August Sonnenfisch

DIE STRENGE (mit historischem Abriss)



DIE STRENGE
(mit historischem Exkurs)
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Härte, Unerbittlichkeit, Kälte:

Seelen benutzen,
Leiber
erschöpfen!

Leistung, Karriere, Rekorde,
Wachstum der
Ökonomie! -
das sind die Götzen unserer Tage!
Und die Strenge ist
der Weihrauch
für ihren
allgegenwärtigen Kult.

  Und wir hofieren und hegen
die Strenge in
unseren
Häuptern und Herzen.
Willkürlich- und
unwillkürlicherweise.
So bekämpfen wir uns selbst
und einander.
Unser inneres Kind,
unsre Eigenes,
unsere Eingebung und Einfalt!

  Doch unsere Seele
   schreit auf:
in schlaflosen Nächten,
im Druck unseres
Blutes, in
Hämorrhoiden
Schwindel und Migräne.

*
Rigidität,
Härte
und
Disziplin
ward
eingeimpft und
eingefleischt.
Seit Menschengedenken
.
Fraglos.
Gnadlos.


Strenge mit sich selbst
und Strenge
mit dem Nächsten:

Strenge im Großraumbüro,
Strenge am Fließband.

Rigidität schon gegenüber
unseren Kindern:
von ihrem Anbeginn an
hienieden:
Liebessurrogat für folg-
sames Betragen,
Liebesersatz für Leistung,
Liebesverschnitt für Schönheit -
statt einer Liebe
ohne Bedingung:
statt dieses Rosenberg-schen
Liebesgeschenks:
"Ich liebe dich, wie du bist!".

Strenge in unseren
Gesprächen: wehe dir,
du fühlst authentische Gefühle,
wehe dir, du denkst
deine ureignen Gedanken! -
Strenge im Straßenverkehr -
Strenge im Sport -
Rigidität selbst im Tanzkreis:
die Musen wenden
sich ab
mit Grauen!


Rigidität selbstredend in den
Arenen des Sports:
dieser Konkurrenz bis
ins Gedärm und Gebein - seit
den urolympischen Spielen
zu Zeiten des
klassischen
Olympia von Zeus.


*
Lang ist die Kulturgeschichte
der Strenge
von uns Zivilisierten:
die Duelle auf Leben und Tod,
die Herabwürdigung eines Menschen am Pranger,
die Folter,
das Spießrutenlaufen,
die gedrillte
Tapferkeit vor dem Feind
in blutrünstig
grausamen Schlachten!


Das Inferno von Stalingrad,
die völkermordenden
Bomben auf
unsere Städte:
Bomben voller Hass,

die Höllen des Atombombenwahns
von Hiroshima
und Nagasaki,

die Apokalypse von Deportation
und Genozid,

die Barbarei der Vertreibungen,
der Zynismus der
Verwüstung unseres Globus.

Beschwichtigen und Beschweigen
  waren die Antwort,
kaum jemals Scham und Trauer
oder ein Innewerden des
eigenen Hasses -
schon Pontius Pilatus wusch
seine Hände
in Unschuld.


*
Doch auch in Zeiten, die
frei sind vom
Wahnwitz eines Krieges der Kanonen
ist die Hydra der Strenge
allgegenwärtig:

Konkurrenz bis auf die Knochen,
Te
mpo und Turbo-Tüchtigkeit allerorten,
Mobbing statt Meriten,
Seelenqual in den Schulen,
Grabenkriege in den
Herzen und im eigenen Heim!

Und die Heerschar der Verbiesterten
sieht sich mitnichten
als verbiestert: der
Verbissenheit ist es zuwider,
ins eigene Antlitz
zu schauen:
die Rigidität hat Recht, das
ist ihr Wesen -
mit Hochmut und Häme
belächelt
wird ein Jeder,
der warmherzig und gütig!

So ist das Leben in dieser
Zivilisation der
Kontrolle, der
Dominanz und des Intellekts
zu Zeiten ein
Krieg im Krieg,
zu Zeiten ein Krieg im Frieden.

*
Doch für all diejenigen, die
 begannen,
die ihnen
inneherrschende Rigidität
zu wandeln in
eine Leichtigkeit des Seins,
ist die Strenge nur
eine Etappe
auf unserem Weg! Eine
Etappe von unsäglichem Schmerz,
der nicht durchlitten.

Denn der Purismus
läuft unserem
göttlichen Wesen zuwider.

Befähigt uns doch die Auferstehungskraft
des inneren Christus
die Strenge
zu wandeln
in die Empathie und den
"Giraffenschrei"

eines Rosenberg aus Ohio -
zu wandeln
in die Intuition
eines Angelus Silesius -
in die Geistgegenwart
der noch himmlischen Kinder -
in das göttliche Spiel
der Narren und Kinder -
zu wandeln
in die Kooperation
der Aborigines, jener vorgeblich Primitiven -
in die Weisheit
sokatischer Dialoge -
in "den Großmut des Titus",
jenes römischen Kaisers
in Mozarts gleichnamiger Oper -
zu wandeln
in die Gespräche
eines Michael Lukas Moeller,
die ein Zwiegespräch
voller Finden und Empfinden.

*
Die Strenge
ist uns
als
ein
Karfreitag
für ein Ostern.






(c)  August Sonnenfisch, 18. März 2005 ff


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Marshall Bertram Rosenberg
(1934 - 2015, beides USA. International tätiger Mediator):
Taschenbuch und Hörbuch mit dem Titel:
 "Konflikte lösen durch gewaltfreie Kommunikation -
Ein Gespräch mit Gabriele Seils."
Herder-Verlag 2004, 12. Auflage 2010.


Michael Lukas Moeller
(1937-2002,  Psychotherapeut, Hochschullehrer,
Sachbuchautor und Selbsthilfe-Organisator):
"Die Wahrheit beginnt zu zweit. Das Paar im Gespräch."
rororo 1988, viele Auflagen.


 

"LA CLEMENZA DI TITO"
(deutsch: Die Milde, auch: Die Großmut des Tito)
ist eine Oper (KV 621)
in zwei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart.
Ihr Inhalt ist programmatisch:
Inmitten bösartiger Intrigen und
inmitten des Verrats durch seinen Jugendfreund Sesto
beharrt der römische Kaiser der Oper
– im Gegensatz zu dem realen Kaiser der Geschichte –
auf der Herrschertugend der Großmut
(lat. clementia, ital. clemenza) ...
Historischer Bezug: Kaiser Titus Flavius Vespanianus
(* 30.12.39 + 13.9.81 nach Christus):
Regentschaft ab 24.6.79.
Im Jahre 69 Eroberung von Jerusalem
(mit Zerstörung des Tempels und reicher Kriegsbeute).
Doch großzügige kaiserliche Hilfsmaßnahmen
sowohl beim Ausbruch des Vesuv (24.8.79)
als auch beim Brand von Rom (im Jahre 80).

DIE ATOMBOMBENABWÜRFE IN JAPAN
am 6. und 9. August 1945:
92.000 Tote unmittelbar,
weitere 130.000 Tote bis Ende 1945
(Summe: 222.000 tote Zivilisten in 1945) .
Verstrahlung der Menschen auf Generationen.

August Sonnenfisch, Anmerkung zum Gedicht

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.09.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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