Hermann Braun

Schnauze halten

Die Parabel vom Stotterer
 
Hoch am Himmel stand die Sonne,
und er denkt sich: Ach, wie schön.
Welch ein Tag, welch eine Wonne,
werde jetzt paar Runden dreh‘n.
 
Und schon sieht man, in der Tat,
wie er lächelnd, unbeschwert,
fröhlich pfeifend auf dem Rad.
in den Park rasant reinfährt.
 
Kaum ist er dort angekommen,
kurvt er flott im Park herum.
Zwei drei Runden, unbenommen,
doch auf einmal ist er stumm.
 
Wie beim Weibe wohl die Schmerzen,
und er meint des Weibes Weh‘n.
Weshalb er auch nicht mehr grade,
nur gebückt und krumm kann steh’n.
 
Tief im Bauch, da tut’s rumoren,
was ihm sehr zu schaffen macht.
Groß deshalb sind seine Sorgen,
sogar schrecklich der Verdacht.
 
Und darum auch steht ihm der Sinn,
tiefbetrübt, nicht mehr autark,
nur eiligst zur Toilette hin,
aber wo bloß denn im Park!
 
Und zu seinem großen Schrecken,
sieht er nirgendswo ein Klo.
Und auch keine dichten Hecken,
die er braucht für seinen Po.
 
Ohne lang zu überlegen,
wozu ihn die Lage zwingt.
tut er sich nach Haus bewegen,
wozu er aufs Rad sich schwingt.
 
Kräftig tritt er die Pedale,
blass vor Kummer im Gesicht.
Und das ist nun das Fatale,
dass er fast den Hals sich bricht.
 
Plötzlich hört man ihn laut zetern:
„Herr im Himmel, welche Pein!“
Kaum nach fünfundzwanzig Metern,
sitzt ganz fest das Hosenbein.
 
Und er muss doch zur Toilette –
bloß, verdammt, wie soll das gehen.
Die verdammte Fahrradkette,
lässt ihn keinen Ausweg sehen.
 
Doch schon sieht er in der Ferne,
wie er meint, zu seinem Glück.
Denn der hilft ihm sicher gerne,
Hoffnung ist in seinem Blick.
 
Und es dauert gar nicht lange,
steht ein Kerl vor ihm, o Graus.
Denn der Typ da, macht ihm bange,
sieht zum Fürchten gradzu aus.
 
Deshalb ist er sehr verlegen,
mag vor Angst ihn nicht anschauen.
Wollt zu sprechen grad anheben,
da erfasst ihn schon das Grauen.
 
Denn der Kerl – oh Gott, o man,
Himmelsvater, Herrgott, nein –
fängt selbst laut zu stottern an.
Ja, das Schicksal ist gemein!
 
Die beste Rettung, meint er drum,
tiefbetrübt in sich gekehrt,
stell mich besser taub und stumm,
was die Hoffnung in ihm nährt.
 
Selbst reden, nein, das darf er nicht,
will er nicht den Typ brüskieren.
Weshalb er mit Zeichen spricht,
um nicht Schläge zu riskieren.
 
Vor lauter Furcht und Angst, darum,
traut er sich kein Wort zu sagen.
Denn der würde garantiert ihm
die Fresse dann zerschlagen.
 
Nur allzu gern tät er ihm klagen,
was er nicht zu sagen wagt.
Dieser Druck in Leib und Magen,
doch er bleibt still und verzagt.
 
Würde er es dennoch wagen,
tät der Typ gewiss sich rächen.
In die Fresse feste schlagen,
alle Knochen sogar brechen.
 
Und so denkt er Schnauze halten,
während ihm der Leib anschwoll.
Bloß kein Streit jetzt mit dem Alten –
und scheißt dabei die Hose voll!
 
© HB/ 10.4.2012 


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