Verena Schulz
Warten
Den ganzen Tag sitzt er dort
Eingeschlossen hinter endlos scheinenden Stäben
Einsam mit den Flügeln schlagen
Essen Trinken Schlafen
Ein Leben lang
Lebend - und doch schon lange tot
Draußen zwitschert und flattert es in den Bäumen
Lebendig Freudig Sorglos
So nah - und doch unerreichbar fern
So sitzt er tagein tagaus
Wartend. Worauf?
Wenn man ihn fragte, er wüsste es nicht
Auf die große Chance?
Den einen Tag?
Den letzten Tag?
Gefangen in den Mauern seiner selbst
Doch eines Tages ist sie da
Die Chance
Das Warten vorbei
Der Käfig steht offen
In Unachtsamkeit vergessen
Endlich gehen, frei sein
Doch dann kommt sie, die grausame Furcht
Er wagt ihn nicht, den großen Schritt
Den kleinen Tritt in ein neues Leben
Er fürchtet sie, die Freiheit
Hat Angst - zu leben
Und so bleibt er
Seine Tage gehen weiter - unverändert
Nur das Warten ist noch da
Das Warten, die Hoffnung
Und - die Erinnerung an eine verpasste Chance
Warten auf einen, auf seinen großen Tag
So sitzt er da
Nichtstuend
Warum?
Nicht einmal er selbst weiß das
Worauf er wartet?
Das kann keiner sagen
Einfach nur - warten
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.12.2003.
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