Nulla dies sine linea *

Keinen  Tag   ohn` eig´ne  Zeile,
sagten einst sich die Lateiner.
Doch manch´ Zeile braucht auch Weile,
dies bemerkt´  recht früh manch einer.
Aus war´ s  da mit hurt´gem  Schreiben,,
Löcher kratzt´  die  schnelle Feder,
bald ließ dies der Dichter bleiben,
denn so reich war längst nicht jeder;

Sepia** und Papier war´n teuer,
Sinnen braucht´nur Kerzenlichter,
kam nach langer Nacht ein neuer
Tag wars  heller auch dem Dichter.
Manch vertrackter Vers war glatter,
Worte fügten sich dem Rhythmus,
zum Gedicht, das dann ein matter
Schreiber liest und selber mit muss:

Müd,  doch staunend darf  er lesen,
was er brachte zu Papier,
weil geduldig er gewesen ,
dichtete bis morgens vier...
Zart hat er sich Zeit genommen,
und um jedes Wort gerungen,
seinen Lohn hat er bekommen,
froh ist er ins Bett gesprungen!

©  Heino Suess  03/10
 *= „kein Tag ohne  eine Zeile (zu schreiben).
**= Tinte, die zuerst aus der ( „Tinte“)  Blut des Sepia= Tintenfisches