Jürgen Berndt-Lüders
Vom ius primae noctis (lateinisch „Recht der ersten Nacht.“)
Im tiefen Wald von Connorsreuth
pflückte Gesine Beeren.
Die blauen waren grad so weit,
sie färbten Mund und Hand und Kleid.
Da tat sie Hunde hören.
Von Jericho das Tal hinauf
da kam ein wilder Mann.
Der Fürst, er ritt im vollen Lauf
nahm fast Gesines Tod in Kauf,
dass sie kaum fliehen kann.
Hochedler Herr von Jericho
ach, lasst mich doch am Leben,
gestorben mach’ ich Euch nicht froh
und meinem Liebsten ebenso
könnt’ ich nie Minne geben.
Schon bald in aller Herrgottsfrüh
werd ich sein Eheweib.
Bring Mitgift ihm, viel wie noch nie
Tausend Stück Rind- und Schweinevieh
und schenk ihm meinen Leib.
Der Fürst, er steigt vom Pferd herab,
betrachtet sie mit Wonne.
Der Speichel rinnt ihm nicht zu knapp
von seines Mundes Rot herab
und blinzelt in die Sonne.
Oh edle Maid von Connorsreuth
Ihr müsst Euch doch entsinnen.
Wenn eine Jungfrau hat gefreit,
dient sie dem Fürst die erste Zeit.
Da gibt es kein Entrinnen.
Oh edler Herr von Jericho,
ich kenne Euer Recht.
Doch wäre ich von Herzen froh
ließt' Ihr mich für den Gatten so
wie er mich haben möcht'.
Oh edle Maid von Connorsreuth
es ist nicht Euer Schade.
Ihr tragt ein weites, langes Kleid
das gradezu nach Minne schreit.
Auch passt es mir gerade.
Oh edler Herr von Jericho,
Ihr kommt zur falschen Zeit.
Zuerst müsste ich mal aufs Klo,
unpässlich bin ich sowieso
und nicht für Euch bereit.
Ich fliehe in das Herrenhaus
wo meine Brüder wohnen.
Die machen Euch dann den Garaus
Es sieht mir gar nicht danach aus
als würd sich’s für euch lohnen.
Oh edle Maid, ihr wisset nicht,
ich schicke Euch Soldaten.
Ein jeder ist darauf erpicht
dass er mal jemanden ersticht.
Da seid ihr schlecht beraten.
Oh edler Herr, ich freu mich so
auf Hans und Franz und Frieder.
Auf Kunz und Kuno sowieso
die machte ich schon öfter froh
und ließ sie an mein Mieder.
Die Worte waren kaum verhallt,
da wendet er das Pferd,
und wortlos ritt er aus dem Wald,
vergaß die Sache eh schon bald.
Die Maid war ihm nichts wert.
Drum wisse, Maid, ein jeder Mann
will eine reine Magd.
Bei der ist er der erste dann,
doch ließ sie auch schon andre ran,
ist sie nicht mehr gefragt.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.09.2009.
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