Franz Gruber

Der perfekte Tag

*ggggäääääähn* Ich richte mich auf. Die Katze schläft noch immer auf meinem Bauch und mauzt darüber, daß ich mich bewege. Mit großen Augenschaut sie mich an, und erhebt sich. Dabei fährt sie (wie könnte es anders sein) ihre Krallen aus, während sie sich durchbiegt. Ich verkneife mir ein Jaulen. Dankbar, daß sie meinen Bauch als Schlafplatz gewählt hat (und nicht niederere Regionen) ziehe ich an der Decke. Meine Freundin schläft noch und ich grabsche nach meiner Uhr. Perfekt. Es ist grade halb sieben. Langsam wuchte ich meine Beine aus dem Bett und begebe mich mal Richtung Toilette. Dabei gerät mir die noch ebenso verschlafene Katze zwischen die Beine, und in einem waghalsigen Manöver, versuche ich, möglichst nicht gegen den Türrahmen zu knallen. Doch als echter Tierfreund gilt mein Interesse erst mal der Katze. Ich hoffe, ich habe sie nicht allzu stark getreten, als ich nach meinem Gleichgewicht gesucht habe. Sie scheint in Ordnung zu sein. Langsam wird es dringend. Als ich mit verklärtem, glücklichem Gesicht die Toilette wieder verlasse läuft mir meine Freundin über den Weg. Mit den verschlafenen Worten "Hast du die Katze schon gefüttert" trappelt sie an mir vorbei - Richtung Küche. Noch bevor ich antworten kann, höre ich, wie sie die Kaffeemaschine in Betrieb nimmt. Ich nutze die Zeit und flüchte ins Bad und unter die Dusche. Während meine Freundin ihre Kontaktlinsen einwirft, murmelt sie irgend etwas, daß ich nicht verstehen (will... äh. kann). Die Zeit? - Es ist 6.50, als ich dem Bad entsteige und mich ins Gewand werfe. Schnell noch gekämmt (Zähne habe ich unter der Dusche geputzt) und die Katze gefüttert. 6.55 - Meine Uhr piept. Wir müssen los. Meine Freundin noch immer in Unterwäsche. Ich nehme mein Jacke und meinen Rucksack und begebe mich ins Stiegenhaus.

Meine Freundin hinterher. Schuhe. Zeit: 6.59 - Gut. Wir brauchen 7 Minuten zum Zug, und er fährt um 7.07 ab. Also los. Mit ziemlichen Tempobegeben wir uns Richtung Bahn.

Das Wetter verspricht einen schönen, herbstlichen Tag, und ich genieße während des gehens die Sonnenstrahlen, die noch nicht richtig durch die Wolkendecke dringen. Bis zu dem Moment, als ein Auto mit Vollgas an uns vorbeirast, und die wohl einzige Pfütze erwischt, welche sich in unserer Strasse befindet. Naja. Meine Hose ist ohnehin zerrissen. Also was macht da noch einwenig Dreck aus. Heute will ich nicht fluchen. Also verkneife ich mir ein "**biep ** Du ver*bieeep* Ar*biep*, blö*biep *bieep*au kannst Du mit Deiner *bieep* Kiste nicht langsamer fahren". Als wir Am Bahnsteigankommen fährt "OH WUNDER" der Zug wirklich pünktlich ein. Mit Erstaunen steigen wir ein. Bei der nächsten Station verweilt der Zug. Hätte mich ja gewundert, wenn es mal funktioniert hätte. Aber ich lasse mich heute nicht aus der Ruhe bringen. Am Zielbahnhof verabschiede ich mich von meiner Freundin, und begebe mich Richtung U-Bahn. Dabei rempelt mich jemand so an, daß ich schon aus einem Reflex herauseine blöde Meldung von mir geben will. Doch wie wir ja wissen, ist heute Frieden angesagt. Als ich den Typen ansehe, wird mir klar, daß ich schon gewonnen habe. Der war Mister Bodybuilding mit Glatze, Bomberjacke und Stahlkappenmartens. Ich gehe schneeeelll weiter und lächle über mich. Das hätte böse ausgehen können.

Bei der U-Bahn treffe ich eine Bekannte, die mir immer von ihren Maturaproblemen erzählt. Ich lächle sie an, und stelle die alles auslösende Frage: "Hi. Was gibt's neues?". Also, beginnt sie. Ich habe ein Problem, weil bei der Matura weiß ich noch nicht ,welchesFachichliebernehmensoll....blablablabla....MeinGehörsetztausundmeineGedankendriftenab.HeuteistdocheinherrlicherTag.ZweiStationenweitermußichraus.IchverabschiedemichvonihrundverlassedieU-Bahnstation.AufdemWegindiearbeitkommtmireinjungesPärchenentgegenundbeidelächeln mich herzallerliebst an. Ich lächle zurück. Meine Gedankenwandern in die Richtung "soll ich die beiden mit nach Hause nehm..." -doch dann fällt mir ein, daß ich ja nicht Gott bin, auch nicht der Beherrscher der Welt und schon gar nicht die Zeit dafür hätte. Außerdem ist doch ein so wunderbarer Tag. Es hupt. Ich erschrecke, sodaß ich fast umkippe. Verdammt. Man sollte beim "Über die Strasse gehen" schauen. Noch dazu, wenn eine Polizist am gegenüberliegenden Gehsteig steht. Ich winke beschwichtigend und laufe weiter. Der Polizist sieht mich an und meint: "Du solltest besser schauen, wenn du über die Strasse gehst". - DER TYP HAT MICH GEDUZT - Und jetzt halte man sich fest: "Und jetzt ab in die Schule" - Ich war so perplex, daß ich nichts gesagt habe, sondern nur einfach weitergegangen bin. Nunja. Als ich die Firma erreiche, und einen zaghaften Blick auf unseren Anrufbeantworter werfe, entdecke ich die Anzahl der neuen Nachrichten: 8. Im ersten Moment überlege ich, ob ich ihn abhören soll, aber beschließe dann, dies doch unserer Sekretärin zu überlassen. Außerdem beginnt meine offizielle Arbeitszeit erst um 9.00. Und esistjaerstviertelvoracht.IchgehezumeinemPlatzundlassemichindenSesselfallen.EinBlickausdemFensterbestätigtmeinGefühl.DaswirdheuteeinperfekterTag.IchdrehemeineMonitoreaufundstartemalden Internetbrowser. - nichts tut sich - . Keine Verbindung? häääää? Das glaub ich aber jetzt nicht. Ich sende ein Ping an den Server. Ein "Timeout" kommt zurück. Ich lehne mich zurück. Eigentlich sollte ich jetzt ausrasten, aber das wird doch ein schöner Tag. Also versuche ich das Problem ausfindig zu machen. Nach einer Stunde habe ich das Problem lokalisiert und es behoben. Mittlerweile ist es schon kurz vor 9 und ich bin entsprechendmotiviert für den Tag. Ich checke meine Emails und stelle fest, daß bei einigen Kunden Schwierigkeiten gibt, die schnellstmöglich behoben werden müssen. Ich beginne mit Punkt eins. Als ich bei Punkt 3 angekommen bin, werde ich zum wöchentlichen Meeting gerufen. - Dort muss ich erfahren, daß sich die Administration mit der Verrechnung nicht mehr einigen kann, und deshalb die Verrechnung nicht mehr für die Administratoren abrechnen möchte. Was folgte daraus. "Franz - Du bekommst einen Etat zur Verwaltung in dem dieganzeneinnahmenausadministrativenGeschäftensind,unddarfstdannausdemEtatdieAdministrationauszahlen.-Dasbedeutet,ichbinderFinanzbeauftragtederAdministrationsabteilung.-Findichgut-daswirdeinguterTag.DerHakendabeiist,daßindemEtatbeiÜbergabeeinMinusvonetwa5.000Euronenist,dasbisMärzkommendenJahresabgebautseinmuß.-Ichverfalle-SiehesalsHerausforderung.Ichüberlege,obichnichtdochdenTagalsSCHEISSTAGabhakensoll.Nein.-Solasseichmichnichtunterkriegen.Ok,ichmach's.IchwarteerstaunteGesichter.Ichlächle.AlleinedieserAnblickistesschonwert.NachderBesprechungseheichausdemFenster.DaswirdeinSupertag.Ichüberlege,wieichdenAdministratorenin6MonatendiesenBetragabziehensoll.Alsobeginneichzukalkulieren.NacheinigerZeithabeichesgeschafft,eineKalkulationzuerrechnen,diezwarnichtdasumundaufist,aberzumindestsiehtsieamPapiergutaus.DieseKalkulationhalteichdanneinemAdministratorvordieNase,wobeiichmeine,daßdasdieeinzigeMöglichkeitist,dieLageindenGriffzubekommen.Montagwirddasganzedanndetailliertdurchgerechnet.TrotzdemistdochderperfekteTag.WäredanichtdasProblemmitdenvielenAnfragenvonKunden.AberschliesslichbinichjaineinerBesprechung.EndlichistdieblödeBesprechungvorüber.IcherhebemichundwandlezumeinemPlatz.DortangekommenstoßeichamTischan,undleeremeinenKaffeeübermeineUnterlagen.Super.WäreeskeinsuperTag,dannwürdenwohlwichtigeDokumentedaruntersein.Aberdaesjaeinmichkannheutenichtsausderruhebringen-Tagist...NachdemichdenganzenTagmitKunden telefoniert habe, machen sich langsam meine Stimmbänder bemerkbar. Aber das kann ja kein Problemsein. Der Abend wird echt super werden. Nach so einem perfekten Tag. Ich beschließe schnell einiges Essbares einzukaufen. Als ich bei der Kassa stehe, fällt mir ein, daß ich eigentlich keine cent in der Tasche habe. Aber wozu gibt es denn Bankomat Kassen? Ich will bezahlen. Aber leider ist mir der blöde Code entfallen. Doch nachdem ich ja schlau bin, und ihn im Handy gespeichert habe, könnte ich ja dort nachschauen. - Wenn das Handy nicht im Büro liegen würde. Ich grinse verlegen und meine dann: Ähhhm. Sorry. Ich lasse ihnen als Pfand mal meinen Rucksack da, und hole schnell mein Geld. Bin in 5 Minuten wieder da. Nachdem sich hinter mir schon eine riesenlange Schlange an unzufriedenen Menschen gebildet hat, akzeptiert der Kassierer und legt meine Sachen zur Seite. Ich gebe ihm schnell meinen Rucksack und laufe zur Firma. Eigentlich ein herrlicher Abend. Als ich vor der Firma stehe, und hinein möchte stelle ich fest, daß man zum Öffnen von Türen diese mystischen Dinger namens "Schlüssel" benötigt, welche sich erfahrungsgemäss in der Außentasche meines Rucksacks befinden. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als zu läuten und zu hoffen, daß noch jemand in der Firma ist. - Glück - Ein Arbeitskollege öffnet. (Was hätte ich anderes erwarten sollen, schließlich ist ja ein guter Tag). Ich grabsche mir mein Handy und mein Geld und rase zurück zum Supermarkt. Dort zahle ich hurtig mittels Bankomatkarte und begebe mich Richtung U-Bahn. Auf dem Weg zur U-Bahn checke ich noch mal die Abfahrtszeiten der Züge. Mit ein wenig Glück werde ich einen Zug erwischen, der in 15 Minuten fährt. - Rate mal - natürlich hab ich ihn um eine Sekunde versäumt. Aber das macht ja nichts. Schließlich habe ich jetzt die Möglichkeit eine Stunde auf den nächsten Zug zu warten. Es gibt nichts bewegenderes, als am Bahnhof in der Abendsonne zu sitzen und auf den Zug zu warten. Als ich dann endlich nach Hause komme, und den Tag nochmals revue-passieren lasse lehne ich mich auf der Couch zurück und denke: Es war eigentlich ein SCHEISSTAG, aber ich habe es geschafft, ihn zumindest in meinem Geiste als PERFEKT zu deklarieren....

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.09.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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