August Sonnenfisch

Die Magnolia von Steglitz

 

Die Magnolia von Steglitz



Große übermütige Blüten
in Tulpengestalt,
ausgebreitet in
des Baumes ganzem Geäst
zu einem gigantischen Strauß!
Welch kühne Tat, in der
Frühe dieses Frühlings schon zu erblühen -
der Kälte nicht achtend in
diesen nach-
winterlichen Nächten!

Gebannt halte ich inne
in meinem geschäftigen Schritt.
Und auch andere Passanten
verweilen fasziniert.
Vorsichtig lächeln sie, anfänglich
noch ungläubig;
dann wächst ihr Verbundensein:
Verwunderung,
Freude, Tränen des
Ergriffenseins!

Die Steglitzer Magnolie, da,
wo Wieland- und Hedwigstraße
sich kreuzen, ist
aus ihrem Winter erstanden!
Zu ihrer Hochzeit geladen
jede Frau, jeder Mann -
jedes Kind ohnehin!
Vom Morgen bis zum Abend
und - bei geschlossenen Blüten -
auch des Nachts!

Welch eine Pracht bricht aus diesem
  Baum hervor, der
nur von mittelgroßer Statur!
Welch eine Ehre,
das Haus zu bewohnen,
in dessen Garten
diese Magnolie
ihre Schönheit verströmt!

Die Menschen stauen sich
auf den Trottoirs,
die Kreuzung ist blockiert: sie
alle kommen aus einem Winter,
der endlos erschien
in seiner Finsternis,
in seiner Kälte,
in seiner Askese!

  Im Grunde feiern die Menschen
ihr eigenes Erblühen:
es ist ihre, wie
dieses Tulpenbaums,
Antwort auf das Obsiegen der Sonne
im Ausklang des Widder!
Und bald befeuert der Stier
den wieder erkrafteten Tag, die
Regentschaft zu übernehmen
von der nun
schwächelnden Nacht!

Die Freude der Verweilenden schwillt:
sie singen, sie klatschen
südländische Rhythmen:
ein Blütenfest kommt ins Tanzen!

Der Wirt von vis-à-vis stellt
sein Gartengestühl
aus seinem Hades
zurück aufs Trottoir - und
schenkt Freibier aus
sowie Schoppen hellen Weins!

Ein Fernsehtrupp tritt auf den Plan,
zu welchem ein
Helikopter am Himmel sich gesellt:
sie staunen durch ihre Linsen:
Blüten über Blüten:
ein blühender Baum und erblühende
Menschen!
Fast schon hätten sie
des Blühens vergessen!

Maloche, Geschäfte, Termine:
all das erklären die Feiernden
heute für nachrangig  - an
diesem Tag der
Magnolia soulangiana!

Es ist, als hätte ihre bescheidene
Nachbarin zur "Miss Germany"
sich erkühnt,
und als hätten
sie gemeinsam zu dieser Tat
eine Fiesta kreiert!

Sie tanzen und trommeln,
sie singen, schunkeln und prosten sich zu,
sie liebäugeln,
lachen und scherzen,
sie herzen einander,
sie kokettieren, kosen und küssen ...

... oder sie verweilen inmitten
dieses Jubilierens für
  lange Augenblicke nur still -
manche können's noch nicht fassen!

"Vom Eise befreites" Frohlocken, auf
der Erde zu sein!
Von Helios geküsste Gelüste,
an die Musen und
die Welt
sich zu verschenken!

Lebenskünstler und Lebenskünstlerinnen
im Steglitzer Beginn
dieses Frühlings. In
dieser großen Stadt von Berlin und
seiner bald wieder
erwachenden Alleen!





(c)  August Sonnenfisch, Berlin-Steglitz,
16. und 17. April 1998 ff

.
Mit den Worten "Vom Eise befreit" beginnt der Osterspaziergang
von Faust und Wagner in Goethes "Faust 1"

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