Nina Preilowski
Sehnsucht
Sehnsucht
Ich habe einen Freund.
Er ist gegensätzlich wie Tag und Nacht.
Wie Schwarz und Weiß.
Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke.
An dem ich mir nicht wünsche, bei ihm zu sein.
Doch es geht nicht.
Er ist mir so nah, und doch so fern.
Zwischen uns liegt eine abgrundtiefe Kluft.
Ich selbst bin die Ursache dafür.
Ich werde eine Entscheidung treffen müssen.
Zwischen ihm und den Menschen, die ich liebe.
An einem anderen Ort
Zu einer anderen Zeit.
Und ich fürchte mich davor.
Denn egal, für welche Seite ich mich entscheide,
Ich verliere die Andere augenblicklich.
Einen Mittelweg gibt es nicht.
Was soll ich tun?
Ich liebe meine Familie und meine Freunde.
Doch mein Herz sehnt sich nach meinem Freund.
Möchte bei ihm sein
Bis zum Ende der Zeit.
Er ruft nach mir.
Seine samtene Stimme ruft nach mir,
Aus dunklen Augen sieht er mich bittend an
Und streckt seine starken Arme einladend aus.
Wie soll ich mich entscheiden?
Ich kann niemanden danach fragen,
Denn niemand würde mich verstehen.
Zu tief ist der Hass,
Zu tief ist die Angst.
Zu meinem Freund.
Er hat sie zu oft verletzt.
Doch wie soll ich ihnen erklären, dass er es nicht so meint?
Wie soll ich ihnen erklären, dass ich mich wohl bei ihm fühle?
Dass sie nicht um mich weinen bräuchten?
Dass es mein Wunsch ist bei ihm zu sein?
Dass ich ihn liebe?
Ich stehe am Rande des Abgrundes,
Am Rande meiner eigenen Kluft.
Mein Freund steht vor mir,
Liebevoll sieht er mich an.
Er hat mir eine goldene Brücke gebaut.
Sie funkelt im Licht der untergehenden Sonne.
Tränen laufen mir unaufhörlich über mein Gesicht.
Tränen der Trauer.
Tränen des Schmerzes.
Und wir beide wissen, dass der Zeitpunkt noch nicht gekommen ist.
Weinend liege ich in seinen Armen.
Er ist nicht hart und kalt, wie alle denken.
Sein Körper ist warm und weich
Und schenkt mir Geborgenheit.
„Weine nicht.“
Seine Stimme ist tröstend.
Zärtlich wischen mir seine Finger über mein Gesicht,
Wischen meine Tränen fort.
Ich schaue auf.
Grüne Augen treffen auf Schwarze.
Wir wissen beide, dass unsere Zeit kommen wird.
Zu einer anderen Zeit.
Und er wird auf mich warten,
Und ich mich nach ihm sehnen.
Jeden Tag meines Lebens.
Bis zu dem Tag, an dem ich es ihm schenke.
Meinem Freund,
Dem Tod.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.05.2009.
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