Harald Saul

die anders sind.....

Die Blumenwiese fliegt an Fenster vorüber, wie ein Bild, welches man im Diabetrachter gegen eine anderes eintauscht.Häuser dicht an einem Hang geschmiegt und der Himmel, blau... So blau wie die Farbe meines ersten Trabantes, gletscherblau stand im Fahrzeugbrief. Ich schau nicht mehr aus dem Zugfenster, wende mich meiner Reiselektüre zu. Irgend ein heimliche Widerstandskämpfer der DDR-Zeit behauptet, dass der Staat ihm keine Freiheit gegeben hat und er jetzt erst frei ist, schön für ihn und schau mir die Bilder des bekannten Schauspielers in jungen Jahren an. Da guckt er selbstgefällig aus einem neuen “Westimportauto“ in die Linse, ein anderes zeigt ihn mit einem DDR-Staatsfunktionär am weißen, kubanischen Strand. Gelangweilt lege ich die bunte Zeitschrift im A4 Format weg und schau mir die Mitreisenden an. Ein Mann in meinem Alter, mit kunstvoll verdeckter Glatze, schaut quer durch das Zugabteil einem jungen Paar zu. Beide sehr verliebt, sich anschauend und mit ihren Händen beim anderen in geheimnissvollen Kleiderfalten versteckt. Amüsiert beobachte ich ihn, wie er mit starren Blicken dem liebeshungrigen Paar zuschaut.Die Ortschaften, die am Fenster vorbeifliegen, werden städtischer und ich weiß, mein Ziel ist nahe.
In L. steige ich aus und staune über die Einkaufsmeile, die man in einem Bahnhof kunstvoll eingebaut hat. Nach einen guten Stunde Schaufensterglotzen bin ich müde und suche mir eine kleine Gaststätte. Setze mich an einen Tisch und trinke ein köstliches Freiberger Pils. Da fragt mich eine etwas abgehärmt aussehende Frau, ob noch an meinem Tisch frei wäre .... Ich nicke und da sitzen sie jetzt, eine etwa 60 jährige Frau und ihr riesiger, vielleicht 30 jähriger Sohn. Sie ist altmodisch in dunklen Farben angezogen und der junge Mann ganz schick in Leder genäht. Sie bestellt in einem liebliche Singsang, klingt wie Erzgebirge, für den jungen Mann eine große Cola und für sich einen Kaffee. Da sagt der junge Mann . “ Will nicht wieder hin, will bei Dir bleiben“. Da sagt die Frau, dabei seine riesige Hand in ihre kleinen Hände nehmend. “Du weißt doch, dass ich Dich nicht für immer bei mir behalten kann.“ Er setzt langsam das Glas an und trinkt in einem langen Zug das braune Getränk aus. Ein Rülpser entflieht ihm, erschrocken hält er seine große, breite Hand vor dem Mund. Fragend schaut er mich an, ich lächle ihn an und zwinkere dabei mit den Augen. Er sagt ganz langsam und artikuliert : “Entschultigen Sie, mein Herr“. Die Dame lächelt jetzt auch, ich sage nur, dass mir dass auch immer passiert, beim Colatrinken. Er schaut seine Mutter an und sagt. Siehst Du, der Herr trinkt auch Cola, die Mutter Oberin schimpft immer mit mir“
Wie geistesabwesend nimmt sie seine Hand und lächelt ihn an.....

Lange an diesem Abend, auch nach dem Opernhausbesuch, auf den ich mich schon lange gefreut hatte und der mich nicht enttäuscht hat, konnte ich dieses warme Lächeln nicht vergessen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.10.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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