Christiane Mielck-Retzdorff
Valerie
Valerie glich einem Schmetterling,
schwebend bewegte sich ihre filigrane Gestalt,
wie Samt aus Elfenbein schimmerte ihre Haut
über dem zarten Skelett.
In ihrem Heimatort am Fuße hoher Berge,
gesäumt von prachtvollen Wäldern, saftigen Wiesen,
begegnete sie den Menschen flüchtig,
verweilte kurz um Nektar zu saugen
aus freundlichen Worten und alltäglichen Geschichten,
bis ein Duft, ein Windhauch sie weitertrug.
Doch das Schicksal fing Valerie ein,
spickte sie in einen tristen Kasten
in einer lauten Welt ohne Blumen,
wo auf schmutzigen Spielplätzen
kleine Raupen unbeachtet im Sande kümmerten.
Kein Leuchten konnte die Sonne in den traurigen Augen wecken.
Lieder der Hoffnung strichen ungehört über ihre Ohren.
Mit zerstochenen Flügel gesellten Valerie sich zu ihnen,
saß schwingend auf einer Schaukel,
und hielt Ausschau nach einer Welt in dieser Welt,
in der lebloser Stein alles Leben erdrückte.
Eine Biene summte vorüber auf ihrem Weg,
landete in dem gesprengten Asphalt auf einer gelben Blüte,
die stark und selbstbewußt in das Grau strahlte.
Valerie erkannte in der Blume den Geist ihrer Heimat,
die unerschütterliche Kraft des schlichten Seins.
So reckte sie die Flügel ihrer Gedanken
und begann den Kindern Geschichten zu erzählen.
Nur langsam wich die Ungläubigkeit aus ihren starren Gesichtern,
doch mit jedem Lächeln, mit jedem Blitzen in den Blicken,
wuchs die Ahnung einer Verwandlung.
Zwischen den kalten Fassaden der Hochhäuser
entstand das Tal der Schmetterlinge.
Ich wünsche allen Lesern ein fröhliches und glückliches Osterfest.
Christiane
Vorheriger TitelNächster Titel
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Christiane Mielck-Retzdorff).
Der Beitrag wurde von Christiane Mielck-Retzdorff auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.04.2010.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).