Jürgen Berndt-Lüders

Der lockige Heinrich

Als Heinrich erst drei war, da glaubte er dran

dass alle ihn liebten, den winzigen Mann.

Und alles um ihn herum schien wunderbar,

wie Mamas Erscheinungsbild, makellos klar.

 

Die Mama war in Heinis Locken verliebt,

und die ließ sie wachsen. Doch war er betrübt,

denn andere sahen das nicht wie Mama

und fanden, dass er wie ein Mädchen aussah.

 

Er liebte Mathilde, doch die rannte fort,

und zeigte auf Heinrich, und rief, „seht mal dort,

die Haare, sie reichen ihm fast bis zum Po.“

So wurde Klein-Heinrich bei Tildchen nicht froh.

 

Als junger Mann liebt er die schöne Marie,

begehrte sie sehr und fiel fast auf die Knie.

Doch sie sprach, „die Haare gefallen mir nicht.

Die Freundinnen lästern“. Das hatte Gewicht.

 

Mit dreißig bewarb er sich um einen Job.

Die Chefin war ablehnend und ziemlich grob.

„Langhaarige Männer beschäftige ich

schon lange nicht mehr. Die sind fürchterlich.

 

Nie fleißig mit dreißig, und dann lange Haare

verschreckt man die Kunden, und jegliche Ware

bleibt liegen, wie festgeschweißt in dem Regal.

Langhaarige Männer sind stets asozial.“

 

Die Mama verstarb bald, und Heinrich entschied

die Haare zu kürzen, was er bisher mied

weil Mama sie liebte, so lang wie sie waren,

und Heinrich ging nun mit viel kürzeren Haaren.

 

Der Hein wurde älter, ‚ne Glatze entstand.

Von all seinen Locken gabs nur noch den Rand.

Doch unter der Kopfhaut war alles beim alten.

Viel Herz und viel Hirn konnte sich gut entfalten.

 

Mit fünfzig traf Heinrich die Marie erst wieder,

sie war jetzt mehr Dame und gar nicht mehr bieder.

Er sagte, „schau, endlich gefall ich dir sicher“,

doch sie fand den Heinrich noch viel fürchterlicher.

 

Die Marie rief, „Haare sind mir doch egal,

allein, dass du Mann bist, bereitet mir Qual.

Ich traf zwanzig Männer, nie hatte ich Glück,

und immer verlor meine Seele ein Stück.

 

Heut glaube ich nicht mehr, dass irgendein Mann

wohl in ganz Europa mir das geben kann,

was ich von den Männern mir einst wollt erhoffen.“

Der Heinrich war traurig, er war ja betroffen.

 

Drum merke, Frau, was dir im Leben war wichtig,

scheint dir, wenn du älter wirst, häufig recht nichtig.

Als junge Frau siehst du viel haarige Sachen.

Darüber kannst du, wenn du alt bist, nur lachen.

 

Du lässt jeden Heinrich ganz nah an dich ran,

wenn er dich nur haben will. Hauptsache Mann.  

 

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