Werner Gschwandtner

Formel 1 + 1 = M.

„Nun Herr Lauter, zu meinem Bedauern muss ich Sie darüber in Kenntnis setzten, dass Ihr Verdacht gerechtfertigt war.“ Der breitschultrige Mann, Paul Lauter, Generaldirektor der Generali AG, atmete tief durch.

„Sie betrügt mich also?“
„Zu meinen Leidwesen – Ja.“

Lauter, bereits im hohem Alter, in drei Tagen würde er seinen 55. Geburtstag feiern, ballte die Fäuste zusammen.

„Wer ist es?“
Privatdetektiv Lester Fredrickson schob den gebrochenen Mann einige Fotographien zu und als Abschluss einen dokumentarischen Bericht.
„Sein Name ist Christoph Baum, er arbeitet in einem Piercing Studio in der nähe der U6 Station Floridsdorf.“
Lauter nahm die Fotos und den Bericht an sich, händigte dem Detektiv die vereinbarten 800 Euro aus und verließ ohne ein weiteres Wort das kleine Detektivbüro auf der Mariahilferstrasse. Paul Lauter schritt wie in Trance die belebte Einkaufstrasse hinauf, er stieß Passanten unbeabsichtigt an, aber bemerkte dieses nicht einmal. Der wütende Mopp schimpfte hinter Lauter drein.
Wie unter fremdem Einfluss stieg er in die U-Bahn und nahm Platz, während der Fahrt las der private Sportschütze noch einmal den Bericht des Detektivs. Dann, als er sich die gut gelungenen Bilder des Nebenbuhlers anschaute, erinnerte er sich an die Hochzeit mit der jungen Margot Reuter.
„Willst Du, Paul Lauter, die neben Dir stehende Margot Reuter zu deinem Weibe nehmen?“
„Ja, ich will.“ murmelte Lauter geistesabwesend in der U-Bahn, zwei Jahre war es her. Und heute hatte sich das erfüllt, was Freunde und Bekannte ihm immer angedroht hatten. Seine Frau hatte ein Verhältnis.
„Du kannst alles von mir haben, Geld, Schmuck. Jeder deiner Wünsche wird dir erfüllt, ich weiß, dass eine Frau mit zwanzig Jahren ungeheure Bedürfnisse hat, aber ich verlange deine Treue, deine absolute Treue zu mir.“
Diese Worte hatte Lauter zu seiner frischgebackenen Ehefrau in der Hochzeitsnacht gesprochen, sie hatte darauf hin ihre ewige Liebe und Treue geschworen. Alles nur ein Witz.

Wie ferngesteuert verließ der seelisch gebrochene Mann die U6. Die wenigen Schritte, die zu dem Piercing Studio führten, kamen Lauter wie eine halbe Ewigkeit vor. Dann endlich war er da, hastig öffnete er die Türe, ein dicklicher Mann lag auf einem Ruhebett, soeben durchstach ein anderer das linke Ohrläppchen. Dieser blickte kurz auf und sagte nur.
„Wenn Sie einen Augenblick Geduld haben, ich bin hier gleich fertig.“
„Christoph Baum?“ war die Gegenfrage Herrn Lauters, der junge Mann nickte.
„So heiße ich, bitte einen Moment.“
Mehr konnte der Mann in seinem Leben nicht mehr sagen, Lauter zog die Hand aus seinem Mantel und der Revolver bellte zweimal auf. Die Kugeln trafen, Christopf Baum starb sofort. Ohne ein weiteres Wort zu sagen drehte sich Herr Lauter um und verließ das Studio. Auf der Strasse holte er einmal kurz tief Luft, jede Handlung lag weit außerhalb seiner körperlichen Kontrolle.
„So, das war Nummer eins, jetzt kommt meine liebe Frau dran.“

Herr Lauter hatte leider danach kein Glück mehr. Als er das große Haus auf der Belvariastrasse betrat, erwartete ihn bereits die Polizei. Frau Lauter saß zitternd auf der Couch im Wohnzimmer und nippte an einem Glas Cognac.
„Herr Paul Lauter?“
Ein Polizist versuchte den um viele Jahre älteren Mann zur Besinnung zu bringen, doch der Generaldirektor reagierte nicht.
„Herr Lauter, Ihre Frau fürchtet sich, sie erzählte uns, dass Sie sie bedroht haben. Sie würden sie töten, wenn Sie jemals hinter einen Seitensprung kämen. Ist das korrekt?“
Paul Lauter nickte schweigend, seine Hand rutschte aus dem Mantel, der Revolver viel zu Boden. Der gebrochene Mann bemerkte dies nicht einmal, einer der Polizisten stellte die Waffe sicher.
„Geben Sie zu, dass Sie Herrn Christopf Baum kaltblütig erschossen haben?“
Wieder nickte Lauter.
Der Polizist sah das gegrämte Gesicht des Täters, Paul Lauter war kein knallharter Killer, er war ein Opfer seiner Eitelkeit. Wie so viele Männer, die sich eine so junge Frau hielten, war Paul Lauter ebenfalls nur ein hilfloses Opfer der Weiblichkeit.
„Er ist wie in Trance, ich weiß nicht einmal, ob ihm die Tragweite seiner Handlung wirklich bewusst ist.“
Der Polizist gab zwei seiner Kollegen einen Wink, diese nahmen Paul Lauter in Gewahrsam.
„Bringt ihn aufs Revier und lasst einen Arzt kommen, er soll sich die Verfassung des Mannes einmal genauer anschauen.“
Die beiden nickten, legten Paul Lauter Handschellen an und führten den immer noch schweigenden Mann ab, während dieser Aktion wurden dem Generaldirektor seine Rechte verlesen.

„Frau Lauter, ich verstehe nur nicht, wieso Sie, wenn Sie wussten, dass Ihr Mann so hart in diesen Dingen ist, dennoch einen Seitensprung wagten?“
„Es tut mir ja auch leid, ich wollte es eigentlich nicht.“ unter Tränen gestand Margot Lauter dies ein. „Es war mehr ein Versehen, es ist einfach über mich gekommen.“
Der Polizist nickte, bei diesem Altersunterschied war so etwas schon durchaus drinnen. Nachdem er sich verabschiedet hatte, blieb die junge Frau alleine zurück. Als sich die Türe hinter den Beamten schloss, zog ein Lachen über die Gesichtszüge der Frau. Sie sah jetzt wie eine satte Katze aus, die den Milcheimer leer geschleckt hatte.

Eine Stunde später, es klopfte an der Tür. Margot Lauter, nun im hauchdünnen Nachthemd, darunter nichts, öffnete freudestrahlend und fiel dem Besucher, einem kräftigen Mann, um den Hals.
„Komm rein Thomas, unser Plan ist aufgegangen.“
Der Mann packte die Frau an der Hüfte, drückte sie fest an sich und küsste sie leidenschaftlich.
„Er hat es wirklich gemacht?“
Hand in Hand gingen sie in das Haus, die Tür fiel zu.
„Ja, er hat Christopf einfach weggeblasen. Dafür geht er in den Knast und ich habe all sein Geld.“
„Na, na“, berichtigte der Mann, „wir haben sein Geld, nicht wahr Baby?“ diese Frage kam mit kalter Betonung und hartem Nachdruck.
„Du sagst es. Der Plan, einen anderen als Nebenbuhler anzuführen, war ein Glanzstück von dir.“
Thomas Baum brüstete sich.
„Mein Bruder war schon immer ein kleiner Vollidiot. Er schöpfte keinen Verdacht. Es störte mich nur, dass du einen Monat lang mit ihm in die Kiste hüpfen musstest.“
„Na, stell sich nicht so an.“ Erwiderte die junge Frau. „Wer ernten will, der muss auch säen.“
Wieder fielen sich die beiden in die Arme. Der Kuss der nun folgte, vereinte die beiden Intriganten. Hier zählte nur das Geld, Christopf Baum war nur das Mittel zum Zweck gewesen und Paul Lauter ein Opfer seiner Ehe.

 

 

Formel 1 + 1 = M.

© Werner Gschwandtner

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.02.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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