Stephan Lill
Eifersucht aufs Handy
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Seh dich in dein Handy sprechen,
bist fern von mir in anderer Welt,
wenn du sprichst mit einem Geist.
Denn ist es nicht ein Geist -
dein Gesprächspartner: unsichtbar, luftiges Gebilde.
Trennt er dich von mir.
Denn ich bin hier - bei dir;
doch du bist fort im Geister-Handy-Reich.
Dorthin reicht mein Einfluss nicht.
Kann dich nicht bei mir halten.
Würde gerne plaudern mit dir - hier.
Leg das Handy doch beiseite.
Oder muss ich erst selber zum Geist werden
und übers Handy dich erreichen?
Bin ich dann interessanter für dich?
Dann, wenn all meine Lebens-Gegenwart entwich?
Du entschwebst mir immer weiter,
lachst und gehst in deiner Handy-Welt
immer weiter von mir fort.
Hörst eine Stimme, die nur du hörst.
Keiner deiner Umstehenden nimmt sie wahr.
Ich wär dir gerne nah.
Beinahe abgeschottet umhüllt dich die Handy-Geistessphäre;
und wie im Kokon eingesponnen
in Gesprächsverlauf und Gedankenfäden
trennst du dich von meiner Gegenwärtigkeit.
Ich frag mich gar: Bin ich noch bei dir?
Sitz alleine - lass mich nicht allein.
Will mit dir sein.
Zusammensein.
Doch ist es kein Zusammensein,
wenn du das Handy hältst in deiner Hand.
Lebst dann in einem anderen Land.
Dort erreiche ich dich gar nicht mehr
oder nur sehr schwer.
Zischend mahnst du mich zur Ruhe,
wenn ich dich unterbrechen möcht.
Was ist so wichtig an belanglosem Gespräch,
dass es mich trennt von dir?
Ich bitte dich, gib dein Handy mir.
Ich kann doch nicht warten und hoffen bis der Akku leer ist.
Haben die Gegenwärtigen, Leibhaftigen denn keinerlei Rechte?
Wieso bevorzugst du die aus der Geisterwelt,
die sich aufdrängen mit ihren Stimmen
und nur zu Klingeln brauchen und schon gehst du ran -
und bist ihnen zugetan und ganz Ohr.
Wie schnell ich dich verlor.
Eben noch hörtest du mir begierig zu.
Ich war einfallsreich, gewandt und witzig.
Dann drängt sich dein Handy auf und ich bin abgeschaltet.
Aber ich stehe nicht im Ruhemodus.
Ich bin erbost, unruhig, traurig.
Da! Du legst dein Handy beiseite,
schaust mich träumerisch an.
Zurückgekehrt aus fremder Welt.
Warst du in einem Kinofilm, den ich nicht kenn.
Wie verdräng ich nun diese Omnipräsenz des Gehörten,
was nachklingt in dir,
und dich ganz auszufüllen scheint?
Bleibt da noch Platz für meine belanglosen Worte?
Komplizierte Gedanken wage ich nicht zu äußern,
denn du scheinst mir noch nicht ganz präsent zu sein;
anwesend bist du erst zum Teil.
Noch nicht ganz zurückgebeamt von deinem Handy-Planeten,
auf dem die Priorität des Ohres gilt.
So begnüg ich mich mit deinem Anblick.
Doch ein Date ist dieses nicht.
Denn schon wieder klingelt dein Handy ganz harmlos
seine Melodie, die mich martert.
Ich gehe fort, warte bis du auflegst
und dann rufe ich dich an auf meinem Handy.
Seh dich aus der Ferne, aber sprech mit dir ganz nah.
Und höre ich nun deine Stimme, so wird mir klar:
Stimmen, die im Äther schwingen und zueinander finden -
haben, tragen Zauber in sich.
Treffen aufeinander, umspielen, tanzen in Gedankensprüngen,
brauchen das Augenbild gar nicht.
Ich schließe die Augen und sehe dein Licht,
was von dir ausstrahlt über meine Welt.
Hätte ich dich nur eher angewählt.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.02.2010.
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