Désirée Schellenberg

Ich weiss es nicht

Langsam versinkt die Sonne am Horizont, ein Tag wie jeder andere neigt sich seinem Ende zu. Dunkle Wolken ziehen herauf und kündigen die Nacht an. Zart und sachte lässt der Mond sein Licht durch die Wolken scheinen. Ein jun-ger Baum streckt seine noch jungen Äste in den Himmel als versuche er nach den Sternen zu greifen. Die Schatten werden länger, die Abendluft kühler. Einsam geht ein junges Mädchen auf einem verschlungenen Weg der von der Stadt weg, auf einen kleinen Hügel führt. Sie geht langsam und ohne Eile sie hat Zeit. Zeit? Zeit wozu? Was bedeutet Zeit-Haben? Nichts tun müssen?
Aber tut man nicht immer etwas?
Oben auf dem Hügel angekommen, setzt sie sich in das bereits etwas feucht Gras. Sie zieht ihre Knie an und schlingt schützend ihre Arme darum. Ihr Blick ruht liebevoll und doch wehmütig auf der Stadt. Ganz sachte und beinahe unbemerkt bahnt sich eine kleine Träne den Weg über ihre Wange und fällt geräuschlos auf die Erde. ’’Zuhause, geliebtes Zuhause’’ flüstert sie leise. Die Worte werden vom sanften Wind fortgetragen. Immer mehr Tränen rollen ihr über die Wangen. Ach wie gerne würde sie hier bleiben, anstatt fortzugehen. Aber sie weiß, dass ihr nichts bleibt außer dem Wunsch einmal zurück zu keh-ren. Traurig schüttelt sie den Kopf. Es gibt Nichts, das bleibt, Nichts, das der E-wigkeit standhalten könnte. Nichts? Gibt es Nichts, das anhält bis in Ewigkeit?
Hat dann das Leben noch einen Sinn, wenn doch nichts bleibt?
Wofür lebt sie denn? Nur um einmal zu sterben? Nur um all dieses Leiden zu sehen und ein paar sorgenfreie Momente zu erleben?
Von tiefer Traurigkeit übermannt steht sie auf und folgt dem Weg. Sie weiß nicht, wohin er führt ebenso wenig wie sie weiß, wohin ihr Lebensweg sie füh-ren wird. Was weiß sie eigentlich? Maela, Maela heißt sie und Maela heißt Kind des Lichts. Aber wer oder was ist Licht. Die Sonne? Nein, das kann nicht sein. Kind des Lichts? Wessen Kind ist sie?
Plötzlich macht Maela einen unbedachten Schritt und tritt ins Leere. Sie stürzt in die Tiefe. Da, ein Ast, sie klammert sich mit aller Kraft daran fest. Bedrohlich beginnt der Ast sich unter ihrem Gewicht zu biegen. Wie lange würde er wohl halten? Maela spürt keine Angst. Wenn sie abstürzt so würde das höchstens ein Ende ihrer Unwissenheit bedeuten oder etwa nicht? Ist es möglich, dass es eine Antwort gibt auf all diese Dinge die sie nicht zu verstehen vermag?
Sie weiß es nicht. ’’Maela ich kenne die Antwort.’’ Maela schaut auf, aber da ist niemand. ’’Wer bist du? , Wenn du die Antwort weißt, dann sag sie mir!’’
’’ Ich bin die Antwort Maela!’’ ’’ Aber wenn du die Antwort bist, dann gib mir doch Antwort auf alle meine Fragen denn dann musst du sie wissen, dann stille doch meinen Durst nach diesem Wissen.’’ ’’ Liebe Maela das einzige, dass du wissen musst ist, dass ich dich liebe!!!’’ ’’Du liebst mich? Du kennst mich ja gar nicht.’’ ’’ Liebe Maela ich kenne dich seit jeher, ich weiß was du denkst und fühlst.’’ ’’Dann sag mir, wer du bist’’ ’’ weißt du es nicht?’’
In diesem Moment bricht der Ast und Maela stürzt in die Tiefe. ’’GOOOOOOOOOOTT’’ schreit sie. ’’ Ich bin es mein Kind ’’ ’’ Vater ich bin dein Kind!’’ Hart schlägt sie auf. So hart, dass es ihr beinahe den Atem ver-schlägt. Eine lange Nacht liegt sie da und starrt in die Dunkelheit. Nun wird sie ihr Zuhause wohl doch nie wieder.
Langsam sieht sie, wie die Sonne am Horizont aufgeht. Der Mond zieht sich zurück und auch die Sterne sind müde vom Fangen spielen mit den Ästen junger Bäume. Die Luft wird wieder wärmer, die Schatten werden kürzer. Maela wirft einen letzten langen Blick an den wolkenlosen Himmel, dann schließt sie die Augen.

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