Inge Offermann
Morgenfahrt
Morgens in der Straßenbahn,
auf dem vordersten Sitz
hinterm Fahrer beobachte ich,
wie der gelbe Wagen
durch Schneewälder schaukelt.
Der Morgenrotfächer breitet
sich übers Häusermeer.
Betonschluchten öffnen sich.
Schienenstränge laufen
im Untergrund zusammen,
winden sich langsam
die Hügel hinan zum
autoverstopften Plateau,
verlieren sich im
Industrielabyrinth.
Im schneidenden Wind
warte ich an der Ampel,
bis die Autoherde stehen bleibt,
überquere den nassen Zebrastreifen,
dessen matschige Oberfläche
nichts mit dem glatten Fell
seiner Namensgenossen
gemein hat.
Kahle Bäume winken mir zu.
Die bleiche Morgensonne
macht mich schläfrig.
Schillernde Urlaubsseifenblasen
verdrängen die Gegenwart
hoher, düsterer Fabriktore.
Sehnsucht nach Südlicht,
blauem Sommerhimmel,
Strand und Olivenhainen
lähmt meine Schritte.
Beinahe vergesse ich,
dass die Werksuhr demnächst
die Stunde des täglichen
Arbeitsbeginns anzeigt.
© Inge Hornisch
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.09.2011.
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