Silvana Hoffmann

Der arme Tagelöhner und das Bauernmädchen

Es war einmal ein armer Tagelöhner, der sich seine kalten Abende damit vertrieb von
schönen Prinzessinnen zu träumen.
Das machte ihn immer recht schwermütig und deshalb kaufte er sich eines schönen
Tages einen Zauberspiegel mit dem er auf wundersame Weise mit Menschen in aller Welt
sprechen konnte, ohne sie je zu sehen.

Er sprach so mit vielen Menschen und viele davon waren schlecht und dumm. Er lernte
viel durch seinen Spiegel, aber es ward ihm auch übel mitgespielt worden.

Eines wundersamen Tages nun sprach er mit einem Fräulein, das ihm gar recht gefiel.
Seine Träumereien drehten sich nun immer mehr um sie und er vergaß die schönen
Prinzessinnen alsbald.

Eines Tages nahm er sich ein Herz und gestand ihr seine Zuneigung. Sie antwortete,
dass sie dieser Gefühle nicht wert sei, da sie doch bloß ein dummes Bauernmädchen
wäre und so hässlich wie die Nacht sei.
“So sei es denn“, sagte sich der Tagelöhner, “so wird sie mich auch lieb haben können,
denn wir sind vom selben Holz“.
Also bat er sie, sich doch einmal mit ihm zu treffen.
Sie tat erst schicklich und wollte sich nicht mit ihm einlassen, aber auf sein Drängen hin
gab sie schließlich nach und sie trafen sich.

Doch wehe, als er sie sah, was musste er entdecken! Sie war gar nicht hässlich wie die
Nacht, sondern die Prinzessin von der er früher stets geträumt hatte!
Als wäre sie aus seinen Träumen zu ihm hinabgestiegen stand sie strahlend vor ihm.
Erschrocken rief er aus: “Meine Königin, wie kann ich armer Tagelöhner es wagen, mich
euch zu nähern!“. Doch sie antwortete: “Mein Prinz, ein Leben lang habe ich von euch
geträumt!“.
Und das machte ihn sehr merkwürdig.
Er fragte sie, wie sie darauf komme, sie sei hässlich wie die Nacht, wo sie doch heller
strahle als die Sonne, so dass er den Blick von ihr abwenden müsse, um nicht zu
erblinden.
“Was redet Ihr da!“ rief sie aus. Sie blickte in ihren Spiegel und sprach: “Siehst du nicht
all die Warzen in meinem Gesicht?“
Doch da waren keine, so sehr er sich auch bemühte sie zu sehn. Sie sprach jedoch weiter. “Was wollt ihr mit einer hässlichen Magd wie mir anfangen?“
und er war sprachlos vor Staunen.

Doch da offenbarte sich ihm die schreckliche Wahrheit.
Sie beide benutzten dieselben magischen Spiegel und diese Spiegel waren zwar nützlich,
um fremde Orte zu besuchen, aber sie waren böse und verhöhnten ihre Besitzer. So benutzte er ihre Augen stattdessen als Spiegel und sah sich selbst als einen edlen
Prinzen und sie sah sich im Spiegelbild seiner Augen als wunderschöne Prinzessin.

So kam es, dass sie sich von diesem Tage an sehr oft in die Augen blickten


... und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie jetzt glücklich und zufrieden auf der
Welt oder....

wohin sie der Wind gerade weht.

Es wurde mal Zeit für ein Märchen, ein modernes, für Erwachsene. Ich hoffe, dass mal es mit einem Schmunzeln liest.Silvana Hoffmann, Anmerkung zur Geschichte

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Silvana Hoffmann).
Der Beitrag wurde von Silvana Hoffmann auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.05.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Silvana Hoffmann als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Die Hosentaschenfrau: Historisch-biografischer Roman von Helga Eberle



Das kleine Mädchen Katie klettert die drei Stockwerke hoch und schaut erstaunt zu dem großen Küchenfenster hoch. Ihre Mutter schilt sie: Du rennst mir immer weg, man sollte dich anbinden!
Mutter und Kind haben ein gespanntes Verhältnis. Das Mädchen wehrt sich schon früh und will so oft wie möglich weg von daheim. In den Schulferien hat es bei Onkel und Tante Freiheiten, die es zu Hause vermisst. [...]

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (3)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Märchen" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Silvana Hoffmann

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Es war einmal ..... von Silvana Hoffmann (Absurd)
Der Hutmacher von Dieter Fetzer (Märchen)
Mörderisch makellos von Claudia Savelsberg (Leidenschaft)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen