Berni Kestoi

Täter-Opfer-Ausgleichs-Scheiß

Einige Monate ist es bereits vorüber,

als man ihn übel zusammenschlug,

er hielt sich für souverän und klüger,

wenn er gesittet sich betrug,

 

Doch wie es sich zutrug,

war sachliche Diskussion nicht des Kontrahenten Stärke,

und nach manch geleertem Wodka-Krug,

gingen dieser und zwei Kumpels brutal zu Werke,

 

Sie schlugen ihn auf Kopf und ins Gesicht,

und traten und trafen mit Rotze noch ihn hart,

wehren konnt gegen drei er sich nicht,

seine Freundin schrie vom Balkon die Typen an,

 

So ließen sie von ihm ab, ganz knapp,

war das wohl, denn der Alkohol,

hatte sie sehr aggressiv gemacht,

und impulsiv, Hemmschwelle: null,

 

Was, so frag ich als Freund mich,

wäre ihm zugestoßen, was genau geschehen,

hätte seine Liebste nicht zufällig,

den Ablauf vom Balkon aus gesehen,

 

Was, wenn die Bullen sie nicht rasch gerufen hätte,

Vielleicht wär er jetzt ein Krüppel – oder sogar tot,

denn diese kranken Psychopathen-Säcke,

zeigten keine Gnade, keine Beherrschung zum Gebot,

 

Gut, dass er noch beinah unversehrt,

mit einem blauen Auge und ein paar Schrammen,

die ihm die Aggressoren leider verehrt,

als sie ihre Fäuste in seine Visage rammten,

 

So zögerte er nicht, hat gleich sie angezeigt,

das feige Pack, die Polizei hatt es rasch im Sack,

dem Kommissar er bald drauf sein Leid gegeigt,

und dieser Handlungsbedarf forsch versprach,

 

Ein Gericht sollt sich wohl kümmern,

dass jetzt Recht vor Gnade geschieht,

keiner der Täter vor seiner Strafe flieht,

und keine Taten mehr begeht, die schlimmer,

 

Natürlich war, Delikt nicht umfangreich,

der Haupttäter weiterhin auf freiem Fuße,

war weiter tätig bei der Arbeit,

ohne eine Spur von Reu und Buße,

 

Packte weiter die Regale im Kaufpark voll,

und schob dort die Paletten,

das liebe Schicksal schien ihm hold,

die Kleinigkeit, fein geplant, würd ihn schon retten,

 

Der Trick, die Chance, eröffnet ihm vom Gutmensch-Staat:,

billig draus zu kommen, fast unbehelligt, segensreich:,

Das Angebot eines Täter-Opfer-Ausgleichs,

um außergerichtlich zu sühnen für die Schandtat,

 

Meinem armen Freund wurd anheim gestellt,

mit dem Haupttäter in Kommunikation zu treten,

um diesem klar und in konkreten,

Worten zu schildern, wie es sich verhält,

 

wie er diese Tat empfand, welche Schand,

der Täter über ihn gebracht,

was er seelisch ihm Ungemach,

bescherte und ihn verletzte tief und hart,

 

und was dies bedeutet fürs Opfer, welche Schmach!,

 

Mein Freund ist ein integrer, redlich Mann,

mit dem man eine Menge Unsinn anstellen kann,

bis er opponiert, aufbegehrt und sich massiv wehrt,

und beim Gesetzeshüter vehement beschwert,

 

Oft schon in der weiten Vergangenheit,

hat er Schläge, Hiebe, Tritte eingesteckt,

gemobbt hat man ihn, verletzt und mal geneckt,

damals schien alles "Spaß", in der Kindheit,

 

Doch heut ist er lang erwachsen – und es ist ernst,

und er empfindet unbändigen Hass auf den Kerl,

wenn er ihn sieht im Supermarkt,

wo dieser nach wie vor Waren in Regale packt,

 

Was soll er unternehmen? Etwa Selbstjustiz?,

Soll er ihn vermöbeln, vertrimmen, verkloppen, sich rächen,

dem Typen alle Knochen im Leibe brechen,

oder sich einlassen auf diesen lächerlichen Ringelpiez,

 

Soll er einen feuchten Händedruck,

mit Rotze zur Besiegelung in die Fläche gespuckt,

und eine gemurmelte Entschuldigung akzeptieren,

die nicht vom Herzen genährt und von Aufrichtigkeit inspirieret?,

 

Soll er einem Typen glauben, dass es diesem leid tut,

wenn er zwar nicht körperlich doch seelisch so verletzt ist,

und sich auf diesen TOA-Scheiß einlassen, der jetzt ist?,

Und was, wenn der Kerl es bei jemand andrem gleichtut?,

 

Schon bald hat mein Freund ein Vorgespräch zur Klärung,

ob er will, dass die Kackbratze 'ne faire Chance erhält,

sein Entschluss steht fest, schon lang und still:,

Keine Gnade für Gewalttäter – man sieht sich vor Gericht dann,

einen Effekt des TOA glaubt er nicht dran,

drum wird das Gericht wohl zur Wahrheitsfindung einbestellt.

Nach einer wahren Begebenheit, ein Freund von mir hat es so erlebt. Eines Freitagnachts drang ziemlich großer Lärm aus dem großen Wohnhaus, das auf der gegenüberliegenden rückwärtigen Seite des Hauses liegt, in dem er mit seiner Liebsten eine Wohnung bewohnt. Die Balkontür und einige andere Fenster dort waren sperrangelweit geöffnet - und entsprechend herrschte zudem Festtagsbeleuchtung. Eine Gruppe junger Menschen unterhielt sich derartig lautstark (und hörte dazu passend im Hintergrund auch nicht gerade leise Musik), dass der Schall von den Wänden aller umliegenden Wohnhäuser regelrecht widerhallte. Nicht nur das: Einige der saufseligen Gäste fuhren mitunter mit ihren Fahrrädern nach hause und erzeugten dabei einen Lärm, den man sonst kaum mit einem Fahrrad erzeugen kann. Dazu wurde unheimlich schlecht ein MJ-Song gegrölt. Ein paar Stunden lang hielten mein Freund und seine Liebste diesen Lärmterror aus, gegen den offenbar alle anderen Mietparteien der umliegenden Häuser nichts einzuwenden hatten, man hörte lediglich einige direkte Nachbarn untereinander sich darüber aufregen, dass die jungen Leute da unten solch einen Mordslärm veranstalteten. Diese Nachbarn unternahmen aber nichts. Als die Liebste meinen Freund dann darum bat, doch einmal hinzugehen und den Herrschaften zu sagen, sie mögen bitte leise(r) sein, tat dieser wie geheißen. Als er den Leuten dies gesagt hatte (sie waren sturzbetrunken und nahmen die Bitte naturgemäß nicht sehr locker auf.
Auf einmal machte/n einer oder mehrere der schließlich drei auftretenden Täter einen hohen Satz aus einem der Fenster und jagten meinem völlig überraschten Freund nach. Dieser versuchte noch, die Haustür an der Vorderseite des dreistöckigen 6-Mietparteien-Hauses rechtzeitig zu erreichen. An dieser Stelle stellten ihn die Wahnsinnigen und schlugen wie von Sinnen auf ihn ein. Er duckte sich gegen die Tür, bekam aber einige heftige Schläge und Tritte ab, seine Brille fiel zu Boden. Wäre nicht seine Liebste durch das besinnungslose Toben und Schlagen der drei Psychopathen aufmerksam geworden und auf den Balkon hinausgetreten und hätte diese dann nicht zu den kranken Typen herabgeschrien, hätten sie vielleicht nicht von ihm abgelassen und ihn ernsthafter verletzt. So blieben nur starke Kopfschmerzen, ein blaues Auge und eine Beule, die Brille war glücklicherweise nur leicht verbogen, ansonsten aber heil. Zum Schluss der Prügelaktion bespuckten und beschimpften die kranken Wichser meinen Freund noch mehrfach. Seine Liebste hatte inzwischen rasch die Polizei gerufen, die wenig später eintraf. Mein Freund erstattete sofort Anzeige. Seitdem sind etliche Monate vergangen - und die drei Typen sind natürlich unbehelligt. Zwar musste mein Freund (und seine Liebste auch) seine Aussage aus Opfersicht beim Kommissar machen, aber sonst hörte er erstmal nichts mehr davon. Jetzt kam vor wenigen Tagen ein Schreiben bei ihm an, in dem ein Termin für einen sog. Täter-Opfer-Ausgleich festgelegt wird - und die Möglichkeit anheimgestellt, dem Täter direkt gegenüberzutreten und ihm klarzumachen, wie fies er sich verhalten hat.

Selbstverständlich ist mein Freund grundsätzlich immer eher ein verzeihender Typ, in diesem Fall aber überlegt er ernsthaft, von Verzeihen abzusehen, so tief hat ihn dies gedemütigt. Davon wollte ich in diesem Text ein bisschen berichten.
Berni Kestoi, Anmerkung zum Gedicht

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