Hendrik Vadersen

Schnee, der auf Tannen fällt

Schnee, der auf Tannen fällt

Leise fiel Schnee auf die Tannen. Weiße kleine Flocken, welche im Wind des grauen Himmels tanzten. Sie fielen sachte auf das schwarze Haar von Takuto.
Es war kalt. Ihm war sehr kalt. Es war der 24. Dezember. Weihnachten.
Vor einem Jahr noch war er glücklich. Wenn er das jemals behaupten konnte.
Glück... ein fernes Wort, welches für ihn noch nie eine Bedeutung hatte.
Und doch war eine Zeit lang glücklich. Er hätte es noch immer sein können. Er stand ja wieder auf beiden Beinen. Zwar noch wackelig, aber er stand. Ohne Krücken und vor allem ohne Rollstuhl, stand er jetzt vor dem Juwelier, wo sein Glück wieder zerbrach.
Weiter viel der Schnee um ihn herum. Er konnte sich nicht loseisen von dem Schaufenster. Dort war es, das Kreuz, welches er seiner Liebe kaufen wollte. Er hatte es sogar gekauft und war schon auf dem Weg zurück. Damals...
Doch er kam nie an. Niemals. Immer wieder in seinem Traum rannte er zurück, aber er kam nie an. Selbst in seiner Vorstellung war dieses Auto da und rammte ihn.
Und deswegen kam er nicht an.
Und dann begann sein Leiden von neuem.
Er hasste es, wenn er so fühlte. Seblstmitleid widerte ihn an. Er stank regelrecht und doch musste er immer wieder daran denken.
Dieses Jahr im Rollstuhl.
‚Ja, ja, ich halte zu dir...’
Bloße Worte, welche keine Bedeutung hatten.
Ein Fußballspieler im Rollstuhl. Eine gescheiterte Existenz. Eine zerbroche Liebe, welche durch Egoismus und nicht verstandene Liebe zerbrach.
Takuto schaute in die funkelnden Rubine des Kreuzes. Es war das letzte Exemplar. Das allerletzte.
„Das es das noch gibt...“
Was er gekauft hatte, wurde zertreten. Es schmerzte ihn, wenn er daran zurückdachte.
Langsam wurde der Schnee mehr und die Kälte eisiger. Er ging in den Laden.
Es war warm, lichterhellt und doch klinisch tot.
Es tat seinem Körper gut keine Kälte mehr zu verlieren.
Er schmiss immer noch zuviel Wärme. Schon damals, als er richtig altiv Fussball spielte.
Zum Glück konnte er wieder spielen. Und zum Glück ging seine Karriere weiter.
Er war wieder völlig hergestellt.
Wunderwelt Technik.
Und dennoch. Glück war ein Wort, welches keine Bedeutung für ihn hatte.
Ein Verkäufer kam auf ihn zu.
„Takuto...? Takuto Izumi...?“
Takuto nickte.
„Das ist doch jetzt ungefähr ein Jahr her, oder?“
Wieder nur ein bloßes Nicken.
„Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Ach... ich...“
Was sollte er jetzt sagen? Nur, dass er hier stehen wollte? Das böse Geister ihn geholt hatten um ihn seine Erinnerungen vorzuführen.
„Eigentlich...“
Doch dann sprach seine Zunge wie von alleine.
„Ich hätte gerne diese Kette da.“
„Aber die hatten Sie doch schon mal...“
„Sie ist kaputt gegangen. Ich wollte sie reparieren, aber es ging nicht mehr... Sie war zu zerstört. Ich dachte, vielleicht sollte ich deswegen einfach noch mal die gleiche kaufen.“
„Aber sehr gerne. Sie haben Glück. Einer Frau gefiel diese Kette nicht und tauschte sie um. Deswegen liegt sie jetzt schon ein Jahr hier. Anscheinend hat sie auf Sie gewartet.“
Takuto lächelte. Nur ein kleines Lächeln, aber ein Lächeln.
„Dürfte ich fragen, wem Sie es schenken?“
Taktuo nahm die kleine Tüte und schaute den Mann bloß an.
Er bedankte sich und ging hinaus.
Der Himmel war noch düsterer geworden als vorher und der Schnee bedeckte die Straßen. Doch der Mond bahnte sich seinen Weg hell durch die Wolken.
Langsam ging Takuto in die Nacht hinaus, den Weg, den er vor einem Jahr ging.
Was er nicht mal im Traum schafte, gelang ihm dieses eine mal...


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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.12.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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