Ditar Kalaja

Traumverschachtelung oder Gedankenquerschuss

Aus irgendein inneren Gefühl wusste ich, ich durfte nicht aufhören mich zu bewegen
Jemand zog mich an einer meiner Zugschnur auf, ich war eine Chimäre zwischen Marionette und Hampelmann und ich fing plötzlich ganz wild mit allen Gliedmaßen zum wackeln und strampeln an. Das dauerte so lange, bis sich die Schnur wieder zurückspulte. Ich wollte und musste das verhindern. So versuchte ich entgegen des zeitlichen Ablaufes der Schnur, mich mit eigener Kraft weiter zu bewegen. Ich spürte mein Herz rasen, den Puls am Hals, den inneren Willen gegen das Unvermeidliche anzukämpfen, vergeblich. Meine Bewegungen wurden langsamer und langsamer,
ich konnte mich nicht mehr bewegen, so dass mein Körper in Tausenden von einzelnen Teilen auseinander barstete. Wie aus einem inneren Zwang, einer Notwendigkeit wusste ich das ich diese Teile wieder zusammenbauen musste, ich war in ein dreidimensionales puzzle zerfallen. Die Zeit war knapp, wieder begrenzt.
Mit erstaunlicher traumwandlerischer Sicherheit setzte ich alle teile, die mein Körper waren, wieder zusammen, um mich aus mir herauszuholen, mit dem Bewusstsein, das nun alles wieder von vorne begann. Ich sah in mein Puzzle-Gesicht und wusste das nun nichts mehr so wie vorher sein würde. Ängste beschlichen mich. Ich dachte welch ein Alptraum.
Also, bin ich aufgewacht und habe festgestellt, dass ich eigentlich ein viel zu normales Leben führe. . Ohne den geringsten Höhepunkt, ohne irgend ein Kribbeln in der Magengegend oder wo immer das sein sollte...

A T E M N O T - Atemnot – ich rang nach Luft und fühlte es ging nicht, es ging nichts mehr – kein Duft mehr...

Ein anaphylaktischen Schock?

Statt dessen Stimmen, ein Stimmengewirr –

Alter zirka ende dreißig. Schusswunde in der linken Schulter, Austritt Wirbelsäule. Außerdem schweres Schädeltrauma, Prellungen der Rippen, Thoraxtrauma
Quetschungen am linken Ober- und Unterschenkel, Blutdruck kaum messbar, Puls
Glasige, leicht gerötete Augen, sonst keine äußerlichen Veränderungen.
im dramatischen Bereich...
Ich wurde seltsam bleich....

Wem galt das?
der Gedanke mir könnte was passiert sein, verwarf ich schulterzuckend in den bereich von Fabeln – ein Bär wie ich...
Dennoch, mein Leben war eine einzige lange Opposition gegen meinen Willen. Ich habe mich geübt die Dinge geschehen zu lassen, aber jetzt...? Ich hätte ausweichen können, wollte aber nicht –
Ich fühlte mir war etwas seltsames passiert,
ich hatte nicht rechtzeitig pariert


Ich merkte die Hektik, die Eile in der alle um mich herum verharrten, ganz cool, ungeschickt, aufgelöst im sein – war das nur der (im) schein?

Aber warum trugen sie alle weiß, eine Hochzeit? Ich verstand die Welt nicht mehr. Ich wusste nur ich kann mich nicht rühren.
Ich konnte nichts spüren.
Oder träumte ich nur im schein.
Ich fühlt mich wohl und es war mir warm und gleichzeitig spürte ich nichts, die sinne waren getrübt, verloren, was ist geschehen.. ?
Es gibt wohl einen Moment, in dem man brütende Hitze nicht mehr von klirrender Kälte unterscheiden kann. Man befindet sich sozusagen am Extrempunkt seiner Empfindungs- und Leidensfähigkeit - dort, wo graduelle Unterscheide, etwa der, ob es sich um Plus- oder Minusgrade handelt irrelevant wird. Kurz vor dem Tod ereilt dies - verursacht durch bestimmte Rezeptoren im Gehirn – anscheinend den Geist

Sie sind krank, sehr krank - Sie sterben... hörte ich jemanden sagen.

Ich dachte, wenn man stirbt, erinnert man sich an das ganz leben, an alles.
Ich hatte schon ganz andere plagen-
Das sagte man mir. Erinnere ich mich nun oder nicht, erinnere ich mich nur weil ich sterbe, oder weil ich meine, ich sterbe und mich zu erinnern zwinge.
Ich könnte jetzt einfach erliegen – meinen Gedanken, oder dem Ende...

Ja, es sind diese banalen Fragen, die sich in solchen Situationen mit großer Dringlichkeit stellen, da hier “in Wahrheit“ das ganze Leben auf der Kippe steht, und in diesem Bewusstsein soll ich meiner dritten Dimension zur Genugtuung verhelfen?

- Was habe ich denn?
- Nichts
- Dann bin ich doch nicht krank?!
- Krank ist wer nichts hat. Wir machen uns sorgen um sie.
  Wir haben nichts entdecken können, warum sie nichts haben
- Ich habe nichts weil ich nichts habe.

Platz da, platz da, machen sie platz da hörte ich laut, einvernehmlicher und bestimmt, hörte ich meine eigene Stimme sagen, und sah mein eigenes Gesicht, das selbstzufrieden lächelnd auf mich zukam.

Schwester haben sie schon alles vorbereitet? Wir müssen intubieren.

Schnell schnell
-10 ml Adrenalin Atropin
Lidocain, Adrenalin, Aspirin
Atemmaske und Defibrillator

Ich dachte bitte nicht intubieren. Bei der endotrachealen Intubation wird ein Endotrachealtubus durch Mund oder Nase in die Trachea (Luftröhre) eingebracht.

Ich sah die Schwester an, ihr goldblondes Haar leuchtete wie eine Neonreklame, ihr Lidstrich reicht von hier bis zur Ewigkeit, und wenn sie die Augen aufschlägt, hat man für immer begriffen, was das Wort kokett bedeutet und sie im selben Schritt ins Reich vollkommener Künstlichkeit überführt. Ich schweife ab

Warum will ich mich quälen?
Warum quälen Sie mich?
Habe eine Wut auf den, der`s weiß...

Ich nahm den Defibrillator um mich selbst zu retten, dass bedeutete eine große Genugtuung für mich.

Das Timing war mal wieder gespenstisch Irreversibel –
Ein Wasser wie die Zeit höhlte die Agonie meiner Gedanken, durchstechend das Gleichmaß der Wellen

Halt, was machen sie da?
Nein ich bin nicht so weit, mir fehlt nichts, tut dieses gerät weg...
Aber die Verletzungen
Man sagte mir ich hätte nichts
Das ist eben das schlimme..

Kammerflimmern...

– Defibrilator – Schwester geben sie mir Saft

Ich als Arzt redete auf mich ein als Patient ein. Ich wirkte auf mich redegewandt, einschmeichelnd, lächelnd süßlich, widerwärtig - Beinahe überzeugend.
Ich als Patient hörte mich als Arzt reden einer seltsamen verwirrenden Sprache.
Es wirkt alles absurd, unreal, nichtig - ich träumte ja nur.

Elektroden auf dem nackten und trockenen Brustkorb des Patienten anbringen Herzrhythmus vom Gerät auswerten lassen Elektroschock auslösen.

Die Kontakte kamen näher und näher und wirkten wie apokalyptische Reiter mit moralischer Wirkung,
Hilfesuchend blickte ich die Schwester an.
Ihr Kittel färbte sich schnell von unten nach oben erst langsam rot und dann schwarz,
Rosen zeichneten sich ab, welche regenbogenfarbene Tränen verloren, die sich in Hilfeschreie auflösten.

Aber kein Engel oder Sensenmann waren bisher gekommen, und selbst die Schwester nicht, ein Pathologe ist mein Todesbote (herrlich skurril und gleichzeitig bodenständig) ähnelte er einem Nussknacker... Selbst im Delirium hat man mitunter gemeine Bilder im Kopf.

Ich hatte Angst. Ich fror. Ich dürfte keine Angst haben. So musste es kommen.
Sie werden mich sterben lassen. Aber ich will nicht sterben. Auf keinem Fall.

Ich hatte nicht die geringste Chance, hatte aber ein grandioses Finale erzielt. Eine Apotheose (Vergötterung)
Ich verspürte + Lust, auf der Stelle in die Hände zu klatschen.

Aber bevor ich das zeitliche segnete wollte ich noch die Welt hinters licht führen.
Also wollte ich wieder aufwachen. All meine Versuche scheiterten.

Ich sah mich aber umwölkt von einer Melancholie, die meinen inneren Spannungszustand dämpfte


Da klopfte man mir plötzlich auf die Schultern, schüttelte mich, rüttelte mich und ich erschrak
und verstarb



Nun hätte es jedem anderen gesunden Verstand in meiner Lage einleuchten müssen, daß sich dieser Lebenswandel nicht in alle Ewigkeit fortsetzen ließ

Doch je mehr ich mit dieser unschönen Realität konfrontiert wurde, desto stärker wurde mein Verlangen, sie völlig zu vergessen


Du lebst also noch!“ rief er ungestüm, doch angesichts der Verfallenheit meines Äußeren konnte ich seinen Enthusiasmus nicht recht begreifen und schaute nur etwas dämlich drein. “Eigentlich lebe ich gar nicht mehr“, murmelte ich nach einer Weile
“Mein herzlichstes Beileid!“ meinte er nur sarkastisch, während er mir den Wisch unter die Nase hielt. Ich wußte nicht, was ich von der ganzen Sache halten sollte, doch erblickte ich plötzlich eine Anzeige mit meinem eigenen Namen — eine Todesanzeige
Trotzdem – der Tod schien ironischerweise eine ganz denkbare Konsequenz meines Lebenswandels zu sein, als ob mir das Schicksal mit dem Finger drohen wollte.

Man vermutete mit großer Gewißheit, daß meine schwere Krankheit und letztlich auch mein Tod die ganz natürliche und logische Folge dieses traumatischen Erlebnisses sein mußten

Nun war mein Fall jedoch ein recht eigenartiger. Ich hatte zwar enorme Berühmtheit erlangt, war jedoch als Toter völlig machtlos, die Früchte jener Bekanntheit zu genießen. Es erschien mir stets als grauenvolle Ungerechtigkeit, daß viele große Musiker erst nach ihrem Tode Weltberühmtheit erlangt haben, während man sie zu ihren Lebzeiten völlig ignorierte.

Eine zeitlang genoß ich meinen Ruhm im Stillen














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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.12.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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In meinen Gedichten, schreibe ich mir meine eigene Realität, meine Träume auch wenn sie oft surreal, meistens abstakt wirken. Schreiben bedingt auch meine Sprache, meine Denkmechanismen mein Gefühl für das Jetzt der Zeit.

Ich vernehme mich selbst, ich höre tief in mich rein, bin bei mir, hier und jetzt. Die Sprache ist dabei meine Helfershelferin und Komplizin, wenn es darum geht, mir die Wirklichkeit vom Leib zu halten. Wenn ich mein erzähltes Ich beschreibe, beeinflusse, beschneide, möchte ich begreifen, wissen, welche Ursachen Einflüsse bestimmte Dinge und Menschen auf mein Inneres auf meine Handlung nehmen, wie sie sich integrieren bzw. verworfen werden um mich dennoch im Gleichgewicht halten können.

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