich wieder auf sein Kissen. Naß und feucht fühlt es sich an, als er seine Hände auf seinen Bauch legt. Er streift die Bettdecke ab und erblickt riesige Wunden, die seinen Körper im Bauch und in der Brust zieren. Sein Herz und seine anderen Organe liegen blutend neben ihm...

...Geschockt schaltet Jasson das Licht an und untersucht sich und das ganze Zimmer, doch er kann nicht Ungewöhnliches entdecken. Plötzlich dringt von überall das Geräusch eines Telefons an sein Ohr. Zu tote erschrocken schließt er seine Augen...

...Als er sie wieder öffnet starrt er in ein Augenpaar, das total verrückt aussieht, und neben dem eine Klinge aufblitzt. Plötzlich fährt das Messer herab...

...Ein schwaches Licht erblickend, erwacht Jasson und sitzt direkt gegenüber eines Mannes, der unentwegt auf ein Telefon starrt. Ohrenbetäubendes Klingeln zerreißt seine Ohren. Als die Tür des Raumes zufällt und alles in Dunkelheit hüllt, wird es Jasson klar, dass er aus diesem Alptraum nicht wieder erwachen wird. Ein stechender Schmerz in seinem Bauch bestätigt seine Vermutung......

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (David Polster).
Der Beitrag wurde von David Polster auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.04.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  David Polster als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Ein Tiger schleicht durchs Puppenhaus von Florian Seidel



Rapunzel in Puppengesprächen, Adoptivkinder auf Zeitreisen, Fragebögen, Bekundungen am Bauch der Sonne. Rätsel und Anspielungen, die uns, an Hand scheinbar vertrauter Muster, in die Irre führen. Florian Seidel hält seine Gedichte in der Balance zwischen Verschweigen und Benennen, zwischen Bekanntem und Unbekanntem. Jeden Augenblick könnte alles aus dem Gleichgewicht geraten, uns mitreißen, uns enden lassen in einem Augenblick der Verwirrung. Die in dem Gedichtband „Ein Tiger schleicht durchs Puppenhaus“ versammelten Texte schildern Suchbewegungen. Glückspiraten, Tiger, Jäger und andere Unbehauste in jenen Momenten, da die Realität Schlupflöcher bekommt und wir uns selbst im Spiegel sehen. Ein ungewöhnlich großes Sprachgefühl und vor allem die Bildhaftigkeit machen die Qualität dieser Lyrik aus.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Horror" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von David Polster

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Wahre Liebe von David Polster (Romantisches)
Angst von Ladre Rasa (Horror)
Der Kirschbaum von Miriam Bashabsheh (Liebesgeschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen