dieses Wochenende habe ich die Gedenkstätte Hartheim in Alkoven bei Linz
besucht. Eine Gedenkstätte ist es erst seit kurzem. Das schloss Hartheim
wurde vor wenigen Monaten renoviert und zu einem Museum umgebaut, das
komplette schloss kann nun besichtigt werden, die Dauerausstellung trägt den
Titel „der wert des Lebens“
wer keine Ahnung davon hat, was Hartheim ist:
Hartheim ist ein schloss, in dem zu Hitlers Zeiten im Zuge der
Euthanasie etwa 70.000 Menschen vergast wurden.
Die Menschen die dort
vernichtet wurden waren ausnahmslos „minderwertiges leben“, das heißt: Leute
die zuerst im KZ Mauthausen waren und nicht mehr genug leisten konnten,
kranke, alte, schwache, behinderte Menschen.
Behinderte wurden zu hause
abgeholt, die Eltern bekamen oftmals gesagt, dass die Kinder in ein schönes
heim kämen. Viele Briefe sind heute Zeitzeugen. Briefe, in denen sich
besorgte Mütter nach ihren Kindern erkundigen. Mütter, die fragen, ob es ihr
kleines behindertes Kind auch gut hat im heim. Mütter, die keine Ahnung
davon hatten, dass ihr Kind nur zwei stunden nachdem es in Hartheim
angekommen war bereits vergast wurde und durch den Rauchfang ging, wie
damals gesagt wurde.
Viele in Alkoven wussten von den Vorgängen im
schloss. Viele sahen die Busse mit den grau bemalten Fenstern in den hof
fahren, hinter den Bussen schlossen sich die Türen. Herausgekommen ist
keiner lebendig aus Hartheim.
Bevor die Aktion „T4“ gestartet wurde,
wurde eine Versammlung im Dorfgasthaus ausgerufen, und ein SS-mann warnte
die einwohner des kleinen ortes davor, sich zu sehr mit dem schloss zu
beschäftigen. Es könne leicht passieren, dass sonst auch jemand reinkommt,
hieß es.
Viele leute sammelten die knochensplitter, die von den
güterwaggons voller asche auf die strasse fielen, auf dem transport zur
donau, wohin die asche der toten gebracht wurde.
Die knochenstücke
sollten beweise sein, für die zeit nach dem krieg.
Doch diese beweise
brauchte es danach nicht mehr. Man fand tonnenweise einmachgläser mit
organen. Die sollten eingeschickt werden zur untersuchung, für studien, usw…
zudem wurde alles peinlich genau vermessen und aufgeschrieben.
Nachdem
der krieg beendet war, haben viele bauern den schuppen neben dem schloss
geplündert, und haben leere einmachgläser für ihr gemüse gestohlen. Hätten
sie gewusst, was diese einmachgläser beinhalteten bevor das gemüse darin
eingerext wurde….
Bauern aus alkoven und umgebung erzählten von starken
ernte- verlusten, da sich der klebrige schwarze rauch auf den feldern
festsetzte und das gemüse somit nicht mehr zu essen war. Jeder wusste, was
dort passierte. Keiner machte etwas. Keiner wollte zu genau hinsehen. Keiner
traute sich.
Vor wenigen jahren wurden rohre verlegt rund ums
schloss hartheim, und es wurden bei diesen renovierungs- arbeiten
knochensplitter, tassen, rosenkränze, schuche, schmuck, brillen, und vieles
mehr gefunden. Der park vor dem schloss hartheim ist heute ein massengrab.
In den schlossräumen kann man tausende namen lesen. Namen, die nur noch
wenigen in erinnerung sind.
Schulklassen werden durch die räume
geführt: vergasungs- raum, hier wurde das gas durch brausen in den raum
gelassen.
Hier ist das fenster, an dem die gefangenen rauf geklettert
sind, als sie keine luft mehr bekamen, hier das guckloch, durch das dr.
renno, einer der führenden „ärzte“ diese leute beobachtet hat beim sterben.
Dr. renno ist vor wenigen jahren in einem deutschen altersheim
gestorben, und hat vor seinem tod einem journalisten über sein leben in
hartheim berichtet.
„ich fühle mich nicht schuldig“ heisst das buch. Dr.
renno war senil, er erzählte vieles, und wiedersprach sich später.
Er
leitete die untersuchungen der menschen, holte das gold aus ihren zähnen, er
hat vermessen und geschrieben und entschieden.
Eine hälfte des
schlosses war der trakt der „pfleger“.
Während in der anderen hälfte die
menschen in den ofen geschoben wurden, tanzten auf dieser seite die pfleger,
es wurde gelacht und gefeiert, es gab sogar bälle und klavier-musik.
Im
museum hängen ansichtskarten, die die pfleger an ihre angehörigen
geschrieben haben: „ich hab mich schon eingelebt hier!“ und „ein schöner
tag ist heute! Wie geht es den kindern?“
Ein bisschen schlecht ist
mir, als ich letztendlich in die bücherei gehe um mir ein buch zu kaufen.
Und ein wenig freude empfinde ich, als ich höre, dass es heute ein
integrations- cafe gibt im schloss hartheim. Dort servieren behinderte
menschen aus dem nahe gelegenen institut hartheim, das heute eines der
schönsten behinderten-heime in oberösterreich ist.
Und viel
nachgedacht habe ich darüber: sind die heutigen pfleger die damaligen
mörder?
Wer sind die menschen gewesen in anderen leben, die heute in und
rund um hartheim leben?
Danach hab ich einige sonnenblumen gepflückt
und habe sie georg gebracht, einem lieben behinderten mann aus dem institut
hartheim, den ich einmal malen durfte, als ich mit dem kunstzirkel dort
einen tag verbracht habe.
Hartheim- eine stätte der transformation.
Schrecken und vergangenheit auf der einen seite, zukunft und freude auf der
anderen seite.
Und dazwischen sehr lehrreich für schulen und menschen,
die sich mit euthanasie, altenpflege, behindertenpflege, und so weiter
beschäftigen.
majun
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Sonja Raab).
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.10.2004.
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