Carmen Siebke

Willibald im Winterwald

 

Weißröckchen schweben leise vom Himmelszelt herab
und decken silberweise die Stoppelfelder ab.
Ein Werg wie Puderzucker schützt Tann und Eichenbaum.
Eisdiamanten funkeln bis hin zum Waldessaum.

Im Hain, mit roten Ohren, sitzt Feldmaus Willibald.
Die Füßchen halb erfroren, er schluchzt und ihm ist kalt.
Denkt sich „dem Bauer Gütlich sein Boden ist voll Heu,
dort find ich`s ganz gemütlich, Juchheihassa und freu !"

„Ich brauche dort nicht frieren, was ist das Leben toll
und auch des Bauers Speicher ist mit Getreide voll !“
Er schaut sich um, dann tippelt er ganz geschwind zum Bau,
dort wartet ungeduldig schon Willibaldi`s Frau.

Sie meint „mein lieber Gatte, ei freilich hast du Recht,
draußen im freien Felde überwintert sich`s schlecht !“
So schleichen denn die Beiden zu Bauer Gütlich`s Haus.
Doch ach, wer lunzt so mürrisch dort aus der Luke raus ?

Das ist doch Hamster Kuno ! Hat sich ganz ungeniert
bereits vor vielen Monden im Speicher einquartiert.
Noch einen Untermieter ? Das find`t er gar nicht toll,
denn Kuno stopft sich lieber die eignen Backen voll !

So böse kreischt und faucht er, der fette Nimmersatt;
„Trollt euch von meiner Tenne, sonst mach ich Alle platt!“
Aus vollen Backen schießt er mit Weizenkorn und Schrot
gegen Familie Feldmaus; “ haut ab ! Ihr seid sonst tot !“

Traurig zieh`n sie von dannen, Herr und Frau Willibald.
Wieder hin zu den Tannen - zwar ist´s am Feldrand kalt,
doch etwas ausgebessert die Wohnung hier und dort,
kommen wir durch den Winter. „Nur von dem Wüt`rich fort !“

Derweil hat Bauers Minka den Hamster schon entdeckt
und unsern dreisten Kuno ganz fürchterlich verschreckt !
Polarluft heult gar frostig, die Kälte klirrt im Eis.
Am Hain, mit roten Ohren, weint Kuno gar nicht leis`...

Glücklicherweise sammelt der Willi grad` im Wald,
sieht Kunos Pfötchen zittern und er beschließt alsbald,
ihm einen Platz zu schenken im warmen Mäusebau.
Er weiß; „Das ist bestimmt auch im Sinne meiner Frau !“

„Komm Kuno, lass uns sputen !“ ruft er ihm freundlich zu.
In unsrer warmen Stube erholst du dich im Nu !“
Am Herd das Essen köchelt, der Glühwein duftet fein
Willibald`s Frau und Kinder singen im Kerzenschein.

Die Suppe ist gelöffelt, die Bäuche rund und satt,
so hocken sie am Tischlein, halten Familienrat.
Beschließen einvernehmlich, dass Hamster Kuno bleibt
solange, bis der Frühling Kälte und Eis vertreibt.

Ganz kleinlaut sitzt der Arme im trauten Mäusebau,
wärmt die erfror`nen Glieder, im Magen ist´s ihm flau.
Willibalds Herzensgüte beschämt ihn wirklich sehr.

Und er verspricht;

„Ein Geizhals bin ich nun niemals mehr !“
 

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