Lothar Krist

Kollateralschaden der Liebe

Eine wunderschön das Dunkel der Nacht beleuchtende weiße Winterhaut verreckt an meinen Gedanken. Ich stiere Blicksgeburten tief hinein in ein über mich gebeugtes Ausschnitt-Gebirge einer Brust. Ein schwarzes T-Shirt mit weitem V bedeckt einen schlanken Oberkörper. Der Rest blendet mich mit seinem Weiß.

Ich giere ein Handrückenzartgeflatter den Schwung einer Achselhöhle entlang. Das Haar gezupft, und nicht nur da. Miss Di und ich, wir lieben es nackter noch als nackt, und es darf dabei ruhig auch ein wenig weh tun.

Ich fühle eine irre Kraft. Der Sex zersext meinen ganzen Leib. Hirn und Hoden kranken. Ich krafte einen knieenden Schlangenleib entlang. Meine rechte Hand zerfällt in Streichelkeiten. Meine Handfläche wölbt sich irgendwann um eine Backe. Meine Fingerkuppen wühlen zart.

Es ist furchtbar. Wenn man einmal mit diesem Spiel angefangen hat, ... es ist, wie Sucht. Man kann nie wieder damit aufhören. Du sehnst dich einen ganzen Tag nach diesem schon zur Gewohnheit und doch nicht gewordenen Vorspiel. Der Traum davon zerträumt deinen ganzen Arbeitstag. Gestern saß ich in einem langweiligen Arbeitskreis. Auf einmal fragt mich mein weibliches Gegenüber, weshalb ich so sinnlich entrückt vergrinse. Ihre weibliche Intuition hat ihr wohl gesagt: da ist Einer gar nicht da. Mann o Mann, wenn die wüsste?

Dieses Spiel ist wie ein Schöntod der Zeit. Du liegst auf deinem Rücken, die Beine leicht gespreizt. Die bekannte Sicherheit eines Raumes verstrahlt eine warme Wohligkeit. Alvin Lees jazzig angehauchte Gitarre hackt sich gefühlvoll in den Soul von Mel Collins feurigem Saxophon. Das Jahrhundertlied “Freedom for the stallion“ bläst uns in eine träge Abgehobenheit des Tags. Ich kann den jungen Hengst vor meinen Augen sehen, wie er wild, nach Freiheit gierend, im Gefängnis seiner Koppel kreist, bockig mit den Vorderbeinen scharrt, wieder seine Runden dreht, dann mutig zum Sprung ansetzt und dann, den Körper elegant in ein einziges Muskelspiel gestreckt, über das Gestänge seiner Koppel in die Freiheit der weiten Steppe fliegt. Ein paar Sekunden lang bin ich ganz weit weg. Ich entparadiese mich im Sound.

Eine gefühlvolle Linke hält deine Glockerl mehr als bloß zart in der Hand, während eine Pinzette nach dem nächsten Opfer sucht. Und ... und da ... zwick ... und zupf, und uii, ... und au, so geil, und siehe da, das einsame Haar ist weg und nicht mehr da.

Miss Di und ich, wir lieben es beide auf islamisch. Am Liebsten habe ich es ja, wenn sie es mit ihren Zähnen macht. Die Lippen fühlen sich dabei so heiß, so weich und feucht, und gleichzeitig aber auch so hautbekühlend an. Ich zittere dabei jedem einzelnen Weh und Zupf entgegen.

Doch dieses Mal sind es nicht die Zähne. Sie war über Ostern zehn Tage weg, in Tschechien, die Mama besuchen. Muss auch sein, auch wenn ich es hasse. Ich war schwer allein, und die Haare hatten Zeit zu wachsen. Und in den letzten Tagen vor der Osterwoche hatten wir keine Zeit. Auch die Woche jetzt danach war mehr als nur stressig. Ein paar schöne Nummern, ja, aber für so eine Geilheit, da braucht man Zeit. Wir sind nun beide geschmückt von zartem Flaum. So gezupftes Haar wächst ja viel weicher nach, als rasiertes. So unheimlich flaumig zart.

Wenn man so lange säumig war, dann ist es allein mit den Zähnen nicht mehr zu schaffen. Man erwischt nicht alle Härchen so genau, manche reißen einfach ab, und dann ... na ja, eh schon wissen. Jedenfalls unterhalten wir uns prächtig. Sie ist aber jetzt bei mir fast fertig. Unten. Meine Achselhöhlen warten noch. Und ich wäre ja dann auch noch mit dem Zupfen dran. Verdammt! Ich weiß nicht, ob Er da unten das noch länger aushält. Ich denke, wir verschieben meine Achselhöhlen auf das nächste Mal.

Er ist steif, wie eine Hellfire-Rakete. Er ließ mich schon ix mal fragen, wann sie denn endlich fertig ist. Sie kichert, küsst dabei die Rakete sanft, ... und zupft mir uii und au das nächste Haar vom Sack. Hey Schmerz, lass nach, haha, ... na, so schlimm war es nun auch wieder nicht, hihi. Aber man zuckt halt doch jedes Mal aufs Neue und hält sich an sich selber fest, oder mit der anderen Hand am Backenknack von einem in deinem Blickfeld verreckenden weißen Winterarsch. Dabei lasse ich die Spitzen der Finger im Schleim des Lebens feucht verschlammen.

Verdammt! Ne, Eines ist mir inzwischen klar geworden, mein mit Uran 238 abgereicherter Feuerstahl hält diese Warterei nicht mehr länger aus. Ich klinke mich aus aus dem Geduldgewarte, zerre ihr ihr v-bewehrtes T-Shirt über ihren Kopf, lass die Riesendinger ganz ins Leere daisy-cuttern. Peng! Und Bumm! Und geil! Mehr als nur geil! Ich muss sie beide mit der Rechten kräftig schütteln, Er befiehlt, ich kann nicht anders. Na bumm! Und mmmmhhhh.

Ich will ihr die Pinzette wegnehmen. Sie wehrt sich lachend, meint, sie wäre noch nicht ganz fertig. Ein paar einsame, feine Fläumchen wären noch da. Scheiß drauf. Wer nicht gleich will, wenn Er will, der wird gezwungen, haha. Ich wringe ihr die Pinzette aus der Hand, sie fällt irgendwo hin, scheiß drauf. Ich schmeiß sie auf den Rücken, die Beine über den Kopf und sprenge das ganze Tunnelsystem mit meinem Bunkerbuster in einem einzigen Flammenmeer samt allen möglichen kleinen Tierchen, die dieses Biotop beleben und von denen wir noch immer nicht wirklich Alles wissen, in die Luft. Peng-peng. Bumm-bumm.

Da fegt “The Stomp“ von Ten Years After, eine der geilsten Ficknummern aller Zeiten, aus den schon ururalten Wharfedale-Rockhammerboxen. Ein Timing, genau zur rechten Zeit. Ich boxe Ihn genau im Drive des Sounds. Peng! Peng! Und Peng! So irre geil.

Es patscht und schmatzt. So irre geil! Da jault sie auf einmal auf. Auuu! Iiiihhh! Sie schrillt. Ich denke: geil, sie kommt! Echt geil und ich lege noch einen Zahn dazu. Ich lass es daisy-cuttern, dass das alte Holzbett in allen Fugen schnarrt und knarrt. Ich brenne, brenne, brenne ... verbrenne, während sie verschrillt. Geil, so geil! Ich stehe drauf, wenn sie unter mir verschrillt. Mmmmhhhh. Sie wehrt sich, schreit irgendwas. Ich habe nicht mitgekriegt: was? Sie verschrillt in Höhen. Ich presse ihre Hände über ihrem Kopf aufs Bett und fege wie auf einer Harley runter gen Süden auf einer imaginären Route 66. So geil. Ich halte die ganze Über-vier-Minuten-Nummer durch, explodiere dann im untergehenden orangeroten Sonnenball und sacke dann auf ihr zusammen. Irgendwann denke ich dann: aber so geschrieen, wie heute, hat sie noch nie. Geil. Irre geil. Ach was! Ich schnaufe auf dem letzten Loch, bin überglücklich, schnaufe.

Schicksal. Sie hat hinterher gemeint, ich wäre ein rücksichtsloses Arschloch, eben ein Arschloch von einem Mann. Sie lag die ganze Zeit mit ihrem Hintern auf der scheiß Pinzette, hat sich den ganzen Hintern bis zum vierten Rückenwirbel von unten aufgewetzt. Das Bett war schwer von Blut gezeichnet. Schicksal, oder etwa nicht? Das konnte ich schließlich nicht wissen. Und, haha. Mann war das geil, so megamegageil. So geil geschrieen hat sie noch nie.

Heute nennt man diese Neue Geilheit ja einen “Kollateralschaden“. Andere sagen vielleicht “Friendly fire“ dazu. So amerikanisiert sich heute halt auch die Liebe. Na ja, Schicksal und hihi. Ich möchte diesen irre lauten Fick mitsamt seinem Kollateralschaden der Liebe jedenfalls nicht in meinem Erfahrungsschatz vermissen. Und was kann ich schon dafür? Ich hatte ja keine Ahnung nicht, hihi. Seit dem liebe ich jedenfalls diese süße, kleine, so überaus scharfe Pinzette noch viel, viel mehr. Immer wenn ich eine Pinzette sehe, dann überkommt mich ein wunderbar geiles Erinnerungsgefühl und Ihn auch. Er steht, und das auch noch in den unmöglichsten Momenten.

© Copyright by Lothar Krist (26.4.2003 im Smaragd)

Diese Geschichte wird bei Kenntnis der folgenden Begriffe zu einem perversen Zynikum auf unsere Zeit. Eine alt gewordene Kultur, die beschlossen hat, von ihren perversen Auswüchsen Nichts zu wissen, schaut zufälligerweise doch einmal ungewollt in ihren Spiegel.

Begriffserläuterungen:

Hellfire-Rakete = zählt zur netten Familie der Depleted Uranium Munition, also der mit Uran abgereicherten Munition; die Apache-Hubschrauber sind damit mit jeweils 16 Stück bewaffnet. Der Stahl ist abgereichert mit Uran 238 und somit der härteste Stahl der Welt, er durchschlägt jeden Panzer von Heute. Alle Armeen der Welt sind inzwischen damit bewaffnet. Auch die Israelische Armee, welche diese Munition als die erste überhaupt an Menschen testen durfte, schießen damit nun schon seit gut 20 Jahren in den Lagern und Städten der Palästinenser herum, deshalb haben sie dort auch die höchste Krebsrate weltweit, aber bitte nicht weiter sagen, denn die Europäischen Gutmenschen wollen davon Nichts wissen, schließlich verdienen nahezu alle Staaten Europas ein Vermögen am Verkauf dieser Waffen. So viel ich weiß, hat bis dato nur die Deutsche Regierung die Herstellung Mitte 2003 mehr oder weniger still und leise eingestellt, weil den Grünen die Sache doch nicht ganz geheuer war.

Uran 238 (236, 237) = Abfall aus unseren Atomkraftwerken; früher mussten wir ihn heimlich verscharren, dabei gab es ständig Probleme mit den so überaus lästigen Gegnern der Atomkraft. Heute verarbeiten wir den Abfall einfach in unsere Waffen und entsorgen ihn damit ebenfalls mehr oder weniger heimlich in unseren vielen Kriegen in der ganzen 3. Welt. Das Problem dabei: das Uran verbrennt schlecht, der Wind nimmt den Uranstaub mit, der sich wiederum in den Lungen von Mensch und Getier festsetzt. Die Kamel- und Schafherden im Irak sterben an zuvor nicht gekanntem Hautkrebs. Viele Kinder kommen mit offenem Gedärm zur Welt. Die Krebsrate im Irak ist seit dem 1. Irakkrieg 1991 enorm gestiegen, insbesondere die Kinder leiden zu tausenden an Leukämie. Nach dem 2. Irakkrieg, der gerade seine Blütezeit erlebt (November 2004), wird es wohl noch schlimmer werden. Man hat bis dato bereits mehr als das 20-fache der Menge an Uranmunition verpulvert, wie im 1. Krieg. Doch wen interessiert das schon?

daisy-cuttern = von Daisy Cutter, dem Gänseblümchenmäher, einer lastkraftwagengroßen Benzinbombe, mit der heute ganze Berge mitsamt ihren in den Höhlensystemen versteckten Menschen ins Nirvana geblasen werden.

Kollateralschaden = ungewollte, jedoch in Kauf genommene Opfer eines Krieges;

Bunkerbuster = ein Mittelding aus Rakete und Bombe, der Stahlmantel mit Uran 238 abgereichert, also ein niedliches Kind aus der Familie der „Depleted Uranium Munition“, es gräbt sich 100 Meter tief in jeden stahlbetonbewährten Bunker und explodiert erst dann in der zuvor eingestellten Tiefe. Angeblich haben selbst die von Deutschen Firmen für Saddam Hussein gebauten Bunker den Einsatz nicht überstanden, dabei sollen diese Firmen weltweit die besten sein auf diesem Gebiet.
Lothar Krist, Anmerkung zur Geschichte

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Lothar Krist).
Der Beitrag wurde von Lothar Krist auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.11.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Lothar Krist als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

ESSENZEN von Manfred Wrobel



Mit ihrer Lyrik-Edition "Essenzen" bringen die Autoren ein Buch heraus, deren Texte die Kernaussage ihres Schaffens in Schriftform belegen.

Konzentrierte Auszüge ihrer Textvarianten, die zeitgenössische Gegenwartslyrik darstellen und zum größten Teil noch nicht veröffentlicht wurden.

Diese Präsentation ihrer Werke soll viele Menschen ansprechen und sie hoffen, gerade mit dieser ganz speziell zusammengetragenen Lyrik einen Einblick in ihre „Welten“ zu vermitteln.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Krieg & Frieden" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Lothar Krist

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Ich wichse von Lothar Krist (Liebesgeschichten)
Coventry - Pazifistischer Aufsatz von Paul Rudolf Uhl (Krieg & Frieden)
Pilgertour X V. von Rüdiger Nazar (Reiseberichte)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen