Harald Saul

Der Traum

Schnaufend wälzt sich der Mann im seinem Bett, der Wind bläst immer wieder die Wolken weg und der Vollmond schaut ins Zimmer. Immer wenn der Mann nicht schlafen kann, denkt er sich eine Geschichte aus und schläft meist dabei ein. Aber heute Nacht versucht er vergebens in den Schlaf sich zu träumen. Immer wieder hört er seine Frau stöhnen, obwohl sie seit einem guten halben Jahr getrennt leben. Seine Tochter war bei ihm und hat erzählt, dass seine Frau im Krankenhaus ist. Sie hatte den kleinen Knoten in der linken Brust nicht beachtet, erst als dieser schnell größer wurde und bei jeder Berührung der Brust weh tat, war sie zum Arzt gegangen. Der hatte ein bedenkliches Gesicht gezogen und sie sofort in die Kinik überwiesen. Operiert wurde sofort und viel weggeschnitten. Sie kam gar nicht groß zum Überlegen, es war Eile geboten. Sie hatte keine Tränen mehr und nun lag sie seit 14 Tagen da oben, auf dem Berg, hoch über der Stadt. Der Mann war sofort am anderen Tag zu ihr gefahren, sie durfte schon wieder Besuch empfangen. Er war froh, als sie ihn wieder aufforderte zu gehen. Lange war er ziellos durch die Stadt geirrt und hatte keinen klaren Gedanken fassen können. Der Arzt, den er fragte, wann er sie wieder mit nach Hause nehmen könne, hatte nur bedauernd die Schultern gezuckt und gesagt, erst mal nicht. Er erinnerte sich an ihr Lachen, sah im Geist ihre langen braunen Haare sich über die nackte Brust kringeln, wenn er unverhofft in´s Bad kam.
Als sie das erste Mal über leichte Schmerzen in der Brust klagte, hatte er sie nicht mal gefragt danach. Sie wollte ihn ja nicht mehr, hatte sich damals in ihren smarten “Westchef“ vergafft, dabei war jede hübsche verkäuferin im größten Kaufhaus der Stadt, für diesen ein Zielobjekt.

Nun war sie seit einem halben Jahr allein, der Mann war ganz schnell ausgezogen, als sie ihm erzählte, dass sie mit ihrem Chef geschlafen hatte. Dabei waren die Anzeichen schon lange da, sie besuchte Sportabende, ging zu einem Klöppelkurs und war an Wochenenden viel unterwegs - mit Arbeitskolleginnen, wie sie immer sagte.
Am Anfang hatte es ihm auch gefallen. Er konnte das Wochenende weite Strecken mit dem Rad fahren und war noch stolz, wieder 100 kM an einen einzigen Tag geschafft.
Nun, jetzt wo er niemand Rechenschaft über seine Freizeit geben mußte oder sollte, da hatte er keine Lust mehr......

Als die Tochter heute hier war und erzählte, dass die Küche und das Bad renoviert werden müsse. Da hatte der Mann im Keller sein Handwerkszeug zusammen gesucht.....
Wenn sie aus dem Krankenhaus kommt, soll es wieder schön sein. Ganz so schlecht waren ja die Jahre auch nicht mit ihr und ich bin ja auch nicht unschuldig dran, dachte der Mann und prüfte die Borsten des dicken Leimpinsels.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.11.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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