Edward Suvega
Letzfetzinternetz
Ob ich's will und brauch,
und kann und soll,
drum frag, dran nag,
oder's schlicht in der Pfeife rauch:,
Dieser Ort ist von Schwachmist voll,
doch bringt Ertrag,
Unheimlich wie's allwissend sich geriert,
geb gezielt ich ein nur Viertelsilben,
weiß es gleich, was mich interessiert,
Tapeten gilben, im Staube tanzen Milben,
schafft's dies System in Sekundenbruchteilen,
rafft's mir summiert in Einzelheiten,
und lotet aus sämtlich' Unwägbarkeiten,
um schnurstracks meinem Eingabeziel zuzueilen,
Brauch mir die Platte nicht mehr kaufen,
teuer muss ich keinen Film erstehen,
nötig was zum Saufen?,
Online ordern, Movies auf Youtube/Myvideo sehen,
Das Coverbild für die CD,
die Zutaten fürs Klostein-Souflet,
die Tracklist und der Songtext,
Anleitung zum Bombenbau, alle Formen perversen Sex,
Tierpornos, Hassprediger-Webseiten,
Sozialnetzwerke, Selbstmordpages,
Twitter, Flakebook und Dirty Images,
und jegliche Form von Sauereien, Kleinigkeiten,
Dies weltweite Über-Netz,
hat alles entweiht,
unsre gesunden Strukturen zersetzt,
und wir verrecken in seinem bedingungslos perfiden Dreckscheiß,
Und ich sitz da arm mit wundgetipptem Arm,
ach, all dies ist entsetzlich,
so schrecklich horroresk überraschungsarm,
denn Sämtliches, legal oder ungesetzlich,
ist zu kriegen ohne Anstrengung,
ein elender, entzauberter Wohlstand,
denn ohne geringste Eingebung,
ist alles gleich zu haben,
So kauere auf meinen 4 Buchstaben,
ich vorm Monitor, Nase bohr und brülle,
verzweifelt schreiend wie Ochs am großen Graben,
"Boah, hör auf, mich mit allen Infos zuzumüllen!,
Überrasch mich!
Überrasch mich bitte, bitte!!!!
Gottnochmal, bitteschön,
überrasch mich nur einmal,
nur ein letztes Mal,
zeig mir was Unbekanntes, nie Geahntes!,
In meinem Wahn fress,
ich die Tischplatte mit Senf,
Schön - die Rasierklinge liegt auf dem Schreibtisch zum finalen...
bereit...
Gut zu wissen...
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Das Internet ist voll von Mist und von schönen Dingen, von Vor- und Nachteilen. Es hat aber vieles entweiht, unser Leben umgekrempelt, da alles immer sofort verfügbar ist und wir alle keine Anstrengungen mehr unternehmen müssen, um zu kriegen was wir wollen.
Edward Suvega, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.03.2011.
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