Nächtliche Telefonate

Mitternacht ist lang vorbei.
Sie sitzt am Tisch und schreibt.
Schreibt 2 Sätze --- streicht sie wieder.... nein, so kann man es  nicht festhalten,
das ist einfach zu sachlich, es liest sich wie ein  Straßenzustandsbericht.
Nein, dafür geht es ihr zu nahe.
Da muss sie schon etwas ausführlicher werden.
Sie reißt das Blatt vom Block.
Es landet im Papierkorb. Was ist nun ?
Willst du es aufschreiben oder nicht?
Doch sie will .......
Also wie begann alles?

Plötzlich läutet das Telefon.
Um diese Uhrzeit, das kann nur ein lieber Freund sein, der genau weiß, dass sie noch wach ist.
Davon gibt es nur eine Hand voll.
Sie greift zum Hörer. Ein ganz liebes: „Guten Morgen ,“  begrüßt sie.
„Ach, ja, Harry, schön, dass du anrufst, ich bin augenblicklich nicht richtig konzentrationsfähig,
gut dass du  da bist, da können wir  etwas plaudern.

„Ich spürte es einfach, Schatz,spürte, dass du mich brauchst“

„Danke, ja, das ist Seelenverwandtschaft!
Ich schicke dir dafür ein ganz liebes bussy“. 
„Danke, angekommen, pass auf, es kommt eines zurück!“
„Ja, ist schon hier, tut richtig gut“
„Wo brennt es denn ?  nein zuerst  erzählst du mir mal, wie du dich nach dem tollen Artikel über dich
und deine Arbeit , den Super- Pressebericht in der Tageszeitung fühlst, bleibst du noch auf dem Teppich
oder hebst du schon ab ?“

„Ach Schatz, ja ich bin gewachsen um ca 30 cm, die ich für meine Fülle sowieso hätte an Größe haben müssen. Aber nach dem ich meine Pumps von den Füßen schleuderte und meine armen Füße massierte, die solch Schuhwerk nicht mehr gewöhnt sind, bin ich wieder klein und einfach ICH.“

Schallendes Gelächter erfüllte den Raum, das  am Leitungsende voll erwidert wurde.
Dann wurd es wieder still :
„Ach weißt du...“ „Hör auf zu jammern, sonst hänge ich ein“
Ich jammere nicht, stöhne nur !“
„Ich find heut nicht die richtigen Worte, eine Geschichte aufzuschreiben,
sie liest sich so wie eine aufgebrochene Asphaltdecke auf der Autobahn.
zu sachlich  und sehr holprig.“
„Dann lass heut die Finger davon, Schatz, schreib morgen weiter. Dir mus es gefallen,
Du schreibst es, musst es nachempfinden können. Es sind deine Gedanken, die du zu Papier bringst.“
„Komm, lass dich mal knuddeln, du hast so Recht!
Weißt Du, ich werde jetzt ein Glas guten alten Roten genießen und mich langsam zu Ruhe begeben.
Ob sie kommt ist eine andere Sache.
Aber  bitte, lass uns erst  noch etwas reden, Gedanken austauschen.“
„Aber sicher doch........“
Wir quatschen noch fast eine Stunde, aus einem Glas Roten wurden drei.
Nun übermannte uns beide jedoch die Müdigkeit, der Körper behauptet halt sein Recht.
Um 8 Uhr rappelt der Wecker. Also
„Gute Nacht und danke für dein Verständnis, deine Aufrichtigkeit  –  ja, Freunde dürfen – nein
müssen sich die Wahrheit sagen, auch wenn sie nicht immer passt, langen Kuss durch die Leitung,
Gruß an die Familie und entspannte Träume.“
„Danke dito, knuddel dich, schlaf gut.“

Lächelnd legt sie den Hörer auf, räumt zusammen.
Ihr Blick fällt auf  das leere Blatt  Papier, sie setzt sich wieder nimmt einen Stift zur Hand
und schreibt, schreibt fließend, zügig, schreibt sich einfach die Seele frei
Als sie den Stift mit einem Seufzer zur Seite legt, dämmert es schon,
die Nacht ist fast vorbei, es ist schon , wie ihr Freund zu sagen pflegt:   halbhell.
 Langsam erwacht die Natur,
die ersten Vögel zwitschern bereits, doch es  regnet.
Die Sonne schläft,
Sie legt sich auch, streckt sich
und schläft mit einem Lächeln auf den Lippen ein.
- c -
Biggi Irmig

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