Elisabeth Schwaha
Nimm ein Sackerl für mein Gackerl
Es gehen zwei Damen am Donaukanal,
die eine mehr bunkert, die andere schmal,
die eine von Nussdorf, die andre entgeg’n,
jetzt wer’n sie sich bald am Schwedenplatz sehn.
Die Bunkerte führt einen Hund an der Leine,
die Schmale erblickt’s und denkt: „Jedm des Seine!
I mechats jo ned, des grauperte Viech,
oba de passn zsamm, so wia i des siech.
Des nämliche Gschau und de gleiche Figur,
de habm olle zwa a Knackwurschstatur.“
Der Hund und sein Frauerl spazieren voll Ruh
und guten Gewissens der Hageren zu,
schön langsam, gemütlich, denn schnell geht es nicht,
die leiden halt beide am Übergewicht.
Der Hund schnüffelt hier, der Hund schnüffelt da,
sein liebendes Frauerl bleibt immer ihm nah.
Die Frau’n sind jetzt nur noch wenige Schritte
voneinander entfernt, der Hund in der Mitte.
Da senkt sich auf einmal der hintere Teil
von dem Hund Richtung Boden; und zwar ist das, weil
es grummelt und zwickt in den Eingeweiden,
und wer möchte das, wenn er kann, nicht vermeiden?
So will auch das Hunderl das leidige Zwicken
nach hinten entleeren durch Pressen und Drücken.
Die Dünne denkt lauernd: „Des wüll i jetz wissn,
i wett, waunn des Hundsviech oills aussegschissn,
daunn gengan de weida, ois warat nix gschegn!
Ob de des wegrammt, des mechat i segn!“
Dazu muss man wissen, seit 2007
ist auf 30 x 1000 Plakate geschrieben
in freundlichen Worten, was sich gehört:
ins Sackerl hinein, was der Hund hat entleert.
Und diese Plakate, die überall stehen,
sind gleich mit den praktischen Sackerln versehen,
so haben das Herrl, das Frauerl, der Hund
zum Stadtbildverschandeln keinerlei Grund.
Die Sackerln sind da, das Gesetz sagt es klar:
Wer die Häufchen nicht wegräumt, der zahlt es bar!
Seither ist in Wien die Debatte erhitzt,
wer in Hundekot tritt und wer Hunde besitzt.
Und nun sind wir wieder am Donaukanale,
das Geschäftchen des Hundes geht ins Finale,
die Dicke sagt launig: „Na kumm, Burli, geh,
mi reißts scho in Kreiz von den ewigen Steh!
Moch weida, da Papa, der wort scho daham,
und schau, do vurn is dei Liablingsbam!“
Das Hunderl erhebt sich, ist fertig und wedelt,
das Stadtbild ist um ein Häufchen veredelt.
Die Dicke sagt: „Gemma!“, die Dünne springt vor:
„Wos glaubn denn Se einglich? Des is do ned wohr!
Des Trimmerl ghert wegga, jetz mochn S des glei,
aunsunstn, do ruaf i de Polizei!“
Die Dicke lacht höhnisch: „Daun mochn S des hoid,
bis de Kieberer kumman, san S wuzlert und oid!
Mei Burli kaunn gacken, so oft, wiar a wü,
i siech scho, Se habm fia den Tierschutz ka Gfüh!
A Hunderl, vastengan S, is aunderscht ois mia,
der vastehts hoid ned bessa, es is hoid a Tier!”
„Drum gehts ned, Se Ignorantin, Se blede,
von Weggaramma is do die Rede!
Jetz nemman S a Sackerl,
haun S eine des Gackerl,
hebn S as auf von dar Erd,
so wia si des ghert!“
„Se Bißgurrn, Se oide, von nix habn S an Tau,
i zoi jo gnua Steia fia den klanen Wauwau!
Wos schern S Ihna ned um Ihrn eiganen Dreck?
Kumm, Burli, mia gengan, des hod do kan Zweck!“
Die Dicke geht weg, den Hund an der Leine,
das Häufchen ziert weiter die Pflastersteine.
Die Dünne, empört, in hilfloser Wut
schreit ihr nach: „Se Krätzn, des merk i ma gut!
Ob murgn, do pock i de Kamera ei
und moch a Büd fia de Polizei,
daunn moch i a Aunzeige gaunz gewiss,
wann S wieda ned weggatan den Schiss!“
Dann geht sie nach Nußdorf, die andre entgegen,
wir hoffen, dass sie sich nie wieder sehen!
Vorheriger TitelNächster TitelIn Wien stehen in allen Parks und an vielen öffentlichen Plätzen Sackerlspender mit der Aufschrift: "Nimm ein Sackerl für mein Gackerl" und dem Bild einer entzückenden Promenadenmischung.
Leider werden diese Sackerln nicht so oft verwendet, wie es wünschenswert wäre, was dann zu Situationen wie der beschriebenen führen kann.Elisabeth Schwaha, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.10.2009.
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