Stefan Tietze

Selfness - Voll im Trend

Sicher gibt es kaum jemanden, an dem die unzähligen Jahre menschlicher Zivilisation spurlos vorübergegangen sind, aber trotzdem kennt doch jeder die Typen, die ihrer Zeit immer ein bisschen voraus sind, den Ton angeben, die Mode bestimmen und so richtig “IN“ sind. Und wer will da schon hinterherhinken?

Nun hab ich schon so einiges in dieser Richtung erlebt und gelesen, aber was mir da neulich als Schlagzeile ins Gesicht sprang, war der absolute Hammer! “Selfness löst Wellness ab!“

Es ist noch gar nicht so lange her, da herrschte das große Fitness-Fieber. Ich selbst kann die Stunden gar nicht mehr zählen, die ich mich im “Kraftraum“ abgequält habe. Nicht nur meine Arme erreichten gigantische Ausmaße und passten in kein Oberhemd mehr hinein, sondern ich bekam auch so einen richtig bulligen Unterkiefer, dass man mich andauernd fragte, wie ich mit den Schwarzeneggers verwandt sei. Fitness-Studios schossen überall wie Pilze aus dem Boden und die Hersteller von Eiweiß-Präparaten machten ein Bombengeschäft. Leider wurde das aber alles über die Zeit dann doch etwas anstrengend, und viele Leute merkten bei Zeiten, dass es nicht unbedingt so wichtig ist fit zu sein, solange man sich in seiner Haut wohlfühlt.

So drehte sich in der Wohlfühlgesellschaft bald alles nur noch um Wellness. Nach einer Studie der Wirtschaftsforscher von “Global Insight“ hat die Wellness-Branche 2003 einen Umsatz von 65 Milliarden Euro gemacht. (Der Spiegel 8. Juni 2004) Auch ich gehe immer noch ganz gern in die Sauna, denn dort verschwinden auf wundersame Weise all die ekelhaften Pickel, die ich mir durch die Einnahme der ganzen Fitness-Drinks zugezogen habe. Doch anscheinend ist nun in Kürze auch in vielen Wellness-Tempeln der Ofen aus, denn wenn der Selfness-Trend sich erst einmal so richtig durchsetzt, dann ist nicht mehr der Bademeister, sondern der Life-Coach gefragt. Für Selbstanalyse, Selbstfindung, Selbstveränderung und Selbstverwirklichung braucht man außerdem auch etwas Abgeschiedenheit und Stille.

Wer sich wirklich ganz gründlich auf den inneren Trip zum eigenen Ego begibt, der kann tatsächlich das gleiche erfahren, was die Jünger Jesu zu Pfingsten erlebt haben. Diese waren plötzlich sehr betroffen, denn ihnen wurden ihre eigenen Unzulänglichkeiten und Sünden bewusst. Sie erkannten plötzlich, dass sie alle auf der gleichen Bank saßen und keiner von ihnen etwas vorzuweisen hatte, worauf er sich etwas hätte einbilden können. Aus diesem Erlebnis der Einheit und Verbundenheit in ihrem Versagen heraus entstand die erste Gemeinde, in der nicht nur Freude und Leiden miteinander geteilt wurden, sondern auch der materielle Besitz und finanzielles Vermögen.

Deshalb will ich schon jetzt ganz kühn verkünden:

Nach Selfness kommt Togetherness!

Irgendwelche Zweifel? Dann schreibt an contact@bruderhof.com

http://www.derbruderhof.de

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.07.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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