Jürgen Berndt-Lüders
...kein wirklich guter Freund
Das Frühjahr hat es so an sich
dass man die Kleidung inspiziert.
Man zieht sich aus und testet. Sprich:
ein jedes Stück wird anprobiert.
In Sommersachen, die man einst
gewaschen hat und weggepackt,
in die wird sich, auch wenn du weinst
hineingezwängt, selbst wenn es zwackt.
Mein Gott, denkst du, wie bin ich fett
geworden um die Weihnachtszeit.
Auch war mein Spiegel viel zu nett.
Ich wirkte wirklich nicht so breit.
Entschlossen machst du Inventur
im Kühlschrank. Und der Speck
und Käse, nichts für die Figur
wirfst du, vor Wut noch zitternd, weg.
Was du nicht hast, das isst du nicht,
da gibt es keine Schlemmerei,
und mit entschlossenem Gesicht
machst du dich von den Kilos frei.
Zehn Wochen später triffst du Klaus,
den Freund, der sagst, als du ihn siehst.
„Mein Gott, was siehst du leidend aus“,
worauf du eine Flappe ziehst.
„Die vielen Falten, die zu hast,
der Truthahnhals, und im Gesicht
so farblos, sag, warst du im Knast?
So mag ich dich nun wirklich nicht.“
Am nächsten Tage kaufst du ein,
das, was du lange schon entbehrst,
und schiebst es tief in dich hinein,
damit du sowas nie mehr hörst.
Mit einem wirklich guten Freund,
der alles deutlich offenbart
weil er es ehrlich mit dir meint,
hast du dir einen Feind erspart.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.04.2010.
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