Klaus Heinzl

“Nachbarschaftshilfe“

Nun wohn ich seit Jahren in so einem Block.

Was ich mal erlebte, war fast wie ein Schock.

Mein Nachbar, gleich drunter, er quält seinen Sohn,

ich seh´s nicht, doch hören kann ich´s leider schon.

 

Drum bin ich entschlossen zu ihm hingegangen.

So hat diese Situation angefangen.

Der Vater war blau (auch sein Sohn an den Armen).

Hier gab es im Suff wohl nur wenig Erbarmen.

 

„Was ist bei Euch los?“ – Hör ich mich heut noch fragen.

„Ist alles in Butter, ich hörte ein Klagen?“ –

Da stand er, mein Nachbar, blöd grinsend zu mir.

Die Augen halb zu, mit ´ner Fahne vom Bier.

 

„Was willst du denn nur, ist doch alles in Butter,

mein Bub temp´ramentvoll, das hat er von Mutter.

Was regst du dich auf, es ist echt nix passiert !“

(Man merkt wie er grad die Kontrolle verliert).

 

Er taumelt, er lacht und er nervt mich total.

Das was hier grad abging, war echt nicht normal.

„Die Schreie, das Weinen, was sollte es sein,

ich war grad am Schlafen (und find es gemein...)

 

Man könnte fast glauben, was habt ihr gemacht,

dein Sohn wird grad eben zur Strecke gebracht.

Ich hörte sein Winseln und seine Gebärden,

und Du sagst, es gäb keinen Grund für Beschwerden?“

 

Da tauchte der Junge vom Nebenraum auf.

Die Augen noch feucht, doch erstaunlich gut drauf.

„Wir haben doch nur so aus Spaß rumgemacht,

ich hab nicht geweint, nur ein bisschen gelacht.“

 

Das sagt mir der Kleine und ich bin nun baff.

Ich komme mir vor als wie im Irrenhauskaff.

„Wenn es mir nicht passt“, hör den Nachbar ich fluchen,

„kann ich mir weit weg, ja was anderes suchen !“

 

Er meinte im Sinn, wenn mich jener Lärm stört,

soll ich dorthin ziehen, wo man es nicht gleich hört.

Dann grinsen sie beide, die Tür, sie schlägt zu

und für 10 Minuten ist hier erst mal Ruh.

 

Ich wollte nur helfen und weiß auch genau,

es wird bald geschehen... mir ist schon ganz flau.

Pack schlägt sich, verträgt sich... das kennen wir alle.

Doch wenn was passiert, wenn sie zuschnappt die Falle.

 

Dann steht in der Zeitung, ganz frech und ganz keck:

Der Nachbar, er hört´ es... und schaute stets weg.

Was soll man nun machen, in so einem Fall?

Wenn es dann passiert, mit erschütterndem Knall?

 

Dann wird diskutiert und es gibt schlaue Thesen...

Der Nachbar ist dann wohl allein schuld gewesen.

Ein Notruf, auch er ist hier nicht so gedacht,

das habe ich auch in Erfahrung gebracht.

 

Da schlug er sein Weib und es klang ähnlich schlimm.

Bis ich nicht mehr konnte, das Telefon nimm.

Nach 20 Minuten, schellt es an der Tür.

Ich werde verhört, als könnt ich was dafür.

 

Die Frage, die ich den Beamten dann stellte,

wie lange es dauerte bis jemand schellte.

„Vermutlich“ – das sage ich auch noch dabei –

„ist es nun ein Todschlag, ... Sie hatten wohl frei?“

 

Das ärgert die Beiden, sie sehen mich an...

als wollten sie sagen, was ich sie mal kann...

Die Freunde und Helfer, sie sind dann gegangen.

Ich selbst war in Missmut und Ärger befangen.

 

 

Fazit:

Lebst du in einer Block-Etage,

dann ist es manchmal wirklich gut...

man zeigt hier kaum Zivil-Courage

weil man hier eh das Falsche tut.

 

 

© kh. 21.11.2009

Bild zum Gedicht “Nachbarschaftshilfe“

Natürlich sollte das Gedicht kein Ansporn zum Passivverhalten sein. Mit meinem Fazit wollte ich eigentlich das Gegenteil beim Leser erreichen. In vielen Fällen mischen Menschen sich nie ein, weil sie sich einreden, dass auch andere Mitbewohner in ihrer Wohnanlage dieses traurige Spektakel hören müssen und hier was tun könnten und schummeln sich so aus der eigenen Verantwortung. Es wäre menschlich und wichtig, dass bei offensichtlichen Kindsmisshandlungen oder Vergewaltigungen gehandelt werden MUSS. Manchmal reicht es auch, wenn man beim Betreffenden läutet und nachfragt ob man helfen kann. Im Glücksfall ist es dem offensichtlich überforderten Elternteil dann peinlich und er wird sich künftig um mehr Beherrschung bzw. gewaltfreie Methoden seiner Erziehung bemühen. Dies gilt natürlich nicht bei Alkoholikern. Durch ihr unberechenbares Verhalten ist man besser beraten, man wendet sich an das Jugendamt oder (wenn man große Gewaltbereitsschaft erlebt, gleich an die Polizei. Sollten diese die Zuständigkeit leugnen, bzw. keinen Anlass zur Maßnahme sehen, dann kann man ihnen durchaus erklären, dass ein später öffentliches Interesse der Medien stattfinden wird, wenn es in dieser Wohnung mal zu einem Todschlag oder einer schweren Verletzung kommen sollte. Um eine spätere Beweiskraft zu haben, wäre es nicht verkehrt, die Behörden schriftlich (per Einschreiben) auf diesen Sachverhalt und die Gefahren und Zustände hinzuweisen. Hinterher weiß nämlich meist keiner der Beamten, dass hier ein Hinweis/Anruf stattgefunden hat und zieht sich so aus der Verantwortung.
Schwierig ist dennoch die Situation, wenn in dieser Familie, trotz der Gewaltaktivitäten, die Opfer zu ihren Tätern stehen und alles leugnen. Ob aus Angst vor den Tätern selbst oder aus Angst von dieser gewohnten Umgebung entfernt zu werden. Oft leben die Opfer in einer emotionalen Abhängigkeit und glauben sich hilf- und schutzlos. Diese Ängste verdanken sie meist ebenfalls ihren Tätern, die ihnen ständig klarmachen, dass sie ohne sie versagen würden. Hier verstärken zusätzliche Drohungen dieses Gefühl der Ängste. Aber wegschauen ist nicht der richtige Weg.
Vielleicht brauchen diese Menschen unsere Hilfe, weil sie keine eigenen Lösungen mehr sehen.

Gleichzeitig habe ich die Befürchtung, dass die Menschen, die zu solcher Gewalt neigen, selten Gedichte lesen und so vermutlich nie auf unserer Plattform landen können. Andererseits hilft es den Zeugen dieser Taten vielleicht, hier einzuschreiten um auf diese Weise zum Held des Opfers zu werden. Lasst uns in diesem Sinne gemeinsam diesen überforderten Individuen auf die Finger klopfen.
Klaus Heinzl, Anmerkung zum Gedicht

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.11.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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