August Sonnenfisch

Kopflastig


 

K o p f l a s t i g


Einstmals war das Haupt
des Menschen
der Mittler im
Zusammenspiel der Wesen:
der Wesen von Intelligenz und Intuition,
Seele und Sinne,
Glieder und Gedärm,
Busen und Bauch.

Doch längst riss der Kopf,
dieser Kutscher unseres Gefährts,
das Zepter an sich:
alles kontrollierend, alles regulierend,
alles kommentierend.
Alle Welt mit Ratschägen traktierend.

Alle Welt gouvernierend
und moralisierend.

*
Doch dieser kraftstrotzende Kopf:
er fürchtet die Stille, als sei
sie ein Drache:
er scheut und verabscheut
das Schweigen ...
er leugnet, hintertreibt und blockiert
deine Geistgegenwärtigkeit ...
er bagatellisiert die Intuition: an
den Katzentisch mit ihr!

Dieser kraftstrotzende Kopf:
er argumentiert, er räsoniert
und vernünftelt.
Er schwätzt und schwadroniert.

Und er saugt und schmarotzt
an dir und an mir.

Ein schierer Kopf.
Ein arroganter, ein sich anmaßender Kopf.
Ein vereinsamter, ja ein
versteinerter Kopf.

*
So regiert nunmehr eine Leiche
dich und mich und
die Welt!
Und kaum einer bemerkt's
(weil alle darinnen)
und kaum einen empört's!
Doch findest du dumpfes Unwohlsein allerorten!

*
Die Diktatur des schieren Kopfes
ist ein Meuchelmörder
des Schweigens,
der Stille, der Intuition:
eine Mörderin des Geistes!

Die Apokalyse des verkopften Kopfes
ist die Enthauptung
des Hauptes! Sie
macht uns die Erde zur Hölle:
Gespräche, Konferenzen,
unsere Gedichte, unsere Tänze,
Familien,
Kommunen,
Länder,
Kontinente und die Meere
zur Hölle!

*
Doch wir sind zur Freiheit
geboren - wie  
Mephistopheles dem Faust offenbart:

Sei er doch ein Teil aus jener Kraft,
die stets das Böse will
und stets das Gute schafft!

 



 

(c) August Sonnenfisch, 17. Mai 2010 ff
Zitat aus Goethes "Faust 1", Zeilen 1335/6

 

Carl Gustav Jung (1875-1961) erzählt in einem seiner Bücher von einem Gespräch mit einem amerikanischen Indianerhäuptling, der ihn darauf hinwies, dass in seiner Wahrnehmung die meisten Weißen angespannte Gesichter, starre Augen und ein grausames Benehmen hätten. Er sagte:
"Sie suchen ständig nach etwas. Wonach suchen sie? Die Weißen wollen immer etwas, sie sind immer unruhig und rastlos. Wir verstehen nicht, was sie wollen. Wir glauben, dass sie verrückt sind."

(Quelle: Eckhart Tolle: "Jetzt! - Die Kraft der Gegenwart", S. 96)
August Sonnenfisch, Anmerkung zum Gedicht

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (August Sonnenfisch).
Der Beitrag wurde von August Sonnenfisch auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.05.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  August Sonnenfisch als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Wo die Vögel schlafen von Sebastian Brinkmann



Nach einem Streit verschwindet Rastabans Bruder im Wald hinterm Haus. Er folgt und betritt eine fremde Welt.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (3)

August Sonnenfisch hat die Funktion für Leserkommentare deaktiviert

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Gesellschaftskritisches" (Gedichte)

Weitere Beiträge von August Sonnenfisch

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

SOL INVICTUS - unbesiegt der Sonnengott von August Sonnenfisch (Weihnachten)
Böse Geister von Adalbert Nagele (Gesellschaftskritisches)
DAS LEID DER TIERE von Simone Wiedenhöfer (Tiere / Tiergedichte)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen