August Sonnenfisch
Hochzeitsillusionen
Hochzeitsillusionen
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Wie viele Menschen zu einer Verbindung
sich erkühnen,
zu der sie mitnichten befähigt:
verliebt und bedürftig, wie sie sind,
stürzen sie sich in
eheliche Netze
zwischen Mann und Frau -
mit kirchlichem Segen, mit Feuerwerk
in bester Garderobe
und mit vielerlei Gästen!
Und geflissentlich ignorieren wir,
das wir als Hochzeiter zur Ehe
noch nicht gereift:
keine weisen Vorbilder gehabt,
keine Lehre für
Dialoge und Duette durchlaufen:
wir beklagen nur, dass unsere Eltern
das Miteinander
und das Zueinander
in ihrer Ehe so wenig bemeistert.
Doch wenn der Schmerz am Nichtkönnen
im Alltagsleben unserer Ehen dann
ins Unermessliche wächst,
der Schmerz im
Versagen und Verzweifeln - dann
entschwinden wir in Affären,
entschwinden in Krankheiten,
in unsere Arbeitswut,
die Karriere und andere Süchte ...
und viele von uns Heutigen setzen
dann auf Scheidung:
auf die Flucht
vor sich selbst und dem Vis-à-Vis!
Wenn du tanzen wolltest,
dann gingest du zu Tanzmeistern
in die Lehre - wenn du
singen wolltest, dann
übtest du den Gesang bei Sangeskundigen -
wenn du malen wolltest,
dann studiertest du
die Malerei bei dir genehmen
Künstlern der Farben und Formen ...
Doch wenn eine Heirat dir ins Haus steht,
dann gehst du zu keinem Weisen
in eine Lehre des Miteinander,
des Füreinander
und Ohneeinander!
O nein! als ein Trottel in solchen Gefilden:
als ein Tauber und Taktloser,
heiratest du in der Illusion,
es schon zu können -
mit kirchlichem Segen, mit Feuerwerk
in bester Garderobe
und mit vielerlei Gästen!
Wenn alle Welt in eheliche Verbindungen
hineinstolpert und hineinstümpert,
sich durch sie durchschustert und durchschludert,
weil sie die Liebe
noch nicht weiß:
weder die Liebe zu sich selber
noch die Liebe zueinander -
dann verehelichst auch du dich: hinweg
mit deinen Zweifeln!
Deine Verliebtheit, deine Bedürftigkeit,
der Sex und Vogel Strauss
werden es schon richten!
Welch eine Ignoranz des Versäumten!
Welch ein Vergehen am Ich und
am Du gleichermaßen!
Welch ein Frevel an den Kindern!
Wir fahren in Booten,
die noch leck sind,
wir springen in Gewässertiefen,
ohne die Künste des
Tauchens und Schwimmens
zu bemeistern!
Welch eine allgegenwärtige Tragödie!
Mag sie zu Sokrates
uns führen,
zu Paul Watzlawick,
Marshall B. Rosenberg
und Byron Katies "The Work" !
Oder auch nicht.
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(c) August Sonnenfisch, Lindau, 4. Juli 2011 ff
Siehe dazu mein Gedicht "Notstand" (Kategorie "Kommunikation").
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.07.2011.
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