Mara lehnte sich zurück und schloss die Augen. Schuldig im Sinne der
Anklage! Wie Trommelwirbel dröhnten die Worte des Richters in ihrem
Kopf. Schuldig ihre kleine, süße Tochter umgebracht zu haben. Bevor
Mara sich gefangen hatte klickten die Handschellen. Die Wachmeisterin
führte sie aus dem Gerichtssaal in den Transporter, der sie in die
Frauenanstalt der Justiz bringen würde. 7 Jahre Haft hatte der Richter
verhängt, 7 Jahre, in denen sie nicht frei sein wird, 7 lange Jahre, in
denen sie nicht zum Grab ihres Kindes gehen kann. Im Gefängnis wird sie
untersucht, muss ihre Sachen abgeben und bekommt die Anstaltskleidung.
Eine Justizvollzugsbeamtin bringt sie in die kleine, spärlich
ausgestattete Zelle. Die anderen Häftlinge, die ihr auf dem Weg
begegnen schauen sie verächtlich an. Hier, im Knast herrscht ein
eigenes Gesetz. Wer einem Kind etwas angetan hat, noch dazu das eigene
Töchterchen qualvoll erstickt hat steht in der Hierarchie ganz unten.
Die Beamtin weiss das und schliesst die Tür hinter ihr rasch zu.
Mara ist endlich allein, das erste Mal seit dem Beginn dieses
Alptraumes. Lenchen! Ihr süßes, heissgeliebtes Töchterchen. Mara laufen
heisse Tränen über`s Gesicht. Irgendwann während der Verhandlung war
sie soweit gewesen, dass sie fast geglaubt hätte ihr Kind umgebracht zu
haben. Wieso hat ihr nur keiner geglaubt? Ihr Alibi war hieb- und
stichfest. Sie hatte an diesem furchtbaren Tag beim Friseur gesessen,
stundenlang, weil ihr Mann ihr eine Dauerwelle geschenkt hatte. Als sie
heimkam war die ganze Strasse voller Polizeiwagen. Der Wagen des
Bestatters stand genau vor dem Eingang. In der Minute, als Mara das
Haus betreten wollte trugen sie einen kleinen weissen Sarg heraus. Mara
wollte hinlaufen, aber ein Polizist hielt sie zurück. Er fragte nach
ihrem Namen. Sie sagte in mechanisch und fragte, was hier los sei.
Statt einer Antwort wurde sie sofort festgenommen. Auf der Wache erfuhr
sie, dass ihr Lenchen im Bett erstickt worden sei. Ihr Mann hatte
sofort ausgesagt, dass nur sie, Mara in Betracht käme. Im Prozess wurde
regelrecht nach Beweisen ihrer Schuld gesucht, wie es ihr schien. Die
Schwiegermutter klagte das sie eine Rabenmutter gewesen sei. Eine
Freundin berichtete sensationslüstern das sie gerade einige Tage vor
dem Verbrechen die kleine Lena recht brutal vom Kindergeburtstag
abgeholt habe. Die Kleine habe geweint, weil sie nicht mit wollte.Ihre
eigene Mutter lamentierte, dass Mara mit dem Kind völlig überfordert
gewesen sei. Was half da noch die Aussage des Friseurs und seiner
Angestellten, die bestätigten, dass Mara stundenlang dort gewesen war?
Erst beim Verlesen der Anklageschrift erfuhr Mara genau, wie
schrecklich ihre Tochter gestorben war. Schuldig im Sinne der Anklage.
2 Jahre dauerte es, bis der Anwalt endlich die Revisionsverhandlung
durch bekam. 2 Jahre hinter Gittern, in denen sie jeden Kontakt nach
draussen verlor. Auch ihr Mann, von dem sie inzwischen geschieden war
wurde noch einmal gehört. Mara war fassungslos, als plötzlich von einer
Geliebten die Rede war. Ihr Mann? Nein, dass konnte doch nicht sein.
Maras Gedanken war überall, versuchten die Vergangenheit wieder zu
beleben, Erinnerungen hoch zu holen. "Bitte erheben Sie sich" Die Worte
des Beamten rissen sie aus ihren Tagträumen. Sie stand auf, den Kopf
gesenkt und erwartete nichts Neues. "Im Namen des Volkes ergeht
folgendes Urteil: die Anklagte Mara B. wird wegen erwiesener Unschuld
freigesprochen. Haftentschädigung wird aus der Staatskasse gezahlt"
Mara schaut hoch, ungläubig sieht sie zu, wie der Staatsanwalt einen
Wachmeister ruft, der ihren Ex-Mann festnimmt.
Später steht Mara am Grab ihrer Lena. Der Anwalt hat sie am Gefängnis
abgeholt und auf ihre Bitte zum Friedhof gefahren. Sogar an einen
kleinen Blumenstrauss hat er gedacht. Mara legt die zarten Blüten
vorsichtig auf das kleine Grab. Mara schaut auf das Kindergrab. Die
Tränen, die so dringend kommen müssten um sie zu befreien wollen nicht
laufen. So, als könnte sie nicht glauben starrt sie auf den Grabstein.
Mara wendet sich abrupt ab und geht weg. Der Anwalt wird sie zum
Bahnhof bringen. Mara steigt in den Zug und im nächsten Moment fährt
dieser auch schon los. Weg, nur weg aus dieser Stadt, weg von diesen
Erinnerungen. Während der Zug in Richtung Köln fährt lösen sich die
ersehnten Tränen. Mara merkt es nicht, sie laufen über ihr Gesicht.
Kurz vor dem Bahnhof geht sie in den kleinen Waschraum. Sie wäscht sich
Gesicht und Hände. Ein prüfender Blick in den Spiegel. Sie ist
zufrieden. Als sie in Köln aussteigt atemet sie tief durch, strafft die
Schultern und geht, den kleinen Koffer in der Hand zum Ausgang. Hier
wird sie neu anfangen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.03.2005.
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