Wolfgang Urach

Kölschkönig

Isabel & Frank und Nathalie & Steffen hatten einen super Abend verbracht: am Anfang ihr Lieblingscocktail „Flash Subite“ in ihrer Stammkneipe, um warm zu werden; dann ein kleines Kölsch-Bier, auf einem Bein kann man nicht stehen … Die Jungs eine Runde Billiard; die Mädels einen Kurz-Austausch über die neusten Sonderangebote ihrer liebsten Modeboutiquen.
Ein zweites Bierchen; dann das Gala-Dinner beim Italiener; der 24. Geburtstag von Steffen musste doch gefeiert werden; und das mit diesem echten Bordeaux Supérieur sowieso.
Und dann: Überrraschung. Das ganze Restaurant in Dunkelheit getaucht. Die Geburtstagstorte mit 24 Lichtern; und Champus dazu.
Danach hopp in die Disse. Hier vor dieser unendlich andauernden Techno-Rhythmus-und-Flashlichter-Kulisse wurde Steffen seinem Ruf wieder gerecht: der Kölsch-König ! Und er wurde auch diesmal von keinem der Mittrinker überboten.

 
Als die 4 also leicht bekölscht morgens um 4 die Diskothek verliessen, wollten die beiden Pärchen jeweils den Abend mit einem Intim-Kapitel „im warmen Stübchen“ beschliessen. Die Hemden verschwitzt, das Makeup der Mädchen in Streifen auf dem Gesicht verteilt oder schon auf dem Klo zum Teil entfernt, der Gang müde: selbst für trainierte Studis war das ein harter Abend !
 

 
Steffen setzte sich ganz natürlich auf den Fahrerplatz seines Ford Fiesta. Frank auf dem Beifahrer fühlte diesmal, wie sehr er las Beifahrer gebraucht werden würde. Die zwei Freundinnen in Klatschlaune hinten.
 

 
Sie kamen auf die Bundesstrasse, als Steffen zwei Wagen auf dem Standstreifen entdeckte.
 
„Mist ! Die Bullen.“
 
„Bist du sicher“, fragte sein Kopilot.
 
„Hundertprozentig“, sagte der plötzlich Ernüchterte. „Hier kontrollieren die immer Samstagnacht.“
 
„Scheisse, hast du ein Kaugummi“, fragte Frank seine Freundin.
 
„Mensch“, unterbrach Steffen die Rettungsinitiative, „die Bullen sind zwar blöd, aber bescheuert sind se auch wieder nicht.“
 

 
Sie verlangsamten den Fiesta.
 
Ein beschnäuzter Bulle schwenkte seine beleuchtete Bullenkelle, um sie zum Anhalten zu bringen.
 

 
Der Ford hielt an; und wie ein Rakete schoss Steffen hervor.
 
„Meine Frau“, schrie er den Polizisten an.
 

 
„Ihre Wagenpapiere bitte“, antwortete der Bullen-Automat.
 
„Sie hat ihre Wehen“, Steffens Stimme überschlug sich.
 
„Sie…“ versuchte der Polizist langsam zu verstehen.
 
„Ich bitte Sie, wir waren zu Tisch, und ging es los.“
 

 
Der Freund und Helfer schaute mit einem Rest an Misstrauen auf die Rückbank des Fiesta, wo die beiden Frauen bleich sassen. Er konnte sie aber nicht klar erkennen, da die Vordersitze sie halb verdeckten.
 
„Gut, folgen Sie uns !“
 

 
Steffen setzte sich wieder an das Steuer seines Ford Fiasko.
 

 
„Also, was ist los ?“ fragte Nathalie, die das Gespräch nicht gehört hatte.
 
„Die machen ihr Blaulicht und das Martinshorn an.“ kommentierte Frank.
 
„Was hast du denen erzählt ?“ beharrte Nathalie.
 
„Du bist schwanger.“ erklärte Steffen.
 
„Was ?“
 
„Die machen uns den Weg frei zum Krankenhaus; ist das nicht nett ?“
 
„Bist du verrückt geworden oder was ? So ‘n Scheiss zu erzählen. Mann, wie kommen wir bloss da wieder raus !“
 
„Mädels, alles unter Kontrolle !“ sagte der Kölschkönig; und in dem Moment war er der einzige,der daran glaubte.
 

 
Das Blaulicht fuhr ihnen voraus; sie überquerten die Kreuzungen ungehindert wie in einem amerikanischen Film.
 
„Aber…“ versuchte Nathalie, die es mit der Angst zu tun bekam.
 
„Ist schon ok.“ sagte Steffen.
 

 
Sie fuhren das Stadtzentrum, nicht mehr weit vom Stadtkrankenhaus entfernt. Auf einer kleinen Kreuzung fuhr der Streifenwagen geradeaus; nur Steffen bog rechts ab und drückte aufs Gas.
 

 
„Mensch, bist du bescheuert oder was ?“ rief Nathalie.
 
„Nein, aber wir sind gerade die Bullerei losgeworden.“
 
Frank begann nervös zu lachen; die Mädchen zogen es vor, sich in Schweigen zu hüllen.
 
Der Fiesta jaulte hochtourig durch die Stadt, und sie entfernten sich rasch von der Kreuzung, an der sie dem Streifenwagen nicht mehr gefolgt waren.
 
Steffen brachte seine Freunde nach Hause; Nathalie war aufgekratzt und wollte nicht, dass er bei ihr blieb. „Dann bis zum nächsten Mal“, dachte Steffen, „auf jeden Fall war sie sehr müde gewesen…“
 

 
Als Steffen in die Strasse einbog, wo seine Eltern lebten, erstarrte er. Vor der Haustür stand ein Streifenwagen. Er hielt und stieg aus.
 
Der Schnauzbart erwartete ihn schon: „Herr Steffen Gabriel.“
 
„Ja, das bin ich, glaube ich.“
 
„Wo ist denn Ihre Frau ?“ fragte Schnäuzer.
 
„Im Krankenhaus“, sagte Steffen bewusst ruhig.
 
„Junge, dich scheint ja nichts umzuwerfen“, sagte der Polizist.
 
„Wenn Sie es sagen“, sagte Stefen möglichst cool.
 
„Ein Ratschlag: Wir die Bullen sind sicher dümmer, als die Polizei erlaubt; aber ein KFZ-Zeichen lesen können wir noch, wenn wir ein Auto anhalten. Das nächste Mal bist du dran. Dieses Mal sprechen wir dir unsere Anerkennung für dein Improvisationstalent aus.“
 
„Äh … danke.“
 
„Danke uns das nächste Mal, wenn wir dir eine Knolle aufschreiben.“
 
Die Wagentür schlug zu; und sie liessen den Kölschkönig alleine in der Dunkelheit vor der Haustür seiner Eltern, wo jetzt Licht gemacht wurde.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.03.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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