Heike M. Major
Buchvorstellung: Nur eine Lungenentzündung - Begegnung mit dem Tod
 | Nur eine
Lungenentzündung Begegnung mit dem Tod
Autorin: Heike
Major
Taschenbuch, 144 Seiten Verlag Schnell,
Warendorf ISBN: 3-87716-790-x Preis: 9,90 Euro Zu bestellen bei: www.jedes-buch.de |  |
BuchvorstellungRückentext:Eine
Lungenentzündung hätte sie fast das Leben gekostet. Aus nächster Nähe
schildert Heike Major den Verlauf dieses einschneidenden Erlebnisses: die
Einlieferung ins Krankenhaus, den Überlebenskampf auf der Intensivstation
und den Weg zurück ins Leben. Der Leser lebt und leidet mit der Patientin
und begreift, dass zur Gesundung nicht nur ein funktionierender Körper
gehört. Denn Erfahrungen dieser Art hinterlassen innere
Wunden…
Textauszug:In dieser Nacht stellten sich auch
die ersten Atembeschwerden ein.
Ab und zu wachte ich auf, merkte, wie
schwer es mir fiel, Luft zu holen, wollte es gerne jemandem mitteilen,
schaute mich in dem dunklen Zimmer um, ich war immer noch allein... und
schlief fast im selben Moment wieder ein.
Es waren schwere,
traumlose Schlafphasen, die meine Sinne trübten und meinen Willen lähmten.
Sobald ich aufwachte, versuchte ich, meine Situation zu
begreifen.
Immer wieder schlief ich ein, wachte auf, wollte den
ersten Gedanken denken und schlief ein, bevor ich diesen Gedanken zu Ende
gedacht hatte.
Ich wehrte mich gegen den Schlaf, aber er übermannte
mich einfach.
Ich versuchte, mich zum Nachdenken zu zwingen, vergeblich.
In den Wachphasen registrierte ich, wie ich nach Luft schnappte, und
verfolgte, wie mir das Atmen zunehmend schwerer fiel.
Ich bemühte mich,
tiefer einzuatmen, doch hatte ich mittlerweile nicht einmal mehr eine
Sekunde Zeit, um meinem Körper irgendwelche Befehle einzuhauchen.
Ich hoffte, dass ein Gefühl der Angst oder Panik neue Energien
mobilisieren würde, aber ich war bereits zu geschwächt, um überhaupt noch
Angst zu empfinden. Außer einem dumpfen, alles lähmenden Allgemeinzustand
gab es nichts mehr wahrzunehmen.
Einzig und allein meine
Gehirnzellen suchten noch nach einem Ausweg.
Da mir selbst die Träume
genommen worden waren, hatte ich kaum eine Möglichkeit, mich mit der
Krankheit auseinander zu setzen.
Bei meinem nächsten Wachzustand waren
die Atembeschwerden bereits in eine akute Atemnot übergewechselt.
Ich brauchte Hilfe.
„Ich kann nicht mehr atmen!", rief ich
halblaut ins Zimmer hinein.
Es war wohl mehr ein Flüstern.
Mit
Sicherheit hatte es niemand gehört.
Der Schlaf kam
zurück.
War es das Unterbewusstsein, das mich immer wieder
aufweckte?
Ich wurde nun häufiger wach.
In diesen Momenten
konzentrierte ich mich darauf, den Notknopf zu drücken.
Ich plante nicht,
was zu tun war, ich programmierte es ein: „Aufwachen, auf den Notknopf
drücken!!!"
Nach mehreren Wach- und Schlafphasen gelang mir das fast
Unmögliche. Mit einem schier unbeschreiblichen Aufwand an Kraft und Willen
erreichte ich diesen Knopf und schickte meinen Hilferuf in die nächtliche
Stille des Krankenhauses hinaus.
Ich hatte es geschafft.
Für
den Bruchteil einer Sekunde erspähte ich den weißen Kittel der
Nachtschwester.
„Ich kann nicht mehr atmen!", schleuderte ich in den
Raum, mein Leben schien gerettet...
Mittlerweile hatte ich einen
Zustand erreicht, in dem ich weder wach bleiben noch schlafen
konnte.
Eigentlich fiel ich alle paar Sekunden in meinen Schlummerzustand
zurück. Fast im selben Moment weckte mich mein Körper wieder auf, weil er
nicht mehr genug Sauerstoff erhielt und sich gegen den nahen Tod aufbäumte.
Ich röchelte.
Meine Güte, wo blieben diese Leute?
So etwas
konnte dem Krankenhauspersonal doch nicht verborgen bleiben.
Nur noch ein
paar Minuten durchhalten, sie waren bestimmt auf dem Weg zu mir.
Die
Lunge funktionierte nicht mehr.
Natürlich, die Lunge war ein
Muskel.
Sämtliche Muskeln in meinem geschwächten Körper stellten ihre
Funktion ein.
Ganz langsam, nach und nach.
Die Beine waren nur der
Anfang gewesen.
Ich konzentrierte mich auf die Lunge.
Jeder
Atemzug wurde zum Kraftakt.
Gleich würden sie kommen.
Ich
versuchte, meinen Brustkorb zu zwingen, sich zu heben.
Eiiiinaaaaatmeeeen!
Aus.
Eeeeiiiin!
Aus.
Eeeeeeiiiiiiiiiinnn!
Bitteeeee!
Als ich das nächste Mal aufwachte, sah ich die
Ärzte.
Endlich!
Drei waren es.
Sie standen in der
Tür.
Silhouetten.
Die Gesichter konnte ich nicht erkennen, weil im
Krankenzimmer auch jetzt noch kein Licht brannte und der hinter ihnen
liegende, grelle Schein der Flurlampen ihre Gestalten in dunkle Schatten
verwandelte.
Hatten sie mich schon untersucht?
Warum sagten sie
nichts?
Eine Ärztin war dabei, so viel verrieten mir die
Gestalten...
Ein Anflug von Ratlosigkeit durchströmte das
Krankenzimmer.
Kommt her!
Irgendwie musste ich diesen Leuten klar
machen, dass es sich hier um einen Fall von Leben und Tod
handelte.
„In fünf Minuten bin ich weg", stieß ich hervor, „ich kann
nicht mehr atmen!"
Die Silhouetten rührten sich nicht von der
Stelle.
Hörte ich ein Gemurmel?
Warum sprachen sie mich nicht
an?
Schließlich kam Bewegung in die Gruppe.
Die Gestalten drehten
sich um, traten auf den Flur hinaus und... schlossen die Tür hinter
sich.
Ich konnte es nicht fassen.
Hatten sie mich nicht
gehört?
Sie würden mich hier doch nicht liegen lassen?
Hatten sie
sich auf den Flur zurückgezogen, um dort zu beratschlagen? Oder hatten sie
den Ernst der Lage nicht erkannt?
In welchen Abständen wurde in der Nacht
nach den Patienten geschaut?
Stündlich? Halbstündlich?
Ich wusste,
wenn diese Leute in einer halben Stunde wiederkämen, würden sie mich tot in
meinem Bett finden.
Ich durfte sie nicht gehen lassen. Ich musste sie
festhalten!
Und obwohl es mir trotz der Schwere der Situation
unendlich peinlich war, rief ich.
Ich hielt den Atem an und legte meine
ganze, noch verbliebene Kraft in meine Stimme.
„Hilfe! Ich ersticke, ich
ersticke, ich ersticke...
!!!!!"
Kommentar:„Eine Geschichte, die alle
angeht: kranke und gesunde Menschen, Ärzte, Schwestern, Pfleger, Patienten
und Menschen, die nach einer schweren Lebenskrise einen neuen Anfang
suchen."
Leserrezession:Bis an die Grenzen des Lebens ...
Es gibt eine Einsicht in die Natur des menschlichen Lebens, die ebenso
trivial wie zumeist verdrängt ist: Die Einsicht nämlich, dass menschliches
Leben stets kontingent und von den vielfältigsten Gefahren bedroht ist.
Diese Einsicht erfährt die Protagonistin hautnah und bis an die Grenze
ihres eigenen Lebens getrieben: Beinahe blitzartig wird sie aus ihrem
“normalen“ Leben gerissen und weiß nicht warum, sie kann sich keinen
schlüssigen und rational bewegten Reim auf dieses Geschehnis machen. Als
Lehrerin, die ihren Beruf gern und mit Leidenschaft ausführt, ist sie an
einem ganz normalen Tag unterwegs und macht, wie tausend andere Menschen
auch, ihre Besorgungen. Sie spürt nichts von drohendem Unheil, ist wie immer
ganz bei der Sache und erfreut sich ihrer Aufgaben und deren
Bewältigung.
Darum ist sie auch zunächst nicht weiter besorgt, als
plötzlich am Abend des folgenden Tages Schmerzen und ein Unwohlsein ihren
Körper heimsuchen.
Dann geht alles ganz schnell und völlig unerwartet:
Sie findet sich mit einem Mal in der Intensivstation ihres heimischen
Krankenhauses wieder, von einer Lungenentzündung mit schweren Komplikationen
geplagt. Ihr Zustand wächst sich in ungeahnter Schnelle zu einer
existenziell-lebensbedrohlichen Situation aus.
Mit mikroskopischem Blick
für die vielen beschwerlichen, belastenden und nicht eben leichten Kontexte
im Hinblick auf den Untersuchungs- und Therapieprozess für ein menschliches
Wesen zeichnet die Autorin ein Bild des Leidens und der Qual, schärft den
Blick für das Auf sich Zurückgeworfensein des eigenen Seins und der
Vergänglichkeit des Lebens durch eine der vielen Möglichkeiten der Begegnung
mit dem Tod und lässt dem Leser dadurch die Endlichkeit des eigenen Lebens
eindrücklich und klar vor Augen treten.
Aber zugleich wird auch eine
positive, bejahende Perspektive auf dieses Bild möglich: Denn aus einer
beinahe hoffnungslosen und lebensbedrohlichen Situation kämpft sich die
Protagonistin wieder heraus, entwickelt einen beispielhaften
Überlebenswillen und schafft es schließlich, wieder ganz gesund zu werden,
wenn auch die Verarbeitung der Krankheit und der Erfahrungen im Krankenhaus
noch eine ganze Zeit der Bewältigung und der Auseinandersetzung benötigen.
In der Darstellung dieser Auseinandersetzung klingen zugleich die
unterschiedlichsten Sinn-Fragen und deren Beantwortung an: Fragen nach der
Funktion von Religionen, Fragen nach unterschiedlichsten spirituellen
Quellen und schließlich auch Fragen nach der ganz konkreten
Lebensgestaltung. Nicht zuletzt wird jedem Leser ins Stammbuch geschrieben,
dass das Leben, gerade auch mit seinen so vielen freudvollen und glücklichen
Seiten, nicht gering geschätzt oder gar gleichgültig hingenommen, sondern
bewusst gestaltet und ausgeschöpft werden soll. Diese Einsicht ist ebenso
gewichtig wie die anfangs aufgeworfene und ist jedem aufgegeben. Dies auf
eine nachdrückliche Weise deutlich gemacht zu haben, ist entscheidendes
Verdienst dieses Buches.
-lei
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