Schweigen

Du schläfst schlecht.
Und morgens bist du schweißnass.
Am ganzen Körper.
Du erschrickst leicht.
Und außerdem bist du reizbar.
Du fühlst dich angegriffen.
Schnell.
Jeder sieht dich merkwürdig an.
Meinst du.
Dabei bist du es selbst.
Der sich merkwürdig verhält.
Abends.
Da trinkst du über den Durst.
Immer wieder.
Weil du hoffst.
Du könntest wieder einmal schlafen.
Endlich wieder gut…
Aber so betrunken kannst du nicht sein.
Dass du nicht immer wieder aufwachst.
Und im Traum.
Und du siehst sein Gesicht.
Verzweifelt.
Die großen Augen.
Dazu das Schreien…
Ich war es nicht!
Ich war es wirklich nicht!

Ist das nicht verrückt?
Du schüttelst den Kopf.
Und du duscht kalt.
Um wach zu werden.
Um einen klaren Kopf zu bekommen…
Neulich abends.
Da wart ihr fort.
Du und deine Freunde.
Ihr habt euch vergnügt.
Getrunken.
Gelacht.
Und geflirtet.
Bis einer Streit anfing.
Und draußen.
Da dann hatte er ein Messer in der Brust.
Es ging ganz schnell.
Wer zugestochen hatte.
Das wusstest du genau.
Dein bester Freund.
Aber die Polizei.
Sie nahm einen anderen mit.
Diesen kleinen Burschen.
Mit den lockigen Haaren.
Er wehrte sich.
Und er schrie.
Und er sah dich an.
Die ganze Zeit.
Als ahnte er.
Dass du wusstest.
Dass er es nicht gewesen war.
Nicht gewesen sein konnte.
In der Brust des einen.
Da steckte das Messer deines Freundes.
Aber hättest du das sagen sollen?
Er war doch dein Freund!

Der eine Typ.
Er ist nicht gestorben.
Aber er liegt noch im Spital.
Lange.
Und wenn er endlich reden kann.
Was wird er sagen?
Was weiß er?
Und was nicht?
Bist du dann auch dran?
Weil du deinen Freund deckst?
Eine schwierige Situation.
Sie macht dir Angst.
Mehr als das.
Wie konnte das passieren?
Ihr wolltet doch nur Spaß haben.
Ein wenig Spaß.
Der Streit.
Er war nicht gewollt.
Und du hängst drin.
Obwohl du nichts getan hast.
Gar nichts.
Außer Schweigen…

Vivienne

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