Laura Diana Schmidt

Die Rache des Ich´s

Es ist Nacht. Tiefste Nacht. Wie Kanonenkugeln prallen die Regentropfen an das von Staup und Dreck übersäte Fenster. Wie kleine Schlangen bahnen sich, die immer länger werdenden Tropfen, aus klarem Wasser, ihren Weg. Sie scheinen von der beißenden Kälte dieses Winters fliehen zu wollen. Verzweifelt rücken sie Zentimeter um Zentimeter vor, erst schnell, dann langsamer. Bis sie dann...,still stehend, zu Eis erstarren.
Mit Augen, so kalt wie ein Winter in Sibirien, starre ich auf dieses langweilig und dennoch frausame Schauspiel. Bewegungsunfähig sitze ich auf einem Stuhl, die Lehne ist hart und zeigt spuhren der Jahre. An einigen Stellen ist das Holz Morsch und abgebrochen. Um mich herum ist vollkommene Dunkelheit und Stille. Lediglich das Hupen mancher Autos von draußen dringt gedämpft an mein Ohr. Tief in Gedanken versunken lasse ich den Eindruck erwecken in einer Art Trancezustant zu sein, doch meine Sinne sind geschärft. In meinem Innern weiß ich, dass jede Sekunde der Unachtsamkeit tösdlich sein kann. Es ist wie eine unbegründete Angst.
Seid Monaten habe ich nun schon diesen schrecklichen immer wiederkehrenden Traum. Obwohl man es eher einen Alptraum nennen könnte:...Ich werde von einem Wesen gejagt. Immer wieder versuche ich zu erkenne, was es ist, doch ich sehe nichts.Obwohl ich nichts sehe, nichts höre werde ich dennoch von einer erstickenden Angst geplagt. Es ist, als riefe eine Stimme in meinem Kopf, dass ich unbedingt weglaufen müsste. Das ich, wenn ich stehenbleiben würde, auf ewig verloren wäre. Doch ewig kann ich das nicht durchhalten. Schon jetzt bekomme ich kaum noch Luft. Meine Beine scheinen zum Boden hingezogen zu werden....-
Voller Angst zucke ich zusammen. Der Stuhl auf dem ich eben noch gesessen hatte gab einen knacks von sich und fiel in sich zusammen. Oh nein! Habe ich etwa geschlafen? Mit verwirrtem Blick suche ich den Raum ab. Hat sich vieleicht twas herangeschlichen?
Nach einigen Minuten des blinden "in die Gegent schauens", taste ich mich an den Wänden entlang in eine Ecke. Trotz der eisigen Kälte, die in diesem Raum herscht fühle ich mich, als hätte ich Fiber. Kalter Schweiß rinnt mir vom Haaransatz meine Wange hinab in den Mund und ein salziger Geschmack breitet sich auf meiner trockenden Zunge aus. Mein Puls rast so schnell, dass ich fürchte, gleich einen Herzanfall zu bekommen. Wieso habe ich nur solche Angst? Ich will mich gerade an die Wand lehnen, als mich ein Schauer überkam. Mit einem schrillen Schrei springe ich von der Wand weg. Was war das? Irgent etwas eiskaltes feuchtes hatte meine Bluse getränkt. Aus irgent einem Grund musste ich einfach wissen, was das war. Mit wachsamen Augen schaute ich zu der stelle, an der ich diese feuchte, eiskalte Substanz vermutete. Ein Lichtstrahl kaum mehr als ein Schimmer, fiel von einem der großen Gebäude auf die Wand. Meine Hand, die ich gerade zitternd ausgestreckt hatte, hielt schlagartig inne. Das was da an der vermoderten Wand klebte war Blut. Es bedekte fast die komplette Wand. Meine Gedanken rasten. Voller Angst und Eckel lief ich in die Dunkelheit. Mein verstant schien nur noch zu einem fähig zu sein: Laufen!In wirrer, fast wahnsinniger Eile rannte ich durch den Raum. Umrisse von dem Raum und den Gegenständen in ihm waren kaum zu erkennen. Da alle Fenster mit Brettern versiegelt waren, drang auch kein Mondlicht in dieses Gemäuer. Nur ab und an gelang es einem winzigem Lichtstrahl durch ein paar Löcher und Rillen zu dringen, welche die Jahre hinterlassen hatten. Ich hatte gerade nicht richtig auf den Weg geschaut, als ich plötzlich über irgent etwas stolperte und auf den Boden fiel. Ich musste husten, als ich eine Wolke aus Staup, der schon jahrzehnte hier liegen musste, einatmete. Als ich gerade wieder etwas zur Luft kam und aufstehen wollte, packte mich etwas am Kopf. Meine Nackenhaare stellten sich auf und meine Schreie blieben Stumm. Ein Moment totaler Beqwegungsunfähigkeit.
Ich weiß nicht wieviel Zeit vergangen ist, doch auf einmal erfüllte meine Ohren eine markerschütternde Melodie. Der Gesagt schien wie aus einer anderen Welt zu kommen. Es hörte sich so an,. als würden viele Personen gleichzeitig dieses Lied zu singen. Es waren leise, von Trauer, Hass, Verzweiflung und von purer Bösartigkeit erfüllte Töne.
Obwohl ich die Absicht hatte alles zu tun zum wegzulaufen war es, als währe jegliche Kraft aus meinem Körper gewichen. Die melodie schien meine Sinne zu benehbeln. alles war, als sähe ich es durch einen Vorhang weißen Stoffes. Selbst der Schmerz der von diesem eiskalten Griff ausging, der meine Schädeldecke zu zerquetschen drohte, war, als käme er verzögert. Als ich die Hoffnung gerade aufgegeben hatte, ließ mich dieses Wesen los. Das einzige, was ich noch hören konnte, als ich schon fast den Raum verlassen hatte war eine völlig gleichgültige Stimme die rief:"Lauf"
Ich rannte, so schnell es meinem Körper möglich war", durch die dunklen Gänge. Ab und an stieß ich mich an irgent einem Gegenstant, doch das war egal. Ich musste es einfach nur schaffen, dieses Gebäude zu verlassen. Mit jedem Schritt den ich nahm, hörte ich die Melodie. Es war, als würde es jedes andere Geräusch übertönen. Doch ich wollte nicht aufgeben. Ich rannte und rannte, doch die Gänge schienen kein Ende nehmen zu wollen.Ich schaute nach hinten....schwarze Schatten verfolgen mich, unnachgibig.Ich bog um eine Ecke in einen anderen Gang. Am anderen Ende sah ich Lichter. Waren das etwa Kerzen? Meine Augen richteten sich nur noch auf das spärliche Licht. Es schien eine unirdische Wärme auszustrahlen. Mit immer größer werdenen Schritten eilte ich den Gang entlang. Nach Stunden so schien es mir war ich in dem Raum. Es war ein sehr hoher Raum. Die Decke war mit einer Art mittelalterlichem Deckenfresco bemalt. Niergens ware Fenster zu sehen. Nur ein winziges hoch oben unter der Decke war zu erkennen. An den Seiten waren alte Wandbänke aus vermodertem Holz angebracht. der Boden war aus weißem Mamor gemacht. In der Mitte war mit schwarzem Stein eine Art Wappen dargestellt. Wie gerne hätte ich mich noch etwas in in diesem Raum aufgehalten, der so viel freundlicher als der rest wirkte.Doch es ging nicht. Ich wollte gerade weiter laufen, als die Kerzen ausgingen. Alles war wieder in volkommener Dunkelheit getaucht. Nicht einmal das kleine Fenster hoch oben an der Decke konnte diese Finsternis durchbrechen.
Plötzlich prallte ich gegen eine Wand. gerade eben konnte ich mich noch auf den Beinen halten. Mit schnellen Bewegungen tastete ich die Wand ab. Hier muss es doch noch einen Durchgang geben!? Doch meine Hände konnten nur die kalten Wände spühren. In mir stieg Panik auf. Meine Pupillen wanderten zielos von der einen Seite zur anderen. Nichts. Als ich das Gesicht von der Wand wendete packte mich plötzlich wieder diese kalte Hand. Sie schnürrte mir förmlich den Hals zu. Nach Luft schnappend trampelte und wedelte ich herum. Doch sie blieb unerbittlich. Mit letzter Kraft würgte ich ein paar Wörte hinaus:" Lass mich...bitte los. Ich...ich bekomme keine Luft mehr!" Völlig überraschent ließ die Hand etwas lockerer. "Wer bist du?, fragte ich hustent. Ich kann dich nicht sehen!"
"Ist sehen denn so wichtig für dich?, kam mit der gleichen gleichgültigen Stimme zurück. Ich kann selbst im dunkeln sehen. Ich kann selbst sehen, wenn die Welt in Asche liegt und alles tot und finster ist. Sag! Warum musst du sehen?"
Mit verwirrter zittriger Stime sagte ich." Ich muss sehen, um Sicherheit zu spühren!"
"Sicherheit?, fragte das Wesen. Es gibt keine Sicherheit! Nur die, die sich der Mensch einbildet!"
"Das denkst du!,sagte ich. Wer bist du nun? Ich muss dich sehen!"
"Nun gut!, sagte das Wesen. Ich Zünde....eine Kerze an." Im gleichen Moment indem das Wesen sprach, ging plötzlich eine Kerze an. Voller Entsetzen starrte ich das Wesen an. "So...verspürst du nun...Sicherheit?", fragte es mich.

Minuten lang war ich nicht in der Lage etwas zu sagen. Der Schock...und vor allem das Grauen war zu stark. Dann endlich sagte ich:" Wie kann das sein? Wie kannst du...?...Ich meine...wer oder was bist du?" Ein Lächeln, von dessen Bedeutung ich keine Ahnung hatte umspielte das Gesicht meines Verfolgers. Dann sagte es mit kalter Stimme:" Warum stellst du mir diese frage? Du kennst die Antwort."
"Nein!, sagte ich. Das kann nicht sein!"
"Was kann denn nicht sein? Ich bin du und du bist Ich! Ich wurde von dir erschaffen. Vieleicht unbewusst, doch so ist es. Ich wurde aus all deinen Ängsten aus all deinem Hass, aus all deinem Zorn und aus all....deiner Bösartigkeit erschaffen. Man kann sagen...aus all deinen Gefühlen."
In die Gedanken meines Schreckens strömte ein Platschen. Es war ein gleichmäßiges in dem Raum hallendes Platschen von Wasser. Dann sagte ich schließlich:" Was bin denn dann...ich?"
" Du bist....bist das Nichts! All die Jahre deines Lebens wahren wir eins. Doch hast du es nie gemerkt? Immer war ich es, die lebte." Der Schock dieser Worte löste in mir solche Leere aus, dass ich nur noch geradeaus schaute. "Schau mich an!Schau mir in die Augen!", schrie das Wesen. Doch ich hörte es kaum. Alles schien von weiter ferne zu mir zu gelagen. Alls ich immer noch nicht das tat, was es von mir verlangte, packte es meinen Kopf und richtete meinen Blick in...meine Augen. Die Augen in die ich schaute, waren so voller Bösartigkeit und leere, dass ich anfing zu zittern und zu weinen. "Was hast du vor? Was willst du von mir", fragte ich weinend. Was ich will? Ich will das nichts. Ich will das unnütze nichts vernichten. Du wurdest nie gebraucht."
"Bitte! Bitte hör auf! Warum bist du nur so?", fragte ich verzweifelt.
"Weil du es so willtest", gab das wesenzurück. Die Verzweiflung war gerade so mächtig geworden, dass ich zu Boden rutschte. "Warum nur, wisperte ich. Warum bist du nur zurück gekommen?" Ich wollte gerade aufschauen , um eine letzte frage zu stellen, als ich schon einen entsetzlichen Schmerz spührte. Er breitete sich in jeder Faser meines Körpers aus. "Warum nur?", dachte ich. Und mei Kopf fiel auf meine Brust und meine Augen sahen es. Mein ganzer Körper war voller Blut. Es war überall um mich herum. Mein Hände waren bleich und taub. Lediglich das Blut zierte sie. Ein Spiegelsplitter lag auf dem Boden vor mir. Als ich hinnein schaute, sah ich wie an der Seite meines farblosen Mundes Blut feine Bahnen zog. wie die Schlangen aus Wasser am Fenster. Meine Augen hatten jeden Lebensglanz verloren. Sie waren glasig und tot. Alles verschwandt in nebeliger Dunkelheit. Alle meine Sinne warwen wie vernichtet. Das einzige, was ich hörte war die leise Melodie...die mich in den der Dunkelheit für immer begleiten sollte.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.08.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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