Bernd Hückstädt

Joytopia – Weltweiter Wohlstand in Harmonie mit der Natur

Weltweiter Wohlstand im Einklang mit der Natur
Der Erzähler trifft bei einem Spaziergang auf Very Goodfriend, einen
Bewohner des Planeten Freegaia, auf dem die Natürliche Ökonomie des
neuen Zeitalters bereits mit Erfolg etabliert ist. Gemeinsam fliegen
die beiden auf den Planeten, und Very beschreibt das Prinzip des Frei
schenkenden Staates, in dem es keine Steuern, Versicherungen und
Sozialabgaben mehr gibt und alle Menschen in Wohlstand leben.
Very macht der Menschheit ein Geschenk. ...   Joytopia
 
 
 
 


Die Begegnung

Neulich hatte ich einen Traum, besser gesagt
einen Tagtraum. Ich ging allein im Wald spazieren und erfreute mich an
der Natur. Auf einmal bemerkte ich, wie jemand leichten Fußes neben mir
einherschritt. Er war etwa zwei Meter groß, von dunkler Hautfarbe und
hatte einen athletischen Körperbau. Bekleidet war er mit einer Art
goldfarbenen Jogging-Anzug. Obwohl er aussah, wie ein Mensch, schien er
nicht von dieser Welt zu sein. Er hatte ein so freudiges, ja fast schon
lustiges Strahlen in seinem Gesicht, das man auf unserer Erde nur sehr
selten findet. Als ich ihn ansah mußte ich spontan lachen. Es war ein
herzhaftes, fröhliches Lachen, pure Freude über den Anblick dieses
freundlichen Begleiters.
"Entschuldigen Sie bitte, ich wollte Sie nicht
auslachen," erklärte ich, als ich mich wieder gefangen hatte. "Ich bin
nur überrascht von Ihrem plötzlichen Erscheinen."
"Das geht vielen so auf diesem Planeten," erwiderte er freundlich. "Die meisten Erdenbürger reagieren so wie Sie, nur einige wenige laufen erschreckt davon oder werden aggressiv."
"Dann sind Sie nicht von hier?" fragte ich verunsichert.
"Ich komme von Joytopia, einem Staat auf dem
Planeten Freegaia am Rande der Galaxis. Durch einen Sprung im
Raum-Zeit-Kontinuum bin ich hier hingelangt. Mein Name ist Goodfriend,
Very Goodfriend."
"Wie haben Sie so schnell unsere Sprache gelernt?"
"Wir telepathieren gerade miteinander. Wir senden
uns unsere Gedanken und unser Gehirn übersetzt sie in unsere Sprache.
Das funktioniert genauso mit Bildern, Tönen, Gerüchen und Gefühlen.
Sehen Sie...."
Ich sah gar nichts! Er war verschwunden. Verwundert
und tief bewegt ging ich weiter. Hatte ich mir das eben nur
eingebildet? Sollte ich vielleicht mal zum Arzt gehen? Am Besten ich
erzähle niemanden etwas und vergesse diesen Vorfall so schnell wie
möglich.
"Ich habe Ihnen etwas mitgebracht, ein Geschenk!" hörte ich Very sagen.
"Wo waren Sie denn so plötzlich?"
"Ich war kurz zu Hause um etwas für Sie zu holen."
"Dauert so etwas nicht Jahre? Ich meine die höchste erreichbare Geschwindigkeit...."
"Wir reisen in Gedanken. Gedanken sind bekanntlich
frei. Raum- und Zeit-Grenzen gibt es nur, wenn man sie vorher erdacht
hat. Wir hatten uns früher auch viele Grenzen ausgedacht. Unser
begrenztes Denken hatte unseren Planeten etwa so geformt, wie Ihr jetzt
Euren Planeten formt. Versuche es selbst" – er war inzwischen zum Du
übergegangen – "du siehst mich, weil du denkst, daß du mich siehst."
Während er das sagte, kam uns ein Radfahrer entgegen. Er grüßte knapp und fuhr mitten durch Very durch.
"Verstehst du jetzt?" fragte Very.
"Ja."
"Ich habe dir etwas mitgebracht, einen Gedanken."
"Was für einen Gedanken?"
"Der Gedanke, daß alles möglich ist, was du dir
vorstellen kannst. Alles , was du denken kannst wird Realität! Alles
was du dir wünschst, wird eintreten, wenn du dir es vorstellen kannst."
"Dann wünsche ich mir 10 Millionen Mark!"
"Gut"
"Wie? Gut? Das soll funktionieren? Das kann ich mir nicht vorstellen!"
"Eben!"
Ich war beschämt.
"Andere konnten sich das vorstellen und sind
Millionäre geworden. Aber vielleicht ist es ja gar nicht dein Wunsch,
Millionär zu werden. Was wünschst du dir denn am sehnlichsten?"
"Am liebsten wäre es mir, wenn alle Menschen reich
wären und jeder das machen könnte, was ihm am Herzen liegt, ohne
anderen Menschen oder der Natur dabei zu schaden."
"Ich schlage Dir eine Reise vor. Auf unserem
Planeten Freegaia haben wir dieses Ziel bereits erreicht. Du brauchst
es dir nur abzuschauen und auf der Erde zu verbreiten. Das ist unser
Geschenk an euch Menschen."
"Wie kann ich denn durch das Raum-Zeit-Dingsbums..."
"Stell es dir einfach vor, ich begleite dich."
Es war eigenartig. Es schien mir, als ob ich an zwei
Orten gleichzeitig war: während ein Teil von mir weiterhin im Wald
spazierenging, flog der andere mit Very durchs Universum.
Wir näherten uns einem Sonnensystem und bald schon
schwebte sie vor uns: Freegaia, ein wunderschöner blauer Planet, ganz
ähnlich unserer Erde. Sanft tauchten wir in die Atmosphäre ein und
landeten mitten in einem wunderschönen Park, ähnlich einem riesigen
englischen Garten. Unbeschreiblich schöner Duft wurde von den Pflanzen
ausgeströmt. Ab und zu huschte fast lautlos ein kleines Luftfahrzeug
über unsere Köpfe. Doch da: inmitten der Pflanzen standen Häuser. Sie
sahen nicht aus wie unsere Häuser, sie fügten sich so in die Natur ein,
dass man sie von weitem gar nicht als Häuser erkannte. Die Menschen,
die uns begegneten, grüßten alle freundlich. Sie schienen glücklich zu
sein. Mensch und Natur lebten in Harmonie zusammen.
"Wie habt ihr das alles so hingekriegt? Kannst du mir etwas über eure Technologie sagen?"
"Technologie war noch nie ein Problem," sagte Very, "das
Problem, das es zu lösen galt, lag im Denken der Bewohner und in der
Wirtschaft. Durch Mangeldenken hatten unsere Vorfahren sich ein
Wirtschaftssystem erdacht, das von Konkurrenzkampf geprägt war.
Inzwischen ist unser Zusammenleben und damit unsere Wirtschaft geprägt
von Überfluß, Reichtum und Liebe zur Natur und allem was existiert."
Very gab mir einen kurzen Abriß über die Geschichte auf seinem Planeten:
 
 
 


Die Ramofl
"Vor geraumer Zeit hatten sich einige raubende, mordende
Fleischfresser (Ramofl) immer mehr an die Macht gebracht, indem sie
Kraft ihrer kriegerischen Überlegenheit schwächere Menschen ermordet
und ihrer Lebensgrundlage beraubt hatten. Damit sich die Ramofl nicht
selbst auffraßen, wurden mächtige Gesetzbücher geschrieben, in denen
jegliche Kleinigkeit geregelt wurde. Denn Verstand und Ethik der Ramofl
reichten für ein friedliches Miteinander nicht aus. In diesen
Gesetzbüchern standen aber auch so sinnvolle Anweisungen, wie "Du
sollst nicht töten". Das mußte den Ramofl ausdrücklich gesagt werden!
Während den Raubzügen der Ramofl wurden diese Gesetze entweder außer
Kraft gesetzt, oder man definierte die Gegner als "Wilde", die es zu
missionieren oder auszurotten galt. Nach den Raubzügen führten dann
"humanistische" Ramofl gleiches Ramofl-Gesetz für alle ein. Damit wurde
Stabilität erzeugt und die neuen Machtverhältnisse einzementiert.
Die Hauptillusion der Ramofl war das Mangeldenken. Es war scheinbar
nicht genug für alle da. Ihre Lieblingsbeschäftigung war deshalb der
Kampf bzw. Konkurrenzkampf. Es mußte Sieger und Verlierer geben. Da
Töten verboten war und die meisten Wilden sowieso schon ermordet oder
missioniert waren, verlagerten ehrgeizige Ramofl ihre Aktivitäten auf
andere Gebiete, nämlich Wirtschaft, Sport und Spiel. In Sport und Spiel
konnten sie auf relativ ungefährliche Weise ihren Konkurrenzkampf
ausleben. In der Wirtschaft hingegen führte der Ramoflismus zu immer
mehr sozialer Ungerechtigkeit. Die Kluft zwischen Armen und Reichen
wurde immer größer.
Auf Freegaia gab es immer schon Leute, die die Natur beobachteten
und ihre Gesetze zu ergründen suchten. In früheren Zeiten hatte man sie
als Ketzer verbrannt. Als sich aber später ihre Erkenntnisse
militärisch nutzen ließen, wurden sie zu Wissenschaftlern ernannt.
Naturbeobachter, die keine militärisch nutzbaren Entdeckungen brachten,
nannte man Scharlatane und gab sie der Lächerlichkeit preis. Mit der
Zeit wurde das Klima liberaler und immer mehr Staaten konvertierten zu
Demokratien. Kurz vor dem Neuen Zeitalter begannen sich die
Beobachtungen der Wissenschaftler und der Scharlatane immer mehr zu
decken. Man fand Entsprechungen zwischen den Naturwissenschaften, der
Philosophie und den Religionen und begann sie auf Politik und
Wirtschaftslehre zu übertragen.
Man verglich die Wirtschaft mit der Natur:
Die Natur produziert Nahrung aus sich selbst heraus und schenkt sie
ihren Lebewesen. Wenn die Natur in Ordnung ist, herrscht Überfluß, d.h.
es ist mehr Nahrung da, als gebraucht wird. Die Nahrung ist vergänglich
und kann nur eine bestimmte Zeit gelagert werden. Und es gibt keine
Zinswirtschaft. Deshalb kommen Pflanzen und Tiere nicht auf die Idee,
mehr zu horten, als sie brauchen. Dadurch gibt es keine "reichen" und
"armen" Tiere oder Pflanzen. Und noch etwas: Ob und wie hart Tiere für
ihre Nahrung arbeiten, ist von Lebensform zu Lebensform sehr
verschieden. Jedes freilebende Tier verhält sich seinem Wesen
entsprechend. Will man ein Tier in Gefangenschaft zur Arbeit bringen,
muß man es ständig dazu antreiben. Kein Tier würde für ein "Recht auf
Arbeit" kämpfen."
"Die Nahrung in der Wirtschaft ist das Geld. In der damaligen Zeit
schenkte der Staat seinen Bürgern noch kein Geld. Im Gegenteil, er
forderte sogar noch Steuern von ihnen. Es herrschte kein Überfluß an
Geld, sondern der Mangel war so groß, daß sich die Staaten jedes Jahr
aufs Neue verschulden mußten. Man achtete peinlich auf die Stabilität
des Geldes, damit es seinen Wert auch noch nach langen Zeiträumen
behielt. Es gab Zinswirtschaft, d.h. sowohl die Guthaben, als auch die
Schulden wurden immer höher. Die Bürger, setzten alles daran, Geld zu
horten und anzuhäufen. Die Reichen wurden immer reicher und die Armen
wurden immer ärmer. Und was die Arbeit betraf: die meisten Bürger
verrichteten ähnliche Arbeiten, die selten ihrem Wesen entsprachen.
Obwohl sie diese wesensfremden Arbeiten nicht gerne taten, hatten sie
sich das Recht auf Arbeit zuvor hart erkämpft. Trotz dieses Rechtes
waren große Teile der Weltbevölkerung arbeitslos. Auf der anderen Seite
herrschte ein Überfluß an Waren- und Dienstleistungsangeboten.
Die Wirtschaft verhielt sich damals also genau entgegengesetzt zur Natur.
 
 


Der Kreislauf von Werden und Vergehen
Wir mußten nur unsere wirtschaftlichen Gepflogenheiten
umpolen und in Einklang mit der Natur bringen. Diese Erkenntnis war der
Schlüssel zum Neuen Zeitalter!
So entwickelten wir unser neues Wirtschaftsmodell, das noch heute
auf dem gesamten Planeten praktiziert wird und allen Beteiligten
Reichtum und Glück beschert, die NATÜRLICHE ÖKONOMIE. Joytopia hat wie
jeder Staat auf Freegaia die Geldhoheit. Jeder Staat produziert sein
Geld aus sich heraus und schenkt es seinen Bürgern. Zunächst hatten
Joytopia und die anderen Staaten einen General-Schuldenerlaß
beschlossen. Um niemand zu schädigen, überwiesen die Staaten den
Gläubigern das ihnen zustehende Geld. Danach wurde die Zinswirtschaft
abgeschafft. Seitdem haben wir eine "vergängliche" Währung. Es macht
also keinen Sinn, Geld über längere Zeit zu horten, da es rapide an
Wert verliert."
"Vergängliche Währung? Bei uns nennen wir das Inflation!"
"Das Wort Inflation stammt aus dem Sprachgebrauch des alten
Wirtschaftssystems und trifft den Sinn nicht. Wir sprechen von
NATÜRLICHER ÖKONOMIE, d.h. dem natürlichen Kreislauf von Werden und
Vergehen."
"Wie hoch ist die "Vergänglichkeitsrate" auf Freegaia?"
"Anfänglich hatten wir etwas herumexperimentiert. Inzwischen
haben sich alle Staaten auf 100% pro Jahr geeinigt. Das heißt, nach
einem Jahr hat das Geld nur noch die Hälfte seines ursprünglichen
Wertes."
"Das heißt, wenn dieses Jahr eine Brezel eine Mark kostet, kostet sie in drei Jahren 8 Mark?"
"Wir unterscheiden zwischen Bewertung und Bezahlung. Die
Bewertung erfolgt in Punkten und bleibt konstant. Die Brezel mit dem
Wert von 1Punkt hat nach 3 Jahren immer noch den Wert von einem Punkt.
Unser Zahlungsmittel heißt FREE, das bedeutet "Freie
Energie-Einheit". Der FREE wird gekennzeichnet mit der Jahreszahl.
Beispielsweise "FREE 2000". Der Wert des Zahlungsmittels FREE wird
vierteljährlich verändert : Im 1. Quartal ist 1 Punkt = 1FREE, im 2.
Quartal 1,25 FREE, im 3. Quartal 1,5 FREE und im 4. Quartal 1,75 FREE.
Anfang 2001 ist 1 Punkt = 2 FREE 2000 bzw. 1FREE 2001. In der
Übergangszeit zwischen den Jahren werden die Konten in alter und neuer
Währung parallel geführt, ähnlich, wie Ihr das jetzt mit DM und EURO
macht. Die Umrechnungsfaktoren sind kinderleicht zu merken. Sie stehen
im Einklang mit den vier Jahreszeiten und mit der Musik."
"Mit der Musik?"
"Ja, sie entsprechen der natürlichen Obertonreihe, auf der das
gesamte Universum aufgebaut ist. Es sind nämlich Grundton, Terz, Quint
und kleine Septime."    
 

Grundeinkommen für alle
"Müsst Ihr dann jedes Jahr neues Geld drucken?"
"Ja, Bargeld wird jährlich neu gedruckt . Das alte Geld kann im
Folgejahr im Kurs von zwei zu eins umgetauscht werden. Da gibt es kein
Problem."
"Wie funktioniert das nun im täglichen Leben?"
"Der Staat schenkt jedem Bürger – gleich welchen Alters – einen
monatlichen Grundbetrag von 1000 Punkten, der die Lebenshaltungskosten
deckt. Eine Mutter mit zwei Kindern erhält also einen Betrag im Wert
von 3000 Punkten monatlich. Dadurch sind Familien oder Alleinerziehende
gegenüber Singles nicht mehr benachteiligt."
"Gibt es denn noch Warenkataloge? Die müßten ja jeden Monat neu gedruckt werden!"
"In den Katalogen ist immer der Punktwert angegeben. Der bleibt stabil."
"Dann muss ich den Preis immer ausrechnen?"
"Nun, das ist ganz einfach: Wie schon gesagt, haben wir nach
einem Vierteljahr den Kurs eineinviertel, nach einem halben Jahr
eineinhalb und nach einem dreiviertel Jahr eindreiviertel.
Das klingt für euch vielleicht etwas ungewohnt, aber bedenke, was
alles dafür wegfällt: Steuern, Krankenkasse, Rentenversicherung..."
"Wieso das denn?"
"Da der Staat sein Geld selbst erzeugt, braucht er keine Steuern
einzutreiben. Das bedeutet: keine Finanzämter, keine Buchhaltung, keine
Schwarzarbeit und viel weniger Verwaltung. Der Staat finanziert soziale
Leistungen, wie Gesundheitswesen, Pflege, Renten, Notfallhilfe usw.
Versicherungen und Sozialabgaben sind überflüssig geworden."
"Wer arbeitet dann denn überhaupt noch?"
"Es ist wie in der Natur: Jeder beschäftigt sich seinem Wesen
entsprechend. Wer gerne Brot bäckt, bäckt Brot, wer gerne musiziert,
macht Musik. Manche Bürger üben mehrere Berufe aus, weil es ihnen Spaß
macht, vielseitig zu sein. Andere legen sich eine Zeit lang auf die
faule Haut. Aufgrund der Vergänglichkeit des Geldes will jeder sein
Geld schnell ausgeben und sich dafür irgendeinen Luxus leisten. Die
Wirtschaft – insbesondere Kleingewerbe, Dienstleistungen und Kunst –
floriert bei uns wie noch nie. Andererseits arbeitet jeder nur soviel,
wie es ihm Spaß macht, deshalb gibt es keine Überproduktion, die die
Umwelt unnötig belastet.
"Wie haltet ihr es mit dem Umweltschutz?"
"Der Staat finanziert Projekte zum Umweltschutz. Je nach
Umweltfreundlichkeit werden Industriezweige subventioniert. Die
Erforschung alternativer Energien wird ebenfalls vorangetrieben.
Außerdem wurde das Urheberrecht abgeschafft."
"Was hat das mit Umweltschutz zu tun?"
"Nun, alle neuen Ideen und Erfindungen gehören der Allgemeinheit.
Stell dir vor, wir hatten über 100 Jahre damit vergeudet, unsere
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren anzutreiben. Entsetzlicher Gestank
hatte sich über den Planeten ausgebreitet. In manchen Großstädten
wurden Sauerstoffautomaten angebracht, wo die Leute gegen Geld frische
Luft tanken konnten! Jede Fahrzeug-Fabrik beschäftigte damals ihr
eigenes Forschungs- und Entwicklungsteam, das seine Ergebnisse
geheimhielt oder patentieren ließ. Am Ende ließ man fast jede einzelne
Schraube patentieren. Kein Wunder, daß die Entwicklung nicht voranging.
Nachdem das Urheberrecht abgeschafft war und jeder seine Ideen und
Erfindungen frei verschenkte, entwickelten wir in wenigen Monaten den
Null-Energie-Antrieb! Wie bei einem großen Puzzlespiel brachte jeder
Erfinder und Entwickler seinen Stein an die richtige Stelle."
 
 


Freies Schenken
"Du verwendest oft den Begriff "Freies Schenken". Was meinst du genau damit?"
"Freies Schenken ist ein wesentlicher Bestandteil unseres
Wirtschaftssystems. Während es früher darauf ankam, möglichst hohe
Gewinne zu erzielen, gilt es beim Freien Schenken mit möglichst wenig
Aufwand sich selbst und anderen möglichst großen Nutzen oder möglichst
große Freude zu bereiten. Dabei ist eine direkte Gegenleistung nicht
erforderlich, weil Nutzen und Freude von selbst auf den Frei
Schenkenden mehrfach zurückfallen.
Ein gutes Beispiel ist der Frei Schenkende Staat: Er braucht
lediglich die Bank-Computer zu veranlassen, Geld auf die Konten der
Bürger zu überweisen, und schon gibt es keine Armut mehr. Der
allgemeine Reichtum der Bürger fällt automatisch auf den Staat zurück.
Der Staat und seine Bürger sind ohnehin ein und das selbe.
Ein anderes Beispiel ist das, was ihr Nachbarschaftshilfe nennt:
Ein Freund hilft dem anderen auf dem Gebiet, was er am besten kann, und
was dieser gerade braucht. Oder man hat einen bestimmten Gegenstand
übrig, den ein anderer gebrauchen kann. Wenn man ihn verschenkt, hat
man selbst wieder Platz, und der andere hat den begehrten Gegenstand.
Da Geld sowieso im Überfluß vorhanden ist, hat es an Wichtigkeit
verloren. Wir alle sind freigiebiger geworden und haben einen riesigen
Spaß am Schenken!"
"Wer macht bei Euch die Dreckarbeit?"
"Durch die rasante technologische Entwicklung haben Dreckarbeiten
stark abgenommen. Unsere Häuser sind mit Kompost-Toiletten
ausgestattet, die absolut geruchsfrei sind. Alles Verpackungsmaterial
und die meisten Gebrauchsgegenstände sind kompostierbar. Unsere Häuser
werden im Baukastensystem gebaut, das aus natürlichen Materialien
besteht. Schwere und unbeliebte Arbeiten werden von Maschinen erledigt.
Die verbleibenden unangenehmen Arbeiten werden entweder aufgeteilt oder
entsprechend hoch bezahlt. Schon mancher hat sich mit ein bißchen
Drecksarbeit einen wundervollen Urlaub finanziert."
 
 

Finanzierungen und Geldanlagen

"Apropos finanzieren – wie könnt ihr große Beträge finanzieren, wenn das Geld ständig an Wert verliert?"
"Kredite werden in Punkten vergeben. Der Punktwert bleibt stabil
und wird nicht verzinst. Da die Staaten nicht mehr verschuldet sind und
die Steuern wegfallen, ist der Bedarf an Krediten drastisch
zurückgegangen."
"Gibt es noch so etwas, wie Geldanlagen?"
"Ja, einmal kann man sein Geld verleihen, also Privatkredite
vergeben, zum anderen kann man sich finanziell an Projekten beteiligen,
so ähnlich wie bei Euch mit Aktien. In beiden Fällen wird nach
Punktwert abgerechnet. Allerdings ist auch der Bedarf an Geldanlagen
zurückgegangen. Schließlich ist jeder jederzeit versorgt. Man muss also
kein Geld mehr anhäufen um schlechten Zeiten vorzubeugen. Die Angst vor
dem Nichtversorgtsein hat sich aufgelöst. Wir leben alle viel mehr im
Hier und Jetzt. Und im Hier und Jetzt sind wir versorgt. Oft
verschenken wir auch einen Teil unseres überschüssigen Geldes."
"Wirklich?"
"Ja, wenn jemand ein Projekt plant und noch Geld dazu braucht,
schreibt er einen Rundbrief an seine Freunde. Diejenigen, denen das
Projekt gefällt, unterstützen ihn und schicken den Rundbrief wieder an
ihre Freunde. So kann es sein, dass er reichliche Unterstützung von
Leuten bekommt, die er vorher noch nicht kannte. Wir nennen das auch
Here-and- Now-Finanzierung, Finanzierung im Hier und Jetzt."
"Und das funktioniert?"
"Kommt auf den Menschen und auf das Projekt an. Egotrips lassen
sich so nicht finanzieren. Ihr kennt dies Prinzip als Spenden. Meist
spendet ihr für einen sogenannten guten Zweck, um z.B. Menschen in Not
zu helfen. Bei uns gibt es keine Not mehr, aber es gibt mehr oder
weniger gute Zwecke."
"Und Ihr seid wirklich so freigiebig?"
"Einige mehr, andere weniger. Jeder nach seinem Willen. Bedenke,
wir haben das Geld sowieso im Überfluss. Wenn wir es behalten, verliert
es an Wert. Und wir bekommen immer mehr neue Freunde, dadurch dass wir
einander helfen. Wenn wir mal was brauchen, wird uns auch geholfen."
"Die Sache erinnert mich etwas an Kettenbriefe und
Schneeballprinzip," bemerkte ich, "ich weiß nicht, ob das bei uns
erlaubt ist. Jedenfalls hat es einen schlechten Ruf."
"Warum hat es bei euch einen so schlechten Ruf?"
"Weil einige wenige Leute auf Kosten vieler anderer reich werden."
"Gilt das nicht für eure ganze Wirtschaft?"
"Doch!"
"Das Schneeballprinzip entlarvt euer gesamtes Wirtschaftssystem!
Wir benützen das Schneeballprinzip vor allem um Informationen zu
verbreiten. Es ist die einfachste und schnellste Methode, neue
Informationen unter die Leute zu bringen. Wenn jeder die Information an
durchschnittlich vier Freunde weitergibt, ist nach 16-17
Weitergabe-Generationen eure gesamte Menschheit informiert. Verstehst
du, warum man das Schneeballprinzip in Verruf gebracht hat?"
"Ich glaube, mir dämmert`s langsam!
"Außerdem hat es noch einen Vorteil: Jeder gibt nur die
Informationen weiter, von deren Richtigkeit und Wichtigkeit er
überzeugt ist. Eure Massenmedien können Euch alles erzählen, was ein
paar Entscheidungsträger bestimmen."
"Es können aber auch Gerüchte entstehen. Das ist wie bei dem Spiel
"Stille Post", wo einer dem anderen etwas ins Ohr flüstert und am Ende
etwas ganz anderes herauskommt."
"Das stimmt. Deshalb ist es wichtig, immer auf die Quelle, also
den Urheber zu verweisen. So kann jeder sich bei der Quelle informieren
und dann entscheiden, ob er die Information weitergibt."
"Wie soll das gehen?"
"Auf eurer Erde habt Ihr das Internet. Ist es nicht jetzt schon
so, dass jeder, der etwas bekanntgeben will, seine Homepage hat? Es
kann also jeder beim Urheber nachlesen."
"Aber was ist bei eurer Here-and-Now-Finanzierung denn anders als bei unserem verpönten Schneeballprinzip?"
"Es ist die Einstellung zum Mitmenschen und zum Geld. Bei uns
geht es um Freies Schenken. Wir machen anderen ein Geschenk, das helfen
soll, ihre Wünsche und Projekte zu realisieren. Da jeder Geld im
Überfluß hat, das außerdem schnell seinen Wert verliert, fällt das
Schenken leicht. Dazu kommt das Glücksgefühl, anderen geholfen zu
haben. Freust du dich nicht auch, wenn du anderen helfen kannst?"
"Ja, wenn ich es ganz freiwillig tue, ganz gleich ob es jemand von mir erwartet oder nicht, dann fühle ich mich wohl dabei."
"So ist das beim Freien Schenken. Es ist absolut freiwillig und macht Spaß."
"Ich möchte noch etwas über die Here and Now Finanzierung wissen.
Theoretisch könnte jeder ein oder mehrere solche Here and Now-
Finanzierungen anleiern. In der Summe müßte sich das dann ausgleichen."
"Einmal muss der Zweck für die anderen plausibel sein. Außerdem
hat nicht jeder zur selben Zeit ein großes Projekt, für das er viel
Geld benötigt. Im Neuen Zeitalter betrachten wir das Geld nicht mehr
statisch, das heißt, wir fragen nicht mehr danach, wer wieviel Geld
hat. Das statische Geld verliert seinen Wert sehr schnell. Im Neuen
Zeitalter regiert das dynamische Prinzip. Jetzt geht es darum,
möglichst viel Geld möglichst schnell zu bewegen. Durch die Bewegung
entsteht Wertschöpfung (Ein Haus, ein Auto oder was auch immer).
Außerdem ist nach der Ausgabe das Geld nicht weg. Es hat nur jemand
anders, der es auch wieder so schnell wie möglich ausgeben will.
Dadurch entsteht wieder Wertschöpfung und so weiter.
Wir betrachten das ganze sowieso mehr als Spiel."
"Als Spiel??"
"Ja, das Geld hat längst nicht mehr den Stellenwert, wie bei
Euch. Da jeder genug Geld hat, kann man niemanden mehr mit Geld
zwingen. Geld ist nur noch ein Motivationsmittel, kein Machtmittel.
Alles ist spielerisch geworden. Arbeit ist Spiel, Handel ist Spiel. Wer
nicht mitspielen will, hat halt etwas weniger Geld zur Verfügung, aber
immer noch mehr als genug zum Leben."
"Gibt es dann noch so was wie Konkurrenzkampf?"
"Im spielerischen Sinne ja. Sicher sind manche "Spiele"
erfolgreicher als andere. Aber: Es kann keine wirklichen Verlierer
geben."
"Werden die "Spiele" vom Staat kontrolliert?"
"Da der Frei Schenkende Staat keine Steuern kennt, besteht kein
Grund dazu. Überhaupt sieht sich der Staat nicht mehr als
Kontrollorgan, sondern als die Gesamtheit seiner Bürger. Staat und
Bürger sind eins. Insofern hat der Staat nur ein Interesse: die
Interessen seiner Bürger zu fördern."
 

Der Übergang
"Jetzt bewegt mich noch eine wichtige Frage: Wie habt ihr den
Übergang vom alten zum Neuen Zeitalter bewerkstelligt? Wie habt ihr
JOYTOPIA geschaffen? Hat es Widerstände gegeben? War der Übergang
gewaltfrei möglich?"
"Du erinnerst dich, daß kurz vor dem Übergang die meisten Staaten
schon Demokratien waren. Das war sehr gut so. In einer Demokratie kann
man alles ändern, wenn man die nötige Mehrheit hat. Weißt du noch, wie
auf deinem Planeten sogar in Diktaturen friedliche Veränderungen
vollbracht wurden? Ich denke an Indien oder an die Wiedervereinigung
Deutschlands. In Demokratien ist das noch viel leichter.
Es begann damit, daß auf Freegaia einige Bürger die neuen
Gesetzmäßigkeiten entdeckten und zu einem Staatsmodell formten. Dieses
Modell des FREI SCHENKENDEN STAATES nannten sie JOYTOPIA und
verbreiteten es nach dem Schneeballprinzip. Sie schrieben ein Papier
und gaben es an Freunde weiter. Diese gaben Kopien des Papiers an ihre
Freunde und so weiter. Andere verbreiteten den Text in
Computernetzwerken. Das ging dann noch schneller. Der Text wurde in
viele Sprachen übersetzt und in alle Länder verteilt. Nach ca. 16
Weitergabe - Generationen war die gesamte Bevölkerung informiert.
Parallel dazu begannen Gemeinschaften, Freundeskreise und Vereine die
natürliche Ökonomie zu erproben. In Tauschringen, die damals eine Art
Ersatzwährung hatten, begannen sie den FREI SCHENKENDEN Staat zu
simulieren. Andere erprobten die Here and Now - Finanzierung und das
FREIE SCHENKEN im Geschäfts- und im Privatleben. Die Ergebnisse wurden
zusammengetragen und das Modell wurde immer mehr verfeinert. Als es
perfekt war, wurden weltweit Wahlen veranstaltet. Das Ergebnis war
überragend: Der weitaus größte Teil der planetarischen Bevölkerung
entschied sich für das neue Modell der natürlichen Ökonomie."
"Gab es auch Widerstände?"
"Ja! anfänglich hatten viele Leute Angst um ihren Besitz. Die
planetarischen Banken, die die Staatsverschuldung mitverursacht hatten,
versuchten zu sabotieren, wo sie nur konnten. Die weltweite Aufklärung,
die sich vollzog und die Bevölkerung des ganzen Planeten zum Erwachen
brachte, brachte dann auch den Umschwung: Es begannen selbst Mitglieder
der planetarischen Banken, sich für die natürliche Ökonomie
auszusprechen. So löste sich der anfängliche Widerstand in Frieden und
Wohlgefallen auf."
"Ging nach der erfolgreichen Wahl dann alles glatt?"
"Natürlich gab es Anfangsschwierigkeiten. Die standen aber in keinem Verhältnis zu den Problemen des alten Zeitalters."
"Lieber Very, guter Freund! Ich danke Dir von Herzen für diese
Informationen! Eine letzte Frage habe ich noch, bevor ich zurückgehe:
Wo genau liegt Freegaia?"
"Eben war es noch auf einem anderen Stern.
Jetzt ist es tief in deinem Herzen. Viel Glück!"

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Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Bernd Hückstädt).
Der Beitrag wurde von Bernd Hückstädt auf e-Stories.de eingesendet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.02.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Die Welt und der Inhalt des vorliegenden Buches orientieren sich am Leben des Titelhelden und Protagonisten Jusup W. Doch zum Roman gehören auch literarische Fiktionen und der spielerische Umgang mit der so genannten Realität. Unter Umständen bestehen zwischen dieser und in dem, wie Personen und Ereignisse im Buch gezeigt werden, gewisse Differenzen. Manche Übereinstimmungen mit dem realen Leben sind dagegen reiner Zufall und natürlich völlig ungewollt, anderes könnte sich hingegen wirklich so ereignet haben. Wichtig in diesem Spiel mit der Fiktion ist das, was wirklich bleibt!

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